Landtag Brandenburg Drucksache 6/8143 6. Wahlperiode Eingegangen: 05.02.2018 / Ausgegeben: 12.02.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3239 der Abgeordneten Sylvia Lehmann (SPD-Fraktion) Drucksache 6/7928 Ergebnisse und Auswirkungen des Abschlussberichts „Qualität in der rechtlichen Betreuung“ auf das Gesetzesvorhaben „Gesetz zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung” sowie die Folgen für das Land Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Die prekäre finanzielle Situation der Betreuungsvereine in Deutschland wird seit Jahren bundesweit diskutiert. So wandten sich diesbezüglich im Besonderen im Jahr 2016 zahlreiche Betreuungsvereine und ihre Interessensvertretungen an das Bundesjustizministerium, um auf die prekäre finanzielle Situation vieler Betreuungsvereine aufmerksam zu machen. Auch Brandenburger Betreuungsvereine wiesen dabei eindringlich auf ihre angespannte Situation hin. In diesem Zusammenhang wird im Besonderen darauf hingewiesen, dass die immer komplexer und umfangreicher werdende rechtliche Betreuung deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt, als nach der seit dem Jahr 2005 unveränderten Vergütungspauschale vorgesehen ist. Zudem deckt die Pauschale nicht die durch Tariferhöhung entstandenen Kosten ab. Nach dem Willen des Bundestages sollen daher mit der Änderung des „Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes“ in Zukunft Berufsbetreuerinnen und Betreuer höhere Stundensätze erhalten. Dementsprechend beschloss der Bundestag im Mai 2017, dass sich die Stundensätze um 15 Prozent erhöhen sollen. Zu einer Entscheidung bezüglich des Gesetzentwurfs ist es im Bundesrat bisher nicht gekommen. Das Gesetz wurde vielmehr in der 959. Plenarsitzung des Bundesrates im Juli 2017, auf Empfehlung des Rechtsausschusses, von der Tagesordnung genommen . Begründet wurde dies mit dem Abwarten einer Veröffentlichung des Abschlussberichts zum Forschungsvorhaben „Qualität in der rechtlichen Betreuung“, welches vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegeben worden war. Das Forschungsvorhaben soll im Ergebnis klären, welche Qualitätsstandards in der Praxis eingehalten werden, welche strukturellen Qualitätsdefizite es gibt und was die Ursachen hierfür sein könnten. Ein Zwischenbericht liegt vor, wie nun auch mit Verzögerung der Endbericht für Ende des Jahres 2017 angekündigt ist. Frage 1: Was sind die wesentlichen Ergebnisse des Endberichts des Forschungsgutachtens „Qualität in der rechtlichen Betreuung“? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8143 - 2 - zu Frage 1: Der Abschlussbericht zu dem vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vergebenen Forschungsvorhaben „Qualität in der rechtlichen Betreuung “ vom 28. November 2017 wird in Kürze im Bundesanzeiger-Verlag veröffentlicht. Das BMJV hat auf seinen Internetseiten eine Kurzfassung und einen Auszug mit den zentralen Ergebnissen und Handlungsempfehlungen (Kapitel 10) zugänglich gemacht (www.bmjv.de/Publikationen). Die zentralen Ergebnisse werden dort auf 40 Seiten zusammengefasst . Dabei hat das beauftragte Institut 54 Handlungsempfehlungen formuliert. Unter anderem folgende Ergebnisse werden von den Autoren der Studie hervorgehoben (vgl. Kapitel 10, Abschnitt 10.5): Die Qualität der rechtlichen Betreuung werde durch viele prozessbezogene Einzelaspekte bestimmt. Berufsbetreuern und ehrenamtlichen Betreuern sei der hohe Stellenwert der Autonomie und Selbstbestimmung bewusst. Berufsbetreuer wiesen einen hohen Qualifikationsstandard auf. Ehrenamtliche Betreuer nähmen das Angebot einer Begleitung durch die Betreuungsvereine nur unzureichend wahr. Beratung und Fortbildung würden von den Betreuern noch nicht so in Anspruch genommen , wie das wünschenswert sei; dabei bestehe Verbesserungsbedarf bei Beratungsangeboten . Die Betreuungsbehörden zeigten zu wenig Eigeninitiative bei der Einführung und Beratung von Berufsbetreuern. Zur Ausübung der Aufsicht und Kontrolle der Betreuer