Landtag Brandenburg Drucksache 6/8237 6. Wahlperiode Eingegangen: 22.02.2018 / Ausgegeben: 27.02.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3280 des Abgeordneten Christoph Schulze (fraktionslos) Drucksache 6/8067 Einschreiten der Kommunalaufsicht Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: In der Brandenburger Kommunalverfassung ist die Aufsicht über die Gemeinden in Paragraf § 108 geregelt. Danach ist die Aufsicht über die Gemeinden so auszuüben, dass die Rechte der Gemeinden, insbesondere auch die Rechte der Gemeindevertretung und der einzelnen Gemeindevertreter und ihrer Organe geschützt und die Erfüllung ihrer Pflichten gesichert werden. Die untere Kommunalaufsicht hat für die Gemeinden im öffentlichen Interesse sicherzustellen, dass die Verwaltung der Gemeinden im Einklang mit den Gesetzen erfolgt. Die Kommunalaufsicht ist die Rechtsaufsicht über die Rechte und Pflichten der Gemeinden, so insbesondere auch der Garant der Rechte der Gemeindevertretung und der einzelnen Gemeindevertreter. Die ordnungsgemäße Einladung zu Gemeindevertretersitzungen ist gesetzlich klar geregelt . Sie ist insbesondere was die Fristen betrifft eine Pflichtaufgabe der Gemeindeverwaltung und des Hauptverwaltungsbeamten. Gemeindevertreter haben gelegentlich Zweifel an ordnungsgemäßen Einladungen zu Gemeindevertretersitzungen und bezweifeln folglich das ordnungsgemäße Zustandekommen von Beschlüssen. In einem Fall wurde in einer Gemeinde zum Tagesordnungspunkt „Aufstellungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“, fristgerecht, für eine Gemeindevertretersitzung eingeladen. Nach Verstreichen der Einladungsfrist wurde dieser Tagesordnungspunkt der Gemeindevertretersitzung durch den Hauptverwaltungsbeamten oder sein Sekretariat in „Auslegungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ geändert. Dies sind zwei völlig juristisch unterschiedliche Sachverhalte. Gemeindevertreter haben moniert, dass zu völlig anderen Tagesordnungspunkten eingeladen wurde, als dann am Ende auf der Tagesordnung der Sitzung stand. Zu dem neuen Tagesordnungspunkt wurde nicht fristgemäß eingeladen. Gemeindevertreter haben dies in der betreffenden Gemeindevertretersitzung moniert. Der Bürgermeister hat dies trotzdem mehrheitlich so durchgedrückt . Gleichwohl ist damit das Öffentlichkeitsprinzip verletzt. So wurde dieser abgeänderte Tagesordnungspunkt, zu dem ganz offensichtlich nicht mit der fristgemäßen Einladung eingeladen wurde, jedoch in der entsprechenden Gemeindevertretersitzung behandelt und die Beschlussvorlage im geänderten Tagesordnungspunkt beschlossen. Dies wird von Gemeindevertretern als rechtswidrig moniert, aber keiner schreitet ein. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8237 - 2 - Vorbemerkungen der Landesregierung: Der vom Fragesteller in der Vorbemerkung dargestellte Sachverhalt ist der Landesregierung nicht bekannt. Auf Grund der Sachverhaltsdarstellung wird davon ausgegangen, dass eine Zuständigkeit des örtlich zuständigen Landrats als untere Kommunalaufsichtsbehörde gegeben ist, welcher gemäß § 110 Absatz 1 BbgKVerf die Kommunalaufsicht über die kreisangehörigen Städte, Gemeinden und Ämter führt. Ohne Kenntnis aller Umstände des Einzelfalls kann die Landesregierung keine Aussage dazu treffen, ob das Handeln der Gemeinde in dem geschilderten Fall rechtswidrig war und der Landrat eine im öffentlichen Interesse gebotene kommunalaufsichtsrechtliche Maßnahme pflichtwidrig unterlassen hat. Grundsätzlich ist auf das Gebot der Öffentlichkeit als ein tragender Grundsatz eines demokratischen Rechtsstaats hinzuweisen, der es gebietet, dass sich sowohl die Öffentlichkeit als auch die Mitglieder kommunaler Vertretungen in angemessener Frist verlässlich Kenntnis über die zu behandelnden Tagesordnungspunkte verschaffen können. Hierbei müssen die in der Tagesordnung aufgeführten Tagesordnungspunkte so konkret bezeichnet werden, dass die Mitglieder der kommunalen Vertretung und die interessierte Öffentlichkeit sofort erkennen können, über welche Angelegenheiten in der Sitzung beraten und entschieden werden soll. Dieses Konkretisierungsgebot verlangt, dass jeder einzelne Tagesordnungspunkt für den objektiven Betrachter aus sich heraus erkennbar und verständlich ist. Sollte ein Beratungsgegenstand in der Tagesordnung unter Berücksichtigung des Konkretisierungsgebots fehlerhaft bezeichnet worden sein und hierdurch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit vorliegen, ist es unzulässig, über den Beratungsgegenstand in der Sitzung zu beraten und zu beschließen. Wird über die Angelegenheit dennoch ein Beschluss gefasst, hat dies nach überwiegender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung die Nichtigkeit des Beschlusses zur Folge. 1. Ist die Kommunalaufsicht für die Prüfung von Beschwerden bzgl. ordnungsgemäßer Einladungen zu Gemeindevertretersitzungen zuständig? zu Frage 1: Ja. Die Aufsicht in Selbstverwaltungsangelegenheiten (Kommunalaufsicht) hat im öffentlichen Interesse sicherzustellen, dass die Verwaltung der Gemeinden im Einklang mit den Gesetzen erfolgt. Sie ist Rechtsaufsicht (§ 109 BbgKVerf). Die Kommunalaufsicht über die kreisangehörigen Städte und Gemeinden führt der Landrat als allgemeine untere Landesbehörde (§ 110 Absatz 1 BbgKVerf). 2. Wie sind die Fristen für eine ordnungsgemäße Einladung zu Gemeindevertretersitzungen , bzw. wo sind sie geregelt? zu Frage 2: Gemäß § 34 Absatz 4 BbgKVerf sind die Form der Einberufung, die regelmäßige Ladungsfrist und die vereinfachte Einberufung unter verkürzter Ladungsfrist in der Geschäftsordnung der Gemeindevertretung zu regeln. 3. Wie bewertet die Landesregierung, bzw. obere Kommunalaufsicht den Sachverhalt. Kann „einfach“ der Tagesordnungspunkt „Aufstellungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ in einen Tagesordnungspunkt „Auslegungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ geändert werden? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8237 - 3 - 4. Ist es zulässig über Beschlussvorlagen abzustimmen, wenn in der Einladung zur Gemeindevertretersitzung „Aufstellungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans “ statt „Auslegungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans “ in der fristgemäßen Einladung stand und dieser Fehler, bzw. die Änderung der Tagesordnung erst nach Fristablauf den Gemeindevertretern (nicht fristgemäß) bekannt gemacht wurde und dann aber über „Auslegungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ abgestimmt wurde? 5. Was muss die Gemeinde veranlassen, wenn „Aufstellungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ anstatt „Auslegungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ in der fristgemäßen Einladung stand und dieser Fehler erst nach Fristablauf den Gemeindevertretern und der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden kann? 6. Kann ein Tagesordnungspunkt von „Aufstellungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ in „Auslegungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans “ einfach umbenannt werden und der Tagesordnungspunkt mit der neuen Bezeichnung entschieden werden? zu den Fragen 3 bis 6: Es wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. 7. Was können Gemeindevertreter veranlassen, wenn sie der Auffassung sind der Tagesordnungspunkt „Auslegungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans “ nicht beschlossen werden kann, da aufgrund der Verwendung eines anderen Begriffes dieser Tagesordnungspunkt nicht Teil der ordnungsgemäßen Einladung ist und trotzdem in der Gemeindevertretersitzung darüber beschlossen wurde und eine Heilung dieses Fehlers nicht durch eine Beschlussfassung zur Tagesordnung geheilt wurde? Konnte dieser Fehler überhaupt nach Ende der Ladungsfrist geheilt werden und ja, wie? Ist eine Eilvorlage in diesem Fall zulässig? zu Frage 7: Die Gemeindevertretung wird mit ihrem Zusammentritt Herrin des Verfahrens der Gemeindevertretungssitzung und erhält damit auch das grundsätzliche Recht, die Tagesordnung zu beeinflussen. Dies dokumentiert sich in dem regelmäßig zu Beginn einer jeden Sitzung der Gemeindevertretung vorgesehenen Tagesordnungspunkt, mit dem die Gemeindevertretung über die Tagesordnung beschließt und diese damit annimmt und bestätigt oder aber Änderungen vornimmt. Ein Gemeindevertreter, der der Auffassung ist, dass durch einen fehlerhaft bezeichneten Tagesordnungspunkt ein Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz vorliegt, kann hierauf vor der Beschlussfassung über die Tagesordnung hinweisen. Eine Erweiterung der Tagesordnung ist nur unter den engen Voraussetzungen