Landtag Brandenburg Drucksache 6/8060 6. Wahlperiode Eingegangen: 25.01.2018 / Ausgegeben: 30.01.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3209 der Abgeordneten Christina Schade (AfD-Fraktion) Drucksache 6/7853 Nachfrage zur Antwort der Landesregierung Drucksache 6/6238, 6/6475, 6/6688, 6/6848, 6/7037, 6/7407, 6/7471 und 6/7625 Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: In Bezug auf die Anzahl der ermittelten Opfer, die den Anlagen zu den oben genannten Antworten der Landesregierung entnommen werden können, ergeben sich folgende Nachfragen. 1. Welchen Aufenthaltsstatus haben die ermittelten Opfer? (wie beispielsweise laufendes Asylverfahren, Duldung nach §§ 60 ff. AufenthG). zu Frage 1: Angaben zum aktuellen Aufenthaltsstatus der Betroffenen können nur auf Basis des Ausländerzentralregisters (AZR) beantwortet werden. Die Daten des AZR stehen der Landesregierung zur Beantwortung der Anfrage aus Rechtsgründen jedoch nicht zur Verfügung. Das AZR wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geführt (Registerbehörde) und ist nicht Teil der Landesverwaltung. Die Daten des AZR unterliegen im Interesse des Schutzes des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einer die Verarbeitungsmöglichkeiten einschränkenden Zweckbindung (§ 10 Abs.1 Satz 2 bzw. § 15 Abs.1 Nr. 6 AZR-Gesetz). Die diesbezügliche Datenabfrage durch eine Behörde der Landesregierung bzw. ein Ersuchen um Datenübermittlung an das BAMF muss zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben im Einzelfall erforderlich sein (§ 10 Abs.1, 15 Abs.1 Nr. 6 AZR- Gesetz). Im konkreten Fall würde eine Abfrage seitens brandenburgischer Behörden in der Datei des Bundes weder der Abwehr konkreter Gefahren noch der Strafverfolgung oder der Vorbereitung einer ausländer-, asyl- oder passrechtlichen Entscheidung der Ausländerbehörden dienen. Es erfolgt daher eine Beantwortung, soweit Landesdaten vorliegen. Von den insgesamt 90 Opfern, die in den Anlagen zu oben genannten Drucksachen konkret dargelegt wurden, wiesen 15 Personen die deutsche Staatsangehörigkeit auf. In 4 Fällen waren Bürger von Mitgliedstaaten der Europäischen Union betroffen. Zu den verbliebenen 71 Geschädigten lagen in 13 Fällen in der Landesdatenanwendung der Polizei konkrete Informationen zum Aufenthaltsstatus vor. Diese beziehen sich jedoch nicht auf den Zeitpunkt dieser Anfrage, sondern auf den Tatzeit- bzw. Anzeigezeitpunkt. In jeweils 5 Fällen lag damals eine Aufenthaltserlaubnis (§ 25 Abs. 2 AufenthG) bzw. eine Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylG) vor. Drei geschädigte Personen wiesen eine Niederlassungserlaubnis (§§ 9, 28 AufenthG) auf. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8060 - 2 - 2. Wie viele von den ermittelten Opfern waren zu dem Tatzeitpunkt oder sind zwischenzeitlich vollziehbar ausreisepflichtig? zu Frage 2: Diese Daten stehen der Landesregierung zur Beantwortung nicht zur Verfügung . Es wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen. Darüber hinaus lässt sich die Vollziehbarkeit einer Ausreisepflicht nicht aus dem AZR entnehmen. 3. Werden vollziehbar ausreisepflichtige Personen während eines laufenden Ermittlungsverfahren abgeschoben? zu Frage 3: Vollziehbar ausreisepflichtige Personen können grundsätzlich auch während eines laufenden Ermittlungsverfahrens abgeschoben werden. In den folgenden Fallkonstellationen kann ein laufendes Ermittlungsverfahren gegen die betroffene ausreisepflichtige Person oder gegen eine dritte Person der Abschiebung entgegenstehen: 1. Wenn gegen die Ausländerin oder den Ausländer öffentliche Klage erhoben ist oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist, bedarf die Abschiebung gem. § 72 Abs. 4 S.1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) des Einvernehmens der zuständigen Staatsanwaltschaft. Das Einvernehmen ist entbehrlich, wenn lediglich ein geringfügiges Strafverfolgungsinteresse besteht. 2. Gem. § 60a Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist die Abschiebung von ausreisepflichtigen Personen auszusetzen, wenn die Staatsanwaltschaft oder das Strafgericht die vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens für sachgerecht erachtet, weil ohne die Anwesenheit der ausreisepflichtigen Person die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. 3. Gem. § 25 Abs. 4a AufenthG kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für eine ausreisepflichtige Person während eines laufenden Strafverfahrens in Betracht, wenn sie Opfer einer Straftat nach den §§ 232, 233 oder § 233a des Strafgesetzbuches wurde und die in § 25 Abs. 4a S. 1 und S. 2 Nr. 1-3 AufenthG genannten Voraussetzungen vorliegen. 4. Der Erlass Nr. 8/2016 vom 21. Dezember 2016 „Bleiberecht für Opfer rechtmotivierter Gewaltstraftaten“ des Ministeriums des Innern und für Kommunales legt für besondere Ausnahmekonstellationen und bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen fest, dass die Abschiebung einer ausreisepflichtigen Person, die Opfer einer rechtsmotivierten Gewaltstraftat wurde, für die Dauer des Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens gem. § 60a Abs. 2 S. 3 AufenthG auszusetzen ist.