Datum des Eingangs: 11.03.2015 / Ausgegeben: 16.03.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/838 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 275 des Abgeordneten Christoph Schulze fraktionslos Drucksache 6/597 Wortlaut der Kleinen Anfrage 275 vom 10.02.2015 Wintergärten als genehmigte Wohnräume für Bürger und Bürgerinnen im Umfeld des Flughafens BER Seit Beginn des Schallschutzprogramms im Jahr 2008 ist die Frage umstritten, ob bauordnungsrechtlich genehmigte Wintergärten als Wohnraumerweiterung Teil der Wohnung im Sinne der Vorschrift der Brandenburgischen Bauordnung sind und demzufolge durch das Schallschutzprogramm mit Schallschutz ausgerüstet werden müssen. Viele Bürgerinnen und Bürger, die sich im Laufe der Zeit sogenannte Wintergärten an ihr Haus angebaut haben, als Wohnraumerweiterungen und eben nicht als Kaltraum, sondern als Wohnraum, streiten seit Jahren mit der Flughafengesellschaft FBB um den Schallschutz für ihre Wohneinheiten. Im Jahr 2012 hat der Aufsichtsrat seinerzeit ein 10 Millionen €-Programm beschlossen , das aber nie umgesetzt worden ist, aus dem hervorging, dass damit auch Schallschutz für Wintergärten finanziert werden sollte. Dieses Programm für Härtefälle wurde dann aber aufgrund der Finanzmisere am Flughafen sehr schnell eingestellt und die Gelder für andere Löcher im Flughafen verwendet. Seitdem streiten die Bürgerinnen und Bürger wieder mit dem Flughafen um den Schallschutz für ihre Wintergärten . In einem Schreiben an einen Antragsteller aus dem Tag-Nachtschutzbereich schreibt die Flughafengesellschaft bzw. ein von ihr beauftragtes Ingenieurbüro: „Bezüglich Ihres Wintergartens möchten wir Sie darauf hinweisen, dass Wintergärten im Sinne des Planfeststellungsbeschlusses Ausbau Flughafen BerlinSchönefeld vom 13.08.2004 in der derzeit gültigen Fassung keine zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen geeignete Räume darstellen. Hiernach sind Wohn- und Schlafräume rechtmäßig errichteter Gebäude zu schützen.“ Im Gegensatz dazu antwortet die Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 131, Landtagsdrucksache: 63/108 vom 16.12.2014 auf Frage 7. Die Frage 7 lautet: Welche rechtliche Bedeutung haben Wintergärten, d.h. verglaster Wohnraum mit Heizung und behördlich als Wohnraum im Rahmen von Bauantrag und Baugenehmigung erlaubt als behördlich genehmigte Teile von Wohnraum im Rahmen der Brandenburger Bauordnung? Darauf antwortet die Landesregierung: „Werden Wintergärten als Wohnraumerweiterung bauaufsichtsrechtlich genehmigt, gelten sie als Aufenthaltsraum und Teil der Wohnung im Sinne der Vorschriften der Brandenburger Bauordnung “ Man kann unschwer erkennen, dass hier zwischen der Position des Flughafens, dass Wintergärten im Rahmen des Schallschutzprogramms für den Flughafen keine Rolle spielen und der Auffassung der Landesregierung, dass Wintergärten sehr wohl genehmigter Wohnraum sein können, Welten liegen. Grundsätzlich wird im Land Brandenburg von den Bürgerinnen und Bürgern davon ausgegangen, dass die Landesregierung entsprechend den geltenden Gesetzen definiert, was in diesem Lande Recht und Gesetz ist, abgesehen davon, dass Gerichte hier auch noch bemüht werden können und dass nicht die Flughafengesellschaft festlegt, was in diesem Lande, wie zu regeln ist. Im Übrigen ergeben sich aus der Mitteilung des Flughafens zu oben genanntem Zitat auch einige Fragen, wie und wo denn im Planfeststellungsbeschluss dezidiert festgelegt ist, dass Wohn- und Schlafräume rechtmäßig errichteter Gebäude zu schützen sind und andere Wohnungsteile nicht? Ganz offensichtlich gibt es hier erheblichen Klärungsbedarf. Wenn immer wieder von der Landesregierung erklärt wird, dass sie erst eingreifen will und kann, wenn erkennbar wird, dass die Flughafengesellschaft die Ziele des Schallschutzprogramms systematisch verfehlt, dann muss man wohl feststellen, dass an dieser Stelle sehr wohl die Rede davon sein kann und sein muss. Aus diesem Grunde frage ich die Landesregierung: 1. Wo und wie sind im Planfeststellungsbeschluss geregelt, welche Räume einer Wohnung im Rahmen des Schallschutzprogramms durch den Verursacher des Fluglärms, nämlich die Flughafengesellschaft, zu schützen sind? Genaue Zitatstelle und den Wortlaut angeben. 