Landtag Brandenburg Drucksache 6/8485 6. Wahlperiode Eingegangen: 27.03.2018 / Ausgegeben: 03.04.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3363 der Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion) und Rainer Genilke (CDU-Fraktion) Drucksache 6/8219 Wegfall der Entflechtungsmittel nach 2019 Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Finanzen die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Mit dem im vergangenen Jahr erfolgten Beschluss des Deutschen Bundestages über die gesetzlichen Grundlagen für die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen wurde festgelegt, dass ab dem Jahr 2020 die im Entflechtungsgesetz festgeschriebenen Kompensationsleistungen des Bundes entfallen. Stattdessen werden die Länder allgemeine Zahlungen aus dem Umsatzsteueraufkommen erhalten. Damit werden die zweckgebundenen Entflechtungsmittel , aus denen beispielsweise eine Vielzahl erfolgreicher Um- und Ausbaumaßnahmen im kommunalen Nahverkehr finanziert wurden, durch Mittel aus dem Gesamthaushalt ersetzt. Den Ländern werden Entflechtungsmittel auf Grundlage von Artikel 143c GG („Übergangsvorschriften wegen Wegfalls der Finanzhilfen durch den Bund“) gewährt. Artikel 143c GG stellt eine Übergangsregelung dar, die ausdrücklich eine Befristung der Entflechtungsmittel bis zum 31. Dezember 2019 vorsieht. Dementsprechend tritt das Gesetz zur Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen (Entflechtungsgesetz ) am 31.12.2019 außer Kraft, wodurch die Regelungen zu den Entflechtungsmitteln ab dem Jahr 2020 entfallen. Diese Bestimmungen zur Befristung der Entflechtungsmittel wurden im Zuge der oben angeführten Neuordnung der Bund- Länder-Finanzbeziehungen nicht geändert. Im Ergebnis der Verhandlungen über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist lediglich für das Bundesprogramm zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) eine Nachfolgeregelung vereinbart worden. Die übrigen Entflechtungsmittel entfallen entsprechend den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorschriften ab dem Jahr 2020 ersatzlos . Eine spezifische Kompensation für den Wegfall der Entflechtungsmittel wurde nicht vereinbart. Die Länder erhalten ab dem Jahr 2020 auch keine „allgemeine Zahlungen aus dem Umsatzsteueraufkommen“, mit denen Aufgaben im Bereich der entflochtenen Gemeinschaftsaufgaben bzw. der entfallenen Finanzhilfen des Bundes finanziert werden sollen. Vielmehr steht den Ländern ab dem Jahr 2020 ein größerer Anteil am gesamtstaatlichen Umsatzsteueraufkommen zu. Die zusätzlichen Einnahmen aus der Umsatzsteuer sind keine „Zahlungen“, sondern originäre Einnahmen der Länder, für die aufgrund des Nonaffektationsprinzips keine Zweckbindung gilt und über die die Länder eigenverantwortlich verfügen können. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8485 Seite 2 von 5 Frage 1: Wie bewertet die Landesregierung den Wegfall der Entflechtungsmittel sowie den Ersatz durch die Umsatzsteuerbeteiligung? zu Frage 1: Die Landesregierung hat ein erhebliches Interesse, dass Aufgaben, die im gesamtstaatlichen Interesse liegen, auch über das Jahr 2019 hinaus vom Bund (mit-)finanziert werden. Vor diesem Hintergrund unterstützt die Landesregierung ausdrücklich die Bemühungen zur Abschaffung des Kooperationsverbots. Die