Landtag Brandenburg Drucksache 6/7993 6. Wahlperiode Eingegangen: 17.01.2018 / Ausgegeben: 22.01.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3180 des Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/7818 Derzeitige und zukünftige Belastungen durch die Schweineproduktionsanlage in Tornitz (Spreewald) Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Die Bolart Schweineproduktionsanlagen GmbH betreibt in Vetschau/Spreewald, Ortsteil Tornitz (Tornitzer Strasse 11, 03226 Vetschau /Spreewald) eine Schweinezucht und -mastanlage. Die Anlage steht wegen ihrer Größe, den Haltungsbedingungen, Verstößen gegen behördliche Auflagen und den Belastungen für Umwelt und Anwohnerinnen und Anwohner schon heute in der Kritik. Nach der Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt Vetschau aus dem Jahr 2013 wurde eine Erweiterung der Anlage für 1.120 Sauen und 14.616 Aufzuchtferkel beantragt, die eine Erhöhung des genehmigten Tierbestandes von derzeit 51.594 auf insgesamt 67.330 Tierplätzen zur Folge hätte1. Die Tornitzer Straße durch den Vetschauer Ortsteil Lobendorf dient als Hauptverkehrsader zur Schweinemastanlage Tornitz. Der LKW-Verkehr beeinflusst das Leben im Dorf durch Lärm, Staub und Emissionen. Laut Presseberichterstattung kam eine Bürgerin an einem Tag durch Zählung und Hochrechnung auf 168 Güllefahrzeuge pro Tag.2 Die Zählung ist selbstverständlich nicht repräsentativ, vermittelt aber sehr anschaulich und eindrücklich, welchen Belastungen durch den LKW-Verkehr, vornehmlich aufgrund der Bolart Schweineproduktionsanlagen GmbH, die Bürgerinnen und Bürger von Lobendorf ausgesetzt sind. Derzeitiges Gülleaufkommen und produktionsbedingter LKW-Verkehr Vorbemerkung: Die beantragte Erweiterung der Schweinezucht- und -mastanlage (SZMA) der Bolart Schweineproduktionsanlagen GmbH wurde am 24.02.2015 genehmigt. Gegen die Genehmigung wurde Widerspruch erhoben. Die aufschiebende Wirkung dieses Widerspruchs wurde vom Verwaltungsgericht Cottbus mit Beschluss vom 09.04.2015 (VG 3 L 296/16) wiederhergestellt. Gegen diesen Beschluss ist eine Beschwerde des Genehmigungsinhabers beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg anhängig. Wegen des anhängigen Gerichtsverfahrens ist der Widerspruch noch nicht beschieden. 1 Amtsblatt für die Stadt Vetschau, Jahrgang 23, 16.02.2013: http://www.vetschau.de/cms/upload/people/Amtsblatt/2013/Vetschau_Amtsblatt_1302.pdf 2 https://www.lr-online.de/lausitz/luebbenau/schweinmast-tornitz-beeinflusst-leben-in-lobendorf_aid-5820450 Landtag Brandenburg Drucksache 6/7993 - 2 - Frage 1: Welche Gülle- und Gärrestemengen liegen den Genehmigungen für die bestehende Bolart Schweineproduktionsanlage und die benachbarte Biogasanlage am Standort Tornitz zugrunde? zu Frage 1: Im Genehmigungsbescheid vom 30.04.1997 wurde bei einer Tierplatzzahl von 43.368 ein Gülleanfall von 54.000 m³/a errechnet. Eine Biogasanlage war zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhanden. Im Genehmigungsbescheid vom 24.02.2015 wird von einer anfallenden Güllemenge von 91.140 m³/a ausgegangen. Davon werden 70.000 m³/a der Biogasanlage am Standort zugeführt, woraus 68.040 m³/a Gärreste entstehen. (Es handelt sich bei den zugrunde gelegten Mengen um theoretische Höchstmengen, die i. d. R. nicht erreicht werden. Der Gülleanfall schwankt in Abhängigkeit vom tatsächlichen Tierbesatz in der Anlage.) Frage 2: Welche Gülle- und Gärrestemengen entstanden seit 2014 in den oben genannten Anlagen (bitte pro Jahr auflisten)? zu Frage 2: Im Jahr 2015 wurden insgesamt 86.141 m3 Gülle und Gärreste zur landwirtschaftlichen Verwertung übergeben. Im Jahr 2016 waren es insgesamt 83.703 m³. Detaillierte Aufstellungen zu den gelieferten Gülle- und Gärrestmengen liegen der zuständigen Düngebehörde nicht vor. Ebenso liegen keine Mengenangaben für das Jahr 2014 vor. Die Zahlen für 2017 sind noch nicht bekannt, da der Termin der Vorlage für die Aufstellung der Güllelieferungen der 31.03.2018 ist. Frage 3: Welcher Verwertungsart wurden welche Mengen an Gülle und Gärresten im Jahr 2016 zugeführt (z.B. Biogas, Felddüngung, etc.)