Landtag Brandenburg Drucksache 6/7932 6. Wahlperiode Eingegangen: 05.01.2018 / Ausgegeben: 10.01.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3143 des Abgeordneten Christoph Schulze (fraktionslos) Drucksache 6/7717 Umsetzung des Beschlusses 6/6562-B zu Wohnküchen Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Der Landtag hat am 17.5.2017 den Beschluss 6/6562-B mit dem Titel „Umsetzung des Schallschutzprogramms verbessern“ gefasst. Vorausgegangen war eine sich über ein Jahr hinziehende Diskussion in der AG 2 des Dialogforums und eine ca. über zwei Jahre sich erstreckende Diskussion im Sonderausschuss BER, in dem auch Bürger Ihre konkreten Probleme im Rahmen von strukturierten Anhörungen vortragen konnten. Der Landtag sah es am Ende dieser Beratungen als erforderlich an, die Landesregierung aufzufordern geeignete Vollzugshinweise gegenüber dem Flughafen Berlin Brandenburg (FBB) zu erlassen: 1. Insbesondere sollte durch Vollzugshinweise klargestellt werden, dass Nachweisen von Bauaufsichtsbehörden zur Baurechtmäßigkeit von Gebäuden und Räumen anzuerkennen sind und keine weiteren Prüfprozesse auslösen dürfen. In der Vergangenheit hatte die FBB einfach Schreiben der Bauaufsichtsbehörden zur Seite gelegt oder angezweifelt . Sollten keine Baugenehmigungsunterlagen vorliegen, sollen Gebäude mit nachgewiesenem planungsrechtlichem Bestandsschutz auch schutzwürdig sein. 2. Die Praxis der FBB die Schutzwürdigkeit von Räumen wegen angeblich unzureichender Raumhöhe abzulehnen, hat der Sonderausschuss BER die Auffassung entgegengehalten , dass nachträgliche Einbauten (wie z.B. abgehängte Decken) den Baurechtszustand nicht verändern. Auch die Brandenburger Bauordnung sieht für bestimmte Gebäude keine Mindestraumhöhen mehr vor. 3. Ermessensspielräume sollen bei genutzten Wohnräumen zugunsten der Betroffenen ausgelegt werden. 4. Wohnküchen sind zu schützen - unabhängig von ihrer Größe, sofern sie dem Wohnen dienen. Bisher hatte die FBB entschieden, dass alle Küchen unter 10 qm nicht schützenswert seien. 5. Außendämmungen sollen bewusst angeboten werden, um Wohnraumverluste bei kleineren Wohnungsgrundrissen zu vermeiden. Bisher hatte die FBB Außendämmungen kategorisch abgelehnt. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7932 - 2 - Nachdem die Landesregierung sich zunächst durch den Beschluss des Brandenburger Landtags nicht veranlasst sah, Vollzugshinweise zu erlassen, erstellte das LUBB mit Datum vom 14.9.2017 Vollzugshinweise mit einem Teil A und einem Teil B. Im Teil B wird dargestellt, in welchen Punkten es Übereinstimmung mit der FBB geben soll - und insofern nach Auffassung des LUBB keine Vollzugshinweise erforderlich seien. Dabei ist es Aufgabe der Landesregierung, dem Ziel des Planfeststellungsbeschlusses zu entsprechen und Bürger und öffentliche Einrichtungen vor schädlichen Einwirkungen durch Fluglärm zu schützen. Maßgeblich ist die Interpretation des Planfeststellungsbeschlusses durch die Landesregierung und - sofern vorhanden - konkrete Beschluss des Landtags zur Umsetzung und nicht die Meinung der FBB GmbH, die durch einseitige Rechtsauffassungen schon seit längerem auffällt. Die einzelnen Ausführungen in den „Vollzugshinweisen“ der LUBB am 14.9.2017 in den bei der Umsetzung des Schallschutzes strittigen und im Beschluss 6/6562-B vom 17.05.17 behandelten Punkten führen zu folgender Situation: Wohnküchen Es entspricht dem Planfeststellungsbeschluss, alle Wohnküchen zu schützen und alle Wohnräume - unabhängig von ihrer Raumhöhe - in der bebauten Ortslage zu schützen. Mit dem Landtagsbeschluss 6/6562-B zur Umsetzung des Schallschutzprogramms ist nochmals klargestellt worden, dass Wohnküchen nicht wegen einer zu geringen Größe schutzlos gestellt werden können. Bei Wohnküchen legt das LUBB nicht fest, dass diese sofern sie dem Wohnen dienen schutzwürdig sind. Nein, es wird zwar gesagt, dass ein Küchenraum nicht allein wegen seiner Größe vom Schutz ausgenommen werden kann, aber es werden keine handhabbaren Kriterien definiert, die es jedem Bürger ermöglichen, seine Küche selbst einzuschätzen. Stattdessen wird von „objektivierbaren Kriterien“ gesprochen , die „etwa“ die Größe des Raumes, die „Anzahl der Personen“, die „Einrichtung der Küche“ und die „Erkennbarkeit der Nutzung“ beinhalten. Das LUBB unterstützt mit diesen Formulierungen das bisherige Handeln der FBB - es wird nahezu jegliche Form der Auslegung zu Lasten der Bürger zugelassen. Es handelt sich weder um nachvollziehbare noch objektivierte Kriterien. Zudem wird ausgeblendet, dass jegliche Küche, die nicht allein dem Tee- oder Kaffeekochen dient (Formulierung der 2. FlugLSV), ein Aufenthaltsraum nach Baurecht ist und insofern schutzwürdig ist. Selbst die bereits in der AG 2 des Dialogforums gestellte Frage, wie