Landtag Brandenburg Drucksache 6/7903 6. Wahlperiode Eingegangen: 03.01.2018 / Ausgegeben: 08.01.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3111 der Abgeordneten Kristy Augustin (CDU-Fraktion) Drucksache 6/7630 Umsetzungsstand des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) stellt eine umfassende Reform des Behindertenrechts dar. Durch den Blickwechsel - weg von der Fürsorge hin zur Teilhabe - ist ein Paradigmenwechsel eigeläutet. Ein wesentlicher Aspekt im BTHG ist die Herauslösung der Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe und ihre Überführung in das Recht der Rehabilitation. Das als Artikelgesetz beschlossene BTHG hat Auswirkungen auf alle Bundesländer und setzt die landesseitige Regelung in einem Ausführungsgesetz oder entsprechender Verordnungen voraus. Bis zur Geltung der 2. Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes ab dem 1. Januar 2018 sind wesentliche Fragen, vor allem Fragen der Kommunen, ungeklärt. Ich frage die Landesregierung: Frage 1: Welche Ziele verfolgt das Land bei der Umsetzung und welche Auswirkungen wird das BTHG auf die Behindertenpolitik im Land Brandenburg haben? zu Frage 1: Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) wird die Eingliederungshilfe von einer überwiegend einrichtungszentrierten Leistung zu einer personenzentrierten Leistung neu ausgerichtet. Die notwendige Unterstützung der Menschen mit Behinderung orientiert sich nicht mehr an einer bestimmten Wohnform. Die Charakterisierung von Leistungen in ambulante , teilstationäre und stationäre Maßnahmen der Eingliederungshilfe wird aufgehoben . Damit steht zukünftig allein der Mensch mit seinen Vorstellungen und seinen individuellen Teilhabebedarfen im Mittelpunkt. Das hinter diesem beschriebenen Systemwechsel stehende Ziel - die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen im Sinne von mehr Selbstbestimmung und Teilhabe - ist auch der Maßstab für die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes auf Landesebene. Frage 2: Welche Maßnahmen zur Umsetzung des BTHG wurden seitens des federführenden Ministeriums ergriffen und welche Maßnahmen sind noch geplant? zu Frage 2: Das Bundesteilhabegesetz tritt in verschiedenen Stufen in Kraft. Der Kern des Bundesteilhabegesetzes - die reformierte Eingliederungshilfe - tritt zum 1. Januar 2020 in Kraft. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7903 - 2 - Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes auf Landesebene erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen. Eine wichtige übergeordnete Ebene ist die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen dem Bund und den Ländern. Damit der Systemwechsel in der Praxis bei allen Menschen, unabhängig vom Wohnort, ankommt, ist eine inhaltliche Abstimmung zwischen dem Bund und den Ländern untereinander erforderlich. Alle wesentlichen Themen werden in der Länder-Bund-AG „Umsetzung BTHG“ und deren Unterarbeitsgruppen erörtert und abgestimmt - derzeit unter Federführung des Landes Brandenburg als aktuelles Vorsitzland der Konferenz der Ministerinnen und Minister für Arbeit und Soziales (ASMK) - mit dem Ziel einer möglichst bundesweit einheitlichen und qualitätsgerechten Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes . Des Weiteren bringt sich das Land Brandenburg - wie alle anderen Länder auch - in die sog. „Umsetzungsbegleitung des Bundesteilhabegesetzes“ und die Vorab-Evaluation der im Gesetzgebungsverfahren strittigen Punkte (z.B. Wunsch- und Wahlrecht, Abgrenzung Pflege und Eingliederungshilfe oder die Trennung von Fachleistungen von den existenzsichernden Leistungen) ein. Das Projekt „Umsetzungsbegleitung des Bundesteilhabegesetzes“, angesiedelt beim Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V., soll