? Zu Frage 3: Die in der SZMA anfallende Gülle wird zum einen Teil direkt als Gülle auf den Feldern ausgebracht und zum anderen Teil zunächst in der Biogasanlage verarbeitet und dann als Gärrest ausgebracht. Detaillierte Mengenangaben zu den jeweiligen Verwertungswegen liegen nicht vor. Frage 4: Wie viele LKWs sind jährlich zum Transport der aufgekommenen Gülle- und Gärreste -mengen kalkulatorisch notwendig? Frage 5: Wie viele LKWs sind zum produktionsbedingten Transport insgesamt (Gülle, Futter-mittel, Tiere, Abfälle etc.) kalkulatorisch notwendig? Frage 6: Wie viele LKWs sind im Jahr 2016 tatsächlich gefahren? Frage 7: Gibt es saisonale bzw. monatliche Schwankungen beim LKW-Verkehr bzw. wie lässt sich der durch die Bolart Schweineproduktionsanlagen GmbH bedingte LKW-Verkehr im Jahresverlauf charakterisieren? Zu Fragen 4 bis 7: Hierzu liegen keine Informationen vor. Transportvorgänge unterliegen nicht der immissionsschutzrechtlichen oder düngerechtlichen Überwachung, so dass eine derartige Erfassung nicht erfolgt. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7993 - 3 - Frage 8: Wer übernimmt die Kosten für Straßenschäden, welche auf den LKW-Verkehr der Bolart Schweineproduktionsanlagen GmbH zurück zu führen sind? Zu Frage 8: Straßenschäden auf öffentlichen Straßen werden durch den jeweils zuständigen Straßenbaulastträger auf seine Kosten beseitigt. Frage 9: Wie hoch ist die Kapazität zur Lagerung an Gülle und Gärresten auf dem Betriebsgelände der Bolart Schweineproduktionsanlagen GmbH? Ergeben sich hier Änderungen durch die Novellierung der Düngeverordnung? Zu Frage 9: Das Fassungsvermögen von Anlagen zur Lagerung von Wirtschaftsdüngern und Gärrückständen ist in § 12 der Düngeverordnung vom 26. Mai 2017 geregelt. Die Betriebe haben sicherzustellen, dass sie mindestens die in einem Zeitraum von sechs Monaten anfallenden Wirtschaftsdünger und Gärrückstände sicher lagern können. Betriebe ohne eigene Aufbringungsflächen (hierzu gehört die Schweineproduktionsanlage in Tornitz) müssen ab 1. Januar 2020 mindestens 9 Monate über einen sicheren Lagerraum verfügen . Am Standort Tornitz befinden sich 7 Lagerbehälter mit einer Kapazität von insgesamt 73.000 m³. Somit ist die Lagerkapazität von 6 Monaten für die anfallenden Düngestoffe sichergestellt. Die neuen Anforderungen ab 01.01.2020 bedürfen zu gegebener Zeit einer aktuellen Prüfung durch das Landesamt für Umwelt (LfU). Frage 10: Insofern Lagerkapazitäten für Gülle und Gärreste außerhalb des Betriebsgeländes genutzt werden, wo befinden sich diese und welche Mengen an Gülle und Gärresten werden dort gelagert? Zu Frage 10: Es werden keine Lagerkapazitäten außerhalb des Betriebsgeländes genutzt. Frage 11: Welche Mengen von Gülle und Gärresten aus der Schweineproduktionsanlage und der benachbarten Biogasanlage wurden in den letzten drei Jahren außerhalb von Brandenburg entsorgt? Zu Frage 11: Im Zuge des Genehmigungsverfahrens für die Bolart Schweineproduktionsanlagen GmbH wurden die düngerechtlichen Anforderungen, insbesondere die ordnungsgemäße Ausbringung von Gülle und Gärresten auf den landwirtschaftlichen Flächen, geprüft . Grundlage für die Bewertung sind die Abnahmeverträge mit den Landwirten, welche sich in den Antragsunterlagen befinden. Es wurde der Nachweis erbracht, dass eine sachgerechte Verwendung der anfallenden Düngestoffe als Düngemittel nach den Grundsätzen der Düngeverordnung gewährleistet werden kann. In den Jahren 2015 und 2016 wurden keine Gülle bzw. Gärreste außerhalb von Brandenburg entsorgt. Auswirkungen bei beantragter Erweiterung der Tierplatzzahlen Frage 12: Wie hoch ist das geschätzte Gülle- und Gärresteaufkommen, insofern die beantragte Erhöhung der Tierzahlen genehmigt wird? Zu Frage 12: Siehe Antwort zu Frage 1. