Landtag Brandenburg Drucksache 6/8050 6. Wahlperiode Eingegangen: 22.01.2018 / Ausgegeben: 29.01.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3176 der Abgeordneten Kristy Augustin (CDU-Fraktion) und Steeven Bretz (CDU-Fraktion) Drucksache 6/7800 Schutzmaßnahmen für Kinder in der Landeshauptstadt Potsdam Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellenden: In der Drucksache 7574, der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage „Schutzmaßnahmen für Kinder in Not“, wird dargestellt, dass in den Jahren 2015 und 2016 jeweils hohe Fallzahlen von vorläufigen Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit Suchtproblemen von Kindern und Jugendlichen in Potsdam erreicht wurden. Frage 1: Welche unmittelbaren Anlässe gab es für vorläufige Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche in den Jahren 2010-2016 in Potsdam? Wie hoch waren die jeweiligen Fallzahlen? Frage 2: Wie fielen die jeweiligen Zahlen für vorläufige Schutzmaßnahmen in Zusammenhang mit Drogenkonsum aus? Der Konsum welcher Stoffe führte zu diesen Schutzmaßnahmen und wie hoch war jeweils die Fallzahl? zu den Fragen 1 und 2: Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik verzeichnet für die Jahre 2010 bis 2016 für die Landeshauptstadt Potsdam nachfolgende Anlässe vorläufiger Schutzmaßnahmen (siehe Tabelle 1), darunter den Anteil von Maßnahmen im Zusammenhang mit Suchtproblemen des Kindes oder Jugendlichen. Die Kinder- und Jugendhilfestatistik erfasst in diesem Kontext jedoch nicht die Art der konsumierten Suchtmittel. Tabelle 1: Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche 2010 bis 2016 nach dem Anlass der Maßnahme für die Landeshauptstadt Potsdam Anlass der Maßnahme¹ 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Insgesamt² 97 97 109 106 122 139 199 davon: Integrationsprobleme im Heim/Pflegefamilie 15 7 12 23 25 16 22 Überforderung der Eltern/ eines Elternteils 37 37 49 34 46 62 65 Schul-/Ausbildungsprobleme 3 8 9 4 13 10 17 Vernachlässigung 4 9 8 4 4 8 5 Delinquenz des Kindes/ Straftat des Jugendlichen 28 15 15 11 6 14 35 Landtag Brandenburg Drucksache 6/8050 - 2 - Suchtprobleme des Kindes /Jugendlichen 2 2 – 3 4 17 14 Anzeichen für Misshandlung 5 11 7 6 15 15 7 Anzeichen für sexuellen Missbrauch – – 2 2 1 – 1 Trennung oder Scheidung der Eltern 1 3 2 3 – 1 1 Wohnungsprobleme 4 1 6 9 1 11 49 unbegleitete Einreise aus dem Ausland 1 – 2 1 2 – 4 Beziehungsprobleme 23 25 37 32 29 43 54 sonstige Probleme 15 25 22 18 34 30 52 1 Für jedes Kind oder Jugendlichen konnten bis zu zwei Anlässe der Maßnahme angegeben werden. 2 Ohne Mehrfachzählungen. Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Die vorstehenden Daten lassen nicht den Schluss zu, dass es sich bei allen Kindern und Jugendlichen, für die das Jugendamt der Landeshauptstadt Potsdam vorläufige Schutzmaßnahmen eingeleitet hat, auch um in der Stadt lebende Kinder und Jugendliche handelt , da bereits der tatsächliche Aufenthalt eines schutzbedürftigen Minderjährigen im Zuständigkeitsbereich eines Jugendamtes dessen Zuständigkeit für vorläufige Schutzmaßnahmen begründet. Dies gilt nicht nur für Minderjährige, die unbegleitet aus dem Ausland eingereist sind, sondern auch für ältere Kinder und Jugendliche vor allem aus den umliegenden Landkreisen und aus Berlin, die in Potsdam aufgegriffen und vom Jugendamt in Obhut genommen werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass laut Auskunft des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg bei der Erfassung der Daten zu den Anlässen der Schutzmaßnahmen zwei Anlässe durch das meldende Jugendamt genannt werden können und damit die Zuordnung subjektiv beeinflusst ist. So ist auch zu erklären, dass der Anstieg der Zahlen in den Kategorien „Delinquenz/Straftat eines Jugendlichen“ und „Wohnungsprobleme “ augenscheinlich höher ist als in der Kategorie „unbegleitete Einreise aus dem Ausland“. Es wird hier davon ausgegangen, dass die Interpretation des Anlasses für die Schutzmaßnahme subjektiv unterschiedlich ausfallen kann. So kann als Hauptgrund der Inobhutnahme unbegleitet eingereister Minderjähriger seine offensichtliche Wohnungslosigkeit oder gar eine Straftat, die ein illegaler Grenzübertritt zunächst darstellt, angesehen worden sein. Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport nutzt immer wieder Fachveranstaltungen mit Jugendämtern, um die Übermittlung der Daten zur Kinder- und Jugendhilfe zu optimieren. Frage 3: Wie viele Plätze zur stationären Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Krisensituationen standen in den jeweiligen Jahren in Potsdam zur Verfügung? Frage 4: In der DS 7574 wird erwähnt, dass die gegenwärtige Auslastung der vorhandenen Unterbringungsmöglichkeiten in Krisensituationen mit Stichtag 01.11. gemeldet werden muss. Wie sieht diese Auslastung aktuell in Potsdam aus und wie hat sich diese seit 2010 im Zeitverlauf geändert? zu den Fragen 3 und 4: Die Platzzahlen und Stichtagsmeldungen zur Belegung für die Kriseneinrichtungen der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Förderung Brandenburger Kinder und Jugendlicher mbH „Fluchtpunkt“ und des KJSH e.V. Soziale Hilfen Berlin Brandenburg „Kinderkrise“ stellen sich für die Jahre 2010 bis 2016 wie folgt dar: Tabelle 2: Platzzahlen und Stichtagsmeldungen der Kriseneinrichtungen in Potsdam Fluchtpunkt Kinderkrise Platzzahl gemeldete Platzzahl gemeldete Landtag Brandenburg Drucksache 6/8050 - 3 - Belegung Belegung 2010 5 3 2011 5 2 8 8 2012 7 3 8 8 2013 7 keine 8 8 2014 7 5 8 7 2015 10 6 8 8 2016 10 6 8 8 Frage 5: Welche Handlungsmaßnahmen für den Kinderschutz hat die Landesregierung in den Jahren 2010 - 2017 umgesetzt, und welche finanziellen Mittel in welcher Höhe hat sie dafür aufgewendet? zu Frage 5: Wie bereits in den Antworten der Landesregierung auf die Kleinen Anfragen Nr. 2695 (LT-Drucksache 6/6796; Antwort zu den Fragen 4 und 5) sowie Nr. 2788 (LT- Drucksache 6/7126; Antwort zu Frage 9) ausgeführt, unterstützt die Landesregierung die für den Kinderschutz zuständigen Kommunen im Rahmen des Programms zur Qualifizierung der Kinderschutzarbeit im Land Brandenburg (LT-Drucksache 4/2733) bei der Weiterentwicklung von Handlungskompetenzen und beim Ausbau interdisziplinärer Strukturen zur Sicherung des Kindeswohls insbesondere durch die fortlaufenden Beratungs- und Qualifizierungsangebote der Fachstelle Kinderschutz, die von allen Jugendämtern in Anspruch genommen werden. Für die spezifische Fachberatung der Jugendämter und zur Qualifizierung ihrer Handlungsansätze in Fällen sexueller Gewalt gegen Kinder steht das vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport geförderte Sozialtherapeutische Institut Berlin-Brandenburg e.V. zur Verfügung. Ferner finanziert die Landesregierung gemeinsam mit dem Land Berlin das Sozialpädagogische Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg, welches u. a. eine Vielzahl von Fortbildungen in Themen und Fragen des Kinderschutzes anbietet. Die Fachstelle Kinderschutz der Start gGmbH wurde in den Jahren 2010 bis 2017 mit insgesamt 1.552.660 Euro und das Sozialtherapeutische Institut Berlin- Brandenburg e.V. im gleichen Zeitraum im Umfang von 443.000 Euro gefördert. Dem Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg wurden 2010 bis 2017 insgesamt 7.509.000 Euro zugewiesen. Welcher Anteil dieser Summe auf kinderschutzbezogene Fortbildungsangebote entfiel, lässt sich an dieser Stelle nicht aufschlüsseln. Frage 6: Inwieweit wurden diese finanziellen Mittel von der Landeshauptstadt Potsdam in Anspruch genommen (bitte die Jahre 2010 - 2017 einzeln aufführen)? zu Frage 6: Über die Bereitstellung der o. g. Ressourcen zur Stärkung des Kinderschutzes hinaus hat die Landesregierung den Landkreisen und kreisfreien Städten außerhalb der regulären Kommunalfinanzierung keine zusätzlichen finanziellen Mittel zur Umsetzung von Maßnahmen des Kinderschutzes zugewiesen. Die in der Antwort zu Frage 5 genannten Beratungs- und Qualifizierungsangebote werden von allen Jugendämtern im Land Brandenburg in Anspruch genommen. Da die Träger der Angebote unmittelbar vom Land gefördert bzw. finanziert werden, ist eine Aufschlüsselung der finanziellen Aufwendungen nach einzelnen Kommunen nicht möglich.