Landtag Brandenburg Drucksache 6/8199 6. Wahlperiode Eingegangen: 16.02.2018 / Ausgegeben: 21.02.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3255 der Abgeordneten Dieter Dombrowski (CDU-Fraktion), Danny Eichelbaum (CDU-Fraktion) und Rainer Genilke (CDU-Fraktion) Drucksache 6/7970 Fuel Dumping im Brandenburgischen Luftraum Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Militärische sowie zivile Luftfahrzeuge lassen über dem Bundesgebiet immer wieder Kraftstoff ab. Dies passiert unter anderem auch über besiedelten Gebieten. 1. Wie oft wurde in den Jahren 2010 bis 2017 durch militärische und durch zivile Flugzeuge über brandenburgischem Gebiet in welchen Mengen Treibstoff abgelassen (bitte möglichst nach Menge, nach Landkreisen, einzelnen Vorfällen. Lande- bzw. Startflughafen und jeweiliger Begründung aufschlüsseln)? zu Frage 1: Bei einem Treibstoffschnellablass handelt es sich um eine Notfallmaßnahme, die nicht im regulären Flugbetrieb vorkommt und nur in Ausnahme- oder Notsituationen aus Gründen der Flugsicherheit angewendet wird. Gründe der Flugsicherheit können eine schnellstmögliche Landung erforderlich machen, obwohl sich noch große Kraftstoffmengen an Bord befinden, die zu einer Überschreitung des zulässigen Landegewichts des Flugzeugs führen. Im zivilen Bereich haben nur vierstrahlige Langstreckenflugzeuge technische Möglichkeiten zum Ablassen des Treibstoffs. Nach Angaben der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) wurden über brandenburgischem Gebiet in den Jahren 2010 bis 2017 durch militärische und zivile Flugzeuge folgende Mengen Treibstoff abgelassen. Datum Art des Fluges insgesamt betroffenes Gebiet über Brandenburg abgelassene Treibstoffmenge 30.01.2010 zivil Slubice - Dresden - Leipzig 10 t 08.08.2010 militärisch Prag - Dresden - Cottbus 9 t 30.01.2012 zivil 15 NM (Nautische Meilen) südwestlich Berlin unbekannt 16.05.2012 militärisch Klasdorf 14 t 05.10.2012 zivil Holzdorf - Leipzig - Altenburg - Freital Weimar 12 t 28.12.2015 zivil Neuruppin - Neubrandenburg 17 t 03.07.2016 zivil auf der Strecke Prenzlau - Köln 9 t 18.01.2017 zivil auf der Strecke Usedom - Magdeburg 13 t Landtag Brandenburg Drucksache 6/8199 - 2 - Datum Art des Fluges insgesamt betroffenes Gebiet über Brandenburg abgelassene Treibstoffmenge 15.03.2017 zivil Brandenburg 14 t 01.07.2017 zivil auf der Strecke Cottbus - Pirna - Zwickau 23 t 2. Wurde die Landesregierung von der Deutschen Flugsicherung über diese Ereignisse informiert? zu Frage 2: Die DFS berichtet halbjährlich dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Eine regelmäßige Information der Landesregierung erfolgt nicht. 3. Besteht eine Meldepflicht von Treibstoffschnellablässen durch die Fluggesellschaften bzw. die Bundeswehr? zu Frage 3: Nach den geltenden Regularien der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO sind Treibstoffablässe der jeweils zuständigen Flugverkehrskontrolle zu melden. Dies geschieht aus Sicherheitsgründen, um sicherstellen zu können, dass die jeweilige Flugsicherungsorganisation ausreichend Abstand zu anderen Luftverkehrsteilnehmern herstellt. Da militärische Luftfahrzeuge bei Erklären einer Luftnotlage unverzüglich an die DFS übergeben werden, erfolgen Meldungen von Treibstoffablässen in der Bundesrepublik für zivile und militärische Flugzeuge an die DFS. 4. Wie wird die Kerosinbelastung im Brandenburger Luftraum überwacht? 5. Wie wird die Kerosinbelastung im Brandenburger Luftraum gemessen? zu den Frage 4 und 5: Im Rahmen der Überwachung der Luftgüte werden von einzelnen Stationen des Luftgütemessnetzes des Landesamtes für Umwelt auch Messwerte für bestimmte Kohlenwasserstoffe ermittelt. Eine gezielte Messung der Konzentration von Flugzeugtreibstoffen im Brandenburger Luftraum erfolgt nicht. 6. Wie viel Treibstoff wurde in Summe pro Jahr in den Jahren 2010 bis 2017 durch militärische und zivile Flugzeuge über Brandenburg abgelassen (bitte nach Jahr, militärischen und zivilen Flugzeugen aufschlüsseln)? zu Frage 6: Siehe Antwort zu Frage 1. 