des § 35 Absatz 2 Satz 1 BbgKVerf zulässig, da anderenfalls ein Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit vorliegt. In der Sitzung kann die Tagesordnung danach nur um eine Angelegenheit erweitert werden, die keinen Aufschub duldet. Eine Angelegenheit duldet keinen Aufschub, wenn ihre Beratung und Entscheidung unter Berücksichtigung der einzuhaltenden Ladungsfrist nicht bis zur nächsten Sitzung aufgeschoben werden kann, ohne dass Nachteile eintreten, die nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8237 - 4 - 8. Wo können Gemeindevertreter Beschwerde einreichen, wenn zuständige Mitarbeiter der Kommunalaufsicht nicht eingreifen wollen? 9. Was wäre die Aufgaben der unteren Kommunalaufsicht, wenn ihr derartige Vorgänge angezeigt werden? 10. Wenn das Prinzip der Öffentlichkeit verletzt wurde, ob und wenn ja, wo können sich die Bürger beschweren? zu den Fragen 8 bis 10: Die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde hat im öffentlichen Interesse sicherzustellen, dass die Verwaltung der Gemeinden im Einklang mit den Gesetzen erfolgt. Die Gemeinden sind an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden. Der Aufsicht kommt insoweit eine Rechtsbewahrungsfunktion zu. Ergeben sich aus Beschwerden von Gemeindevertretern oder anderen Einwohnern Hinweise auf ein Fehlverhalten der Gemeinde, kann sich hieraus eine Prüfungspflicht für die Aufsichtsbehörde ergeben. Die Ausübung der Aufsicht unterliegt dem Opportunitätsprinzip. Der Aufsichtsbehörde steht grundsätzlich ein Entschließungsermessen zu, ob sie gegen die Gemeinde einschreitet. Die Aufsichtsbehörde ist daher nicht verpflichtet, jeden Rechtsverstoß einer Gemeinde mit kommunalaufsichtsrechtlichen Maßnahmen zu ahnden. Sie kann sich auch entscheiden, im Rahmen ihrer positiven Schutz- und Förderungsfunktion eine Beratung der Gemeinde vorzunehmen, um ein rechtmäßiges Handeln in der Zukunft sicherzustellen. Das Ministerium des Innern und für Kommunales als oberste Kommunalaufsichtsbehörde kann im Einzelfall auf Grund von Beschwerden von Gemeindevertretern oder anderen Einwohnern über das Handeln der unteren Kommunalaufsicht im Wege der Rechts- und Fachaufsicht eine Prüfung vornehmen, ob die untere Aufsichtsbehörde eine im öffentlichen Interesse gebotene kommunalaufsichtsrechtliche Maßnahme im Sinne der § 112 ff. BbgK- Verf pflichtwidrig unterlassen hat und daher eine Weisung im Sinne des § 110 Abs. 3 BbgKVerf geboten ist. 1. Ist die Kommunalaufsicht für die Prüfung von Beschwerden bzgl. ordnungsgemäßer Einladungen zu Gemeindevertretersitzungen zuständig? 2. Wie sind die Fristen für eine ordnungsgemäße Einladung zu Gemeindevertretersitzungen, bzw. wo sind sie geregelt? 3. Wie bewertet die Landesregierung, bzw. obere Kommunalaufsicht den Sachverhalt. Kann „einfach“ der Tagesordnungspunkt „Aufstellungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ in einen Tagesordnungspunkt „Auslegungsbeschluss für die Änder... 4. Ist es zulässig über Beschlussvorlagen abzustimmen, wenn in der Einladung zur Gemeindevertretersitzung „Aufstellungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ statt „Auslegungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ in de... 5. Was muss die Gemeinde veranlassen, wenn „Aufstellungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ anstatt „Auslegungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ in der fristgemäßen Einladung stand und dieser Fehler erst nach Fr... 6. Kann ein Tagesordnungspunkt von „Aufstellungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ in „Auslegungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ einfach umbenannt werden und der Tagesordnungspunkt mit der neuen Bezeichnung e... 7. Was können Gemeindevertreter veranlassen, wenn sie der Auffassung sind der Tagesordnungspunkt „Auslegungsbeschluss für die Änderung eines Flächennutzungsplans“ nicht beschlossen werden kann, da aufgrund der Verwendung eines anderen Begriffes dieser... 8. Wo können Gemeindevertreter Beschwerde einreichen, wenn zuständige Mitarbeiter der Kommunalaufsicht nicht eingreifen wollen? 9. Was wäre die Aufgaben der unteren Kommunalaufsicht, wenn ihr derartige Vorgänge angezeigt werden? 10. Wenn das Prinzip der Öffentlichkeit verletzt wurde, ob und wenn ja, wo können sich die Bürger beschweren?