Landtag Brandenburg Drucksache 6/8479 6. Wahlperiode Eingegangen: 26.03.2018 / Ausgegeben: 03.04.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3375 des Abgeordneten Péter Vida (fraktionslos) Drucksache 6/8263 B 167 neu Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Seit 1998 beabsichtigt der Bund von Finowfurt über Eberswalde bis Bad Freienwalde eine Bundesschnellstraße (B 167 neu) neu zu errichten. Aus dieser Zeit stammen die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens (ROV) mit integrierter Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU). Das Vorhaben besteht aus zwei Bauabschnitten : Finowfurt-Eberswalde und Eberswalde-Hohenfinow. Nachdem das Planfeststellungsverfahren für den ersten Bauabschnitt mehrfach mehrere Jahre ruhte wurden die Planunterlagen nun vom 17.01.2018 bis 16.02.2018 unter der Bezeichnung „Ortsumfahrung “ (OU) zum zweiten Mal ausgelegt. Das Vorhaben ist Bestandteil des Bundesverkehrswegeplan -Ausbaugesetzes mit der Einordnung „vordringlicher Bedarf“ und einem unbegründet günstig ausgewiesenem Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) von 10. Für den zweiten Bauabschnitt liegen die Ergebnisse von ROV und UVU noch nicht vor, d.h. dieser Abschnitt befindet sich noch in einer sehr frühen Planungsphase und es ist noch überhaupt nicht sicher, ob er überhaupt in den nächsten Jahrzehnten realisiert wird. 1. Ist der Landesregierung bekannt, dass der erste Bauabschnitt, der an der L200 Eberswalde -Angermünde endet, den Verkehr zwangsläufig zum Marktplatz Eberswalde führt, die Bezeichnung OU also irreführend ist? zu Frage 1: Im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 und im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen (BPL) 2016 ist das Gesamtvorhaben B 167 OU Finowfurt und OU Eberswalde enthalten. Damit besteht ein gesetzlich festgeschriebener Bedarf für die vollständige Umgehung der Gemeinde Finowfurt und der Stadt Eberswalde im Zuge der B 167. Aufgrund des erheblichen Projektumfanges ist die Gesamtmaßnahme in zwei verkehrswirksame Abschnitte unterteilt. Die Fertigstellung des 1. Abschnittes mit einer Länge von 13 km wird bereits eine erhebliche Entlastung der Ortsdurchfahrt bewirken. Ihre gesamte verkehrliche Wirkung wird die Bedarfsplanmaßnahme mit Realisierung des 2. Abschnittes (L 200 - B 167) entfalten. Dementsprechend wird auch die Planung des 2. Abschnittes vorangetrieben . Für die OU Eberswalde bis Bad Freienwalde wurde eine ROV durchgeführt und 2009 mit der Landesplanerischen Beurteilung abgeschlossen. Die Linienbestimmung erfolgte 2011. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8479 - 2 - 2. Ist der Landesregierung bekannt, dass die Planunterlagen auf den Ergebnissen von ROV und UVU beruhen, die bei Baubeginn dann älter als 20 Jahre sind, mithin nicht mehr zutreffend und belastbar sein dürften? zu Frage 2: Die Planung von Straßenbauvorhaben durchläuft insgesamt mehrere Phasen, die aufeinander aufbauen und insbesondere bei Neubauvorhaben mehrjährige Bearbeitungen erfordern. Dabei ist auch in späteren Planungsphasen zu prüfen, ob Grundlagen und Randbedingungen weiterhin aktuell sind. Die Planunterlagen werden dabei unter Beachtung der aktuellen örtlichen Rahmenbedingungen und der gesetzlichen Grundlagen aktuell gehalten und bei gegebener Notwendigkeit angepasst. Das