Landtag Brandenburg Drucksache 6/8126 6. Wahlperiode Eingegangen: 02.02.2018 / Ausgegeben: 07.02.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3198 des Abgeordneten Danny Eichelbaum (CDU-Fraktion) Drucksache 6/7842 Entlassungen aus der Untersuchungshaft Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Im Jahr 2015 mussten in Brandenburg zwei mutmaßliche Sexualstraftäter aus der Untersuchungshaft entlassen werden, weil das Hauptverfahren wegen Überlastung des Gerichts nicht gemäß § 121 StPO innerhalb von sechs Monaten eröffnet worden war. Vorbemerkung der Landesregierung: Entgegen der Behauptung des Fragestellers beruht die Verfahrensdauer in den beiden in der Vorbemerkung des Fragestellers angesprochenen Fällen aus dem Jahr 2015 nicht auf einer Überlastung des Gerichts. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat in den Beschlüssen, mit denen es die Haftbefehle aufhob, keine Überlastung des Gerichts festgestellt. Die Aufhebung des Haftbefehls in dem einen der beiden Verfahren hat das Brandenburgische Oberlandesgericht vielmehr damit begründet , dass die Strafkammer die Hauptverhandlung bereits am 28. Juni 2015 hätte beginnen können, aber ohne ersichtlichen Grund erst am 29. September 2015 begonnen hat. In dem zweiten Verfahren hat das Brandenburgische Oberlandesgericht die Aufhebung des Haftbefehls im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Strafkammer Verhandlungen in weniger dringlichen Sachen angesetzt hatte und die Hauptverhandlung in der Haftsache nur deshalb erst vier Monate nach Eröffnung begonnen hat. Aufgrund des Beschleunigungsgebotes sind Haftsachen jedoch vorrangig zu verhandeln, sodass nach Ansicht des Brandenburgischen Oberlandesgerichts die Termine in den weniger dringlichen Verfahren hätten aufgehoben werden müssen. Im Übrigen war in beiden Verfahren das Hauptverfahren bereits eröffnet. Frage 1: Wie viele Beschuldigte wurden in den Jahren 2009 bis 2017 aus der Untersuchungshaft aufgrund überlanger Verfahrensdauer entlassen (bitte aufschlüsseln nach Gerichtsbezirken )? Frage 2: Welche Straftaten wurden diesen Beschuldigten zur Last gelegt? zu den Fragen 1 und 2: Gemäß §§ 121 und 122 StPO hat das Brandenburgische Oberlandesgericht in den Jahren 2009, 2011, 2012 und 2015 Haftbefehle aufgehoben und Angeklagte aus der Untersuchungshaft entlassen. Dabei handelt es sich um folgende Fälle: 2009 – Landgerichtsbezirk Cottbus: ein Angeklagter, Straftaten: Raub, Raub in Tateinheit mit Körperverletzung, Körperverlet- Landtag Brandenburg Drucksache 6/8126 - 2 - zung, Wohnungseinbruchsdiebstahl und Nötigung (§ 249, §§ 249, 223 und 52, § 223, § 244, § 240 StGB) 2011 – Landgerichtsbezirk Potsdam: drei Angeklagte, ein Verfahren, Straftat: bandenmäßig begangene räuberische Erpressung (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 2, § 253 Abs. 1 und 2, § 255 StGB) 2012 – Landgerichtsbezirk Cottbus: ein Angeklagter, Straftat: sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB) 2015 – Landgerichtsbezirk Cottbus: drei Angeklagte, drei Verfahren, Straftaten: sexueller Missbrauch von Kindern und sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen (§ 176 Abs. 1, § 174 Abs. 1 Nr. 2 StGB); sexueller Missbrauch von Kindern teilweise tateinheitlich mit sexueller Nötigung (§§ 176 und 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB); sexueller Missbrauch von Kindern und schwerer sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176, § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB) In den Jahren 2010, 2013, 2016 und 2017 erfolgten keine Aufhebungen nach §§ 121 und 122 StPO. Frage 3: Haben sich die Beschuldigten durch Flucht der Gerichtsverhandlung entzogen oder haben sie Beweismittel unterdrückt/ihre Tat verdunkelt? zu Frage 3: In einem Fall ist ein Angeklagter nicht zur Gerichtsverhandlung erschienen. Es erging ein Haftbefehl nach § 230 StPO. Verdunklungsmaßnahmen sind in keinem Fall bekannt geworden. Frage 4: Wie viele dieser Beschuldigten wurden letztlich rechtskräftig verurteilt? zu Frage 4: Aus den genannten Verfahren wurden bisher vier Angeklagte rechtskräftig verurteilt. Frage 5: In wie vielen Fällen kam es nach der vorzeitigen Entlassung aus der Untersuchungshaft zu weiteren Straftaten? Welche waren das? zu Frage 5: Weitere Straftaten der Angeklagten sind in den genannten Fällen nicht bekannt geworden. Frage 6: Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen, um a) Straftaten nach der vorzeitigen Entlassung aus der Untersuchungshaft zu verhindern? b) die Verfahrensdauer an den Gerichten zu verringern? zu Frage 6: Die Landesregierung sieht wegen der geringen Anzahl der Entlassungen wegen überlanger Verfahrensdauer hierin keinen Anlass, strukturelle Maßnahmen zu prüfen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen.