Landtag Brandenburg Drucksache 6/8553 6. Wahlperiode Eingegangen: 10.04.2018 / Ausgegeben: 16.04.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3383 der Abgeordneten Frank Bommert (CDU-Fraktion) und Gordon Hoffmann (CDU-Fraktion) Drucksache 6/8273 Schulfrei wegen Lehrermangels Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: An der Goethe-Oberschule in Kremmen hat sich der Lehrermangel Ende Januar diesen Jahres derart zugespitzt, dass der Unterricht in einer siebten Klasse offenbar für einen ganzen Tag ausfiel. Presseberichten ist zu entnehmen, dass zwischenzeitlich etwa ein Drittel des Lehrkörpers aus verschiedenen Gründen nicht habe unterrichten können. Darüber habe man Lehrerstellen an der Schule nicht besetzen können . Dies ist besonders erstaunlich, als es sich um eine Schule für Gemeinsames Lernen handelt und die Schule darum gemäß dem entsprechenden Konzept der Landesregierung eigentlich mit zusätzlichen Lehrerwochenstunden ausgestattet sein sollte. Vorbemerkung der Landesregierung: Die Vermeidung von Unterrichtsausfall und „Verlässliche Schule“ haben für die Landesregierung höchste Priorität. Unterricht ist der Kern von Schule. Unterrichtsausfall darf den schulischen Erfolg nicht gefährden. Die Schülerinnen und Schüler haben ein Recht auf den Unterricht laut Stundentafel und auf Zeugnisnoten. Und Eltern haben einen Anspruch darauf, dass ihre Kinder in der Schule über einen verlässlichen Zeitraum unterrichtet und betreut werden. Jede nicht erteilte Unterrichtsstunde ist eine zu viel. Aber es ist auch zu bedenken: Unterricht wird von Lehrerinnen und Lehrern - also von Menschen - erteilt. Lehrkräfte werden - wie andere auch - gelegentlich krank, gehen in Mutterschutz oder Elternurlaub. Von Lehrkräften werden zudem Projekttage, Exkursionen und Klassenreisen erwartet, sie müssen Prüfungs- oder Fortbildungsverpflichtungen nachkommen. Es ist daher eine enorme Leistung aller Beteiligten - Schulleiterinnen und Schulleiter, von Lehrkräften und Schulämtern - den Unterrichtsausfall so gering wie möglich zu halten. Insgesamt liegt der Unterrichtsausfall im Land Brandenburg auf einem niedrigen Niveau, auch im Vergleich mit anderen Bundesländern. Der ersatzlose Ausfall schwankt zwischen 1,7 bis 2,1 Prozent. Es ist richtig, dass an der Goethe-Oberschule Kremmen eine 7. Klasse für einen Tag nicht beschult werden konnte. An der Schule fehlten krankheitsbedingt 2 Lehrkräfte; an diesem Tag haben sich zusätzlich 4 weitere Lehrkräfte krank gemeldet. Bei insgesamt 24 Lehrkräften an der Schule ist das ein deutlicher Einschnitt. Kurzfristig konnte der Unterrichtsausfall nicht kompensiert werden. Die Schulaufsicht hat umgehend - nach Bekanntwerden - reagiert . Eine Blitzabfrage an den Schulen im Landkreis Oberhavel hatte nicht bestätigt, dass in Größenordnungen Schülerinnen und Schüler zu Hause gelassen wurden bzw. es übermäßig zu Unterrichtsausfall gekommen ist. Die pauschalen Aussagen über Unterrichtsaus- Landtag Brandenburg Drucksache 6/8553 - 2 - fall in der Region Hennigsdorf und Oranienburg sind nicht zutreffend. Frage 1: Wie stellt sich die Situation an der Goethe-Oberschule in Kremmen aus Sicht der Landesregierung dar? (Wie viele Lehrerwochenstunden (VZE) sind der Schule grundsätzlich zugewiesen worden? Wie viele davon für Gemeinsames Lernen? Welche Stellen (bzw. Anteile) sind besetzt, wie viele davon mit Seiteneinsteigern, wie viele sind vakant? Wie viel Unterricht ist in welchem Zeitraum ausgefallen?) zu Frage 1: Die Goethe-Oberschule