2. Ist die Landesregierung der Auffassung, wie die Flughafengesellschaft, dass ausschließlich Wohn- und Schlafräume rechtmäßig errichteter Gebäude zu schützen sind und keine anderen Räume einer Wohnung? 3. Was sind Wohn- und Schlafräume einer rechtmäßig errichteten Wohnung? 4. Warum bzw. wann und wie zählen Kinderzimmer, Arbeitszimmer, Wohnküchen, Geschäftsräume und andere Teile der Wohnung, in denen sich Bürgerinnen und Bürger bzw. als Gewerbetreibende dauerhaft zum Wohnen und Arbeiten aufhalten, nicht zu den Räumen, die die Flughafengesellschaft meint, schützen zu müssen? 5. Ist die Landesregierung nach wie vor der Auffassung, dass Wintergärten als Wohnraumerweiterung, sofern sie bauaufsichtsrechtlich beantragt und genehmigt worden sind, als Aufenthaltsraum der Wohnung gelten? 6. Wer bestätigt den Bürgerinnen und Bürgern im Zweifelsfall, dass ihr Wintergarten genehmigter Wohnraum im Sinne der Brandenburgischen Bauordnung ist? Wer zwingt die Flughafengesellschaft Wintergärten dieser „NORM“ schallzuschützen? 7. Wie viele Anträge auf Schallschutz für Wintergärten liegen bei der Flughafengesellschaft vor? 8. Wie viele Anträge wurden bearbeitet? 9. Wie viele Anträge wurden positiv beschieden, d.h. Schallschutz für Wintergärten wurde genehmigt? 10. Wenn ja, in welchem Umfang wurden Leistungen erbracht? 11. Wie viele Anträge für Schallschutz für Wintergärten wurden abgelehnt? 12. Was waren die entsprechenden Gründe? 13. Welche Rechtsgrundlage hat die Flughafengesellschaft für die Ablehnung von Schallschutz für Wintergärten, die bauaufsichtsrechtlich genehmigt sind und Teil der Wohnung bzw. des Wohnraums von Bürgerinnen und Bürgern im Tagund Nachtschutzgebiet? 14. Welche Regelungen trifft hierzu zum Schallschutz in Wintergärten das Fluglärmgesetz? 15. Welche Regelungen zum Schallschutz von Wintergärten sind aus der Schallschutzverordnung ableitbar? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wo und wie sind im Planfeststellungsbeschluss geregelt, welche Räume einer Wohnung im Rahmen des Schallschutzprogramms durch den Verursacher des Fluglärms, nämlich die Flughafengesellschaft, zu schützen sind? Genaue Zitatstelle und den Wortlaut angeben. Zu Frage 1: Regelungen, für welche Räume Schallschutzvorrichtungen vorzusehen sind, enthält der Planfeststellungsbeschluss (PFB) für den Ausbau des Verkehrsflughafens Schönefeld vom 13.08.2004 in seiner derzeit gültigen Fassung (vgl. insbes. Planergänzungsbeschluss (PEB) vom 20.10.2009) in mehreren Schutzauflagen. Regelungen über Wohnräume beinhalten insbesondere die folgenden Regelungen: A II 5.1.2 Allgemeiner Lärmschutz „1) Für Wohnräume, Büroräume, Praxisräume und sonstige nicht nur vorübergehend betrieblich genutzte Räume in der Umgebung des Flughafens sind geeignete Schallschutzvorrichtungen vorzusehen. … Innerhalb des Tagschutzgebietes haben die Träger des Vorhabens auf Antrag des Eigentümers eines Grundstücks, das am 15.05.2000 bebaut oder bebaubar war, für geeignete Schallschutzvorrichtungen an den Räumen Sorge zu tragen. …“ A II 5.1.3 Nachtschutz „1) Für Schlafräume einschließlich der Übernachtungsräume in Beherbergungsstätten in der Umgebung des Flughafens sind geeignete Schallschutzvorrichtungen vorzusehen . … Innerhalb des Nachtschutzgebietes haben die Träger des Vorhabens auf Antrag des Eigentümers eines Grundstückes, das am 15.05.2000 bebaut oder bebaubar war, für geeignete Schallschutzvorrichtungen einschließlich geeigneter Belüftung an den Räumen Sorge zu tragen. …“ A II 5.1.7 Anspruchsvoraussetzungen für Schallschutzeinrichtungen/ Entschädigungsleistungen „6) Die Verpflichtung der Träger des Vorhabens gemäß den Auflagen entfällt, soweit aufgrund von Vorschriften des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm, eines Bebauungsplans oder Auflagen in der Baugenehmigung bereits zum Zeitpunkt der Errichtung , des Um- oder Anbaus des Gebäudes Vorrichtungen zum Schutz vor Fluglärm einzubauen waren und der Grundstückeigentümer oder Bauherr bzw. deren Rechtsvorgänger dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sind. 7) Die Verpflichtung der Träger des Vorhabens gemäß den Auflagen 5.1.2 bis 5.1.6 entfällt, soweit das betroffene Gebäude zum Abriss bestimmt ist oder nur vorübergehend für die entsprechenden Zwecke genutzt wird oder das Grundstück zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr bebaubar und nicht mit einem rechtmäßig errichteten Gebäude bebaut ist.