Landtag Brandenburg Drucksache 6/7936 6. Wahlperiode Eingegangen: 05.01.2018 / Ausgegeben: 10.01.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3144 des Abgeordneten Christoph Schulze (fraktionslos) Drucksache 6/7718 Umsetzung des Beschlusses 6/6562-B zu Wohnraumerweiterungen in Gestalt eines Wintergartens Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Der Landtag hat am 17.5.2017 den Beschluss 6/6562-B mit dem Titel „Umsetzung des Schallschutzprogramms verbessern“ gefasst. Vorausgegangen war eine sich über ein Jahr hinziehende Diskussion in der AG 2 des Dialogforums und eine ca. über zwei Jahre sich erstreckende Diskussion im Sonderausschuss BER, in dem auch Bürger Ihre konkreten Probleme im Rahmen von strukturierten Anhörungen vortragen konnten. Der Landtag sah es am Ende dieser Beratungen als erforderlich an, die Landesregierung aufzufordern geeignete Vollzugshinweise gegenüber dem Flughafen Berlin Brandenburg (FBB) zu erlassen: 1. Insbesondere sollte durch Vollzugshinweise klargestellt werden, dass Nachweisen von Bauaufsichtsbehörden zur Baurechtmäßigkeit von Gebäuden und Räumen anzuerkennen sind und keine weiteren Prüfprozesse auslösen dürfen. In der Vergangenheit hatte die FBB einfach Schreiben der Bauaufsichtsbehörden zur Seite gelegt oder angezweifelt . Sollten keine Baugenehmigungsunterlagen vorliegen, sollen Gebäude mit nachgewiesenem planungsrechtlichem Bestandsschutz auch schutzwürdig sein. 2. Die Praxis der FBB die Schutzwürdigkeit von Räumen wegen angeblich unzureichender Raumhöhe abzulehnen, hat der Sonderausschuss BER die Auffassung entgegengehalten , dass nachträgliche Einbauten (wie z.B. abgehängte Decken) den Baurechtszustand nicht verändern. Auch die Brandenburger Bauordnung sieht für bestimmte Gebäude keine Mindestraumhöhen mehr vor. 3. Ermessensspielräume sollen bei genutzten Wohnräumen zugunsten der Betroffenen ausgelegt werden. 4. Wohnküchen sind zu schützen - unabhängig von ihrer Größe, sofern sie dem Wohnen dienen. Bisher hatte die FBB entschieden, dass alle Küchen unter 10 qm nicht schützenswert seien. 5. Außendämmungen sollen bewusst angeboten werden, um Wohnraumverluste bei kleineren Wohnungsgrundrissen zu vermeiden. Bisher hatte die FBB Außendämmungen kategorisch abgelehnt. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7936 - 2 - Nachdem die Landesregierung sich zunächst durch den Beschluss des Brandenburger Landtags nicht veranlasst sah, Vollzugshinweise zu erlassen, erstellte das LUBB mit Datum vom 14.9.2017 Vollzugshinweise mit einem Teil A und einem Teil B. Im Teil B wird dargestellt, in welchen Punkten es Übereinstimmung mit der FBB geben soll - und insofern nach Auffassung des LUBB keine Vollzugshinweise erforderlich seien. Dabei ist es Aufgabe der Landesregierung, dem Ziel des Planfeststellungsbeschlusses zu entsprechen und Bürger und öffentliche Einrichtungen vor schädlichen Einwirkungen durch Fluglärm zu schützen. Maßgeblich ist die Interpretation des Planfeststellungsbeschlusses durch die Landesregierung und - sofern vorhanden - konkrete Beschluss des Landtags zur Umsetzung und nicht die Meinung der FBB GmbH, die durch einseitige Rechtsauffassungen schon seit längerem auffällt. Die einzelnen Ausführungen in den „Vollzugshinweisen“ der LUBB am 14.9.2017 in den bei der Umsetzung des Schallschutzes strittigen und im Beschluss 6/6562-B vom 17.05.17 behandelten Punkten führen zu folgender Situation: Wintergärten Auch wenn dieser Punkt im Beschluss des Landtages gar nicht erwähnt wird, sieht sich das LUBB veranlasst, das Handeln der FBB zu unterstützen. Wintergärten sollen nur dann geschützt werden, wenn sie nicht nur baurechtlich genehmigt worden sind sondern auch explizit für das Wohnen eine entsprechende Genehmigung vorliegt. Die Praxis ist aber, dass selbst bei genehmigten und direkt mit dem Wohngebäude verbundenen Wintergärten Bauaufsichtsbehörden darauf verzichtet haben, explizit die Wohnfunktion zu genehmigen. Aber genau das fordert das LUBB jetzt. Das ist Bürokratie pur und dient nur der Beschäftigung von bereits überlasteter Bauaufsichtsbehörden und führt zur Verwirrung von Bürgern. Wintergärten, die laut Brandenburger Bauordnung, genehmigungsfrei errichtet werden konnten, sollen nach Auffassung des LUBB trotz Vorliegen aller baurechtlichen Voraussetzungen nicht schutzwürdig sein. Die FBB soll damit in die Lage versetzt werden, möglichst