Landtag Brandenburg Drucksache 6/8197 6. Wahlperiode Eingegangen: 16.02.2018 / Ausgegeben: 21.02.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3274 der Abgeordneten Marie Luise von Halem (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/8030 Nachfragen zum Fall Haasenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Bezugnehmend auf die Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 3095 der Abgeordneten Gerrit Große (DIE LINKE) zu den Ergebnissen der Ermittlungen gegen Beschäftigte der Haasenburg GmbH (Drucksache 6/7765) stellen sich Nachfragen. Unter Frage 7 erkundigte sich Frau Große, ob es im Zusammenhang mit Ermittlungen zur Haasenburg GmbH Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die Staatsanwaltschaft gab. Darauf antwortet die Landesregierung: „Es gab im Zusammenhang mit Ermittlungen der Haasenburg GmbH keine persönlichen Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Bedienstete der Staatsanwaltschaft.“ In der Zeitung „Die Tageszeitung“ vom 08.12.2015 kritisiert der Hamburger Anwalt C. G. in dem Artikel mit der Überschrift „Leider verjährt“ die Sachbearbeitung durch die zuständige Staatsanwältin im Fall seines ehemals in der Haasenburg untergebrachten Mandanten. Wörtlich heißt es dort: „G. reichte im August dieses Jahres Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die zuständige Staatsanwältin ein. Seine Kritik: Bei den Ermittlungen der Cottbusser Behörde seien nicht einmal Zeugen vernommen wurden . Die Akten lagen vor ‚und es passierte nichts‘, sagt er.“ Ferner heißt es in dem Artikel: „Anwalt G. regt in seiner Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die zuständige Staatsanwältin an, die Generalstaatsanwaltschaft möge prüfen, wie viele weitere Verfahren aus dem Gesamtkomplex Haasenburg GmbH von der Juristin wegen einer zwischenzeitlichen Verjährung und mangels hinreichender Förderung des Verfahrens eingestellt wurden. Die Dienstaufsichtsbeschwerde prüft daraufhin der leitende Oberstaatsanwalt in Cottbus.“ Der Anwalt kritisiert, dass bei seinem Mandanten die Tatvorwürfe Körperverletzung und gemeinschaftliche Körperverletzung wegen Verjährung eingestellt wurden, was bei einer anderen Sachbearbeitung nicht passiert wäre. Frage 1: Ging bei der Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg eine Dienstaufsichtsbeschwerde des oben genannten Rechtsanwalts mit Datum 24. August 2015 zur (dienst- )rechtlichen Überprüfung der Sachbearbeitung eines Ermittlungsverfahrens im Komplex Haasenburg durch die zuständige Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Cottbus ein? zu Frage 1: Ja. Diese persönliche Dienstaufsichtsbeschwerde ist nunmehr aufgrund der aktuellen Recherche durch die Staatsanwaltschaft Cottbus und die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg mitgeteilt und war dort im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage 3095 übersehen worden. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8197 - 2 - Frage 2: In wie vielen der insgesamt 55 Ermittlungsverfahren gegen Betreuer und 15 Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wurden einzelne Tatvorwürfe nicht verfolgt, weil Verjährung eingetreten war? zu Frage 2: In sechs Ermittlungsverfahren gegen namentlich bekannte Betreuer wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen nach § 225 StGB sind einzelne Tatvorwürfe der Nötigung und der Körperverletzung nicht verfolgt worden, weil insoweit bereits bei Anzeigeerstattung Verfolgungsverjährung eingetreten war. In drei weiteren Ermittlungsverfahren gegen Betreuer sind einzelne Tatvorwürfe während der laufenden Ermittlungen verjährt. Dabei handelte es sich um das in der Vorbemerkung erwähnte Ermittlungsverfahren sowie zwei weitere Verfahren wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen, die auch Vorwürfe der Körperverletzung oder Nötigung enthielten; zum Zeitpunkt der Einstellung der Ermittlungsverfahren hinsichtlich der nicht rechtsverjährten Vorwürfe der Misshandlung von Schutzbefohlenen wären diese Vorwürfe - unabhängig von der Frage ihrer Nachweisbarkeit - bereits verjährt gewesen. Schließlich ist in zwei Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter hinsichtlich einzelner Vorwürfe der Nötigung oder Körperverletzung Verjährung eingetreten, bevor ein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte, weil die Strafanzeigen erst kurz vor Verjährungseintritt erstattet worden waren. Keines der Ermittlungsverfahren ist ausschließlich wegen Verjährung eingestellt worden, sondern Einstellungsverfügungen sind teilweise auch mit diesem Prozesshindernis begründet worden, nachdem einzelne Tatvorwürfe bereits bei Anzeigeerstattung verjährt waren oder trotz der sachgerecht und stringent geführten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Cottbus ein hinreichender Tatverdacht innerhalb der teilweise bei Anzeigeerstattung bereits weit fortgeschrittenen Verjährungsfristen insgesamt nicht zu begründen war. Frage 3: Wie viele einzelne Tatvorwürfe konnten wegen Verjährung nicht verfolgt werden? zu Frage 3: Die genaue Anzahl sämtlicher möglicherweise verjährter Tatvorwürfe lässt sich nicht benennen. Sämtliche Ermittlungsverfahren sind wegen des unrechtschwersten Tatvorwurfs der Misshandlung von Schutzbefohlenen nach § 225 StGB geführt worden; eine gesonderte statistische Erfassung etwaiger in diesem Vorwurf enthaltener subsidiärer Körperverletzungs - oder Nötigungshandlungen, für die eine wesentlich kürzere Verjährungsfrist gilt, ist deshalb nicht erfolgt, weil diese Vorwürfe vom Hauptvorwurf miterfasst waren. Zudem kann eine Aussage zu der Frage, ob entsprechende Tatvorwürfe überhaupt hinreichend nachweisbar oder tatsächlich ausschließlich wegen des Eintritts der Verfolgungsverjährung einzustellen gewesen wären, auch deswegen nicht getroffen werden, weil mit Eintritt der Verfolgungsverjährung ein unbehebbares Prozesshindernis besteht mit der Folge, dass das Verfahren insoweit einzustellen ist und weitere Ermittlungen zur Spezifizierung der verjährten Tatvorwürfe unzulässig sind.