Landtag Brandenburg Drucksache 6/8369 6. Wahlperiode Eingegangen: 13.03.2018 / Ausgegeben: 13.03.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3300 des Abgeordneten Jan-Ulrich Weiß (AfD-Fraktion) Drucksache 6/8112 Konversionstherapie und Reparativtherapie Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ (Artikel1 (1) Grundgesetz) „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“ (Artikel 2 (1) Grundgesetz) Gerade Kinder und Jugendliche bedürfen eines besonderen Schutzes. Mitunter auch dem Schutz vor den eigenen Eltern, besonders wenn diese nicht mit der sexuellen Neigung der eigenen Kinder umgehen und auf öffentliche Angebote zurückgreifen können, die in diesem Land nicht verboten sind, aber gegen Grundrechte verstoßen. Dazu gehören Angebote der Konversionstherapie und Reparativtherapie von religiösen Vereinen, kirchlichen Institutionen und Psychotherapeuten, die von den deutschen Krankenkassen nach wie vor bezahlt werden. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Organisationen, Praxen niedergelassener Ärzte und Heilpraktiker, Glaubensgemeinschaften , eingetragene Vereine und andere Institutionen gibt es in Brandenburg, die Therapieplätze für die Konversions- oder Reparativtherapie anbieten? 2. Wie viele Kinder und Jugendliche wurden und werden im Rahmen dieser Therapien im Land Brandenburg behandelt? 3. Welche Statistiken und andere Erhebungen begründen diese Zahlen? 4. Gibt es Zahlen, Statistiken oder andere aussagekräftige Erhebungen über den Behandlungserfolg solcher Therapien? 5. Wenn Frage 4 mit „ja“ beantwortet wurde, von wem wurden diese Ergebnisse zusammengefasst und veröffentlicht? 6. Gibt es Zahlen, Statistiken oder Erhebungen darüber, wie viele von den behandelten Patienten nach der Therapie bleibende psychische Schäden bis hin zum Suizid davontrugen ? 7. Unterstützt die Landesregierung konkrete Maßnahmen, Initiativen oder Projekte, die dem Schutz der Patienten dienen, die an solchen Therapien teilgenommen haben? Wenn ja: Wie sehen diese aus und wie werden diese finanziert? 8. Haben religiöse Glaubensgemeinschaften, religiöse Vereine oder andere Organisationen Zugriff auf Landesmittel zum Durchführen solcher Therapien? Wenn ja, auf welche Höhe belaufen sich diese jährlich und woher kommen diese Gelder? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8369 - 2 - 9. Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die Therapien ICD-10 F66.0, Sexuelle Reifungskrise und F66.1 (Ichdystone Sexualorientierung ICD-Code gemäß amtlicher Endfassung der jeweiligen Jahresversion der Diagnosenklassifikation ICD-10-GM, bereitgestellt durch das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information) für Kinder und Jugendliche, sowie für die Krankenkassen, die Krankenkassenmitglieder und das Land Brandenburg (als Träger von Beihilfe und Freier Heilfürsorge) im Land Brandenburg und wie hoch ist der persönliche finanzielle Anteil der Personen, welche die Therapien beantragen ? Vorbemerkung: Bereits im Jahr 1992 wurde in der Brandenburgischen Landesverfassung das Diskriminierungsverbot aufgrund der sexuellen Identität verankert: Gemäß Art. 12 Abs. 2 der Brandenburgischen Landesverfassung darf „niemand… wegen der Abstammung, Nationalität, Sprache, des Geschlechts, der sexuellen Identität, sozialen Herkunft oder Stellung, einer Behinderung, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder aus rassistischen Gründen bevorzugt oder benachteiligt werden.“ Die Landesregierung fördert ausgehend von dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe Akzeptanz- und Aufklärungsprojekte zur geschlechtlichen und sexuellen Identität, mit dem Ziel der Information über vielfältige Lebensweisen, der Gleichstellung von lesbischen, schwulen, bisexuellen , trans- und intergeschlechtlichen sowie queeren Menschen und dem Abbau von noch bestehenden Diskriminierungen. Hierbei kann beispielhaft auf den „Aktionsplan für Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt, für Selbstbestimmung und gegen Homo- und Transphobie in Brandenburg“ (LT-DS 6/7804) verwiesen werden. Sogenannte Konversations- und Reparativtherapien werden als pseudowissenschaftliche Angebote zur Veränderung sexueller Neigungen erfasst. Diese sogenannten „Therapieangebote“ betrachten Homosexualität als Krankheit. Im Jahr 1990 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) jedoch Homosexualität als Diagnose aus ihrer internationalen statistischen Klassifikation als Krankheit (ICD-10) gestrichen. Damit sind diese Angebote nach den geltenden fachlichen Standards abzulehnen. Psychotherapie ist dann keine Leistung der GKV, wenn sie nicht dazu dient, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Psychotherapieverfahren, -methoden und -techniken, die den in der Richtlinie genannten Erfordernissen nicht entsprechen, sind nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung und demzufolge auch nicht zu Lasten der GKV abrechenbar. Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind gegenüber ihren Patientinnen und Patienten grundsätzlich verpflichtet, eine den fachlichen Standards entsprechende Behandlung zu erbringen. Die durch den Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 92 Absatz 6a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) beschlossenen Psychotherapie-Richtlinien dienen der Sicherung einer den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Vor diesem Hintergrund werden die Fragen 1 bis 6 gemeinsam beantwortet: 1. Wie viele Organisationen, Praxen niedergelassener Ärzte und Heilpraktiker, Glaubensgemeinschaften , eingetragene Vereine und andere Institutionen gibt es in Brandenburg , die Therapieplätze für die Konversions- oder Reparativtherapie anbieten? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8369 - 3 - 2. Wie viele Kinder und Jugendliche wurden und werden im Rahmen dieser Therapien im Land Brandenburg behandelt? 3. Welche Statistiken und andere Erhebungen begründen diese Zahlen? 4. Gibt es Zahlen, Statistiken oder andere aussagekräftige Erhebungen über den Behandlungserfolg solcher Therapien? 5. Wenn Frage 4 mit „ja“ beantwortet wurde, von wem wurden diese Ergebnisse zusammengefasst und veröffentlicht? 6. Gibt es Zahlen, Statistiken oder Erhebungen darüber, wie viele von den behandelten Patienten nach der Therapie bleibende psychische Schäden bis hin zum Suizid davontrugen ? Antwort zu den Fragen 1 bis 6: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, nach denen es in Brandenburg Ärztinnen oder Ärzte sowie Psychotherapeutinnen oder - therapeuten gibt, die sogenannte Konversionstherapien anbieten oder zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen. Gemeinsam mit den ärztlichen und psychotherapeutischen Standesvertretungen vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass in diesem Zusammenhang auch keine Ansprüche und abrechenbare Leistungen, insbesondere der Krankenbehandlung nach § 27 Absatz 1 SGB V in Betracht kommen. 7. Unterstützt die Landesregierung konkrete Maßnahmen, Initiativen oder Projekte, die dem Schutz der Patienten dienen, die an solchen Therapien teilgenommen haben? Wenn ja: Wie sehen diese aus und wie werden diese finanziert? Antwort zu Frage 7: Patientenrechte sind der Landesregierung ein wichtiges Anliegen. Ein Unterstützungsbegehren ist in diesem Zusammenhang bislang nicht an die Landesregierung herangetragen worden. 8. Haben religiöse Glaubensgemeinschaften, religiöse Vereine oder andere Organisationen Zugriff auf Landesmittel zum Durchführen solcher Therapien? Wenn ja, auf welche Höhe belaufen sich diese jährlich und woher kommen diese Gelder? Antwort zu Frage 8: Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen, wonach die Landesregierung in Übereinstimmung mit den fachlichen Standards solche Therapien ablehnt. 9. Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die Therapien ICD-10 F66.0, Sexuelle Reifungskrise und F66.1 (Ichdystone Sexualorientierung ICD-Code gemäß amtlicher Endfassung der jeweiligen Jahresversion der Diagnosenklassifikation ICD-10-GM, bereitgestellt durch das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information) für Kinder und Jugendliche, sowie für die Krankenkassen, die Krankenkassenmitglieder und das Land Brandenburg (als Träger von Beihilfe und Freier Heilfürsorge) im Land Brandenburg und wie hoch ist der persönliche finanzielle Anteil der Personen, welche die Therapien beantragen ? Antwort zur Frage 9: Der Landesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor.