Landtag Brandenburg Drucksache 6/7825 6. Wahlperiode Eingegangen: 14.12.2017 / Ausgegeben: 19.12.2017 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3108 des Abgeordneten Rainer Genilke (CDU-Fraktion) Drucksache 6/7627 Ernst-Moritz-Arndt - Straße in Finsterwalde Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Bei der Ernst-Moritz-Arndt - Straße handelt es sich um eine Baustellenstraße, die der Vorhabenträger (Entwässerungsbetrieb der Stadt Finsterwalde ) in dieser Anliegerstraße aufgebracht hat, um die Staubentwicklung während der Bauzeit zu minimieren. Eine mögliche grundhafte Sanierung der Straße in Verbindung mit der Baumaßnahme wurde von den Anliegern seiner Zeit abgelehnt. Die bisherige Planung sieht vor, dass der Entwässerungsbetrieb die Straße nach der Umleitung wieder vertragsgemäß in den ursprünglichen Zustand versetzt und die provisorische Teerdecke wieder entfernt. Laut der SPD Landtagsabgeordneten Barbara Hackenschmidt sei nach Prüfung der Umstände und Gesetze durch das „zuständige Ministerium“ nun klar, dass die Straße nicht zwingendermaßen sofort nach der Umleitungszeit wieder zur Sandpiste werden müsse. Wenn die untere Naturschutzbehörde und die Stadt keine Einwände haben, dann könne die Asphaltdecke liegen blieben, ohne das die Anlieger dafür mit Straßenbeitragsbescheiden rechnen müssen. Dabei handele es sich jedoch um einen „absoluten Sonderfall “. 1. Welches Ministerium hat die Aussage getroffen, dass diese Baustraße auf Dauer und ohne Kostenbeteiligung der Bürger auch nach Beendigung der Baumaßnahme und nach dem geforderten Rückbau in die Baulast der Stadt übernommen werden kann? 2. Wann wurde mit dem Entwässerungsbetrieb als Vorhabenträger sowie der Stadt Finsterwalde vor der Auskunft des zuständigen Ministeriums gegenüber der Abgeordneten Hackenschmidt gesprochen? 3. Ist die Landesregierung der Meinung, dass die Ernst-Moritz-Arndt - Straße im jetzigen Zustand (Teerdecke ohne Unterbau, ohne Regenentwässerung, ohne Frostschutz und ohne Maßnahmen der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs) eine Straße ist, die nachträglich eine Genehmigung des Landkreises erhalten könnte, falls der Baulastträger dies beantragt? 4. Kann die Landesregierung zusichern, dass mögliche Auflagen der UNB und der Kommunalaufsicht zu keinerlei Anliegerbeiträgen führen wird? Landtag Brandenburg Drucksache 6/7825 - 2 - 5. Ist die Stadt Finsterwalde berechtigt, im Ermessen, die Beitragsfreiheit nach dem Kommunalabgabengesetz für die Anlieger zu ermöglichen? 6. Ist es rechtlich zulässig und Genehmigungsfähig, die für die Dauer der Baumaßnahmen zulässige Baustellenstraße in die städtische Baulast zu überführen, auch wenn nach §10 Absatz 2 BbgStrG die technischen Regeln des Straßenbaus nicht eingehalten wurden? 7. Kann die Landesregierung als obere Kommunalaufsicht versichern, dass der Stadt Finsterwalde keinerlei rechtlichen und materiellen Nachteile durch die Übernahme der Baulast entstehen, obwohl sich aufgrund des derzeitigen Bauzustandes Folgekosten abzeichnen? 8. Kann die Landesregierung sicherstellen, dass es bei Baulastübernahme der Straße zu keinen naturschutzrechtlichen Auflagen kommen wird, die nicht umgelegt werden müssen ? 9. Gilt die betreffende Straße nach Übernahme der Baulast als erstmalig Erschlossen im Sinne des BauGB? 10. Welche rechtlichen Konsequenzen würde es für die Stadt haben, wenn die Stadt die Baustraße, die nicht den technischen Mindeststandards des § 10 Absatz 2 BgbStrG entspricht , in ihre Baulast übernimmt? 11. Hat die Stadt Finsterwalde ein Ermessen, eine Straße in ihre Baulast zu übernehmen, die nicht den technischen Mindeststandards des § 10 Absatz 2 BgbStrG entspricht? 12. Wer ist für die eventuellen finanziellen Folgen verantwortlich, die aus dem Nichtvorhandensein des Unterbaus, der fehlenden Frostfreiheit und des fehlenden Regenwasserablaufs oder aus der fehlenden Verkehrssicherheit resultieren? 13. Wer ist im Fall entsprechender Klagen haftbar zu machen? 14. Müssen die Anlieger für eventuelle nachträgliche Instandsetzung von Straßen, um den Bauzustand der Straße nach §10 BbgStrG zu erreichen, nach Straßenausbausatzung finanziell beteiligt werden? 15. Wann muss spätestens die Baustraße durch den Bauvorhabenträger (Entwässerungsbetrieb der Stadt Finsterwalde) nach derzeitiger Genehmigungslage wieder beseitigt sein? 16. Wann und in welcher Form hat sich die Landesregierung über den jetzigen Zustand der Behelfsstraße einen Überblick verschafft? 