denn mit Küchen, deren Wohnfunktion bestätigt worden ist und die ausschließlich wegen ihrer Größe als nicht schutzwürdig bezeichnet worden sind, umgegangen werden soll, bleibt seitens der Vollzugsbehörde unbeantwortet. Dafür findet man dann eine neue Wortschöpfung für die bisherige Verantwortungslosigkeit der FBB - man behauptet einfach, dass die FBB „nicht veranlassungslos“ prüfen müsse. Damit dreht das LUBB einfach Ursache und Wirkung um: Nicht die FBB hat den Planfeststellungsantrag und den Ausbau des BER und den Fluglärm veranlasst sondern die Bürger müssen Anlass und Begründung zur Prüfung ihrer berechtigten Forderung gegenüber der FBB geben. Also die FBB kann gar nichts falsch machen, da die Bürger ihre Ansprüche ja nicht ausreichend geltend oder nicht ausreichend begründet haben. Selbstständiges Handeln der FBB - oder gar das Eingeständnis, dass man beim Schallschutzpro- Landtag Brandenburg Drucksache 6/7932 - 3 - gramm Fehler gemacht hat, die man korrigiert und kommuniziert oder auch nur eine veränderte Handhabung Bürgern mitteilt, kommen in der Weltanschauung des LUBB nicht vor. 1. Entspricht es dem Planfeststellungsbeschluss, alle Wohnküchen zu schützen und alle Wohnräume - unabhängig von ihrer Raumhöhe - in der bebauten Ortslage zu schützen ? 2. Implementieren die Vollzugshinweise der LUBB bei Wohnküchen, entsprechend dem Landtagsbeschluss 6/6562-B, dass diese - sofern sie dem Wohnen dienen - schutzwürdig sind? Falls Nein, wie gedenkt die Landesregierung den Landtagsbeschluss vollumfänglich umzusetzen? 3. Entsprechen die von der LUBB aufgeführten „objektivierbaren Kriterien“, die „etwa“ die Größe des Raumes, die „Anzahl der Personen“, die „Einrichtung der Küche“ und die „Erkennbarkeit der Nutzung“ umfassen sollen, dem Landtagsbeschluss alle Wohnküchen unabhängig von ihrer Größe grundsätzlich zu schützen? 4. Werden die Kriterien und Forderungen der LUBB in den Vollzugshinweisen der Forderung aus dem Landtagsbeschluss 6/6562-B gerecht, dass jegliche Küche, die nicht allein dem Tee- oder Kaffeekochen dient (Formulierung der 2. FlugLSV), ein Aufenthaltsraum nach Baurecht und insofern schutzwürdig ist? zu den Fragen 1 bis 4: Nach den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld ist die FBB unter anderem verpflichtet, für Wohnräume im Tagschutzgebiet Schallschutzvorrichtungen vorzusehen. Neben der bauordnungsrechtlichen Legalität müssen die in Betracht kommenden Räume den Zweck des Wohnens erfüllen. Ob ein als Wohnküche bezeichneter Raum als Wohnraum zu schützen ist, ist im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der in den Vollzugshinweisen der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg (LuBB) nicht abschließend genannten Kriterien zu prüfen. Auf eine bestimmte Mindestraumgröße ist dabei nicht abzustellen. Die Darstellung der LuBB in den Vollzugshinweisen vom 14.09.2017 entspricht dem Beschluss des Dialogforums vom 23.11.2015. 5. Wird die FBB in allen Fällen, in denen sich Bürger über die Nichtanerkennung ihrer Küchen beschwert haben, tätig werden? Ist eine geführte Beschwerde Anlass genug, um Aktivitäten der FBB erwarten zu können? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wann wird die Landesregierung die FBB auffordern entsprechend tätig zu werden? zu Frage 5: Nach Kenntnis der LuBB setzt die FBB die in den Vollzugshinweisen vom 14.09.2017 in Teil B. III. zu den Wohnküchen dargelegte Auffassung um. Die LuBB beobachtet den Umgang der FBB mit Beschwerden von Antragstellern sowohl im Einzelfall wie auch allgemein. 6. Welche sonstigen Möglichkeiten gibt es für die FBB das Problem zu lösen? Ist die FBB in der AG 2 des Dialogforums gebeten worden, Bürger darüber zu informieren, dass allein die Raumgröße kein ausreichender Grund für die Ablehnung des Schutzes einer Wohnküche sei kann? Ist die FBB hierauf bereits aktiv geworden? Landtag Brandenburg Drucksache 6/7932 - 4 - zu Frage 6: Die FBB hat in der Ausgabe der „BER aktuell“ vom Oktober 2017 auf Seite 7 die Anforderungen für den Schutz von Küchen benannt. Die „BER aktuell“ wird als Zeitung für die Flughafenregion im Umfeld des Flughafens kostenlos verteilt und kann über die Internetseite www.berlin-airport.de kostenlos eingesehen werden. 7. Sind Bürger zumindest in den Fällen, in denen sie das sogenannte „Küchenfenstermodul “ beantragt haben, über den veränderten Sachstand informiert worden? zu Frage 7: Nach Angaben der FBB wird jeder Antrag auf das Modul Küche durch die FBB im Rahmen der Modulbearbeitung geprüft. Ein Ergebnis dieser Prüfung kann im Einzelfall sein, dass für die Küche ein Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen gemäß Planfeststellungsbeschluss besteht. Ist dies der Fall, wird der Anwohner darüber informiert und die Anspruchsermittlung überarbeitet.