Entflechtung von Mischfinanzierungen wurde dagegen bereits im Rahmen der Föderalismusreform I im Jahr 2006 vereinbart. In diesem Zusammenhang ist den Ländern die alleinige Zuständigkeit für die Bereiche Gemeindeverkehrsfinanzierung, soziale Wohnraumförderung, Hochschulbau und Bildungsplanung übertragen worden. Bis zum Jahr 2019 wurden hierfür Kompensationszahlungen des Bundes an die Länder (Entflechtungsmittel) als Übergangsregelung vorgesehen. Das zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern erzielte Verhandlungsergebnis sieht mit Ausnahme des GVFG-Bundesprogramms keine Fortführung der Kompensationszahlungen des Bundes ab dem Jahr 2020 vor. Damit wird der mit der Föderalismusreform I angestrebten Zielsetzung einer alleinigen Kompetenz der Länder in den oben angeführten Aufgabenbereichen umfänglich Rechnung getragen. Der Wegfall der Entflechtungsmittel ab dem Jahr 2020 entspricht damit der derzeit bestehenden staatlichen Aufgabenzuordnung. Dies führt auch zu einer Stärkung der Verantwortung des Landesgesetzgebers, dem künftig die finanzielle Ausstattung der entflochtenen Mischfinanzierungen im Rahmen des Landeshaushalts eigenverantwortlich obliegt. Frage 2: Wie viele Mittel stehen dem Land Brandenburg durch die Vereinbarung zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen und die damit verbundene höhere Umsatzsteuerbeteiligung ab 2020 zusätzlich zur Verfügung (bitte aufschlüsseln nach Steuermehreinnahmen und sonstigen Zuweisungen)? zu Frage 2: Auf der Grundlage des regionalisierten Ergebnisses des Arbeitskreises Steuerschätzungen vom November 2017 ergeben sich durch die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen im Jahr 2020 folgende Auswirkungen auf den Landeshaushalt , wenn man den Status quo ante für das Jahr 2020 mit den Ergebnissen entsprechend der Neuordnung vergleicht (Angaben gerundet auf volle Beträge in Mio. Euro): Steuereinnahmen: + 568 Mio. Euro Länderfinanzausgleich: - 684 Mio. Euro Bundesergänzungszuweisungen: + 603 Mio. Euro. Der sich rechnerisch ergebende Gesamtbetrag von +487 Mio. Euro ist jedoch nicht als Mehreinnahme zu interpretieren, die ab dem Jahr 2020 im Landeshaushalt zusätzlich zur Verfügung steht. Zum einen ist in der Berechnung nicht berücksichtigt, dass ab dem Jahr 2020 keine Sonderbedarfsergänzungszuweisungen des Bundes für teilungsbedingte Sonderlasten und keine Entflechtungsmittel mehr gewährt werden . Nach der geltenden Rechtslage betragen im Jahr 2019 die Anteile des Landes Brandenburg an den Sonderbedarfsergänzungszuweisungen des Bundes für teilungsbedingte Sonderlasten rd. 300 Mio. Euro und an den Entflechtungsmitteln rd. 136 Mio. Euro. Unter Berücksichtigung dieser Mindereinnahmen ergeben sich rechnerische Mehreinnahmen im Landeshaushalt 2020 von lediglich rd. 51 Mio. Euro. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die rechnerischen Mehr- bzw. Mindereinnahmen auf der Grundlage der aktuellen Steuerschätzung ermittelt wurden. Es ist zu erwarten, dass sich im Zuge der künftigen Steuerschätzungen für die Haushalts- Landtag Brandenburg Drucksache 6/8485 Seite 3 von 5 planung relevante Abweichungen von den o.g. Beträgen ergeben können. Wirkungsrichtung und Ausmaß dieser Abweichungen können jedoch in Abhängigkeit von der zukünftigen konjunkturellen Entwicklung variieren. Frage 