Landtag Brandenburg Drucksache 6/8238 6. Wahlperiode Eingegangen: 22.02.2018 / Ausgegeben: 27.02.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3273 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Axel Vogel (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/8029 Werden die Empfehlungen des „Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus“ umgesetzt? Namens der Landesregierung beantwortet der Chef der Staatskanzlei die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Die Bundesregierung hat den Bundestag am 7. April 2017 über den Bericht des zweiten „Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus“ (Bundestags -Drucksache 18/11970) informiert, der zahlreiche Handlungsempfehlungen enthält. Viele der beschriebenen Maßnahmen zur Antisemitismusbekämpfung und -prävention fallen in die Zuständigkeit der Länder, vor allem in den Bereichen Schule, Jugendhilfe, Justiz und Polizei. Vorbemerkung: Der Bericht des zweiten Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus (UEA), „Antisemitismus in Deutschland - aktuelle Entwicklungen“, liegt dem Deutschen Bundestag seit der Unterrichtung durch die Bundesregierung vom 07. April 2017 vor (Bundestags -Drucksache 18/11970) vor. Die Einsetzung des zweiten UEA ging zurück auf den Beschluss des Deutschen Bundestages „Antisemitismus entschlossen bekämpfen, jüdisches Leben in Deutschland weiterhin nachhaltig fördern“ (Drucksache 17/13885) vom 11. Juni 2013. In diesem wird die Bundesregierung aufgefordert, durch unabhängige Sachverständige einen „Bericht zum Themenkomplex Antisemitismus in Deutschland“ erstellen zu lassen. Ein „besonderer Schwerpunkt“ solle „auf Maßnahmen liegen, die auf Bundesebene umgesetzt werden können“. In seinem Bericht geht der UEA jedoch teilweise über diesen formulierten Arbeitsauftrag hinaus. Da viele notwendige Maßnahmen nicht allein auf der Bundesebene umgesetzt werden könnten, hat „sich der Expertenkreis in einigen Bereichen über die Begrenzung des Arbeitsauftrages hinweggesetzt bzw. explizit auf die Erschwernisse verwiesen, die eine klare Abgrenzung von Maßnahmen der Bundesebene von der der Länder“ mit sich brächte (S. 16f.). Frage 1: Welche Handlungsempfehlungen des zweiten „Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus“, die in die Zuständigkeit der Länder fallen, sind in Brandenburg nach der Berichterstattung des Expertenkreises umgesetzt worden oder schon vorher umgesetzt gewesen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8238 - 2 - Frage 2: Bezüglich welcher Handlungsempfehlungen des zweiten „Unabhängigen Experten -kreises Antisemitismus“, die in die Zuständigkeit der Länder fallen, hat in Brandenburg die Umsetzung begonnen und bis wann wird die Umsetzung jeweils voraussichtlich abgeschlossen sein? Frage 3: Welche bisher nicht umgesetzten und nicht in der Umsetzung befindlichen Handlungsempfehlungen des zweiten „Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus“, die in die Zuständigkeit der Länder fallen, will die Landesregierung noch in dieser Wahlperiode angehen? Frage 4: Bezüglich welcher Handlungsempfehlungen des zweiten „Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus“, die in die Zuständigkeit der Länder fallen, ist die Umsetzung bisher weder erfolgt, begonnen noch geplant und warum nicht? Zu den Fragen 1 bis 4: Die Landesregierung hat vom Bericht des UEA durch ein an sie gerichtetes Schreiben des American Jewish Committee Berlin e.V. vom 21. Dezember 2017 Kenntnis erhalten. Bisher ist der Bericht weder durch die Bundesregierung noch durch den Deutschen Bundestag an die Landesregierung zugeleitet worden. Am 18. Januar 2018 nahm der Bundestag den Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Antisemitismus entschlossen bekämpfen“ (Drucksache 19/444) an. Hier wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, auf die Länder mit dem Ziel zuzugehen, den Austausch über und die Abstimmung von Maßnahmen zur Antisemitismusbekämpfung und -prävention weiter zu verbessern. Welcher der vom UEA unterbreiteten Empfehlungen sich die Bundesregierung auch vor dem Hintergrund des oben zitierten Antrages annimmt, muss zunächst von der Bundesregierung , ggf. auch im Dialog mit den Ländern, entschieden werden. Erst nach der Positionierung der Bundesregierung kann die Landesregierung eine Einschätzung vornehmen, welche vom UEA unterbreiteten Handlungsempfehlungen auch für das Land Brandenburg Relevanz erlangen. Das Land Brandenburg ist dessen ungeachtet seit langem und auch unabhängig von den Beschlüssen des Bundestages oder den Handlungsempfehlungen des UEA im Bereich der Antisemitismusbekämpfung tätig. Die Aufklärung über Ursachen und Erscheinungsformen von Ausländerfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, politischem Extremismus und Gewalt sowie die Möglichkeiten zu ihrer Bekämpfung ist ein explizites Ziel der Landesregierung . Unter anderem fördert die Landesregierung ein Beratungsnetzwerk aus zivilgesellschaftlichen Trägern, die Kommunen, Land und Zivilgesellschaft auch zu Fragen der Bekämpfung des Antisemitismus als dem Rechtsextremismus inhärentes Phänomen berät. So schließt etwa der Verein Opferperspektive antisemitische Übergriffe in sein ständiges Monitoring und die Beratungspraxis ein. Gleiches gilt für die mobilen Beratungsteams und die Arbeit der Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie Brandenburg (RAA). Zudem werden immer wieder verschiedene Projekte durch das Land Brandenburg gefördert, welche die Thematik des Antisemitismus explizit aufgreifen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8238 - 3 - Hinzu kommen vielfältige Projekte, wie Ausstellungen, Publikationen aber auch Bildungsmaßnahmen freier Träger, die über die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung, den Landesjugendplan oder andere Haushaltsmittel des Landes Brandenburg gefördert werden. Des Weiteren verweist die Landesregierung auf die Arbeit des Moses- Mendelssohn-Zentrums für europäisch-jüdische Studien an der Universität Potsdam. Hier sei insbesondere auf die dort 2017 gegründete Emil-Julius-Gumbel-Forschungsstelle für Antisemitismus und Rechtsextremismus hingewiesen. Brandenburg ist mit verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen außerdem am Selma-Stern-Zentrum für jüdische Studien Berlin-Brandenburg beteiligt, einem bundesweit und international renommierten Forschungsverbund . Ebenfalls von überregionaler Bedeutung ist die historische Bildungsarbeit über die Verbrechen des Nationalsozialismus durch die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und die Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg. Grundsätzlich sieht das Land Brandenburg das konsequente und nachdrückliche Eintreten gegen Antisemitismus als einen integralen Bestandteil der Demokratieförderung an. Einer pluralistischen und demokratisch verfassten Gesellschaft steht jede Form von Antisemitismus diametral entgegen. Das Land Brandenburg wird sich deshalb im Rahmen der zu erwartenden Erörterungen mit der Bundesregierung intensiv bezüglich möglicher Umsetzungsschritte mit den Handlungsempfehlungen des UEA auseinandersetzen.