Landtag Brandenburg Drucksache 6/8235 6. Wahlperiode Eingegangen: 20.02.2018 / Ausgegeben: 26.02.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3272 des Abgeordneten Dr. Rainer van Raemdonck (AfD-Fraktion) Drucksache 6/8024 Derzeitige Situation von TBC-Fällen in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Kürzlich wurde in einigen Medien, wie zum Beispiel bei welt.de, über einen multiresistenten Stamm der Tuberkulose (TBC) im Zusammenhang mit Flüchtlingen aus Afrika berichtet , die sich in Deutschland aufhalten. Darüber hinaus geht es um die Situation der Bevölkerung in Brandenburg hinsichtlich einer Gefährdung durch TBC und der Maßnahmen, die die Landesregierung zum Schutz der Bürger ergriffen hat, bzw. zu ergreifen gedenkt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hat sich die Zahl der in Brandenburg gemeldeten TBC-Fälle bei Flüchtlingen seit der letzten K.A. der AfD-Fraktion verändert (letztes Quartal 2017)? Zu Frage 1: Im letzten Quartal des Jahres 2017 wurden im Land Brandenburg nach dem Infektionsschutzgesetz 10 Fälle von Tuberkulose bei Asylsuchenden gemeldet. 2. Wie sieht die Entwicklung der Zahl der gemeldeten TBC-Fälle bei Flüchtlingen seit Einrichtung der Röntgenstation in Wünsdorf für diese Untersuchungen aus (bitte nach Jahr einzeln aufschlüsseln)? Zu Frage 2: Der Röntgen-Container mit den zugehörigen Räumen für die Erstuntersuchung wurde in Zossen/Wünsdorf im Jahr 2016 in Betrieb genommen. Daten zu den am Standort Wünsdorf aufgetretenen Tuberkulose-Fällen unter Asylsuchenden liegen der Landesregierung nicht vor. Bei Asylsuchenden insgesamt wurden im Land Brandenburg im Jahr 2016 93 Tuberkulose-Fälle und im Jahr 2017 51 Tuberkulose-Fälle gemeldet. 3. Wie sehen die Behandlung und der Therapieerfolg der betroffenen Flüchtlinge aus? Zu Frage 3: Die unkomplizierte Tuberkulose ohne Resistenzen gegenüber den Erstlinienarzneimitteln erfordert eine mindestens 6 Monate dauernde Therapie. Bei Patientinnen und Patienten aus Ländern mit bekannter Hochresistenz gegen die üblichen Arzneimittel gegen Tuberkulose ist eine mindestens 12 Monate dauernde Therapie, teilweise auch mit noch längeren Therapiezyklen, notwendig. Die endgültige Beurteilung des Behandlungserfolges ist erst mit einer deutlichen zeitlichen Latenz feststellbar. Bei Verdacht auf eine multiresistente Tuberkulose (MDR-Tuberkulose) erfolgt die initiale Behandlung in einem spe- Landtag Brandenburg Drucksache 6/8235 - 2 - zialisierten Zentrum in Berlin. Zur Beurteilung des Behandlungserfolges sind bisher frühestens die Daten von 2015 und bedingt von 2016 nutzbar, da noch nicht alle Behandlungen abgeschlossen sind. Der Anteil erfolgreich behandelter Asylsuchender lag 2015 bei 77 % und im Jahr 2016 nach bisher vorliegenden Daten bei 66 %, wobei hier der Anteil noch nicht abgeschlossener Behandlungen höher ist. Wegen der geringen Fallzahlen sind bei der Analyse der Behandlungsergebnisse statistisch signifikante Aussagen jedoch nur eingeschränkt möglich. 4. Inwiefern wird die Bevölkerung vor an TBC-erkrankten Menschen geschützt? Zu Frage 4: Für die Tuberkulose besteht eine namentliche Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Darüber hinaus wird das Ergebnis von Resistenzbestimmungen namentlich an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet. Unverzügliche Umgebungsuntersuchungen durch das Gesundheitsamt dienen dazu, bisher unerkannt infizierte und erkrankte Personen zu identifizieren, die Infektionsquelle(n) zu finden und Ansteckungen zu verhindern. Weitergehende genetische Untersuchungen im Fall von Krankheitsausbrüchen werden von den Gesundheitsämtern veranlasst, um Infektionsketten zu klären. Die in Krankenhäusern und anderen Gemeinschaftseinrichtungen notwendigen Hygienemaßnahmen werden über die Gesundheitsämter überwacht. Dem Gesundheitsamt ist nach § 6 IfSG mitzuteilen, wenn Personen, die an einer behandlungsbedürftigen Lungentuberkulose leiden, eine Behandlung verweigern oder abbrechen. In diesen besonderen Fällen kann nach § 30 IfSG eine Isolierung in einem geeigneten Krankenhaus angeordnet werden. Darüber hinaus ermöglichen gesetzlich geregelte Screening-Untersuchungen auf Tuberkulose in gefährdeten Bevölkerungsgruppen frühzeitig behandlungsbedürftige Personen zu entdecken und Behandlungen einzuleiten. 