7. Wie hoch ist die Belastung durch Kerosinablass in Brandenburg insgesamt im Verhältnis zu anderen Bundesländern (bitte Angaben in Jahren, Tonnen, Bundesländern seit 2010)? zu Frage 7: Der Landesregierung liegen keine vollständigen Statistiken über den Treibstoffablass in anderen Bundesländern vor. Die Antworten der Bundesregierung auf entsprechende Kleine Anfragen enthalten hierzu Angaben (vgl. Bundestagsdrucksache 18/9917, Antwort auf Fragen 1 und 2 sowie Bundestagsdrucksache 19/477, Antwort auf Fragen 1 und 2). Landtag Brandenburg Drucksache 6/8199 - 3 - 8. Was passiert nach Kenntnis der Landesregierung mit dem abgelassenen Treibstoff, und wie ist dieser auf der Erdoberfläche wahrnehmbar? 9. Welche Auswirkungen hatte der Eintrag von Flugzeugtreibstoff in die Umwelt nach Kenntnis der Landesregierung (bitte möglichst nach Auswirkungen auf Oberflächengewässer , Grundwasserkörper, Boden und auf die damit verbundene Flora und Fauna aufschlüsseln )? zu Fragen 8 und 9: Beim Treibstoffschnellablass wird das Kerosin mit Hochleistungspumpen in kleinste Tröpfchen verwirbelt und von den Turbulenzen hinter dem Flugzeug zu einem feinen Nebel verteilt. Bei einer angenommenen Fluggeschwindigkeit von 450 km/h und einer Gesamtablassrate mittels Schnellablassventilen von 1 600 Kilogramm pro Minute sowie einer unterstellten Verteilungsbreite von einem Kilometer errechnet sich eine Verdünnung des abgelassenen Treibstoffs auf 0,21 Gramm je Quadratmeter. Der weitaus größte Teil des Nebels sinkt jedoch nicht zu Boden, sondern verdunstet noch in den höheren Luftschichten und verbleibt in der Atmosphäre, bis er durch die Strahlungsenergie der Sonne in Wasser und Kohlendioxid umgewandelt wird. Bei einem Treibstoffschnellablass in der Mindestflughöhe von 1 500 Metern, bei Windstille und einer Bodentemperatur von 15 Celsius sind es rechnerisch ca. 8 Prozent der insgesamt abgelassenen Treibstoffmenge , die den Erdboden erreicht. Damit lässt sich eine theoretische Bodenbelastung von 0,02 Gramm Kerosin pro Quadratmeter ermitteln. Der TÜV Rheinland, der im Jahr 1993 eine diesbezügliche Untersuchung durchgeführt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass bei konservativer Abschätzung eine Summenkonzentration von maximal 0,2 Milligramm pro Kubikmeter in der Luft entsteht und zu einer vernachlässigbaren Kontamination des Bodens führt. 10. Welche Auswirkungen hatte das Ablassen des Treibstoffs nach Kenntnis der Landesregierung unmittelbar und mittelbar auf die Gesundheit von Menschen? zu Frage 10: Hierüber liegen der Landesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf eine entsprechende Kleine Anfrage ausgeführt, dass mögliche gesundheitliche Effekte durch Kerosine und deren Inhaltsstoffe durch das Ablassen von Flugbenzin nicht zu erwarten seien, weil die dazu erforderlichen Konzentrationen bei Weitem nicht erreicht würden (vgl. Bundestagsdrucksache 18/9917, Antwort auf Frage 8). 11. Welche Umweltschäden können generell durch den Eintrag von Flugzeugtreibstoff auftreten ? zu Frage 11: Flugzeugtreibstoffe sind chemische Mineralölkohlenwasserstoffe, die in hohen Konzentrationen toxisch für Mensch und Umwelt wirken. Flugturbinenkraftstoff wird als schwach giftig für Säugetiere und Vögel eingeschätzt. Er kann Benzol enthalten, dessen Kanzerogenität nachgewiesen wurde. Verunreinigungen von Grund- und Oberflächenwasser durch Flugturbinenkraftstoff können erhebliche Auswirkungen auf die Trinkwassergewinnung , den chemischen Zustand dieser Gewässer oder den ökologischen Zustand der Oberflächengewässer haben, sofern relevante Mengen in das Grundwasser gelangen . Flugturbinenkraftstoffe sind Kohlenwasserstoffgemische, die in der Hydrosphäre biochemisch nicht oder nur schwer abbaubar sind. Sie werden als mäßig bis schwach akut fischgiftig eingeschätzt. Eine Erhöhung der Mobilität von Kohlenwasserstoffen im Wasser Landtag Brandenburg Drucksache 6/8199 - 4 - führt jedoch zu einer erheblichen Toxizitätssteigerung. In der Pedosphäre werden diese Kohlenwasserstoffgemische mit unterschiedlichen Umsatzgeschwindigkeiten biologisch abgebaut. 12. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, auf mehr Transparenz im Umgang mit den meldepflichtigen Ereignissen des Kerosin-Notablasses hinzuwirken? (Hier bsp. Informationsmöglichkeiten für Bürger des betroffenen Gebietes) zu Frage 12: Der Landesregierung sind keine Initiativen des Bundes zur Ausweitung der bestehenden Meldepflichten bekannt.