durch die Gerichte gebe es positive Erkenntnisse, allerdings werde von der Möglichkeit, die Angaben der Betreuer auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, nur selten Gebrauch gemacht. Die Mehrheit der Berufsbetreuer habe die Betreuten im letzten Quartal getroffen, es bestehe aber der Eindruck, dass ein Teil der Berufsbetreuer ihre Kontaktpflichten nicht im wünschenswerten Umfang erfülle. Die von den Berufsbetreuern aufgewendete Zeit (monatlich 4,1 Stunden je Betreuten ) überschreite die vergütete Zeit (monatlich 3,3 Stunden je Betreuten). Die pauschalen Stundenansätze und/oder die monetären Stundensätze bedürften einer Verbesserung. Nur wenige Berufsbetreuer ermittelten Hilfebedarf und verfügbare Ressourcen im Rahmen einer fortlaufenden Betreuungsplanung, auch würden Betreuungsvereinbarungen mit den Betreuten nur unzureichend getroffen. Frage 2: Wie sind die Ergebnisse des Forschungsgutachtens „Qualität in der rechtlichen Betreuung“, im Besonderen im Hinblick auf die Brandenburger Betreuungsvereine, zu bewerten ? zu Frage 2: Nach seiner Veröffentlichung wird der Abschlussbericht vom Auftraggeber, dem BMJV, aber auch von den betroffenen Länderressorts bewertet werden. In den hierzu eingerichteten Arbeitsgruppen werden sich Bund und Länder über die Schlussfolgerungen austauschen, die aus den Erkenntnissen zu ziehen sind. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob im Hinblick auf die anerkannten Betreuungsvereine im Land Brandenburg Handlungsbedarf besteht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8143 - 3 - Frage 3: Wie wird sich Brandenburg im Punkt der angedachten Kostensätze positionieren ? zu Frage 3: Das veröffentlichte Kapitel des Abschlussberichts zu dem Forschungsvorhaben „Qualität in der rechtlichen Betreuung“ enthält keine Vorschläge zur Höhe von Kostensätzen (vgl. Handlungsempfehlungen 53 und 54). Das in der vergangenen Legislaturperiode am 18. Mai 2017 vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung sieht eine pauschale Anhebung der gestaffelten Stundensätze für beruflich tätige Betreuer um 15 % vor. Das Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, befindet sich im Bundesratsverfahren. Das Ziel einer angemessenen Vergütung der Berufsbetreuer verdient weiterhin Unterstützung. Die Auswertung der mit dem Forschungsvorhaben „Qualität in der rechtlichen Betreuung“ gewonnenen Erkenntnisse wird ergeben, ob und in welchem Rahmen die Vergütungsstruktur gemessen an den qualitativen Erfordernissen der rechtlichen Betreuung anzupassen ist. Frage 4: Wie wird sich der weitere Zeitplan für den Gesetzesentwurf gestalten? zu Frage 4: Ob und wann das in der Antwort zu Frage 3 genannte Gesetz weiter im Bundesrat beraten wird, hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Forschungsergebnisse der Untersuchung zur Qualität in der rechtlichen Betreuung eine differenzierte Betrachtung der Gesamtproblematik zulassen und welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen sind. Die Landesregierung geht davon aus, dass das BMJV als Auftraggeber den umfangreichen Abschlussbericht umfassend auswerten wird. Die Landesjustizverwaltungen sowie die Sozialressorts der Länder werden ebenfalls eine Bewertung vornehmen. Auf dieser Grundlage werden die Länder über die Fortführung des Bundesratsverfahrens entscheiden. Frage 5: Wie wird sich Brandenburg im Hinblick auf die Ergebnisse und das weitere Gesetzgebungsverfahren zum „Gesetz zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung” einbringen? zu Frage 5: Brandenburg ist in der Länderarbeitsgruppe „Strukturelle Änderungen im Betreuungswesen - Möglichkeiten und Grenzen“ vertreten. Hier wird eine gemeinsame Stellungnahme der Länder zu den Ergebnissen des Forschungsvorhabens „Qualität in der rechtlichen Betreuung“ verbunden mit Vorschlägen zur Lösung der Vergütungsproblematik erarbeitet werden. In das weitere Gesetzgebungsverfahren wird sich Brandenburg über die zuständigen Gremien des Bundesrates einbringen.