Vorhaben B 167 OU Finowfurt und OU Eberswalde, 1. Abschnitt befindet sich im Planfeststellungsverfahren. Ein Raumordnungsverfahren stellt keine formelle oder materielle Voraussetzung für die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens dar. Vielmehr müssen die Planfeststellungsunterlagen unabhängig von vorangegangenen Planungsschritten für sich genommen alle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erfüllen. Dementsprechend sind die technischen und umweltfachlichen Planunterlagen des Vorhabens soweit erforderlich für die Planfeststellung überarbeitet und aktualisiert worden. 3. Ist der Landesregierung bekannt, dass der Nutzen im Wesentlichen auf der Behauptung beruht, dass auf dieser geplanten Straße eine Fahrzeiteinsparung von 20 Minuten erreicht wird, dass man aber derzeit auf der alten B167 durchschnittlich nur 23 Minuten braucht, die behauptete Einsparung also nicht erreichbar ist? zu Frage 3: Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat das Bewertungsverfahren von Infrastrukturvorhaben für die Fortschreibung des BVWP 2030 auf Grundlage neuer Forschungsergebnisse und geänderter internationaler Standards weiterentwickelt. Es bildet die Basis der Bewertung und Wirkungsermittlung. In die Bewertung gehen eine Vielzahl von Nutzenkomponenten ein. Die Maßnahmenbewertung erfolgte auf der Grundlage von Prognosedaten. Durch die Bedarfsplanmaßnahme OU Finowfurt und OU Eberswalde werden die in den beiden Orten festgestellten Schwachstellen der Ortsverträglichkeit (u. a. Belastung der Anwohner durch Lärm und Schadstoffe), der Leistungsfähigkeit und der Verbindungsqualität beseitigt. Die Anwohner der OD werden von gesundheitsgefährdenden Schadstoffen und Lärmimmissionen entlastet, die Verbindungsqualität wird durch die Verringerung der Reisezeit verbessert und durch einen funktionsgerechten Ausbaustandard wird die Leistungsfähigkeit der B 167 erhöht. 4. Ist der Landesregierung bekannt, dass die Kosten für den 1. BA in Höhe von 55 Mio. € auf Preisbasis 2010 ermittelt wurden und dass diese Summe für 13 km teilweise dreistreifige Schnellstraße mit insgesamt 25 Bauwerken, davon 14 Brückenbauwerken, ausreichen soll? Sollte hier nicht einmal nachgerechnet werden? zu Frage 4: Die Maßnahme B 167 OU Finowfurt und OU Eberswalde wurde für den BVWP 2030 bereits mit Investitionskosten bewertet, die anhand von Kostensteigerungsfaktoren auf das Bewertungsjahr 2014 hochgerechnet wurden. Die Einbindung des Kostenmanagements in den Prozess der Straßenplanung hat besondere Bedeutung. Daher sind gemäß „Anweisung zur Kostenermittlung und zur Veranschlagung von Straßenbaumaßnahmen “ (AKVS), die auch für dieses Vorhaben gelten, regelmäßig über den gesamten Planungszyklus Kostenüberprüfungen durchzuführen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8479 - 3 - 5. Ist der Landesregierung bekannt, dass die neue Straße dem überörtlichen Verkehr dienen soll, die der Nutzensrechnung zugrunde liegenden Fahrzeugzahlen jedoch zu 85% Quell- und Zielverkehr Eberswalde ist? Die Zahl der Fahrzeuge des überörtlichen Verkehrs erreichen nach Zählungen und Berechnungen zweier Ingenieurbüros in den Jahren 2008 bis 2010 selbst bei unterstellter Zunahme um 20% nicht 1000 Fahrzeuge pro Tag. zu Frage 5: Grundlage der Bewertung der Infrastrukturvorhaben für den BVWP 2030 sind