Kremmen hat durch das Staatliche Schulamt Neuruppin eine Stundenzuweisung erhalten, die dem Unterrichtsbedarf entspricht. Auch das für die Grundabsicherung des Unterrichts notwendige Personal ist vorhanden: - Zuweisung: 551,6 LWS (22,1 VZE) - Personal: 524 LWS und 1 Stelle laufendes Einstellungsverfahren (22 VZE). Die Schule erhielt zur Absicherung des gemeinsames Lernens eine Zuweisung von rund 109 LWS (4 VZE). Das ist gegenüber der bisherigen Ausstattung von 73 LWS für die Förderbedarfe „körperliche und motorische Entwicklung“, „Sehen“, „Hören“, „geistige Entwicklung “ und sonderpädagogischer Förderbedarf im autistischen Verhalten (KSHGA) eine Mehrausstattung für gemeinsames Lernen von 36 LWS. Eine VZE war kurzzeitig durch ein altersbedingtes Ausscheiden der Lehrkraft zum Februar 2018 nicht besetzt. Eine Ersatzeinstellung wurde durch die Schulleitung am 19.02.2018 beantragt. Am 27.02.2018 erfolgte daraufhin die Einstellung einer Seiteneinsteigerin für die offene Stelle (siehe Antwort zu Frage 4). Der Anteil an Seiteneinsteigern/-innen beträgt an der Schule derzeit 10 % des Beschäftigungsumfangs aller Lehrkräfte (3 Teilzeitlehrkräfte sind Seiteneinsteiger/-innen). Die Fächer , die durch Seiteneinsteiger/-innen unterrichtet werden, sind Mathematik, WAT, Englisch und Französisch. Bisher gab es im ersten Halbjahr einen ersatzlosen Unterrichtsausfall von 367 Stunden. Das entspricht 5 % des gesamten Stundenvolumens. Damit hat die Schule einen erhöhten Unterrichtsausfall im Vergleich zum Landesdurchschnitt von 2,1 %. Frage 2: Was unternimmt die Landesregierung, damit der Unterricht wieder in vollem Umfang erteilt werden kann - und zwar mit der Ausstattung, die bei Schulen für Gemeinsames Lernen unabdingbar ist? zu Frage 2: Grundsätzlich hat die Absicherung des Pflichtunterrichts (Stundentafel) Vorrang zu den Stunden im gemeinsamen Lernen. Daher wurde beim Unterrichtsausfall auch berücksichtigt, dass die sogenannten Kernfächer prioritär berücksichtigt wurden. Für die Goethe-Oberschule Kremmen erfolgt durch das Staatliche Schulamt Neuruppin eine ständige Personalakquise. Es ist festzustellen, dass die Schule für Bewerberinnen und Bewerber weniger attraktiv ist. Die Einstellungsangebote wurden von ausgebildeten Lehrkräften bisher grundsätzlich abgelehnt (siehe Antwort zu Frage 4). Frage 3: Wie wird der versäumte Unterricht nachgeholt? zu Frage 3: Die Schule wird auf der Grundlage des vorliegenden Vertretungskonzepts versuchen , den Lernstoff zu verdichten, die Ganztagsstunden zu nutzen und die Vertretungsreserve einzusetzen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8553 - 3 - Frage 4: Warum sind Stellen an der Schule offenbar nicht besetzt, und was unternimmt die Landesregierung, um die Stellen so schnell wie möglich zu besetzen? zu Frage 4: Trotz aller Bemühungen des Personal- und Einstellungsteams des Staatlichen Schulamtes Neuruppin, für diesen vakanten Standort Lehrkräfte zu gewinnen, konnte bisher kein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht werden. Am 27.02.2018 ist es dem Staatlichen Schulamt Neuruppin gelungen, eine Seiteneinsteigerin (Vertretungsreserve) an der Schule zu beschäftigen. Generell sind in den nächsten 12 Jahren mehr als 11.000 Fachkräfte für die Besetzung von über 10.000 Stellen (VZE) im öffentlichen Schulwesen im Land Brandenburg zu gewinnen . Die Herausforderung der Lehrkräftegewinnung betrifft inzwischen alle Bundesländer mehr oder weniger stark. Zur Deckung des Lehrkräftebedarfs konnten in