Landtag Brandenburg Drucksache 6/8560 6. Wahlperiode Eingegangen: 10.04.2018 / Ausgegeben: 16.04.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3415 des Abgeordneten Christoph Schulze (fraktionslos) Drucksache 6/8374 Abgrenzung von Satzungsgebieten in Karten als Anlage zur Präzisierung von Satzungsgebieten Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Im Rahmen der kommunalen Planungshoheit werden durch die Gebietskörperschaften regelmäßig Flächennutzungspläne, Bauleitpläne, Innenbereichssatzungen erlassen und verkündet. Gleichfalls werden durch die Gebietskörperschaften im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Naturschutzgebiete und Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen. In verschiedenen Fällen wurde festgestellt, dass Grenzen von Bebauungsplänen , Innenbereichssatzungen, Landschaftsschutzgebieten und Naturschutzgebieten , oder bei der Festlegung eines Sanierungsgebiet im Rahmen einer förmlichen Sanierungssatzung , gemäß des Paragraphen § 142 Baugesetzbuch, sich die Satzung, der Satzungsgeber , nicht an Flurstücksgrenzen orientiert, sondern Grenzen willkürlich mitten durch z.B. große Grundstücke hindurch geführt werden, sodass es dazu kommt, dass ein Teil eines Grundstücks z. B. der rückwärtige Garten eines Wohngrundstückes, eine Grundstückszufahrt oder andere Grundstücksteile plötzlich Teil eines Landschaftsschutzgebietes Naturschutzgebietes, einer Sanierungsbereiches oder Außenbereich sind, und andere Teile ein und desselben Grundstückes / Flurstückes eben nicht. Angaben welche Grundstücke diese Satzungsregelung konkret betrifft, mit Anführung von Flur und Flurstücks -Nummern in der Anlage der Satzung, zur Herstellung der Eindeutigkeit, wer von den Auflagen betroffen ist, Fehlanzeige. Häufig werden dann auf Kartenmaterialen die das Satzungsgebiet ein- oder abgrenzen, die im Maßstab 1.2500, 1.3000 1: 5000 verfasst sind, breite „Striche oder Strichlinien“ gezogen, die die Begrenzung der jeweiligen Satzungsgebiete begrenzen sollen. So ein Strich ist aber mal in der Realität mit einem Ungenauigkeitsfaktor von mind. 10 bis 50 m verbunden, so das aus einer derartigen Unterlage, genau in diesem „Grenzbereich“ überhaupt nicht zweifelsfrei abgegrenzt werden kann, welche Flächen nun tatsächlich innerhalb oder außerhalb des Satzungsgebietes liegen. Da es sich hierbei um einen Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechte (Eigentum Art 14 GG) handelt, stellt sich die Frage, ob eine derartige Unschärfe, die letztlich zur Nichteindeutigkeit führt, zulässig ist. Dies führt zu Unklarheiten und Streit. Das sogenannte Bestimmtheitsgebot nach Art. 20 III, 28 II GG besagt, dass alle staatlichen Aktionen, und kommunale Satzungen mit Eingriffscharakter dürften wohl darunter fallen, ein Minimum an Messbarkeit und Voraussehbarkeit aufweisen müssen. Es muss dem Einzelnen anhand, z.B. des Satzungstextes und von Kartenmaterial, voraussehbar sein, was rechtens ist. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8560 - 2 - Dies gilt für den Tatbestand wie für die Rechtsfolge. Das Bestimmtheitsgebot wird aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleitet. Es ist nach Gesetzeskommentaren zu schlussfolgern, dass eine hinreichende Bestimmtheit und Klarheit der gegenständlichen Norm zu fordern ist. Der Normgeber, muss seine Regelungen so genau fassen, dass der Betroffene die Rechtslage (Inhalt und Grenzen der Gebots- oder Verbotsnormen) erkennen und sein Verhalten daran ausrichten kann. Der Betroffene muss im Ergebnis der Satzung und der Anlagen zur Satzung die das Gebiet beschreiben, die Rechtslage in zumutbarer Weise klar erkennen können. Je intensiver in die Rechte von Betroffenen eingegriffen wird, desto höher sind die Anforderungen an die Bestimmtheit im Einzelfall. 1. Ist es grundsätzlich zulässig, unter Missachtung der im Katasteramt festgelegten Grundstücksgrenzen, mitten über ein (großes) Grundstück oder mehrere Grundstücke, im Rahmen einer Satzung z.B. eine „Grenze“ zu ziehen? Gibt es hierzu Erfahrungen im Land Brandenburg? Wurden in derartigen Fragen bereits die Verwaltungsgerichte bemüht? Wenn ja wann und in welchen Fällen? Gibt es dazu Präszendenzfallentscheidungen ? zu Frage 1: Es ist zulässig, dass die Geltungsbereichsgrenze einer städtebaulichen Satzung vom Verlauf der Grundstücksgrenzen abweicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 30. Juni 1994 (4 B 136/94, juris) dazu ausgeführt: „Der Geltungsbereich eines Bebauungsplans ist nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 BauGB zu bestimmen. Dabei mag es vielfach zweckmäßig sein, sich hierbei an den Grenzen der sog. Buchgrundstücke auszurichten. Geboten ist dies indes nicht, wenn dem - wie z.B. bei großen Flurstücken - nach berechtigter Auffassung der Gemeinde planerische Gründe entgegenstehen.