Prognosedaten, die die zukünftige Entwicklung des Güter- und Personenverkehrs abbilden . Für die Ermittlung der Maßnahmenwirkung wurde im Auftrag des BMVI eine Bewertungsprognose erarbeitet. Die für das Vorhaben vorliegende projektbezogene Verkehrsuntersuchung des Landes Brandenburg sagt aus, dass das Verkehrsgeschehen auf der B 167alt sowohl durch einen hohen Quell, Ziel- und Binnenverkehr als auch einen hohen Durchgangsverkehr zur BAB A 11 bestimmt ist. Die Leistungsfähigkeitsgrenzen der Stadtstraßen und der OD 167alt sind heute bereits erreicht und in den Spitzenzeiten regelmäßig überschritten, so dass erhebliche Störungen im Straßennetz auftreten. Durch die Verlagerung insbesondere des Durchgangsverkehrs wird eine deutliche Entlastung der Ortsdurchfahrt erzielt. 6. Wird die Landesregierung gegenüber dem Bund Hinweise auf o. g. Widersprüchlichkeiten geben und auf eine angemessene Planung hinwirken? zu Frage 6: Es bestehen keine Widersprüche, vgl. Antworten auf die Fragen 1 bis 6. 7. Ist der Landesregierung bekannt, dass der die neue Straße nutzende Quell- und Zielverkehr die innerörtlichen Straßen Eberwaldes stärker belasten wird als die derzeitige B 167 alt? zu Frage 7: Die projektbezogene Verkehrsuntersuchung für die B 167 OU Finowfurt und OU Eberswalde zeigt auf, dass durch den Bau der OU die B 167alt in ihrer zentralen Lage in Finowfurt und Eberswalde sowie das innerstädtische engmaschige Stadtstraßennetz wesentlich entlastet wird. Die in der Verkehrsuntersuchung ausgewiesenen Durchgangsverkehre sowie erhebliche Teile des Binnen-, Quell- und Zielverkehrs verlagern sich auf die OU. So schafft die B 167 speziell in den zentralen Bereichen der Stadt Eberswalde, wie z. B. Altstadt, Bahnhof, Einkaufsbereiche (Ortsteil Finow und Eisenbahnstraße ), verbesserte Verkehrsbedingungen aufgrund der Verringerung des Gesamtverkehrsaufkommens . Durch die zukünftig geänderten Verknüpfungen der übergeordneten Bundesstraße mit dem nachgeordneten Landes- und Stadtstraßennetz werden sich zwangsläufig insbesondere im Einzugsbereich der Anbindungen an die OU geänderte Verkehrsbelastungen einstellen. Es können dabei lokal begrenzt auch höhere Verkehrsströme als bisher auftreten, die jedoch vergleichsweise zur Gesamtentlastung gering sind und in keinem Fall die ortsunverträgliche Belastung der bisherigen OD erreichen . 8. Stimmt die Landesregierung zu, dass es an der Zeit ist, das Projekt, angesichts der nicht zu leugnenden Nachteile für die Region erneut auf den Prüfstand zu stellen und die Priorität auf der Grundlage eines korrekt ermittelten NKV neu einzuordnen? zu Frage 8: Das Vorhaben wurde mit Aufstellung des BVWP 2030 auf Grundlage aktueller Daten und Bewertungsmethoden hinsichtlich seines Bedarfes geprüft. Der Bedarf wurde Landtag Brandenburg Drucksache 6/8479 - 4 - mit dem 6. Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes (6. FStrAbÄndG), das am 31.12.2016 in Kraft getreten ist, gesetzlich festgestellt. Es besteht keine Veranlassung, die Priorität der Maßnahme in Frage zu stellen. 