Hilfestellungen, Auslegungshilfen und Verfahrensvorschläge erarbeiten, um insbesondere die Eingliederungshilfeträger vor Ort zu unterstützen und fortzubilden. Damit wird gleichzeitig die Grundlage für eine bundesweit einheitliche Auslegung und für ein einheitliches Verständnis des BTHG geschaffen. Im Rahmen der Vorab-Evaluation werden bundesweit Modellkommunen vor Ort einzelne oder alle zu evaluierende Themenbereiche bearbeiten und (virtuell) prüfen, wie sie nach neuem Recht entschieden hätten, welche Umsetzungs- oder Auslegungsschwierigkeiten bestehen etc.. Stellt sich heraus, dass die Regelungen in der Praxis ganz anders ausgelegt werden als gewollt, besteht die Möglichkeit, vor Inkrafttreten der Regelungen gesetzlich nachzusteuern. Bei der Vorbereitung, Konzeption und Durchführung dieser Maßnahmen ist das Land Brandenburg maßgeblich beteiligt. Auf der Ebene der Umsetzung im Land Brandenburg sind folgende Maßnahmen eingeleitet worden: Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (MASGF) steht in einem engen und regelmäßigen Austausch mit allen für die Umsetzung wichtigen Akteurinnen und Akteuren, den Leistungserbringern, den Leistungsträgern/Kommunen und den Interessensverbänden der Menschen mit Behinderung. Zur Abstimmung des Ausführungsgesetzes zum Bundesteilhabegesetz, zur Bestimmung des Bedarfsermittlungsinstrumentes und zur Vorbereitung des neu auszuhandelnden Rahmenvertrages sind drei Projektgruppen in der sog. Brandenburger Kommission (Gremium nach § 8 des AG-SGB XII) bzw. des sog. Brandenburger Steuerungskreises (Gremium nach § 9 des AG-SGB XII) gebildet worden, die unter Federführung des MASGF mehr- Landtag Brandenburg Drucksache 6/7903 - 3 - fach getagt haben und die notwendigen Maßnahmen vorbereiten. Damit die neuen Leistungen im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben, das „Budget für Arbeit “ und „Andere Leistungsanbieter nach § 60 SGB IX n.F.“ ab dem 1. Januar 2018 angewandt werden können, sind entsprechende Handreichungen für die Sozialhilfeträger erarbeitet worden. In Bezug auf die Etablierung einer ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung hat das Land im Vorfeld die potentiellen Träger beraten und unterstützt, die für die Förderung eingegangenen Anträge gesichtet und bewertet. Unter Berücksichtigung der qualifizierten Stellungnahmen des Landes wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum Ende dieses Jahres die Anträge bescheiden. Ab dem nächsten Jahr können im Land Brandenburg und bundesweit die ergänzenden unabhängigen Beratungsstellen ihre Arbeit aufnehmen. Diese Träger werden durch das Land weiterhin beraten und unterstützt. Frage 3: Bis wann ist mit der Umsetzung der genannten Maßnahmen zu rechnen und wie gestaltet sich der Zeitplan der Landesregierung zur Umsetzung des BTHG? Wird die Umsetzung der Maßnahmen dabei innerhalb der jeweiligen Zeiträume des Inkrafttretens der Einzelregelungen des BTHG gewährleitet sein? zu Frage 3: Neben der Zuständigkeit der Träger der Eingliederungshilfe für Vertragsverhandlungen eröffnet das BTHG nur sehr vereinzelt auch Teilhabeleistungen bereits ab dem 01. Januar 2018, z.B. das Budget für Arbeit und die Ermöglichung neuer Leistungsanbieter . Der Übergang der Leistungszuständigkeit auf den Träger der Eingliederungshilfe erfolgt ganz überwiegend am 01.Januar 2020. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen und das entsprechende Verfahren nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) durch die Träger der Sozialhilfe sichergestellt. Dies hat der Bundesgesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften (BVGuaÄndG 2017) vom 17. Juli 2017 klargestellt , indem er für die Leistungserbringung bis zum 31. Dezember 2019 an die Stelle der Träger der Eingliederungshilfe als Rehabilitationsträger die Träger der So-zialhilfe nach § 3 SGB XII setzt. Der Träger der Sozialhilfe (ab 2020 der Träger der Eingliederungshilfe) hat die Lei-stungen unter Berücksichtigung der Wünsche der Leistungsberechtigten festzustellen. Welches Bedarfsermittlungsinstrument geeignet ist, wird derzeit von der Projektgruppe „Instrument zur Bedarfsermittlung nach § 142 SGB XII/ § 118 SGB IX“ abgestimmt. Wie die Bedarfsermittlung für den Übergangszeitraum zu erfolgen hat, wird durch das Land im Rahmen einer Übergangsregelung festgelegt. Ein entsprechendes Rundschreiben ergeht an die Träger der Sozialhilfe noch in diesem Jahr. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 2 verwiesen. Frage 4: Welche konkreten Regelungen des BTHG müssen landesrechtlich geregelt werden (Mit der Bitte um eine tabellarische Darstellung nach Jahr, Benennung der Rechtsgrundlage aus dem BTHG, kurze Erläuterung des Regelungszwecks und Benennung möglicher Kosten für das Land)? Landtag Brandenburg Drucksache 6/7903 - 4 - zu Frage 4: Die erbetenen Angaben können unmittelbar dem Gesetzestext sowie der Gesetzesbegründung entnommen werden. Insofern wird auf die einschlägigen Drucksachen des Bundestages sowie des Bundesrates sowie bezüglich möglicher Kosten für das Land auf den Bundesratsbeschluss vom 16. Dezember 2016 (BR-Drucksache 711/16) verwiesen . Dementsprechend geht die Landesregierung nach wie vor davon aus, dass der Bund im Lichte der Ergebnisse der Finanzevaluation etwaige bei den Ländern oder auf kommunaler Ebene anfallende Kostensteigerungen durch das BTHG vollständig sowie dauerhaft übernimmt. Frage 5: Wie werden die zusätzlichen Finanzmittel des Bundes eingesetzt und welche Projekte aus Brandenburg werden im Rahmen der modellhaften Erprobung des neuen Eingliederungshilferechts durch den Bundesgesetzgeber gefördert? zu Frage 5: Zur Ermittlung des jeweiligen Länderanteils aus den zur Verfügung stehenden Gesamtmitteln für die modellhafte Erprobung wurde seitens des Bundes ein Verteilungsschlüssel zugrunde gelegt, der sich aus der Anzahl der jeweiligen Empfängerinnen und Empfänger der Eingliederungshilfe sowie der Einwohnerzahl zusammensetzt. Für das Land Brandenburg liegt der Anteil an den Gesamtmitteln für die modellhafte Erprobung für das Projektjahr 2018 bei einem Betrag von rund 567.400 Euro. Es haben sich die Landkreise Ostprignitz-Ruppin, Teltow-Fläming und Spree-Neiße sowie die kreisfreie Stadt Frankfurt/Oder als Modellkommunen beworben. Vorbehaltlich der Zustimmung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales werden diese vier Kommunen auch gefördert. Frage 6: Wie und mit welchen Mitteln beabsichtigt das Land seiner Verpflichtung zur Förderung der Instrumente zur zielgerichteten Erbringung von Leistungen nachzukommen? zu Frage 6: Die gemeinsame Verantwortung und Zusammenarbeit für die Leistungsgewährung gilt bereits nach den geltenden Regelungen des Landesausführungsgesetzes zum SGB XII. Das schließt eine Abstimmung, Koordinierung und Vernetzung der jeweils in eigener Zuständigkeit wahrzunehmenden Aufgaben ein. Dementsprechend hat das Land als überörtlicher Träger der Sozialhilfe auch heute schon eine beratende und unterstützende Funktion für die zielgerichtete Leistungsgewährung, auch in Form von Rahmenrichtlinien und Empfehlungen. Mit dem Bundesteilhabegesetz ist die Gesamtverantwortung der Länder gestärkt worden (s. § 94 SGB IX n.F.). Demnach ist die Verpflichtung des Landes, die Träger der Eingliederungshilfe zu unterstützen, gesetzlich verankert. Ausweislich der Gesetzesbegründung kommt den obersten Landessozialbehörden im Rahmen ihrer Unterstützungsaufgaben bei den Fragen der Sicherung der Qualität und Wirksamkeit der Leistungen eine zentrale Bedeutung zu. In Umsetzung der dritten Stufe wird zum 1. Januar 2020 eine Arbeitsgemeinschaft zur Begleitung und Umsetzung des Rechts der Eingliederungshilfe sowie zur Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe gemäß § 94 Abs. 4 SGB IX eingerichtet. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7903 - 5 - Mit Blick auf die notwendige Evidenzbeobachtung gemäß § 94 Abs. 5 SGB IX n.F. wird zudem ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch der Länder unter Beteiligung des Bundes sowie der Träger der Eingliederungshilfe zum 1. Januar 2020 etabliert, wobei insbesondere die Wirkung und Qualifizierung der Steuerungsinstrumente analysiert und bewertet werden. Frage 7:Nach welcher Maßgabe sollen in den Jahren des Übergangs neue Angebote verhandelt werden? zu Frage 7: Einen der Schwerpunkte des Bundesteilhabegesetzes bildet die in der Vorbemerkung zu dieser Kleinen Anfrage genannte Herauslösung der Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe und ihre Überführung in das Recht der Rehabilitation ab dem 1. Januar 2020. Dazu tritt das im Bundesteilhabegesetz (§§ 123 ff SGB IX n.F.) geregelte neue Vertragsrecht bereits ab dem 1. Januar 2018 in Kraft. Das zwei Jahre frühere Inkrafttreten des neuen Vertragsrechts soll ausschließlich dazu dienen, um bereits im Vorfeld der o.g. Reform des neuen Eingliederungshilferechts Regelungen auf vertraglicher Basis mit Wirkung vom 1. Januar 2020 treffen zu können. Frage 8: Wie soll zukünftig die Ermittlung des individuellen Bedarfs der Leistungsberechtigten erfolgen? Was soll ggf. in einer Übergangsphase gelten und wie lange wird die Übergangsphase geplant? Sollte das bislang angewendete "Metzler-Verfahren" im Land Brandenburg in der Übergangsphase gelten, sieht die Landesregierung darin keinen Verstoß zu den Ansprüchen des BTHG? zu Frage 8: Mit der 2. Reformstufe des Bundesteilhabegesetzes haben die Träger der Eingliederungshilfe mit Inkrafttreten der Regelung des § 142 SGB XII ab dem 01.01.2018 (ab 2020: § 118 SGB IX) die Ermittlung des individuellen Bedarfes der Leistungsberechtigten durch ein Instrument zu erfassen, das sich an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit , Behinderung und Gesundheit (ICF) orientiert. Des Weiteren weist die Vorschrift eine Ermächtigungsnorm zum Erlass einer Rechtsverordnung auf, in der das Nähere über das Instrument zur Bedarfsermittlung bestimmt werden kann. Ob und in welcher Form das Land Brandenburg von dieser Rechtsverordnung Gebrauch machen wird, bedarf nach Vorliegen der Ergebnisse aus der in der Antwort zu Frage 3 genannten Projektgruppe der sorgfältigen weiteren Prüfung. Da die Einführung eines neuen Instrumentes der Bedarfsermittlung Auswirkungen auf die Art der Hilfeerbringung und die Kostenstrukturen haben wird sowie eine Vielzahl von Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung zu erfüllen sind (Schulungen für Träger der Eingliederungshilfe und Einrichtungsträger; neues EDV-System, respektive neue EDV-Schnittstellen, rechtliche Nutzungsfragen bestehender Instrumente, wissenschaftliche Begleitforschung etc.), bedarf die Entscheidung darüber gründlicher rechtlicher, technischer, finanzieller Klärungen und eines intensiven Beteiligungsprozesses. Die Implementierung eines neuen Instrumentes, eingebettet in das Gesamtplanverfahren nach § 141 SGB XII (ab 2020: § 117 SGB IX) und in das Teilhabeplanverfahren nach § 19 ff. SGB IX, ist anspruchsvoll und schließt die enge Kooperation und Abstimmung zwischen Leistungsträgern, Leistungserbringern und den zuständigen Landesbehörden ein. Empfehlungen für ein einheitliches Instrument der Bedarfsermittlung und die notwendigen Rahmenbedingungen für die Einführung und Weiterentwicklung werden derzeit in der durch Landtag Brandenburg Drucksache 6/7903 - 6 - die Brandenburger Kommission