3: In welcher Größenordnung hat das Land Brandenburg Mittel nach dem Entflechtungsgesetz (seit Inkrafttreten des Gesetzes) pro Jahr erhalten? zu Frage 3: Die Höhe der Mittel, die das Land nach dem Entflechtungsgesetz seit dem Inkrafttreten des Gesetzes erhalten hat, ist in der folgenden Tabelle dargestellt. Jahr Höhe der Entflechtungsmittel 2007 107.196.726,68 2008 107.196.726,69 2009 107.198.906,33 2010 107.197.259,04 2011 107.197.000,00 2012 107.197.000,00 2013 107.197.000,00 2014 107.197.000,00 2015 106.907.000,00 2016 136.700.259,00 2017 151.593.009,00 2018 (Plan) 136.120.300,00 2019 (MIPLA) 136.120.300,00 Frage 4: Hat das Land Mittel, die ihm nach dem Entflechtungsgesetz zustanden nicht erhalten oder mussten Gelder an den Bund zurückerstattet werden? (falls ja: In welcher Höhe, in welchem Jahr und aus welchem Grund?) zu Frage 4: Im Haushaltsjahr 2015 hat das Land Mittel in Höhe von 290.000 EUR nicht erhalten, da diese nicht abgefordert wurden (Kapitel 05 300 Titel 331 80). Die Mittel wurden im darauffolgenden Haushaltsjahr 2016 gezahlt. Frage 5: Für welche Zwecke und Bereiche wurden Mittel nach dem Entflechtungsgesetz (seit Inkrafttreten des Gesetzes) in welcher Höhe jeweils pro Jahr eingesetzt? zu Frage 5: In der folgenden Tabelle ist dargestellt, für welche Zwecke und Bereiche und in welcher Höhe die Mittel nach dem Entflechtungsgesetz jeweils pro Jahr eingesetzt wurden. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8485 6. Wahlperiode Seite 4 von 5 Kapitel Titel Zweck/Bereich 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 (Plan) 2019 (MIPLA) 05 300 429 80 Bezüge und Vergütungen aus projektbezogenen befristeten Arbeitsverhältnissen 129.306,92 91.648,00 126.619,03 49.616,11 59.182,24 77.384,92 71.223,23 05 300 547 80 Sachaufgaben, einschließlich Werkverträge zur Durchführung von Maßnahmen der Bildungsplanung 160.419,76 198.078,89 149.746,00 205.268,74 203.010,60 193.451,58 238.463,74 49.498,75 05 300 684 80 Zuschüsse und Kostenerstattung an freie Träger, welche Teilaufgaben bei der Durchführung von Maßnahmen der Bildungsplanung übernehmen 1.500,00 3.219,35 4.300,00 5.412,50 6.996,66 7.271,92 05 300 883 80 Zuweisungen für Investitionen an Gemeinden und Gemeindeverbände für Schulen 39.278,00 0,00 06 100 89110, 89120, 89140, 89410, 89420, 89440 Erstausstattung und Großgeräte 3.561.300,00 3.561.300,00 3.561.300,00 3.561.300,00 3.561.300,00 3.561.300,00 3.561.300,00 3.561.300,00 3.561.300,00 3.561.300,00 3.561.300,00 3.561.300,00 3.561.300,00 12 020 89161 Zuführungen für Investitionen, Hochbaumaßnahmen des Einzelplan 06 18.852.700,00 18.852.700,00 18.852.700,00 18.852.700,00 18.852.700,00 18.852.700,00 18.852.700,00 18.852.700,00 18.852.700,00 18.852.700,00 18.852.700,00 18.852.700,00 18.852.700,00 11 060 893 11/ 893 12 Wohnraumförderung 30.277.000,00 30.277.000,00 30.277.000,00 30.277.000,00 30.277.000,00 30.277.000,00 30.277.000,00 30.277.000,00 30.277.000,00 59.490.259,00 74.673.009,00 59.490.300,00 59.490.300,00 11 460 883 10 Investitionen in verkehrswichtige kommunale Straßen (Ortsverbindungen , Ortsdurchfahrten, Zubringerstraßen , Brückenbauwerke), Rad- /Gehwege, kommunale Kreuzungsbauanteile gem. Eisenbahnkreuzungsgesetz (Bahnübergänge) nach Rili KStB Bbg 35.029.600,00 34.257.600,00 33.329.600,00 32.529.600,00 32.529.600,00 