“ Frage 2: Ist die Landesregierung der Auffassung, wie die Flughafengesellschaft, dass ausschließlich Wohn- und Schlafräume rechtmäßig errichteter Gebäude zu schützen sind und keine anderen Räume einer Wohnung? Zu Frage 2: Die Art der zu schützenden Räume ergibt sich aus den in der Antwort zu Frage 1 zitierten Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses. Frage 3: Was sind Wohn- und Schlafräume einer rechtmäßig errichteten Wohnung? Zu Frage 3: Wohn- und Schlafräume eines rechtmäßig errichteten Gebäudes sind die Räume, die nach den genehmigten Bauvorlagen entsprechend dem angegebenen und genehmigten Nutzungszweck tatsächlich hergestellt wurden und genutzt werden. Frage 4: Warum bzw. wann und wie zählen Kinderzimmer, Arbeitszimmer, Wohnküchen, Geschäftsräume und andere Teile der Wohnung, in denen sich Bürgerinnen und Bürger bzw. als Gewerbetreibende dauerhaft zum Wohnen und Arbeiten aufhalten, nicht zu den Räumen, die die Flughafengesellschaft meint, schützen zu müssen? Zu Frage 4: Es ist im jeweiligen Einzelfall zu bewerten, ob die in einer Wohnung vorhandenen Räume den nach den Festlegungen der Planfeststellung zu schützenden Räumen entsprechen. Dabei kommt es u.a. auf die baurechtlich genehmigte Nutzbarkeit, die Angaben der Antragsteller sowie die Wahrnehmung durch Augenschein etwa durch die von der FBB beauftragten Ingenieurbüros an. Frage 5: Ist die Landesregierung nach wie vor der Auffassung, dass Wintergärten als Wohnraumerweiterung , sofern sie bauaufsichtsrechtlich beantragt und genehmigt worden sind, als Aufenthaltsraum der Wohnung gelten? Zu Frage 5: Ja. Frage 6: Wer bestätigt den Bürgerinnen und Bürgern im Zweifelsfall, dass ihr Wintergarten genehmigter Wohnraum im Sinne der Brandenburgischen Bauordnung ist? Wer zwingt die Flughafengesellschaft Wintergärten dieser „NORM“ schallzuschützen? Zu Frage 6: Die Schlussfolgerung ergibt sich aus der Baugenehmigung. Einer separaten bauaufsichtlichen Bestätigung bedarf es nicht. Frage 7: Wie viele Anträge auf Schallschutz für Wintergärten liegen bei der Flughafengesellschaft vor? Frage 8: Wie viele Anträge wurden bearbeitet? Frage 9: Wie viele Anträge wurden positiv beschieden, d.h. Schallschutz für Wintergärten wurde genehmigt? Frage 10: Wenn ja, in welchem Umfang wurden Leistungen erbracht? Frage 11: Wie viele Anträge für Schallschutz für Wintergärten wurden abgelehnt? Frage 12: Was waren die entsprechenden Gründe? Zu Frage 7 bis 12: Nach Angaben der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) kann die Anzahl der Anträge auf Schallschutz für Wintergärten nicht quantifiziert werden, da kein selbstständiger Anspruch für Wintergärten geltend gemacht werden kann. Ob Wintergärten vorhanden sind, die die Voraussetzungen für Schallschutzvorrichtungen erfüllen, wird im Rahmen der Bestandsaufnahme geprüft. Frage 13: Welche Rechtsgrundlage hat die Flughafengesellschaft für die Ablehnung von Schallschutz für Wintergärten, die bauaufsichtsrechtlich genehmigt sind und Teil der Wohnung bzw. des Wohnraums von Bürgerinnen und Bürgern im Tag- und Nachtschutzgebiet ? Zu Frage 13: Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Frage 14: Welche Regelungen trifft hierzu zum Schallschutz in Wintergärten das Fluglärmgesetz ? Zu Frage 14: Das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm regelt die Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen für Eigentümer von Grundstücken mit Einrichtungen , wie Krankenhäuser, Altenheime, Erholungsheime, Schulen, Kindergärten und ähnliche in gleichem Maße schutzbedürftige Einrichtungen oder Wohnungen. Spezielle Regelungen zu Wintergärten trifft das Gesetz nicht. Frage 15: Welche Regelungen zum Schallschutz von Wintergärten sind aus der Schallschutzverordnung ableitbar? Zu Frage 15: Werden Wintergärten als Wohnraumerweiterungen bauaufsichtlich genehmigt, gelten sie als Aufenthaltsraum und Teil der Wohnung im Sinne der Vorschriften der Brandenburgischen Bauordnung. Auf die Antwort der Landeregierung (Drs. 6/471) auf die Kleine Anfrage 131 (Drs. 6/308) wird insofern verwiesen. Gemäß § 2 der FlugplatzSchallschutzmaßnahmenverordnung - 2. FlugLSV gelten Wohnräume in Wohnungen als Aufenthaltsräume. Für Aufenthaltsräume gelten die Schallschutzanforderungen bzw. Erstattungsregelungen für Schallschutzaufwendungen gemäß den §§ 3 ff. der 2. FlugLSV.