Landtag Brandenburg Drucksache 6/8425 6. Wahlperiode Eingegangen: 19.03.2018 / Ausgegeben: 26.03.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3343 der Abgeordneten Iris Schülzke (fraktionslos) Drucksache 6/8189 Nachfrage zu WEA Wald Ölsig LDS 6/7568 Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Die Antworten zur vorgenannten Anfrage geben Anlass zu Nachfragen. In der Antwort wird mir mitgeteilt, dass keine erheblichen Änderungen zu den im Genehmigungsbescheid Nr.40.074.00/11/1.6.2V/RS vom 22. Dezember 2016 gibt. In diesem Bescheid wurden WEA mit 150m Höhe und Rotordurchmesser 90m genehmigt . Nun soll der Rotordurchmesser 114m betragen, bei gleicher Bauhöhe. Daraus folgend wird eine erheblich größere Fläche von den Rotoren überstrichen. Aus der Baugenehmigung von 2016 gehen die Koordinaten der Standorte hervor, der von den Rotoren überstrichene Kreis hat nun, nach der Änderungsanzeige einen um 24m größeren Durchmesser . Somit sind nachbarliche Interessen betroffen, insbesondere durch Wahrung der Mindestabstände wegen der Gefahr der Brandübertragung, des Eiswurfs oder anderer Beeinträchtigungen. Durch die größeren Rotoren erhöht sich das Schlag- und Tötungsrisiko für Vögel und Fledermäuse erheblich. Frage 1: Wer hat die Änderungsanzeige bearbeitet, wann wurde dieser zugestimmt, wie lautet das Aktenzeichen der Genehmigung der Änderungsanzeige, wo ist die Genehmigung einsehbar und wann sind die nun erneut erforderlichen nachbarrechtlichen Beteiligungen erfolgt, wann erfolgte die entsprechende Abwägung? zu Frage 1: Die Anzeige nach § 15 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) wurde im Landesamt für Umwelt (LfU) bearbeitet. Der Anzeige wurde am 27.10.2017 zugestimmt . Sie wurde unter der Reg.-Nr. 40.101/17/A/1.6.2V/T24 geführt und ist beim LfU in Cottbus, Von-Schön-Straße 7, einsehbar. Bei der Bestätigung einer Anzeige gem. § 15 Abs. 1 BImSchG handelt es sich nicht um eine Genehmigung, sondern lediglich um die Bestätigung, dass für die angezeigte Änderung keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich ist. Daher hat diese Entscheidung keine Konzentrationswirkung, es werden keine Beteiligungen vorgenommen und es finden keine Abwägungen zwischen unterschiedlichen Belangen statt. Der Vorhabenträger ist verpflichtet, ggf. erforderliche Genehmigungen nach anderen Gesetzen selbstständig einzuholen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8425 - 2 - Frage 2: Im Urteil des OVG 11 B 6.15 verweist das Gericht darauf, dass der Schutzzweck der Abstandsflächenregelung darin liegt, die Gefahr der Brandübertragung vorzubeugen. Bei einem Brand an einer WEA können brennende Teile herabfallen und den Wald entzünden . Schon im Genehmigungsbescheid von 2016 wurde dem Bauherrn der WEA gegen den Willen der Nachbarn erlaubt, das Bauwerk so zu errichten, dass die Rotoren der WEA bis auf wenige Zentimeter an das Nachbargrundstück heranreichen. Die Nachbarrechtlichen Interessen wurden durch behördlichen Entscheid weggewogen. Zu Unrecht, wie das OVG mit Urteil 11 B 6.15 am 16.11. 2018 feststellt. Wie lauten die Rechtsgrundlagen , für die Entscheidung der Genehmigung der Änderungsanträge für die oben genannten WEA, ohne Beteiligung der Nachbarn? zu Frage 2: Es wurde keine Genehmigung erteilt, sondern nur die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfreiheit der beabsichtigten Änderung bestätigt. Frage 3: Durch die Vergrößerung der Rotoren ist ein verstärkter Eiswurf absehbar, der nicht nur Menschen und Tiere erheblich beschädigen und verletzen kann, sondern auch die Bäume. Jungen Bäumen wird durch das Auftreffen der Eisteile der Austrieb beschädigt , Forstleute weisen darauf hin, dass die Bäume regelmäßig ein Krüppeldasein abbilden , Stammholzgewinnung ist nur sehr eingeschränkt möglich. Wie erfolgt der Ausgleich für diese Schäden an Nachbargrundstücken, wer unterstützt die Nachbarn bei der Feststellung der Schäden und wer finanziert