32.529.600,00 27.108.000,00 27.108.000,00 27.108.000,00 25.666.000,00 30.555.000,00 27.108.000,00 27.108.000,00 11 500 883 60 Zuweisungen an die kommunalen Aufgabenträger für Investitionen gemäß ÖPNV-Gesetz Brandenburg 10.000.000,00 10.000.000,00 10.000.000,00 10.000.000,00 10.000.000,00 10.000.000,00 15.396.500,00 20.402.000,00 20.402.000,00 20.402.000,00 20.402.000,00 20.402.000,00 20.402.000,00 11 500 TGr. 70 Bau-, Ausbau- und Grunderneuerungsinvestitionen von Zugangs- und Verknüpfungsstellen des ÖPNV, insbesondere Bahnhofsvorplätze , Park+Ride, Bike+Ride, Bau-, Ausbau- und Grunderneuerungsinvestitionen von Verkehrswegen der Eisenbahnen, „Zukunftsinvestitionsprogramm 2016 bis 2018 (ZIP) - Barrierefreiheit kleiner Schienenverkehrsstationen “ gemäß Rili ÖPNV-Invest 12.521.130,72 12.704.735,40 9.706.873,67 10.278.262,84 10.622.769,21 12.471.790,58 11.120.459,54 7.245.716,92 2.982.446,67 15.671.352,67 1.301.771,20 6.706.000,00 6.706.000,00 Summe* 110.531.457,40 109.943.062,29 106.005.338,70 105.756.967,04 106.109.862,05 107.968.639,58 106.632.643,17 107.503.487,59 103.183.446,67 143.643.611,67 149.385.058,20 136.120.300,00 136.120.300,00 Rili KStB Bbg - Richtlinie für die Förderung von Investitionen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden des Landes Brandenburg - Teil kommunaler Straßenbau Rili ÖPNV-Invest - Richtlinie zur Förderung von Investitionen für den Öffentlichen Personennahverkehr im Land Brandenburg * Durch Inanspruchnahme von Ausgaberesten können die Ausgaben die Einnahmen übersteigen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8485 6. Wahlperiode Eingegangen: 27.03.2018 / Ausgegeben: 03.04.2018 Frage 6: Wie wird sichergestellt, dass nach 2019 für diese Bereiche ausreichend Mittel zur Verfügung stehen? zu Frage 6: Auch nach Auslaufen des Gemeindeverkehrs-, Wohnraum-, Hochschul- und Bildungs-Förderungsgesetzes (GWHBFöG) nach dem Jahr 2019 werden Finanzmittel in die dort genannten Bereiche Ausbau und Neubau von Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken, Bildungsplanung, Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden und Wohnraumförderung fließen. Über die Höhe entscheidet im Rahmen der jeweiligen Haushaltsaufstellung der Haushaltsgesetzgeber. Im Beschluss über die Eckwerte zum Doppelhaushalt 2019/2020 wurde mit der ausgabeseitigen Berücksichtigung von 107,2 Mio. EUR die Fortführung der bis dahin aus Entflechtungsmitteln finanzierten Maßnahmen in Höhe der Mittel angenommen, die auch bis 2015 jährlich zur Verfügung standen. Die dafür notwendigen Finanzmittel werden nach dem Nonaffektationsprinzip aus den im entsprechenden Haushaltsjahr erwarteten Einnahmen gedeckt. Frage 7: Plant die Landesregierung derzeit, dass die Mittel aus dem Umsatzsteueraufkommen in gleicher Höhe wie bisher die Mittel nach dem Entflechtungsgesetz für die jeweiligen Zwecke und Bereiche eingesetzt werden? zu Frage 7: Die Finanzierung der im GWHBFöG genannten Bereiche Ausbau und Neubau von Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken, Bildungsplanung, Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden und Wohnraumförderung bleibt auch zukünftig ein wichtiger Schwerpunkt der politischen Ausrichtung der Landesregierung. Des Weiteren wird auf die Beantwortung zu Frage 6 und die Vorbemerkung verwiesen.