Landtag Brandenburg Drucksache 6/8674 6. Wahlperiode Eingegangen: 25.04.2018 / Ausgegeben: 30.04.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3446 des Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion) Drucksache 6/8456 Defibrillatoren im öffentlichen Raum Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Pro Jahr sterben in Deutschland rund 65.000 Menschen an plötzlichem Herztod. Auffällig ist, dass es im Land Brandenburg die höchste Fallzahl pro 100.000 Einwohner gibt, im Jahr 2015 waren es 83 Todesfälle (MAZ-Bericht vom 18. Januar 2018). Zum Vergleich: in Schleswig-Holstein gab es im selben Jahr 42 Tote. Wenn es um Herzkreislaufstillstand geht, zählt jede Minute, wie das Deutsche Rote Kreuz immer wieder betont. Ein Defibrillator kann Leben retten und die Zeit bis zur Erstversorgung überbrücken - wenn er schnell zugänglich ist. Mittlerweile sind die Geräte auch für Laien verständlich. Ausführliche Anleitungen oder Sprachanweisungen sorgen dafür, dass der Anwender nichts falsch machen kann. In der Landeshauptstadt Potsdam gibt es nur etwa 20 öffentlich zugängliche Defibrillatoren. Die genaue Zahl lässt sich aktuell nicht ermitteln , da die Standortinformationen nicht verpflichtend veröffentlicht werden. So gibt es auch kein zentrales Verzeichnis über die Standorte der Geräte in der Stadt. Frage 1: Wie beurteilt die Landesregierung die überdurchschnittlich hohe Zahl von Herztodesfällen in Brandenburg im Jahr 2015? zu Frage 1: Mehrere Faktoren tragen zu einer überdurchschnittlich hohen Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei. Eine durchschnittlich ältere Bevölkerung hat mehr Todesfälle zu erwarten, weil die Krankheiten verstärkt in höherem Alter auftreten. Im Land Brandenburg betrug im Jahr 2016 das Durchschnittsalter 46,9 Jahre, in Berlin zum Vergleich 42,6 Jahre. Weitere Faktoren für die Sterblichkeit liegen in der genetischen Disposition , im Gesundheitsverhalten (insbesondere Alkohol- und Tabakkonsum, aber auch Bewegungsmangel , Adipositas) und den sozialen Bedingungen über den gesamten Lebensverlauf (z. B. Phasen von Arbeitslosigkeit, niedrige Bildung, Stress). In Bezug auf die zuletzt genannten Faktoren gibt es im Land Brandenburg in den letzten Jahren eine deutliche Verbesserung. Unterschiede in der Alters- und Sozialstruktur zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten tragen zu regionalen Unterschieden in der Sterblichkeit bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei. Auch kann die Güte des Versorgungssystems zur unterschiedlichen Sterblichkeit beitragen. Weil erkrankte Personen in akuten Fällen möglichst schnell stationär behandelt werden sollten, zählt zunächst die Zeit von der Symptomwahrnehmung bis zur Behandlung im Krankenhaus. