Landtag Brandenburg Drucksache 6/8620 6. Wahlperiode Eingegangen: 18.04.2018 / Ausgegeben: 23.04.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3444 des Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion) Drucksache 6/8441 Früherkennungsuntersuchungen für Kinder Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Im Sommer 2008 wurde in Brandenburg das Zentrale Einladungs- und Rückmeldungswesen für die Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen eingeführt. Alle Kinder werden seither schriftlich für anstehende Untersuchungen eingeladen, bei Bedarf folgt ein Erinnerungsschreiben. Im Februar 2016 zog die Landesregierung nach einem Evaluationsbericht zum Zentralen Einladungs- und Rückmeldewesen ein positives Zwischenfazit der Entwicklung. So seien die Teilnahmequoten bei den verschiedenen U-Untersuchungen auf Werte um 90 bis über 95 Prozent gestiegen. Ebenso positiv fällt das Urteil hinsichtlich der Impfquoten aus. In der Antwort auf die Kleine Anfrage 1094 aus dem September 2015 heißt es, diese seien nach der Einführung des Einladungs- und Rückmeldewesens gestiegen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie schätzt die Landesregierung das zentrale Einladungs- und Rückmeldewesen aus heutiger Sicht ein? Zu Frage 1: Die Landesregierung schätzt das zentrale Einladungs- und Rückmeldewesen aus heutiger Sicht als erfolgreich ein. Es zeigt sich ein zunehmender Trend der Teilnahme an den U-Untersuchungen, insbesondere bezogen auf die Bevölkerung mit einem niedrigen Sozialstatus wie die nachfolgenden Tabellen zeigen: Landtag Brandenburg Drucksache 6/8620 - 2 - Tabelle 1 Vergleich 2008 vs. 2017 der Teilnahmequoten an den U-Untersuchungen bezogen auf die Daten der Schuleingangsuntersuchung (Datenquelle Abt. G im LAVG) Jahr 2008 2017 Vergleich 2017 zu 2008 Untersuchte Kinder mit Vorsorgeheft (N) 19.931 23.077 +3.146 Prozentpunkte U6 Teilnahme, in % N 98,4 98,3 -0,1 U7 Teilnahme, in % N 92,7 97,4 + 4,7 U7a* Teilnahme, in % N 52,4 (2012)* 90,0 +37,6 U8 Teilnahme, in % N 88,1 95,0 + 6,9 U9 Teilnahme, in % N 83,6 90,8 + 7,2 *Anmerkung: Die Einführung der U7a erfolgte zum 01.07.2008 und wurde daher erstmals im Jahr 2012 bei den Einschulungskindern ausgewertet. Tabelle 2 Vergleich 2008 vs. 2017 der Teilnahmequoten vollständiger U-Untersuchungen (U1-U8, U1-U9) nach Sozialindex (Datenquelle Abt. G im LAVG) niedriger Sozialindex mittlerer Sozialindex hoher Sozialindex 2008 2017 2008 2017 2008 2017 untersuchte Kinder mit Vorsorgeheft (N) 3.373 1.977 10.116 9.964 5.859 9.567 U1-U8 Teilnahme, in % N 68,9 81,4 83,5 91,8 86,6 94,4 U1-U9 Teilnahme, in % N 58,6 72,5 76,4 86,0 79,2 89,1 *Erläuterungen zum Indikator Sozialstatus – siehe: http://www.gesundheitsplattform.brandenburg.de/sixcms/detail.php?gsid=bb2.c.479459.de&template=gesi_erlauterungen_d Insbesondere ist die deutliche Erhöhung der Teilnahme an der Vorsorgeuntersuchung J1 als großer Erfolg zu werten, da eine Zunahme von ca. 24 % im Jahr 2008 auf rund 64 % Teilnahmequote in 2016 zu verzeichnen ist: Tabelle 3 Teilnahmequoten von Zehntklässlern, -klässlerinnen / Schulabgängern, -abgängerinnen an der J1 (Datenquelle Abt. G im LAVG) Jahr 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 J1 Teilnahme, in % von Jugendlichen mit Angaben zur J1 23,8 22,4 29,4 37,3 43,5 45,7 55,3 58,3 63,9 Landtag Brandenburg Drucksache 6/8620 - 3 - 2. Wie wurden die U- und J-Untersuchungen seit dem 01.01.2015 in der Landeshauptstadt Potsdam in Anspruch genommen? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Zu Frage 2: Die Inanspruchnahme der U-und J-Untersuchungen in der Stadt Potsdam ist den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen: Tabelle 4 Stadt Potsdam - Teilnahmequoten (2015 – 2017) an den U-Untersuchungen bezogen auf die Daten der Schuleingangsuntersuchung (Datenquelle Abt. G im LAVG) Jahr 2015 2016 2017 untersuchte Kinder mit Vorsorgeheft (N) 1.735 1.768 1.816 U6 Teilnahme, in % N 97,1 97,5 97,1 U7 Teilnahme, in % N 96,5 95,9 96,4 U7a Teilnahme, in % N 85,1 84,6 86,7 U8 Teilnahme, in % N 89,2 92,0 95,2 U9 Teilnahme, in % N 84,7 89,4 89,3 Tabelle 5 Jahr 2015 2016 2017 U1-U8 Teilnahme, in % N 85,0 87,9 91,4 U1-U9 Teilnahme, in % N 78,8 83,4 85,4 Tabelle 6 Stadt Potsdam - Teilnahmequoten von Zehntklässlern, -klässlerinnen / Schulabgängern, - abgängerinnen an der J1 (Datenquelle Abt. G im LAVG) Jahr 2015 2016 J1 Teilnahme, in % von Jugendlichen mit Angaben zur J1 62,3 67,5 3. Der erwähnte Evaluationsbericht mahnt an, Einladungen zu Untersuchungen später zu verschicken, da viele Eltern die anstehenden Termine sonst eher vergessen und eine höhere Zahl an Erinnerungen notwendig wäre. Die Gesundheitsstaatssekretären Hartwig-Tiedt kündigte daraufhin an, „das Verfahren entsprechend [zu] optimieren“. Was wurde in dieser Hinsicht getan? Zu Frage 3: Bei der Vorsorgeuntersuchung U8 war die Quote der Weitergabe von Meldungen an die Gesundheitsämter, da keine Rückmeldung vorlag, überproportional hoch. Seit September 2016 werden die Einladungen zur U 8 nun ca. 8 Wochen später versandt. Eine wesentliche Verbesserung konnte aber durch diese Maßnahme nicht erreicht werden. 4. Was sind die Gründe für das Versäumen von U-Untersuchungen? Bitte nach Anlass und Häufigkeit aufschlüsseln. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8620 - 4 - Zu Frage 4: Die Gründe für das Versäumen bzw. die Nichtwahrnehmung von Vorsorgeuntersuchungen bei den Brandenburger Einschulungskindern werden offenbar wesentlich durch den sozialen Status der Eltern beeinflusst. Die Analyseergebnisse zeigen, dass in Abhängigkeit vom Sozialstatus der Eltern die Wahrnehmungsquoten sehr unterschiedlich ausfallen. In 2017 hatten nur 72,5 % der Einschulungskinder aus Familien im niedrigen Sozialstatus die Vorsorgeuntersuchungen U1-U9 vollständig wahrgenommen, hingegen 89,1 % der Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus (Differenz 16,6 Prozentpunkte). Weiterhin ist die Familienkonstellation ein starker Einflussfaktor: Alleinerziehende nahmen im Schuljahr 2017 die Vorsorgeuntersuchungen U1-U9 zu 76,8 % vollständig wahr. In der Gruppe der Familien mit mindestens zwei erwachsenen Personen im Haushalt lag der Wert bei 84,8 % (Differenz 8,0 Prozentpunkte). Die Anzahl der im Haushalt lebenden Kinder ist ein weiterer bedeutsamer Einflussfaktor: Lebte im Haushalt nur ein Kind wurde 2017 in 84,7 % der Fälle die Vorsorgeuntersuchungen U1-U9 vollständig wahrgenommen. In Familien mit mindestens drei im Haushalt lebenden Kinder wurde hingegen nur ein Teilnahmequote von 75,1 % erreicht (Differenz 9,6 Prozentpunkte).