5. Gibt es in Brandenburg bereits Fälle eines multiresistenten Stamms der TBC, wie er in Baden-Württemberg bei minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen bereits aufgetreten ist? Wenn ja, welche Maßnahmen wurden ergriffen, um eine Ausbreitung zu verhindern ? Zu Frage 5: Der Anteil von Erkrankungen mit multiresistenten Tuberkuloseerregern ist in Brandenburg über die Jahre hinweg sehr gering. Im Jahr 2017 wurden im Land Brandenburg insgesamt zwei Patienten mit Erkrankungen durch multiresistente Tuberkulosebakterien (MDR-Stämme) gemeldet. Fälle unter Beteiligung extrem resistenter Tuberkulosebakterien (XDR-Stämme) wurden im Land Brandenburg bisher nicht nachgewiesen. Alle Personen mit einer nachgewiesenen Tuberkulose oder mit dem Verdacht auf eine Tuberkulose sowie die engen Kontaktpersonen werden auf der Grundlage gesetzlicher Vorgaben und medizinischer Empfehlungen und Leitlinien umgehend betreut. 6. Ist der Landesregierung bekannt, dass Forscher des Nationalen Referenzzentrums, dem Forschungszentrum Borstel, 2016 einen unbekannten TBC-Erreger festgestellt haben und ist dieser bei in Brandenburg untersuchten Flüchtlingen bereits aufgetreten ? Wenn ja, welche Konsequenzen zieht die Landesregierung daraus? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8235 - 3 - Zu Frage 6: Der Landesregierung ist das Auftreten dieses Tuberkulosebakteriums mit einem besonderen Resistenzmuster bekannt. Bisher ist dieser Stamm im Land Brandenburg nicht nachgewiesen worden. Eine Änderung des bisherigen Verfahrens der Erstuntersuchung bei Asylsuchenden zum Ausschluss einer Tuberkulose ist trotz der neu auftretenden Resistenzen nach jetzigem Kenntnisstand nicht erforderlich. 7. Wie bereitet sich die Landesregierung auf den multiresistenten Stamm der TBC sowie auf den unbekannten TBC-Erreger vor, um die Bevölkerung zu schützen? Zu Frage 7: Siehe Antwort zu Frage 4. 8. Wie hoch sind die Kosten der Maßnahmen (Untersuchung, Therapie etc.) rund um Fälle von TBC bei Flüchtlingen in Brandenburg (bitte nach Jahren einzeln aufschlüsseln )? Zu Frage 8: Für die im Zuständigkeitsbereich der Zentralen Ausländerbehörde (ZABH) veranlassten medizinischen Maßnahmen im Zusammenhang mit Erkrankungen an oder Verdacht auf Tuberkulose entstanden Kosten in Höhe von 711.186,03 € im Jahr 2015, 1.756.861,77 € im Jahr 2016 und 647.069,97 € im Jahr 2017. Weitere Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. 9. Wie beurteilt die Landesregierung eine Wiedereinführung einer Impf-Empfehlung bei TBC für die Bevölkerung hinsichtlich der Zunahme der TBC-Fälle bei Flüchtlingen? Zu Frage 9: Die BCG-Impfung gegen Tuberkulose wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut seit 1998 nicht mehr empfohlen. Dies entspricht den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die vorgeschlagen hat, in Populationen , deren Infektionsrisiko für Tuberkulose unter 0,1% liegt, keine generelle BCG- Impfung durchzuführen. Darunter fallen Deutschland und auch das Land Brandenburg. Bei der nur geringen Schutzwirkung dieser mit einem in der Infektiosität abgeschwächten Tuberkulose -Stamm durchgeführten Impfung überwiegen die unerwünschten Nebenwirkungen . Ein Impfstoff ist in Deutschland nicht mehr für diese Indikation zugelassen. 10. Inwieweit würde die Landesregierung bei einer Impf-Empfehlung bei TBC die dafür entstehenden Kosten im Rahmen einer Schutzkampagne für die Bürger in Brandenburg übernehmen bzw. bei der GKV darauf hinwirken, diese medizinische Maßnahme in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen zu übernehmen? Zu Frage 10: Eine Impfung gegen Tuberkulose wird in Deutschland derzeit nicht empfohlen . Auf der Grundlage der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss mittels der Schutzimpfungs -Richtlinie über die Kostenübernahme für Impfungen durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Die Landesregierung unterstützt die Kostenübernahme durch die GKV für alle von der STIKO empfohlenen Impfungen.