“ 2. Ist es grundsätzlich zulässig (große) Grundstücke, die insgesamt im Rahmen des Flächennutzungsplans als Wohnbauland definiert sind, ohne konkrete Festlegung (keine genau bemessene Katastergrenze), quasi mit einem „Strich auf der Landkarte“, ohne präzise Festlegung des Grundstücke und der von der Satzung konkret betroffenen Fläche , ohne Beachtung der Katastergrenzen, quasi „grob“ zu teilen , und Teile zum Außenbereich, zum Naturschutzgebiet, zum Sanierungsgebiet, zum Landschaftsschutzgebiet, Vogelschutzgebiet oder was auch immer zu erklären? zu Frage 2: Da es schon bei Bebauungsplänen zulässig ist, dass Buchgrundstücke „durchschnitten“ werden dürfen (siehe Antwort zu Frage 1), gilt dies für Flächennutzungspläne erst recht. Der Flächennutzungsplan ist in seinem Duktus auf eine generalisierende und abstrahierende Darstellungsform orientiert. Die Darstellungstiefe des Flächennutzungsplans ist deshalb nicht parzellen- oder grundstücksscharf. Eine Orientierung an Fluroder Grundstücksgrenzen ist deshalb nicht erforderlich. 3. Welche konkreten Voraussetzungen an das Bestimmtheitsprinzip bzw. Bestimmtheitsgebot als Ausfluss aus Art. 20 III, 28 II GG müssen im Rahmen der Satzungsgebung beachtet werden und erfüllt sein, um dem Bestimmtheitsgebot Genüge zu tun? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8560 - 3 - Ist allein ein „Strich“ auf einer Landkarte, wie im Vorwort ausgeführt, im Rahmen einer beschlossenen und veröffentlichten Satzung, der in der Realität keine genau definierte Grundstücksgrenze beschreibt, sondern quasi „quer durch die Landschaft geht“, für eine Abgrenzung eines Satzungsgebietes, insbesondere im Hinblick auf die Rechtsfolgen für die Betroffenen und die nicht hinreichende Bestimmtheit der betroffenen Grundstücke oder Teilflächen eines Grundstückes ausreichend? zu Frage 3: Auf die zeichnerischen Darstellungen eines Bauleitplans (Flächennutzungsplan und Bebauungsplan) findet der Grundsatz der Bestimmtheit und der Normenklarheit Anwendung. Der Inhalt eines Bauleitplans muss gemäß § 1 Planzeichenverordnung genau erkennbar und feststellbar sein. Bebauungspläne unterliegen als Rechtsnormen dem verfassungsrechtlich im Rechtsstaatsprinzip verankerten Bestimmtheitsgebot. Da Bebauungsplanfestsetzungen Inhalt und Schranken des Grundeigentums bestimmen, müssen sie hinreichend klar und unmissverständlich sein. Die planerischen Aussagen eines Bauleitplans, insbesondere die Darstellungen und Festsetzungen , können nur dadurch aus dem Plan in die Örtlichkeit übertragen, d. h. örtlich bestimmt werden, wenn sie mit dem tatsächlichen Zustand des Plangebiets, den die Karten dafür deutlich genug enthalten müssen, in Beziehung gesetzt werden. Die Planinhalte, d. h. vor allem die zeichnerisch zum Ausdruck gebrachten Darstellungen und Festsetzungen , stehen somit aus Rechtsgründen planungstechnisch in einem engen Zusammenhang mit dem Karteninhalt, der den bestehenden Zustand der Erdoberfläche des Plangebiets wiedergibt. Die Übertragung der planerischen Darstellungen und Festsetzungen in die konkrete Örtlichkeit setzt voraus, dass die Planunterlagen einmal so vollständig sind, dass sie alle tatsächlichen Gegebenheiten, die benötigt werden, enthalten, und zum anderen die tatsächlichen Gegebenheiten (den Zustand), die die Planunterlagen ausweisen, genau mit der Wirklichkeit übereinstimmen. So soll der Bebauungsplan Angaben über die Grenzen und Bezeichnungen der Flurstücke in Übereinstimmung mit dem Liegenschaftskataster , die vorhandenen baulichen Anlagen sowie die Straßen, Wege und Plätze enthalten (§ 1 Abs. 2 PlanzV 90). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so kann eine Satzungsgrenze auch „quer durch die Landschaft“ gehen. Die Anforderungen an die Planunterlagen für Bauleitpläne sind im Übrigen im gemeinsamen Katastererlass 1997 des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr und des Ministeriums des Innern vom 3. September 1997 (ABl. 1997 S. 846) definiert. Der Erlass wird zur Zeit überarbeitet und voraussichtlich im Mai 2018 neu veröffentlicht.