das? zu Frage 3: Ein möglicher Schadensausgleich ist privatrechtlich zwischen Betreiber und Geschädigtem zu regeln. Frage 4: Bei der Durchsicht des Genehmigungsbescheides von 2016 fällt auf, dass die Umweltverträglichkeitsstudie, bzw. die naturschutzfachlichen Gutachten schon in den Jahren 2011 bis 2014 angefertigt wurden. Diese Unterlagen können keinesfalls ausreichend sein, wenn eine bautechnische Änderung zur Vergrößerung der Rotoren beantragt wird, die neuen Rotoren enden nur 36m über dem Boden, das Schlagrisiko erhöht sich um ein Vielfaches. Welche Rechtsgrundlage liegt der Entscheidung zu Grunde, nach der baulichen Änderungsanzeige mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt, a. keine aktuellen Umweltverträglichkeitsstudien und b. keine aktuellen naturschutzfachlichen Gutachten für die betroffenen Flora und Fauna einzuholen? zu Frage 4: Da es sich um eine unwesentliche Änderung handelte, war eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich, so dass es auf das Alter der vorliegenden Umweltverträglichkeitsstudie nicht ankam. Bei der Entscheidung über die Unwesentlichkeit einer beabsichtigten Änderung ist auf die immissionsschutzrechtlichen Belange abzustellen. Diese konnten auf der Basis der mit der Anzeige vorgelegten Unterlagen abschließend beurteilt werden. Frage 5: Durch wen, wie und wann erfolgte die Abwägung und Feststellung, dass diese Unterlagen nicht erforderlich sind und wie erfolgte die Prüfung, ob ein artenschutzrechtlicher Tötungs- und Verletzungstatbestand gegeben oder nicht gegeben sein könnte? (Bitte beschreiben) Landtag Brandenburg Drucksache 6/8425 - 3 - Frage 6: Durch wen und wann (Bitte Datum des Verwaltungsvermerks angeben) erfolgte die Einschätzung, das Daten und Bewertungsverfahren zu Vorkommen von Vögeln, Fledermäusen und anderen Tieren aus 2011 naturschutzfachlich vertretbar sind und im Falle einer Realisierung des Bauvorhabens mit besonderen Änderungen (Vergrößerung der Rotorblattlänge von 44 m auf 56 m, vermutlich mit einhergehender Vergrößerung der Blattstärke ) ab 2018 zur Einschätzung der drohenden Gefahren für die geschützten Tiere herangezogen werden können? Frage 7: Wurden bei diesen Einschätzungen die einschlägigen Gerichtsurteile vom 27.06.2013 - BVerfG 4C 1.12 und vom 9.07.2008 - BVerwG 9 A 14/07 ausreichend berücksichtigt ? zu Fragen 5 bis 7: Bei der Entscheidung über die Genehmigungsfreiheit der Änderung waren diese Belange nicht entscheidungserheblich. Frage 8: Im Genehmigungsbescheid aus dem Jahr 2016 geht hervor, dass die Erstellung des Brandschutzkonzeptes noch erfolgt, somit ist die Erschließung nicht gegeben. Im Urteil des OVG 11 B 6.15 zum Bau der WEA wird festgestellt, dass maßgeblich für die Erschließungssicherung der Genehmigungsbescheid ist. Da bei brennenden WEA herabfallende brennende Teile sogar auf Nachbargrundstücke niedergehen können und im Kiefernwald eine regelmäßig hohe Waldbrandgefahr besteht, besteht große Sorge bei den benachbarten Waldbesitzern vor drohenden Brandschäden und unzureichender Feuerwehrtechnik sowie zu wenig Löschwasser. Welche Vorsorge wird dazu getroffen, wer stellt das Löschwasser zur Verfügung und wann, wer haftet für die drohenden Schäden im Schadensfall, wer prüft ausreichende Versicherungen der Bauherren? zu Frage 8: Die angeführte Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg vom 16.11.2017, Az.: 11 B 6.15 beinhaltet nicht die Aussage, dass die abschließende Erstellung des Brandschutzkonzepts bis spätestens zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung vorliegen muss. Tatsächlich hebt das Gericht lediglich hervor, dass von einer erforderlichen ausreichenden Erschließung i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB nur bei „genügender Löschwasserverfügbarkeit “ ausgegangen werden kann. Entsprechend wird in der Nebenbestimmung 4.3 des Genehmigungsbescheids die vorzuhaltende erforderliche Mindestlöschwassermenge verbindlich