mandatierten Projektgruppe erarbeitet. Diese setzt sich aus je sechs Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen und der Einrichtungsträger sowie je einer Vertreterin des MASGF und des Landesamtes für Soziales und Versorgung (LASV) zusammen. Die konstituierende Sitzung fand am 29. September 2017 statt. Mit einem Rundschreiben an die Kommunen wird im Dezember eine Übergangsregelung mit Gültigkeit ab 1. Januar 2018 bis zum Erlass der Rechtsverordnung getroffen. Darin wird dargelegt, dass die mit Beschluss der Brandenburger Kommission 2001 und 2006 festgelegten Instrumente der Bedarfsermittlung: - im stationären Bereich für den Personenkreis der geistig und körperlich behinderten Menschen das Verfahren Hilfebedarf von Menschen mit Behinderung nach Metzler (sog. H.M.B.-W. Verfahren) und - im stationären Bereich für den Personenkreis der seelisch behinderten Menschen das Brandenburger Instrument weiter zur Anwendung kommen. In diesem Vorgehen wird kein Verstoß zu den Ansprüchen des Bundesteilhabegesetzes gesehen. Frage 9: Wie ist die Umsetzung der Regelungen hinsichtlich des Zusammentreffens von Leistungen der Eingliederungshilfe und der Pflege geplant? zu Frage 9: Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege haben auch nach Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs grundsätzlich unterschiedliche Aufgaben. Eine besondere Herausforderung bildet dabei die Abgrenzung von Leistungen außerhalb von definierten Einrichtungen und Räumlichkeiten. Zur sachgerechten Abgrenzung beider Hilfen sieht das Bundesteilhabegesetz ab dem 1. Januar 2020 dafür das neu entwickelte Lebenslagenmodell des § 103 SGB IX n.F. vor, bei dem die Regelaltersgrenze im Sinne des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine entscheidende Rolle spielt. Zur Begleitung und Umsetzungsunterstützung der wesentlichen Bestandteile des Bundesteilhabegesetzes wurde in Artikel 25 BTHG eine Reihe von Maßnahmen implementiert, u.a. die in § 25 Abs. 3 a.a.O. geregelte modellhafte Erprobung der zum 1. Januar 2020 in Kraft tretenden Verfahren und Leistungen im Bereich der reformierten Eingliederungshilfe durch sog. Modellkommunen. Als Teilaspekte dieser modellhaften Fallbearbeitung soll auch die Umsetzung der Regelung zum Verhältnis von Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Pflege bei Leistungstatbeständen, die von beiden Leistungssystem erfasst sind (§ 91 SGB IX) sowie die Umsetzung der Regelung für Menschen mit Behinderungen und Pflegebedarf - sog. Lebenslagenmodell (§ 103 Absatz 2 SGB IX) durch noch zu bestimmende Modellkommunen untersucht und wissenschaftlich begleitet werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen bleiben abzuwarten. Frage 10: Das BTHG sieht Werkstattleistungen auch durch andere Leistungsanbieter vor, die bislang durch Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) geboten wurden. Welche fachlichen Anforderungen sollen an diese Arbeitsstätten gestellt werden? Landtag Brandenburg Drucksache 6/7903 - 7 - zu Frage 10: Alle Vorschriften und Anforderungen für Werkstätten für behinderte Menschen gelten mit Ausnahme der Aufzählung in § 60 Abs. 2 SGB IX n.F. Dadurch soll sichergestellt werden, dass einerseits die gleichen Qualitätsanforderungen wie bei einer Werkstatt für behinderte Menschen für andere Leistungsanbieter gelten, andererseits wird eine Flexibilität bei der Umsetzung ermöglicht. Insbesondere durch die Entpflichtung der bisherigen Mindestplatzzahl von 120 Plätzen, bei den räumlichen und sächlichen Voraussetzungen und bei der förmlichen Anerkennung werden Gestaltungsmöglichkeiten für andere Leistungsanbieter geschaffen. Frage 11: Wie soll im Gesamtplanverfahren ermittelt werden, welcher Anteil des Regelsatzes zukünftig den Leistungsberechtigten als