Landtag Brandenburg Drucksache 6/7765 6. Wahlperiode Eingegangen: 06.12.2017 / Ausgegeben: 11.12.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3095 der Abgeordneten Gerrit Große (Fraktion DIE LINKE) Drucksache 6/7591 Fall Haasenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Im Sommer 2013 wurden durch Presseberichte zahlreiche Verdachtsfälle von Misshandlungen an Kindern und Jugendlichen in den Einrichtungen der Haasenburg GmbH bekannt. Die damalige Ministerin Münch schloss daraufhin die Einrichtungen, was auch Ende 2013 von zwei Gerichten bestätigt wurde. Eine eingesetzte Untersuchungskommission hat nicht nur erhebliche Mängel in den geschlossenen Einrichtungen aufgedeckt, sondern auch Empfehlungen abgegeben. Parallel dazu hat die Staatsanwaltschaft Cottbus Ermittlungen gegen Beschäftigte der Haasenburg GmbH aufgenommen . Frage 1: Wie viele Ermittlungsverfahren gegen wie viele Personen im Zusammenhang mit der Haasenburg GmbH hat es gegeben? zu Frage 1: Im Zusammenhang mit den Vorwürfen der Misshandlung von Kindern und Jugendlichen in den Einrichtungen der Haasenburg GmbH wurden 55 Ermittlungsverfahren gegen insgesamt 85 beschuldigte Erzieher oder sonstige Verantwortliche der Haasenburg GmbH geführt. Darüber hinaus wurden 15 Ermittlungsverfahren gegen unbekannt eingeleitet . Bis auf eines sind alle Ermittlungsverfahren abgeschlossen. Frage 2: Wie viele Ermittlungsverfahren mündeten in ein Hauptverfahren und endeten mit einem Urteil? zu Frage 2: In vier Ermittlungsverfahren wurde Anklage erhoben. Ein Hauptverfahren endete mit einem Urteil (siehe Antwort auf Frage 4), ein weiteres mit einem freisprechenden Urteil und ein drittes wurde gegen eine Zahlungsauflage nach § 153a Abs. 2 StPO eingestellt . In dem vierten Verfahren steht die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens noch aus. Frage 3: In wie vielen Fällen wurde a) die Ermittlung wegen Verjährung eingestellt, b) die Ermittlung wegen mangelndem hinreichenden Tatverdacht eingestellt, c) die Ermittlungen wegen Geringfügigkeit eingestellt, d) die Ermittlungen gegen Auflagen eingestellt, e) Strafantrag gestellt? Landtag Brandenburg Drucksache 6/7765 - 2 - zu Frage 3: a) Kein Ermittlungsverfahren wurde ausschließlich wegen des Strafverfolgungshindernisses der Verjährung eingestellt. Die allermeisten Ermittlungsverfahren wurde wegen des Vorwurfs der Misshandlung von Schutzbefohlenen nach § 225 StGB geführt , sodass die Verjährungsfrist von zehn Jahren - auch aufgrund des Ruhens der Verfolgungsverjährung nach § 78b StGB - noch nicht abgelaufen war. Nachdem in einigen Verfahren ein hinreichender Tatverdacht wegen § 225 StGB nicht hinreichend nachweisbar war, wurden die Ermittlungen auch im Hinblick auf die unter Umständen verbleibenden Vorwürfe der vorsätzlichen Körperverletzung und Nötigung - die Verjährungsfrist beträgt insoweit jeweils fünf Jahre - unbeschadet ihrer hinreichenden Nachweisbarkeit wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung insgesamt eingestellt. b) Von den 55 Ermittlungsverfahren gegen bekannte Beschuldigte wurden 50 Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Die 15 UJs-Verfahren wurden ebenfalls nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil - teilweise auch aufgrund mangelnder Mitwirkung der mutmaßlich Geschädigten - kein Beschuldigter ermittelt werden konnte. c) Eine Einstellung wegen Geringfügigkeit nach § 153 Abs. 1 StPO ist in keinem Verfahren erfolgt. d) Es ist kein Ermittlungsverfahren gegen Auflagen nach § 153a Abs. 1 StPO eingestellt worden. In einem Fall kam es nach Anklageerhebung zu einer Einstellung gemäß § 153a Abs. 2 StPO durch das Gericht (siehe oben zu Frage 2). e) In wie vielen Fällen ein Strafantrag gestellt wurde, ist im staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister nicht erfasst. Die Stellung eines Strafantrags war ganz überwiegend auch nicht erforderlich, da Gegenstand der Ermittlungsverfahren entweder Offizialdelikte oder solche Antragsdelikte waren, bei denen eine Strafverfolgung auch ohne Strafantrag möglich ist, wenn die Staatsanwaltschaft wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. In 49 der insgesamt 70 Ermittlungsverfahren wurde jedoch entweder durch die mutmaßlich Geschädigten selbst oder andere Personen Strafanzeige erstattet; in den übrigen Verfahren erfolgten die Ermittlungen von Amts wegen. Lediglich in einem Fall wurde wegen eines absoluten Antragsdelikts ermittelt; in diesem Fall wurde der Strafantrag nach Aufnahme der Ermittlungen nach § 77d StGB zurückgenommen, sodass das Verfahren einzustellen war. Frage 4: Wenn es Verurteilungen gegeben hat, welche Delikte wurden vom Gericht erkannt und welche Strafen wurden jeweils verhängt? zu Frage 4: Es erfolgte in einem Verfahren eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in mehreren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Die Strafvollstreckung wurde zur Bewährung ausgesetzt. Frage 5: Inwiefern gab es Verständigungen im Rahmen der Hauptverhandlungen? zu Frage 5: In keinem Hauptverfahren kam es zu einer Verständigung im Sinne des § 257c StPO. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7765 - 3 - Frage 6: Wie bewertet die Landesregierung das Verhältnis der Zahl von Ermittlungen und Einstellungen bzw. Anklageerhebungen? zu Frage 6: Ein Teil der Ermittlungsverfahren zu den Missbrauchsvorwürfen bezogen auf die Einrichtungen der Haasenburg GmbH wurde eingestellt, weil durch die mutmaßlich Geschädigten keine Mitwirkung erfolgte und ein hinreichender Tatverdacht nicht zu begründen war. In anderen Fällen vermochten die Angaben der Geschädigten aufgrund widersprechender Aussagen anderer Zeugen bzw. der Beschuldigten oder des entgegenstehenden Inhalts von Unterlagen der Haasenburg GmbH ebenfalls keinen hinreichenden Tatverdacht zu begründen. In ebenso vielen Fällen ergab sich aus rechtlichen Gründen kein hinreichender Tatverdacht, da das von den Geschädigten geschilderte Verhalten der Mitarbeiter der Haasenburg GmbH keinen Straftatbestand erfüllte. Das vom Durchschnitt abweichende Verhältnis von Einstellungen zu Anklageerhebungen bei den Erledigungen resultiert aus den vorgenannten Besonderheiten dieser Ermittlungsverfahren, ist sachlich begründet und gibt zu fachaufsichtlichen Maßnahmen keine Veranlassung. Frage 7: Gab es im Zusammenhang mit Ermittlungen zur Haasenburg GmbH Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die Staatsanwaltschaft? Wenn ja, was war deren Ergebnis? zu Frage 7: Es gab im Zusammenhang mit Ermittlungen der Haasenburg GmbH keine persönlichen Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Bedienstete der Staatsanwaltschaft. Es wurden jedoch in einigen Fällen auf die Sachbehandlung bezogene Beschwerden gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens eingelegt, woraufhin die Ermittlungsverfahren dem Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg vorgelegt wurden. In einem Fall hat dieser die Anklageerhebung angeordnet, in den übrigen Fällen die Beschwerden zurückgewiesen . Frage 8: Wie bewertet die Landesregierung Vorwürfe, die Staatsanwaltschaft Cottbus hätte nicht umfassend genug ermittelt? zu Frage 8: Pauschale Vorwürfe, wonach nicht umfassend genug ermittelt worden sei, sind weder gegenüber der Staatsanwaltschaft Cottbus noch deren vorgesetzten Behörden erhoben worden. Die Ermittlungen sind aus Sicht der Landesregierung umfassend geführt worden und haben grundsätzlich keinen Anlass zu fachaufsichtlichen Beanstandungen gegeben. Auf die Antwort auf Frage 7 wird im Übrigen verwiesen. Frage 9: Inwiefern gab es im Zusammenhang mit der Haasenburg GmbH auch zivilrechtliche Verfahren? zu Frage 9: In einem zivilrechtlichen Verfahren der Haasenburg GmbH gegen die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Landesverband Hamburg, auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung von Veröffentlichungen auf der Internetseite der GEW ist mit Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 13. September 2013 antragsgemäß entschieden worden. Ein weiteres Zivilverfahren ist vor dem Landgericht Potsdam anhängig, in dem die Haasenburg GmbH Schadensersatzansprüche gegen das Land Brandenburg geltend macht.