festgeschrieben. Die Nebenbestimmung 4.3 sichert also das dauerhafte Vorliegen dieser Genehmigungsvoraussetzung. Vorsorge gegen die Entstehung eines Brandes in Windkraftanlagen an Waldstandorten wird in erster Linie durch die verpflichtende Ausstattung der Anlagen mit einer automatischen Feuerlöscheinrichtung getroffen. Eine entsprechende Forderung wurde daher in der Nebenbestimmung 4.1 zur Genehmigung verpflichtend festgeschrieben. Die Überwachung der Einhaltung der Nebenbestimmungen zum vorsorgenden baulichen Brandschutz obliegt der Brandschutzbehörde des Landkreises Elbe-Elster. Zum Prüfgegenstand der Genehmigung gehören nur mögliche aus der Errichtung und/oder dem Betrieb resultierende Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Diesen wird speziell im Hinblick auf den Brandschutz durch die Nebenbestimmungen unter 4. hinreichend Rechnung getragen. Mögliche zivilrechtliche Ansprüche - wie eventuelle Ersatzansprüche im Schadensfall - sind nicht Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens und damit auch nicht Gegenstand der Anlagenüberwachung . Landtag Brandenburg Drucksache 6/8425 - 4 - Frage 9: Wann liegen die Ergebnisse der aktuellen Geräuschimmissionsgutachten vor, da laut Anweisung des MLUL vom 08.11.2017 verpflichtend vorgegeben wurde, ab sofort Schallgutachten unter Anwendung des Interimsverfahrens zu aktualisieren und wo können diese eingesehen werden? zu Frage 9: Es lag mit Einreichung der Anzeige nach § 15 Abs. 1 BImSchG ein aktuelles Geräuschimmissionsgutachten vor, das geprüft wurde. Das Interimsverfahren war nicht anzuwenden, da die Anzeige bereits am 27.10.2017 beschieden wurde. Frage 10: Durch die erhebliche Vergrößerung der Rotorblätter kann die aus 2016 vorliegende Berechnung zum Schattenwurf nicht genügen. Wann erfolgte die Neuberechnung, wie sind die Ergebnisse gewertet und wo ist die aktuelle Berechnung einsehbar? zu Frage 10: Mit Einreichung der Anzeige nach § 15 Abs. 1 BImSchG wurde eine neue Schattenwurfprognose vorgelegt. Die Ergebnisse waren bei der Prüfung der Anzeige zu berücksichtigen. Durch Einsatz eines Abschaltmoduls wird sichergestellt, dass es an den relevanten Immissionsorten nicht zur Erhöhung der Schattenbelastung kommen wird. Die Schattenwurfprognose ist beim LfU in Cottbus, Von-Schön-Straße 7, nach Terminvereinbarung einsehbar. Frage 11: Der Bauantrag für die WEA im Windeignungsgebiet 33 Buchhain-Ölsig wurde von einer Kanzelberg GmbH & Co.KG gestellt, die Informationsveranstaltung am 14.12. 2017 in Buchhain zur Windparkerweiterung wurde von einer Firma Get-Projekt durchgeführt, als zukünftige Betreiberfirma wurde die Windpark Bärfang GmbH und CoKG genannt. In welcher Form ist sichergestellt, dass die Nachfolge- und Töchterfirmen die im Genehmigungsbescheid vorgegebenen Dinge vollständig erfüllen, wer hat geprüft ob die in den Erschließungsverträgen bei Zufahrten und Leitungstrassen die Folgevereinbarungen Gültigkeiten besitzen und wer hat die betroffenen Grundstücksbesitzer und Nachbarn über die wesentlichen Änderungen des Eigentümer- und Betreiberwechsels in Kenntnis gesetzt, um im Schadensfall tätig werden zu können? zu Frage 11: Bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung handelt es sich um eine anlagenbezogene Realkonzession, die jeweils mit allen Rechten und Pflichten auf den Rechtsnachfolger übergeht. Die Kanzelberg GmbH & Co. KG hat die Genehmigung Nr. 40.074.00/11/1.6.2V/RS vom 22.12.2015 erhalten und weiterverkauft an die Windpark Bärfang GmbH & Co. KG. Die getproject GmbH & Co. KG ist das Planungsbüro für den jetzigen Betreiber. Nach Realisierung des Vorhabens erfolgt eine Endabnahme mit den am Genehmigungsverfahren beteiligten Fachbehörden. Dabei wird die Einhaltung bzw. Erfüllung der Nebenbestimmungen überprüft. Die Überprüfung von Verträgen, die für die Sicherung der Erschließung der Anlage erforderlich sind, obliegt der für Fragen der Erschließung zuständigen Gemeinde.