den letzten Jahren die Kapazitäten des landeseigenen Vorbereitungsdienstes auf 960 Plätze erweitert werden, und alle Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz erhalten ein entsprechendes Einstellungsangebot. Parallel dazu wurden zugangserleichternde und beschleunigte Aufnahmeverfahren entwickelt. Um die über mehrere Jahre prognostizierte Bedarfslücke möglichst mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften zu schließen, werden durch das MBJS mit dem MWFK und der Universität Potsdam Gespräche geführt, um zukünftig mehr Lehramtsstudierende auszubilden. Frage 5: Als sich der Unterrichtsausfall an der Schule zuspitzte, war eine Lehrkraft offenbar bereits seit mehreren Wochen erkrankt und eine Genesung nicht unmittelbar absehbar . Warum konnte die zuständige Schulaufsicht trotzdem keinen Ersatz - etwa aus der sogenannten „personengebunden Vertretungsreserve“ von 102 Vollzeitstellen - organisieren ? zu Frage 5: Aussagen zu Erkrankungen von Lehrkräften werden aus Datenschutzgründen nicht gegeben. Ebenfalls sind Lehrkräfte nicht verpflichtet, die Art ihrer Krankheit bzw. Erkrankung sowie die medizinische Behandlung dem Arbeitgeber mitzuteilen. Die sogenannte personengebundene Vertretungsreserve von 102 Vertretungsstellen ist im Rahmen der Planung im Staatlichen Schulamt Neuruppin direkt an die Schulen vergeben worden. Diese entspricht bei der Goethe-Oberschule Kremmen 6 Lehrerwochenstunden. Seit dem 01.08.2017 wurden durch das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport bis zum 31.12.2017 437.610 Euro für das Vertretungsbudget im Staatlichen Schulamt Neuruppin bereitgestellt. Von 308 Anträgen kamen 129 allein aus dem Landkreis Oberhavel. Diese wurden vollständig realisiert, um kranke Lehrkräfte zu ersetzen. Frage 6: Treffen Presseberichte zu, wonach mehrere Lehrkräfte sich einer Operation unterziehen mussten? Und wenn ja, wie lange im Vorfeld war deren Krankschreibung absehbar ? Wie wurde darauf reagiert? zu Frage 6: Die Presseberichte zu Höhe des Unterrichtsausfalls treffen nicht zu. Eine sofortige Überprüfung der Situation durch die Schulaufsicht an der Goethe-Oberschule in Kremmen sowie in den benachbarten Schulen konnte die in der Presse geschilderten Unterrichtsausfälle nicht nachvollziehen. Richtig ist, dass es durch kurzfristige Erkrankungen von Lehrkräften an einem Tag in der Goethe-Oberschule Kremmen zu einem derartig erhöhten Unterrichtsausfall kam, dass eine Klasse nicht beschult werden konnte. Danach konnte der Ausfall wieder kompensiert werden. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8553 - 4 - Konkrete Aussagen zu Erkrankungen von Lehrkräften werden aus Datenschutzgründen nicht gegeben. Frage 7: Zu Beginn der Wahlperiode wurde in der Schulaufsicht ein sogenanntes Ampel- System eingeführt, mit dem Engpässe bei der Unterrichtsversorgung frühzeitig zentral registriert werden, um dann reagieren zu können. Wann sind welche Meldungen in diesem System den drohenden Unterrichtsausfall an der Goethe-Oberschule betreffend eingegangen und wie wurde wann reagiert? zu Frage 7: Das System zur Erfassung von problematischem Unterrichtsausfall wurde von der Schule bisher nicht genutzt, sodass das Staatliche Schulamt Neuruppin erst am 19.02.2018 durch den Antrag der Schulleitung auf eine Ersatzeinstellung für eine ausgeschiedene Lehrkraft in Kenntnis gesetzt wurde. Nach der öffentlichen Berichterstattung und der Antragstellung der Schulleitung reagierte das Staatliche Schulamt Neuruppin unverzüglich .