Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/866 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 292 der Abgeordneten Raik Nowka und Gordon Hoffmann der CDU-Fraktion Drucksache 6/641 Öffentlicher Gesundheitsdienst und Schuleingangsuntersuchungen Wortlaut der Kleinen Anfrage 292 vom 18.02.2015: Seit Jahren ist bekannt, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst im Land Brandenburg personell nicht so aufgestellt ist, wie es notwendig wäre, um alle anliegenden Aufgaben in vollem Umfang zu erfüllen. Eine große Herausforderung ist deshalb auch die jährliche Absicherung der Schuleingangsuntersuchungen . Das Zeitfenster dafür ist gering und damit ist die Zeitspanne , um Defizite vor der Einschulung auszugleichen, unzureichend. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass laut dem Bericht der Landesregierung „Evaluation bestehender Instrumente und Vorschriften zur Kindergesundheit und zum Kinderschutz“ in den zurückliegenden Jahren bei 29 Prozent der Kinder Handlungsbedarf bestand. Die notwendigen Maßnahmen bezogen sich dabei nicht nur auf eine pädagogische Klärung oder den Einsatz von Logopäden und Ergotherapeuten . In 6 Prozent der Fälle ging es auch um eine psychologische bzw. psychiatrische Klärung. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass in Brandenburg auch Kinder- und Jugendpsychiater dringend gesucht werden, ist es umso schwieriger, die notwendigen weiteren Untersuchungen und Therapien in dem kurzen Zeitfester zwischen Untersuchung und Einschulung durchzuführen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Landkreise und kreisfreien Städte zu unterstützen, um die personelle Situation im ÖGD deutlich zu verbessern? 1. Datum des Eingangs: 12.03.2015 / Ausgegeben: 17.03.2015 Kann sich die Landesregierung u.a. vor dem Hintergrund der fehlenden Kinder - und Jugendpsychiater eine Vorverlegung der Schuleingangsuntersuchungen vorstellen, damit tatsächlich genügend Zeit bleibt, um Defizite bei den Kindern abzubauen und nach Beendigung der Maßnahme eine weitere Untersuchung durch den ÖGD durchzuführen? Wenn nein, warum nicht? 2 Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit. Soziales. Gesundheit . Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Landkreise und kreisfreien Städte zu unterstützen, um die personelle Situation im ÖGD deutlich zu verbessern ? zu Frage 1: Die Landesregierung hat unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, um die Situation des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) zu verbessern. So steht sowohl die personelle Ausstattung des ÖGD als auch die Vergütung der Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern auf der Agenda der Gesundheitsministerkonferenz (GMK). Das Land Brandenburg hatte im Rahmen seines Vorsitzes im Jahr 2013 die Stärkung des ÖGD zum Schwerpunktthema gemacht. Mit dem einstimmig gefassten Beschluss „Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes“ hat die 86. GMK in diesem Jahr ein politisches Zeichen gesetzt. Weiterhin besteht für die Gesundheitsämter die Möglichkeit, durch Kooperation mit Kliniken und Vernetzung untereinander Engpässe zu schließen. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des MASGF wird für eine Tätigkeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst bei allen medizinischen Berufsgruppen geworben. Im Entwurf der Landesregierung für den Doppelhaushalt 2015/16 sind finanzielle Mittel vorgesehen, um den ÖGD bei der Fort- und Weiterbildung seitens des Landes zu unterstützen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Weiterbildung zur Fachärztin bzw. zum Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen. Eine besondere Bedeutung kommt jedoch den Landkreisen und kreisfreien Städten zu, die im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung eine ausreichende Personalausstattung Vorhalten müssen, um die ihnen obliegenden Aufgaben zu erfüllen. So wurden auf der Konferenz der Landrätin, Landräte, Oberbürgermeisterin und Oberbürgermeister des Landes Brandenburg am 18. Oktober 2013 die Aufgaben, Leistungen und die Bedeutung des ÖGD thematisiert, verbunden mit dem Anliegen, die Gesundheitsämter auf kommunaler Ebene zu stärken. 2 Frage 2: Kann sich die Landesregierung u.a. vor dem Hintergrund der fehlenden Kinder- und Jugend-psychiater eine Vorverlegung der Schuleingangsuntersuchungen vorstellen, damit tatsächlich genügend Zeit bleibt, um Defizite bei den Kindern abzubauen und nach Beendigung der Maßnahme eine weitere Untersuchung durch den ÖGD durchzuführen? Wenn nein, warum nicht? zu Frage 2: Eine Vorverlegung der Schuleingangsuntersuchung ist derzeit nicht vorgesehen. Die schulärztliche Stellungnahme wird gemäß § 4 Abs. 4 der Grundschulverordnung bei der Entscheidung über die Aufnahme in die Schule durch die Schulleiterin oder den Schulleiter einbezogen. Die untersuchende Ärztin oder der untersuchende Arzt erfasst dabei die Feststellung des körperlichen Entwicklungsstandes einschließlich der Untersuchung der Sinnesorgane gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst -Verordnung. Eine zeitliche Vorverlegung dieser Untersuchung würde aber bedeuten, dass eine medizinische Prognose bereits zu einem Zeitpunkt abgegeben werden würde, in dem sich aufgrund des zeitlichen Abstands zur Einschulung die individuelle Entwicklung des Kindes noch grundlegend verändern kann. Kinder im Vorschulalter können in sehr kurzer Zeit erhebliche Entwicklungssprünge und Fortschritte machen. In den vergangenen Monaten wurden die standardisierten Testverfahren bei den Schuleingangsuntersuchungen geändert. Bei den Schuleingangsuntersuchungen wurde das Sozialpädiatrische Entwicklungsscreening für Schuleingangsuntersuchungen (SOPESS) eingeführt. Mit SOPESS werden bei der Schuleingangsuntersuchung schulische Vorläuferfähigkeiten getestet. Sch ul relevante Entwicklungsstörungen der Kinder können so besser erkannt werden. Die angewandten Testverfahren geben eine gute Basis für eine Entwicklungsprognose. In der im Anschluss zu erstellenden schulärztlichen Stellungnahme werden die Auffälligkeiten benannt. Durch das gemeinsame Handeln mit der Schule, den Lehrkräften und den Eltern sollen den Kindern ein guter Start in die Schule ermöglicht und die Ressourcen der Kinder erkannt werden. Dies soll einer nach ihren Bedürfnissen entsprechenden Förderung in der Schule zu Gute kommen. Nach § 6 Absatz 2 Satz 3 des „Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Land Brandenburg (Brandenburgisches Gesundheitsdienstgesetz“ (BbgGDG) führen die Landkreise und kreisfreien Städte zudem Untersuchungen der Kinder im Alter vom 30. bis 42. Lebensmonat durch. Diese Untersuchungen dienen der Prävention und Früherkennung von Krankheiten, Entwicklungsstörungen oder Behinderungen. Bei Kindern mit auffälligen Befunden wird dann ein Betreuungscontrolling durchge- 3 führt (§ 6 Absatz 2 Satz 6 BbgGDG) so dass genügend Zeit bleibt, um Defizite bei den betroffenen Kindern bis zur Schuleingangsuntersuchung zu behandeln und somit abzubauen. 4