9. Stimmt die Landesregierung zu, dass es nicht erstrebenswert ist, den Transport von Massengütern (Baustoffe, Kohle, Getreide, Schrott, Brennholz) seitens der Betriebe an der Angermünder Str. in Eberswalde, die über Schienen- und Wasserwege gut erschlossen sind, auf die Straße zu verlagern? Das nämlich könnte eine Folge der B 167 neu sein. zu Frage 9: Die Zielstellung Massengüter verstärkt mit Eisenbahn bzw. Binnenschiff zu transportieren, wird auch von der Landesregierung verfolgt. Der BVWP 2030 umfasst neben Maßnahmen für Bundesfernstraßen u. a. auch Maßnahmen für die Bundeswasserstraßen und das Schienennetz. Damit schafft der Bund im Rahmen seiner Daseinsvorsorge die Voraussetzungen für eine insgesamt bedarfsgerechte, ausgewogene und wirtschaftliche Erschließung über alle Verkehrsträger im gesamten Land. Dem Rechnung tragend ist im Bundeswasserstraßenausbaugesetz der Ausbau der Havel-Oder- Wasserstraße (HOW) als neues Vorhaben im Vordringlichen Bedarf enthalten. Die Standorte Finowfurt und Eberswalde bieten durch die HOW mit dem Binnenhafen Eberswalde und durch die gute Anbindung an das Schienennetz der DB AG hohe Entwicklungspotenziale . Die B 167 leistet einen wesentlichen Beitrag durch die direkte Anbindung der genannten Entwicklungsstandorte. Mit dem Bau der OU im Zuge der B 167 wird die wirtschaftliche Entwicklung in der Region gestärkt. 10. Stimmt die Landesregierung zu, dass es nicht sinnvoll ist, den ersten Bauabschnitt einer sogenannten Umgehung zu realisieren bevor geklärt ist, ob der zweite Bauabschnitt überhaupt realisierbar ist? zu Frage 10: Siehe Antwort auf Frage 1. 11. Hält es die Landesregierung auch für erstrebenswert, die durchaus begrenzten Mittel für die Errichtung neuer Bundesstraßen in erster Linie dort einzusetzen, wo sie zur Entlastung von seit Jahrzehnten bestehenden Staubereichen dringend gebraucht werden? zu Frage 11: Die B 167 OU Finowfurt und OU Eberswalde ist im Bedarfsplan für Bundesfernstraßen (BPL) 2016 in die Dringlichkeit „Vordringlichen Bedarf“ eingeordnet. Maßnahmen des „Vordringlichen Bedarfs“ haben neben den „Laufend und den fest disponierten“ Maßnahmen eine sehr hohe Priorität. Die Finanzierung der Maßnahmen der v. g. Dringlichkeiten wird seitens des Bundes abgesichert. 12. Sieht die Landesregierung auch dringenden Handlungsbedarf z.B. im Zuge der B 158 im Bereich Blumberg und Ahrensfelde? zu Frage 12: Der BPL 2016 enthält für das Land Brandenburg insgesamt 57 Einzelvorhaben mit den Dringlichkeiten „Laufend und fest disponiert“ und „Vordringlicher Bedarf“. Die B 158 OU Ahrensfelde und die B 158 OU Blumberg sind in die Dringlichkeit „Vordringlicher Bedarf“ eingeordnet. Die B 158 OU Ahrensfelde ist in Planung. Die v. g. Einzelvorhaben werden sukzessive entsprechend ihrer Dringlichkeit abgearbeitet. Vorrang haben Vorhaben , die bereits einen fortgeschrittenen Planungs- bzw. Realisierungsstand erreicht haben sowie Vorhaben des vordringlichen Bedarfs in einem frühen Planungsstadium in den Stre- Landtag Brandenburg Drucksache 6/8479 - 5 - ckenzügen des Blauen Netzes mit sehr hohem Verkehrsaufkommen sowie Maßnahmen im Grundnetz mit sehr großem ortsunverträglichen Verkehrsaufkommen. 13. Ist die Landesregierung bereit, den zuständigen Bundesbehörden die dargestellten bzw. gewonnenen Erkenntnisse und dringenden Notwendigkeiten vorzutragen um eine zeitnahe Konzentration der Bautätigkeit auf die brennendsten Schwerpunkte zu erreichen? zu Frage 13: Im Rahmen der Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen gibt es einen kontinuierlichen Dialog mit dem Bund zu allen Fragen des Bundesfernstraßennetzes.