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass Brandenburger Herzinfarktpatientinnen und -patienten das Rettungssystem verzögert alarmieren . Eine Patientin oder ein Patient mit einem Infarkt wird in einer brandenburgischen Kli- Landtag Brandenburg Drucksache 6/8674 - 2 - nik ebenso gut versorgt wie in Berlin oder in einem der anderen Länder. Das Land Brandenburg ist hinsichtlich der Vorbeugung von Herzkrankheiten sehr engagiert, was unter anderem im Gesundheitszieleprozess des Bündnisses „Gesund Aufwachsen“ und des Bündnisses „Gesund Älter werden“ zum Ausdruck kommt. Frage 2: Wie viele Menschen starben in Brandenburg in den Jahren 2016 und 2017 an Herz-Kreislauf-Erkrankungen? (Bitte nach Landkreisen aufschlüsseln). Frage 3: Wie viele Menschen starben im selben Zeitraum 2016/2017 an einem akuten Herzinfarkt? (Bitte ebenfalls nach Landkreisen aufschlüsseln). zu den Fragen 2 und 3: Wegen des inhaltlichen Zusammenhangs werden die Fragen 2 und 3 gemeinsam beantwortet. Zurzeit liegen Daten bis zum Jahr 2015 vor. Die folgenden Tabellen für die Jahre 2014 und 2015 basieren auf Daten des Amtes für Statistik Berlin- Brandenburg (Statistik der Sterbefälle) und wurden durch das Landesamt für Arbeitsschutz , Verbraucherschutz und Gesundheit zusammengestellt. Tabelle 1: Sterbefälle durch Krankheiten des Kreislaufsystems im Jahr 2014 absolute Anzahl Fälle pro 100.000 Einwohner kreisfreie Stadt/Landkreis männlich weiblich gesamt männlich weiblich gesamt Brandenburg an der Havel 141 178 319 198,38 134,43 163,95 Cottbus 209 300 509 254,5 178,98 213,49 Frankfurt (Oder) 114 141 255 233,95 147,05 185,67 Potsdam 202 320 522 168,09 132,07 153,18 Barnim 344 451 795 243,62 179,56 212,13 Dahme-Spreewald 323 397 720 225,13 154,24 191,45 Elbe-Elster 332 380 712 328,82 184,07 247,69 Havelland 289 350 639 236,05 158,93 193,83 Märkisch-Oderland 367 449 816 224,8 155,25 188,91 Oberhavel 384 515 899 229,27 175,58 202,41 Oberspreewald-Lausitz 332 413 745 311,68 194,76 245,14 Oder-Spree 425 514 939 261,58 179,13 217,23 Ostprignitz-Ruppin 229 295 524 260,68 180,23 219,68 Potsdam-Mittelmark 350 467 817 211,13 155,67 182,45 Prignitz 202 263 465 259,07 180,22 217,14 Spree-Neiße 328 367 695 293,5 171,23 223,98 Teltow-Fläming 313 441 754 238,9 179,36 211,95 Uckermark 312 332 644 276,06 167,25 217,62 Brandenburg 5.196 6.573 11.769 244,74 167,29 204,16 Deutschland 148.538 189.518 338.056 223,53 152,97 185,92 Landtag Brandenburg Drucksache 6/8674 - 3 - Tabelle 2: Sterbefälle durch Krankheiten des Kreislaufsystems im Jahr 2015 absolute Anzahl Fälle pro 100.000 Einwohner kreisfreie Stadt/Landkreis männlich weiblich gesamt männlich weiblich gesamt Brandenburg an der Havel 155 171 326 208,44 118,93 160,58 Cottbus 246 301 547 272,75 172,36 218,32 Frankfurt (Oder) 115 152 267 215,1 156,28 185,72 Potsdam 254 330 584 198,54 134,65 165,33 Barnim 365 437 802 245,81 162,27 204,06 Dahme-Spreewald 345 415 760 227,25 159,59 192,63 Elbe-Elster 337 367 704 316,52 180,32 242,16 Havelland 270 385 655 201,52 171,95 190,42 Märkisch-Oderland 401 501 902 234,02 165,98 201,18 Oberhavel 408 511 919 243,17 168,27 206,02 Oberspreewald-Lausitz 349 390 739 304,97 178,05 230,84 Oder-Spree 423 505 928 249,09 163,74 202,59 Ostprignitz-Ruppin 204 293 497 223,02 