Landtag Brandenburg Drucksache 6/8557 6. Wahlperiode Eingegangen: 09.04.2018 / Ausgegeben: 16.04.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3396 der Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion) und Danny Eichelbaum (CDU-Fraktion) Drucksache 6/8331 Korruption im Rathaus Potsdam Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragesteller: Laut Presseberichterstattung steht ein leitender Mitarbeiter des Bauamtes Potsdam unter Korruptionsverdacht und soll freigestellt worden sein. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt wegen des Verdachtes der Vorteilsnahme im Amt. Nachdem Mitte Dezember 2017 ein anonymer Hinweis bei der Stadt eingegangen war, hat der Ombudsmann der Stadtverwaltung die Staatsanwaltschaft Neuruppin informiert . Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Korruption in Neuruppin existiert seit dem Jahr 2000. Frage 1: Wie stellt sich aus Sicht der Landesregierung der aktuelle Sachstand dar? zu Frage 1: Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Korruptionskriminalität in Neuruppin führt aufgrund einer u. a. an die Antikorruptionsbeauftragte und den Oberbürgermeister der Stadt Potsdam gerichteten und am 15. Dezember 2017 eingegangenen anonymen Strafanzeige ein Ermittlungsverfahren gegen einen leitenden Angestellten der Stadtverwaltung Potsdam wegen Bestechlichkeit gemäß § 332 Abs. 1 StGB sowie gegen einen Unternehmer wegen des Verdachts der Bestechung gemäß § 334 Abs. 1 StGB. Nach der Durchsuchung der Wohn-, Geschäfts- und Diensträume der Beschuldigten am 13. Februar 2018 dauern die Ermittlungen an. Frage 2: Wie viele strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurden im Zeitraum von 2000-2017 gegen Beamte und Angestellte der Stadtverwaltung Potsdam wegen des Verdachts von Korruptionsstraftaten eingeleitet, in wie vielen Fällen davon kam es zu Anklageerhebungen durch die Staatsanwaltschaft, wie viele Strafbefehle wurden erlassen und wie hoch ist die Anzahl der Verurteilungen? zu Frage 2: Hierzu können mangels statistischer Erfassung von Korruptionsstraftaten, differenziert nach einzelnen Behörden oder einzelnen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, keine Angaben gemacht werden. Frage 3: Inwiefern zieht die Landesregierung Konsequenzen aus dem aktuellen Korruptionsfall in der Stadtverwaltung Potsdam? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8557 - 2 - zu Frage 3: Im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Personalhoheit der Gemeinden obliegt es den kommunalen Arbeitgebern und Dienstherren, im Falle von strafrechtlich relevanten Rechtsverstößen einzelner Mitarbeiter auch mit den gebotenen arbeits - oder beamtenrechtlichen Schritten zu reagieren. Entsprechende personalrechtliche Maßnahmen obliegen allein der Landeshauptstadt Potsdam. Der Kommunalabteilung sowie der Stabsstelle Korruptionsprävention im Ministerium des Innern und für Kommunales liegen hinsichtlich des aktuellen Korruptionsfalles in der Stadtverwaltung Potsdam noch keine zureichenden Informationen und Erkenntnisse über den konkreten Geschehensablauf vor, anhand derer etwaiger Handlungsbedarf geprüft werden könnte. Frage 4: Wie viele strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurden gegen Beamte und Angestellte von kommunalen Verwaltungen und der Landesverwaltung wegen des Verdachts von Korruptionsstraftaten im Zeitraum von 2000-2017 eingeleitet, in wie vielen Fällen davon kam es zu Anklageerhebungen durch die Staatsanwaltschaft, wie viele Strafbefehle wurden erlassen und wie hoch ist die Anzahl der Verurteilungen? (bitte detailliert nach Jahren und konkreten Verwaltungen auflisten) zu Frage 4: In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) sind keine Anzeigen, sondern