Barmittel verbleiben soll? zu Frage 11: Die Durchführung des Gesamtplanverfahrens obliegt bis zum 31. Dezember 2019 den zuständigen örtlichen Sozialhilfeträgern, die diese Aufgaben als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe ausüben. Die in der Fragestellung genannten Barmittel sind derzeit Teil des notwendigen Lebensunterhalts in Einrichtungen (§ 27b SGB XII). Die Bedeutung dieser Vorschrift im Bereich der Eingliederungshilfe wird mit der Trennung von Fachleistung und existenzsichernder Leistung durch das Bundesteilhabegesetz zum 1. Januar 2020 grundlegend geändert. Derzeit wird eine Orientierungshilfe der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe zur Gesamtplanung (§§ 117 ff. SGB IX n.F./ §§ 141 ff. SGB XII) erarbeitet, die unverzüglich nach Erscheinen an die örtlichen Sozialhilfeträger verteilt werden wird. Frage 12: Wie wird die Beteiligung der Verbände für Menschen mit Behinderung im Gesetzgebungsverfahren und der weiteren Durchführung sichergestellt? zu Frage 12: Der Landesbehindertenbeirat, als das wesentliche Gremium für die Menschen mit Behinderung, wird - im Sinne des Grundsatzes „Nichts über uns ohne uns“ - bereits kontinuierlich über die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes informiert und einbezogen ; dieser Grundsatz greift gleichermaßen für das Gesetzgebungsverfahren. Frage 13: Inwieweit wurden und werden bei den Gesprächen zur Umsetzung des BTHG die Landkreise und kreisfreien Städte bei den Beratungen einbezogen? zu Frage 13: Die Landkreise und kreisfreien Städte werden regelmäßig beim Brandenburger Steuerungskreis (Gremium nach § 9 des AG-SGB XII) über den Stand der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes informiert. Des Weiteren werden - wie dargestellt - die wesentlichen Umsetzungsschritte gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen in Projektgruppen erörtert. Frage 14: Gibt es eine interministerielle Arbeitsgruppe, die sich mit der Ausführung des BTHG befasst? Wenn ja, wie viele Personen sind aus welchen Ministerien dabei einbezogen ? zu Frage 14: Nein. Der Gesetzgebungsprozess zur Umsetzung des BTHG wird insbesondere durch das Ministerium des Innern und für Kommunales (MIK), das Ministerium der Finanzen (MdF) sowie die Staatskanzlei begleitet werden. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7903 - 8 - Frage 15: Welche Mehraufgaben sieht die Landesregierung bei der Umsetzung des BTHG bei den Kommunen? Wie sollen diese durch die Landesregierung in der Ausführung unterstützt werden? zu Frage 15: Mit dem Bundesteilhabegesetz erfolgen keine wesentlichen Änderungen bei den Leistungen der Eingliederungshilfe. Die Eingliederungsleistungen werden zwar neu geordnet und transparenter dargestellt. Ausweislich der Begründung zum Bundesteilhabegesetz ist jedoch weder eine Begrenzung noch eine Ausweitung der Leistungsberechtigten gewollt. Die Reform der Eingliederungshilfe zum 1. Januar 2020 stellt jedoch die Personenzentrierung und die inklusiv und sozialraumorientierte Ausrichtung der Leistungen in den Mittelpunkt . Damit stehen die Vorstellungen und die individuellen Teilhabebedarfe unter Berücksichtigung der Stärken und Kompetenzen der Menschen mit Behinderung im Vordergrund und nicht mehr einrichtungsbezogene pauschalierte Leistungen. Ziel ist, flexiblere und passgenauere Unterstützungsformen zu ermöglichen und die sozialräumlichen Angebote auch für Menschen mit Behinderung zu öffnen. Insoweit ist die kommunale Struktur- und Sozialplanung mit dem Sicherstellungauftrag nach dem Bundesteilhabegesetz zu verknüpfen . Ob und in welcher Form Mehraufgaben eventuell kostenrelevant sein werden, ist im Rahmen des zurzeit in Vorbereitung befindlichen Ausführungsgesetzes zum Bundesteilhabegesetz sorgfältig zu prüfen.