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7993 - 4 - Frage 13: Bedarf es einer Kapazitätserweiterung der Lagerkapazitäten für Gülle und Gärreste auf dem Betriebsgelände der Bolart GmbH bzw. der benachbarten Biogasanlage, insofern die beantragte Erhöhung der Tierzahlen genehmigt wird? Wenn ja, welche Lagerkapazitäten sind auf dem Betriebsgelände oder außerhalb des Betriebsgeländes geplant? Zu Frage 13: Nein. Frage 14: Wie viele LKWs wären zum Transport der geschätzten Gülle- und Gärrestemengen notwendig, insofern die beantragte Erhöhung der Tierzahlen genehmigt wird? Frage 16: Wie viele LKWs sind zum produktionsbedingten Transport insgesamt (Gülle, Futtermittel, Tiere, Abfälle etc.) kalkulatorisch notwendig, wenn die Anlage wie beantragt erweitert wird? Zu Frage 14 und 16: Transportvorgänge außerhalb von Anlagen sind nicht Bestandteil von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen. Die Beantwortung der Frage ist daher nicht möglich. Frage 15: Welcher Verwendungsart sollen welche Mengen der Gülle und Gärreste zugeführt werden, insofern die beantragte Erhöhung der Tierzahlen genehmigt wird? Zu Frage 15: Die bei der Vergärung anfallende Gärrestmenge beträgt 68.040 m³/a. Es verbleibt ein Anteil an Schweinegülle von 21.140 m³/a. Sowohl die Gärreste als auch die Rohgülle werden als Düngemittel auf den landwirtschaftlichen Flächen verbracht. Frage 17: Wie werden die potenziellen Auswirkungen des Verkehrsaufkommens (Staub, Lärm, etc.) im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für die beantragte Kapazitätserweiterung berücksichtigt? Zu Frage 17: Im Genehmigungsverfahren wurde festgestellt, dass es zu keiner signifikanten Erhöhung des Verkehrsaufkommens kommen wird. Durch den Straßenbaulastträger wurde die Kreisstraße als geeignet bewertet. Es wurden Nebenbestimmungen zum Lärm insgesamt erlassen, die für Beschränkungen der Lärmimmissionen sorgen. Frage 18: Welche negativen Umweltauswirkungen konnten in den vergangenen Jahren im Umkreis der Schweineproduktionsanlage Tornitz festgestellt und mit der konzentrierten Schweinehaltung und den großen Mengen an anfallender Gülle in Verbindung gebracht werden? Zu Frage 18: Im Rahmen eines Grundwassermonitorings (Beprobung 2 x jährlich) wurden punktuell erhöhte Werte für die Parameter Nitrat, Ammonium und Sulfat in Messstellen in unmittelbarer Nähe zur Anlage festgestellt, aus denen sich nach Ansicht der unteren Wasserbehörde kein Handlungsbedarf ergibt. Zur Planung der Erweiterung der SZMA wurde u. a. eine Immissionsprognose erstellt. Die Prognose kam zu folgendem Schluss: „Durch den Betrieb der geplanten Anlage wird es keine erheblichen Geruchsbelästigungen im Bereich maßgeblicher Immissionsorte geben. Dies gab es bisher auch nicht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/7993 - 5 - Durch die von der Anlage hervorgerufenen Ammoniak- und Stickstoffimmissionen ergaben sich Anhaltspunkte für das Vorhandensein erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme im Bereich der umliegenden Forstflächen. Maßnahmen zur Minderung und zum Ausgleich entsprechender Beeinträchtigungen wurden in einer "Forstfachlichen Beurteilung" dargestellt, diese fanden Beachtung in den Planungsunterlagen und wurden in der Genehmigung berücksichtigt. Eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch Schwebstäube bzw. erhebliche Belästigungen durch Staubniederschlag infolge des Anlagenbetriebes können im Bereich der maßgeblichen Immissionsorte ausgeschlossen werden.“