viele zum Wohnen genutzte, beheizte und direkt an das Wohngebäude anschließende Wintergärten aus formalen Gründen schutzlos zu stellen. Selbst das sogenannte „Modul Wintergarten“ der FBB GmbH soll nur sehr eingeschränkt zum Einsatz kommen. Mit diesem Modul, das die Entschädigung von Wintergärten in Höhe von 150€ /qm vorsieht, wurden bisher Eigentümer abgespeist. Neuerdings soll dieses Modul nur für genehmigte Wintergärten zum Tragen kommen. Genehmigungsfrei gestellte Wintergärten (diese gab es zu bestimmten Zeiten gemäß der Brandenburger Bauordnung) sollen überhaupt nicht entschädigt werden. Das geht aus einem aktuellen Schreiben der FBB hervor. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7936 - 3 - Die jahrelange Diskussion über die angemessene Behandlung von Wintergärten hat sogar zu einer Verschlechterung der Praxis der FBB geführt. Das LUBB verfolgt also das Gegenteil des beabsichtigten Ziels des Landtagsbeschlusses. 1. Sind baurechtlich genehmigte Wohnraumerweiterungen schützenswerte Aufenthaltsräume ? 2. Sind baurechtlich als Wohnraumerweiterungen genehmigte Wintergärten, bei denen alle baurechtlichen Parameter (Raumhöhe, Beheizung, Brandschutz etc.) für einen Aufenthaltsraum eingehalten worden sind, und die an das Wohngebäude angebaut sind und zu diesem einen direkten Zugang haben, faktische Wohnraumerweiterungen und damit schützenswerte Wohnräume? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wann wird dieser Sachverhalt der FBB mitgeteilt und von ihr umgesetzt? zu den Fragen 1 und 2: Baurechtlich genehmigte Wohnraumerweiterungen, die für die nach Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld geschützten Zwecke genutzt werden, sind in den festgesetzten Schallschutzgebieten grundsätzlich schützenswert. 3. Will die Landesregierung baurechtlich genehmigte Wintergärten, die alle Parameter erfüllen, schutzlos stellen, weil angeblich die Wohnfunktion im Bauantrag nicht ausreichend deutlich gemacht worden ist? Falls ja, wie wird das gegenüber den Bürgern und vor dem Hintergrund des gültigen Planfeststellungsbeschlusses begründet? 4. Will die Landesregierung unnötige Aktivitäten zwischen den Bauaufsichtsbehörden und Eigentümern bei baurechtlich genehmigten Wintergärten befördern, nur weil die FBB trotz des Landtagsbeschlusses 6/6562-B weiterhin auf eine formale Beschreibung besteht? zu den Fragen 3 und 4: Verglaste Anbauten an Gebäuden mit schallschutzberechtigten Räumlichkeiten sind nach Art der zugelassenen Nutzung voneinander zu unterscheiden als Teil der Wohnung (Aufenthaltsraum) oder als Nebenraum, z.B. zur frostfreien Aufbewahrung von Pflanzen (Wintergarten). Für eine Anerkennung als schützenswerter Wohnraum ist der Nachweis durch eine entsprechende Baugenehmigung erforderlich. 5. Empfiehlt die Landesregierung den zuständigen Bauaufsichtsbehörden, klarstellende Schreiben an die Eigentümer zu übersenden, dass die genehmigten Wintergärten keine schützenswerten Wohnräume darstellen? zu Frage 5: Die Landesregierung hält derartige Schreiben nicht für erforderlich. 6. Wie schätzt die Landesregierung den bürokratischen Aufwand und vor allem den personellen Aufwand (inklusive der Rechtsanwaltskosten und der Gerichtskosten) bei der Vielzahl der Fälle auf Seiten der FBB bei gerichtlichen Auseinandersetzungen ein? Wie hoch ist der bereits jetzt entstandene Aufwand in dieser Frage? zu Frage 6: Der Landesregierung liegen diesbezüglich keine Daten vor. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7936 - 4 - 7. Wie kann entsprechender unnötiger und vermeidbarer Aufwand durch klare Vollzugshinweise vermieden werden? zu Frage 7: Vollzugshinweise sind ein Instrument der LuBB gegenüber der FBB zur Durchsetzung der Auflagen zum passiven Lärmschutz und stellen die Rechtsauffassung der LuBB zu den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld klar. Die Ermittlung der Schallschutzansprüche im jeweiligen Einzelfall bedarf einer individuellen Einzelfallbetrachtung. 8. Hat die Landesregierung ihre bisherigen Vollzugshinweise und Auffassungen zu Wintergärten mit den zuständigen Unteren Bauaufsichtsbehörden im Land Brandenburg und Land Berlin abgestimmt? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 8: Die Vollzugshinweise sind den unteren Bauaufsichtsbehörden bekannt. Aufgrund der Rechtslage im Land Berlin bedurfte es keiner weiteren Abstimmung mit dem Land Berlin.