hinreichend konkretisierte Delikte mit PKS-Relevanz registriert. Eine Erfassung nach bestimmten Bereichen der Verwaltungen oder nach dem Beschäftigungsstatus von Beschuldigten erfolgt in der PKS nicht. Das Fallaufkommen wegen Delikten gemäß §§ 331 ff. StGB insgesamt stellt sich danach in den Jahren 2000 bis 2017 wie folgt dar: Jahr § 331 StGB § 332 StGB § 333 StGB § 334 StGB § 335 StGB 2000 20 8 4 22 0 2001 14 12 3 15 0 2002 68 8 2 21 1 2003 5 9 3 16 0 2004 23 22 6 24 0 2005 15 19 4 24 23 2006 28 18 3 22 7 2007 78 37 46 31 64 2008 24 34 22 70 1 2009 22 20 9 57 1 2010 70 18 7 20 0 2011 71 25 17 45 0 2012 103 104 71 98 0 2013 69 13 65 17 0 2014 163 100 158 93 0 2015 58 49 55 67 2 2016 43 37 44 49 1 2017 26 19 26 24 0 Landtag Brandenburg Drucksache 6/8557 - 3 - Da eine statistische Erfassung differenziert nach einzelnen Behörden oder einzelnen Bereichen der öffentlichen Verwaltung auch bei der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, können dort ebenfalls keine Angaben zu Verfahren, die sich gegen Beamte und Angestellte der kommunalen Verwaltung und der Landesverwaltung gerichtet haben, gemacht werden. Die Eingangs- und Erledigungszahlen der Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsdelikten gemäß §§ 331 ff. StGB stellen sich - gemäß dem staatsanwaltschaftlichen Informationssystem MESTA insgesamt für die Jahre 2013 bis 2017 - wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich dar: Jahr Anzahl Verfahren Anklage Strafbefehl Urteil 2013 113 23 9 7 2014 84 3 1 2 2015 84 4 1 1 2016 103 8 - 5 2017 76 1 - - Die Zahlenangaben umfassen dabei alle Verfahrenseingänge ungeachtet des Umstandes, ob ein Anfangsverdacht bejaht wurde oder nicht. Abweichungen zu polizeilichen Statistiken sind darüber hinaus u. a. in Verfahrensabtrennungen und Erledigungen ohne Mitarbeit des LKA oder anderer polizeilicher Stellen begründet. Für die Jahre 2000 bis 2012 sind aufgrund der einzuhaltenden Löschfristen von statistischen Erfassungen verlässliche Angaben nicht mehr möglich. Frage 5: Wie bewertet die Landesregierung die Anzahl der Korruptionsverfahren in der Landesverwaltung und in den kommunalen Verwaltungen in Brandenburg, auch in bundesdeutschen Vergleich? zu Frage 5: Da eine statistische Erfassung der Gesamtanzahl von Korruptionsverfahren in der Landesverwaltung und in den kommunalen Verwaltungen des Landes nicht erfolgt, ist weder eine abschließende Bewertung solcher Fälle aufgrund einer Gesamtschau noch ein Vergleich mit anderen Bundesländern möglich. Frage 6: Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung gegen Korruption in der Landesverwaltung und in den kommunalen Verwaltungen? zu Frage 6: Zum Zweck der Intensivierung der Korruptionsprävention und -bekämpfung und als zentrale Ansprechperson für Beschäftigte der Landesverwaltung und Bürgerinnen /Bürger hat das Ministerium des Innern und für Kommunales eine Stabsstelle Korruptionsprävention eingerichtet. Die Aufgaben der Stabsstelle Korruptionsprävention können Ziffer 4 der Richtlinie der Landesregierung zur Korruptionsprävention in der Landesverwaltung Brandenburg vom 7. Juni 2011 (ABl. Nr. 29 S.1211) entnommen werden. Die Stabsstelle Korruptionsprävention ist Ansprechpartner für alle Antikorruptionsbeauftragten (AKB) der Landesverwaltung des Landes Brandenburg sowie für die AKB der kommunalen Gebietskörperschaften. Die AKB informieren die Beschäftigten regelmäßig über aktuelle Entwicklungen im Bereich der Korruptionsprävention sowie über aktuelle rechtliche Vorgaben des Gesetzgebers bzw. der Landesregierung. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8557 - 4 - Im Bereich der Korruptionsprävention wird den Themen Transparenz und Sensibilisierung höchste Bedeutung beigemessen. Seit Bestehen der ressortübergreifenden Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Korruption (GEG) und der Stabsstelle Korruptionsprävention erfolgt eine intensive Zusammenarbeit. Die GEG ist eine auf Dauer eingerichtete fachübergreifende Ermittlungseinheit zur Bekämpfung der Korruptionskriminalität mit landesweiter Zuständigkeit in der Verantwortung der Staatsanwaltschaft Neuruppin und der Fachdirektion Landeskriminalamt. Die o. g. Richtlinie der Landesregierung zur Korruptionsprävention hat für die kommunalen Gebietskörperschaften nur empfehlenden Charakter. Fallzahlen aus den Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes Brandenburg liegen der Stabsstelle Korruptionsprävention nicht vor, da diese nicht mitteilungspflichtig sind. Jährlich findet ein Informations- und Erfahrungsaustausch von Vertretern der GEG, den AKB der kommunalen Gebietskörperschaften und der Stabsstelle Korruptionsprävention statt. Darüber hinaus besteht ein regelmäßiger fachlicher Austausch über Fragen der Korruptionsprävention. Die Verwaltungsvorschrift des Ministerpräsidenten und der Ministerien über das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen durch Beschäftigte des Landes Brandenburg (VV VAnBGV) ist klar vom Grundsatz des Verbots der Annahme von Zuwendungen getragen. Für das Ministerium der Finanzen und das Ministerium des Innern und für Kommunales wurde zwischenzeitlich eine ergänzende Anordnung zur Verwaltungsvorschrift zur „Null-Euro-Wertgrenze“ festgelegt. Somit besteht ein generelles Annahmeverbot von Zuwendungen. Auf der Grundlage der o. g. Richtlinie sind in allen Landesverwaltungen in regelmäßigen Abständen (alle fünf Jahre) Risikoanalysen zur Feststellung der Zuordnung der Arbeitsbereiche nach Korruptionsgefährdung durchzuführen. Vorgesetzte sowie Beschäftigte in gesteigert korruptionsgefährdeten Arbeitsbereichen sollen in regelmäßigen Abständen an Fortbildungs- und Sensibilisierungsveranstaltungen zum Thema „Korruptionsprävention“ teilnehmen. Hierzu werden je nach Bedarf Inhouse-Schulungen in der Landesverwaltung durchgeführt. Seitens der Landesakademie für öffentliche Verwaltung Brandenburg im Aus- und Fortbildungszentrum Königs Wusterhausen (LAköV) werden jährlich vier Veranstaltungen zum Thema Korruptionsprävention angeboten. Beabsichtigt ist zudem die Beschaffung und Inbetriebnahme eines E-Learning Programms zur Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen korruptionsgefährdeten bzw. gesteigert korruptionsgefährdeten Arbeitsplatz in der Landesverwaltung Brandenburg innehaben . Der Mittelbedarf hierfür wurde durch die LAköV im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2019/2020 angemeldet. Zur Unterstützung der Tätigkeit der AKB wurde seitens der Stabsstelle Korruptionsprävention ein Flyer erstellt. Monatlich wird ein Newsletter Korruptionsprävention veröffentlicht. Darüber hinaus pflegt die Stabsstelle Korruptionsprävention im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit die Internetseite antikorruption@mik.brandenburg.de. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8557 - 5 - Zur regelmäßigen Sensibilisierung für Gefahrenpotentiale des Berufsalltages und der Erkennung von Möglichkeiten zur aktiven Korruptionsprävention hat die Stabsstelle Korruptionsprävention für Führungskräfte der Landesverwaltung einen Leitfaden erstellt. Dieser soll unterstützen und Einfallstore für Korruption aufzeigen sowie Hinweise für ein verantwortungsbewusstes Führungsverhalten geben. Alle vorgenannten Präventionsmaterialien gehen den AKB und informell auch den kommunalen Arbeitgebern bzw. Dienstherren zu. Diese entscheiden im Rahmen ihrer Personalhoheit über die konkrete Umsetzung weiterer Korruptionspräventionsmaßnahmen im Rahmen ihrer Zuständigkeit.