Landtag Brandenburg Drucksache 6/8590 6. Wahlperiode Eingegangen: 13.04.2018 / Ausgegeben: 18.04.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3409 des Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/8358 Auswirkungen der geplanten Schweinemastanlage Haßleben auf das FFH-Gebiet Kuhzer See Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: In Haßleben in der Uckermark beabsichtigte ein niederländischer Unternehmer ursprünglich eine Mastanlage für rund 80.000 Schweine zu errichten. Das Landesamt für Umwelt hatte 2013 eine Anlage für rund 37.000 Schweine genehmigt. Gegen die Genehmigung legten Umwelt- und Tierschutzverbände Widerspruch ein, welcher von der Behörde abgelehnt wurde. Am 16.10.2017 kam das Verwaltungsgericht Potsdam zu dem Urteil, dass die 2013 erteilte Genehmigung bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Während der mündlichen Gerichtsverhandlung am 16.10.2017 wurde zudem bekannt, dass der im FFH-Gebiet liegende Kuhzer See in der Nähe der Mastanlage ein weitaus empfindlicherer Lebensraumtyp ist als zuvor vom Landesamt für Umwelt (LfU) angenommen wurde. Bislang ist offen, ob der Investor und das LfU Berufung gegen das Gerichtsurteil einlegen werden (siehe Antwort auf die Mündliche Anfrage 1061 vom 10.11.2017). Derzeitige Zuordnung des FFH-Gebietes Kuhzer See Frage 1: Welchem FFH-Lebensraumtyp ist nach Ansicht der Landesregierung der Kuhzer See aus heutiger Sicht zuzuordnen? zu Frage 1: Der Kuhzer See ist dem FFH-Lebensraumtyptyp (LRT) 3140 - Nährstoffarme bis mäßig nährstoffreiche kalkhaltige Stillgewässer mit Armleuchteralgen (LRT 3140) zuzuordnen . Frage 2: Gab es in der Vergangenheit Veränderungen dieser Zuordnung? Wenn ja, in welcher Form, wann und warum? Wenn nein, wie stellt sich der oben genannte Sachverhalt am 16.10.2017 aus Sicht der Landesregierung dar? zu Frage 2: Der Kuhzer See befand sich bis 2012 in einem Übergangsstadium zwischen den Lebensraumtypen 3150 (Natürliche und naturnahe nährstoffreiche Stillgewässer mit Laichkraut- oder Froschbiss-Gesellschaften) und LRT 3140, was zunächst eine Zuordnung zu beiden LRT erlaubte. Aufgrund aktueller Erkenntnisse zum Auftreten weiterer typischer Landtag Brandenburg Drucksache 6/8590 - 2 - Arten des LRT 3140 wurde im Jahr 2012 die Angabe im Standarddatenbogen auf LRT 3140 korrigiert. Der Kuhzer See war am 16.10.2017 dem FFH-LRT 3140 zuzuordnen. Frage 3: Welcher FFH-Lebensraumtyp für den Kuhzer See wurde der Genehmigung der Schweinemastanlage zu Grunde gelegt? zu Frage 3: Der Genehmigung wurde im Wesentlichen der LRT 3150 zugrundgelegt. Zu diesem Zeitpunkt wurde davon ausgegangen, dass nur sehr kleine, weiter vom Anlagenstandort entfernte Flächenanteile des Sees als LRT 3140 anzusehen waren. Frage 4: Welche Umweltbelastungen für das FFH-Gebiet Kuhzer See durch die geplante Schweinemastanlage wurden in der 2013 erteilten Genehmigung angenommen? Stehen diese Belastungen einer Genehmigung aus heutiger Sicht entgegen? Falls nein: Worauf bezog sich der gemeinsame Vorschlag des Investors und des LfU während der mündlichen Gerichtsverhandlung am 16.10.2017, Änderungen der Filter-anlagen vorzunehmen und neue Berechnungen zu erstellen? zu Frage 4: Hinsichtlich Stickstoff (N) wurde im LRT 3150 eine anlagenbezogene Zusatzbelastung von 0,38 kg/ha*a angenommen. Für die anderen betrachteten LRT (6214, 6510, 7140, 9130, 91E0) wurde von N-Einträgen < 0,3 kg/ha*a ausgegangen. Es wurde eingeschätzt , dass die anlagenbezogene Zusatzbelastung die Irrelevanzschwelle von 3 % des Critical Loads (CL) nicht überschreitet. Critical Loads sind naturwissenschaftlich begründete Schwellenwerte für den Eintrag von Luftschadstoffen, bis zu dessen Erreichung nach derzeitigem Kenntnisstand langfristig keine signifikant schädlichen Effekte an Ökosystemen und Teilen davon zu erwarten sind. Von erheblichen Beeinträchtigungen geschützter Arten durch Stoffeinträge wurde nicht ausgegangen. Es wurde außerdem eingeschätzt, dass die Phosphoreinträge irrelevant sind. Die genannten Belastungen stünden bei zu Grunde gelegtem LRT 3140 einer Genehmigung aus heutiger Sicht nicht entgegen, da sowohl die Gesamtbelastung den CL unterschreitet als auch infolge der gemäß § 15 BIm- SchG angezeigten, effektiveren Abluftreinigungsanlage der vorhabenbezogene Abschneidewert von 0,3 kg N/ha*a unterschritten wird. Frühere Erkenntnisse zur Empfindlichkeit des FFH-Gebietes Kuhzer See Frage 5: Ist es richtig, dass in den vom Antragsteller eingereichten Antragsunterlagen zur FFH-Verträglichkeitsprüfung mit Datum vom 31.01.2005 eine Karte existiert, die den Kuhzer See ausschließlich als den empfindlicheren und selteneren Lebensraumtyp LRT 3140 (Nährstoffarme bis mäßig nährstoffreiche kalkhaltige Stillgewässer mit Armleuchter-algen) darstellt? Falls ja, wie wurde dies bei der Genehmigung berücksichtigt? zu Frage 5: Ja, siehe auch Antwort zu 2. Wegen der angenommenen, geringfügigen lokalen Ausdehnung des LRT 3140 war die örtliche Zuordnung nicht eindeutig. Frage 6: Was war das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung? zu Frage 6: Das Vorhaben ist FFH-verträglich. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8590 - 3 - Frage 7: Ist es richtig, dass das LfU aufgrund eigener Untersuchungen (Standarddatenbogen aus dem Juli 2012) der EU-Kommission den Kuhzer See als empfindlicheren Lebensraumtyp 3140 meldete? Falls ja, wie wurde dies bei der Genehmigung berücksichtigt? zu Frage 7: Ja (siehe Antwort zu Frage 2.). Die aktuellen Erkenntnisse zum Auftreten weiterer typischer Arten des LRT 3140 im Jahr 2012 blieben bei der Genehmigungserteilung unberücksichtigt. Frage 8: Ist es richtig, dass die Erkenntnisse über den empfindlicheren Lebensraumtyp des Kuhzer Sees in gleicher oder ähnlicher Form von den Klägern gegen die Schweinemastanlage bereits vor Erteilung der Genehmigung vorgetragen wurden? Falls ja, wie wurde dies bei der Genehmigung berücksichtigt? zu Frage 8: Ja, das ist richtig (siehe auch Antworten zu Fragen 2-4).