17. Kann die Stadt Finsterwalde davon ausgehen, dass nach der Information des „zuständigen Ministeriums“ der Landkreis als Genehmigungsbehörde nachträglich alle zukünftigen noch erwartenden Baustraßen nachträglich ohne behördliche Auflagen im Sinne des BbrStrG und ohne finanzielle Beteiligung der Anlieger ausnahmslos genehmigen wird? 18. Wann und in welcher Form hatte der Landkreis und die Kommunalaufsicht im Zusammenhang der Bewertung des „zuständigen Ministeriums“ für diese Straße Kontakt mit der Landesverwaltung? (bitte Zusendung des Schriftverkehrs falls vorhanden)? Landtag Brandenburg Drucksache 6/7825 - 3 - 19. Kann aus der Aussage des zuständigen Ministeriums entnommen werden, dass Straßen die ohne Erfüllung der Anforderungen des § 10 Absatz 2 BgbStrG erstellt worden sind, dauerhaft hergestellt werden können? 20. Sind in der Vergangenheit Straßen in der Baulast des Landes ohne Erfüllung der Anforderungen des § 10 Absatz 2 BgbStrG erstellt worden ohne dass sie anschließend wieder zurück gebaut wurden? Falls ja, warum, wann und in welchen Fällen? 21. Worin besteht der „absolute Sonderfall“ der Ernst-Moritz-Arndt - Straße gegenüber anderweitigen Umleitungsverkehren bei zukünftigen Baumaßnahmen, bei denen ebenfalls Baustraßen mit eingeschränkter Nutzungsdauer errichtet worden sind? 22. Wie beurteilt die Landesregierung, bei den in Zukunft mehrfach vorkommenden Sonderfällen , die Ungleichbehandlung von Bürgern die zur Beitragspflicht bei einem grundhaften Ausbau ihrer Straße herangezogen werden gegenüber denen, die durch Übernahme einer Baustraße von diesen Ausbaukosten befreit werden würden? 23. Ist es zulässig, Straßen, die nicht den technischen Mindeststandards des § 10 Absatz 2 BgbStrG entsprechen, als öffentliche Verkehrsflächen zu errichten und damit billigend in Kauf zu nehmen, dass die damit verbundenen Instandhaltungs-, Erweiterungs- und Bewirtschaftungskosten zu Lasten der Allgemeinheit gehen? zu den Fragen 1 bis 23: Die Landesregierung hat keinen Einzelfall geprüft und entschieden . Zuständig ist hierfür die Kommune als Straßenbaubehörde und Baulastträger. Die Landesregierung hat vielmehr aufgrund der Anfrage einer Abgeordneten des Landtages eine grundsätzliche straßenrechtliche Bewertung abgegeben. Allgemein handelt die Stadt Finsterwalde als Baulastträgerin und Straßenbaubehörde für ihre Gemeindestraßen in eigener Verantwortung und bedarf dazu keinerlei Genehmigung durch den Landkreis. Welche technischen Regeln für Straßen einzuhalten sind (§§ 9 und 10 Brandenburgisches Straßengesetz (BbgStrG)) bemisst sich nach dem jeweiligen Straßenzweck. Bei Einrichtung von Umleitungsstrecken, wie im vorliegenden Einzelfall offenbar erfolgt, gilt nach § 34 BbgStrG Folgendes: Die Umleitungsstrecke wird im Benehmen mit dem zuständigen Straßenbaulastträger ertüchtigt, soweit straßenbauliche und sonstige Maßnahmen erforderlich sind, um sie für die Aufnahme des zusätzliche Verkehrs verkehrssicher zu machen. Diese Aufwände gehen zu Lasten des Veranlassers der Umleitung. Eine Baustraße wird unter Beachtung technischer Regeln und der Verkehrssicherheit ausgeführt. Horizont dieser Beurteilung ist die Dauer der Baumaßnahme. Die Stadt Finsterwalde könnte in dem Einzelfall prüfen, ob sie die Baustraße auch nach Abschluss der Bauzeit ausnahmsweise belassen kann. Sie hätte dann in ihrer Funktion als Baulastträger und Straßenbauverwaltung zu prüfen , ob die Straße gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 und 4 und § 10 BbgStrG in ihrem derzeitigen Zustand auch dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis einer Anlieger/Wohnstraße genügt und dabei die Regeln der Technik und weitere Belange (z.B. auch des Umweltschutzes) angemessen zu berücksichtigen. Sie müsste dazu das Benehmen mit den betroffenen Trägern öffentlicher Belange herstellen. Sie entscheidet als Baulastträgerin und Straßenbaubehörde für ihre Gemeindestraßen jedoch eigenständig. Sie bedarf keinerlei Genehmigung durch den Landkreis (s.o.). Sie müsste auch prüfen, ob sonstige Vereinbarungen o.ä. dagegen stehen. Für etwaige Fehler würde die Stadt selber einstehen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7825 - 4 - Grundsätzlich sind die Anlieger an den Kosten der Gemeinde für straßenbauliche Investitionsmaßnahmen zu beteiligen. Aber nur soweit die Gemeinde selber umlegungsfähige Aufwände für Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Erneuerung und Verbesserung ihrer Straßen hatte, was bei einer Umleitung (s. o.) nicht der Fall ist. Soweit eine dauerhafte Nutzung weitere Ausbaumaßnahmen durch die Gemeinde selber erforderlich machen, würden die Anlieger an diesen in der Regel auch zu beteiligen sein. Für Instandsetzungsmaßnahmen dürfen jedoch keine Beiträge nach § 8 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) erhoben werden. Die Landesregierung geht insgesamt nicht davon aus, dass in Zukunft häufig derartige Ausnahmen eintreten werden. Eine Ungleichbehandlung der Anlieger wird schon wegen der fehlenden Voraussetzungen des KAG und wegen des Ausnahmecharakters einer solchen Entscheidung nicht gesehen.