168,85 196,91 Potsdam-Mittelmark 370 501 871 203,66 160,24 183,1 Prignitz 206 286 492 245,61 185,79 214,99 Spree-Neiße 308 422 730 264,61 191,25 226,85 Teltow-Fläming 381 511 892 276,93 200,25 238,64 Uckermark 312 363 675 258,21 164,21 212,43 Brandenburg 5.449 6.841 12.290 243,12 167,23 204,18 Deutschland 157.996 198.620 356.616 229,49 156,9 191,12 Tabelle 3: Sterbefälle durch einen akuten Myokardinfarkt im Jahr 2014 absolute Anzahl Fälle pro 100.000 Einwohner kreisfreie Stadt/Landkreis männlich weiblich gesamt männlich weiblich gesamt Brandenburg an der Havel 40 41 81 58,36 35,14 45,86 Cottbus 62 61 123 74,44 40,63 55,05 Frankfurt (Oder) 36 14 50 82,31 12,15 42,02 Potsdam 51 28 79 44,73 11,76 26,6 Barnim 87 56 143 61,3 24,42 41,06 Dahme-Spreewald 88 70 158 61,84 27,05 44,25 Elbe-Elster 81 36 117 82,39 19,49 48,25 Havelland 69 41 110 56,96 18,16 35,17 Märkisch-Oderland 94 59 153 55,93 21,03 37,53 Oberhavel 93 88 181 54,68 30,4 41,54 Oberspreewald-Lausitz 74 55 129 70,08 25,8 46,52 Oder-Spree 114 77 191 69,19 30,95 47,95 Landtag Brandenburg Drucksache 6/8674 - 4 - Ostprignitz-Ruppin 67 64 131 78,57 39,23 55,71 Potsdam-Mittelmark 81 54 135 46,76 19,48 31,18 Prignitz 43 38 81 55,18 30,54 41,83 Spree-Neiße 98 55 153 91,33 31,44 57,71 Teltow-Fläming 95 82 177 71,27 36,79 53,38 Uckermark 92 46 138 81,71 27,32 50,38 Brandenburg 1.365 965 2.330 64,5 26,41 43,6 Deutschland 27.188 20.993 48.181 42,62 18,82 29,58 Tabelle 4: Sterbefälle durch einen akuten Myokardinfarkt im Jahr 2015 absolute Anzahl Fälle pro 100.000 Einwohner kreisfreie Stadt/Landkreis männlich weiblich gesamt männlich weiblich gesamt Brandenburg an der Havel 48 51 99 62,34 36,32 47,12 Cottbus 74 47 121 88,63 28,57 53,7 Frankfurt (Oder) 35 25 60 67,28 27,65 46,14 Potsdam 34 37 71 28,14 15,67 21,6 Barnim 68 54 122 46,12 20,79 33,66 Dahme-Spreewald 79 83 162 54,24 32,74 43,41 Elbe-Elster 89 52 141 87,08 32,34 57,29 Havelland 46 46 92 35,28 22,57 28,94 Märkisch-Oderland 107 63 170 61,56 22,95 40,54 Oberhavel 98 84 182 60,43 27,38 43,19 Oberspreewald-Lausitz 72 53 125 67,77 32,27 46,51 Oder-Spree 126 78 204 76,59 25,45 47,43 Ostprignitz-Ruppin 55 54 109 63,87 33,4 47,07 Potsdam-Mittelmark 69 55 124 39,03 19,3 28,04 Prignitz 33 34 67 42,5 26,28 34,79 Spree-Neiße 79 74 153 71,02 33,5 50,85 Teltow-Fläming 124 103 227 91,54 44,4 64,67 Uckermark 92 56 148 76,48 27,78 50,33 Brandenburg 1.328 1.049 2.377 61,18 27,69 42,88 Deutschland 27.835 21.375 49.210 42,55 18,79 29,6 Frage 4: Wie lang dauerte es in den Jahren 2016 und 2017 im Durchschnitt, bis ein alarmierter Rettungsdienst im Falle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen am Notfallort eingetroffen ist? (Bitte Zahlen nach Landkreisen aufschlüsseln). zu Frage 4: Die Träger des Rettungsdienstes erfassen die Hilfsfrist bei Notfällen nicht nach Einsatzstichworten. Eine unterschiedliche Betrachtung der Hilfsfrist nach Diagnosen erfolgt insoweit nicht. Einsatzstichworte sind externe Entscheidungen der Leitstellen. Erst am Einsatzort selbst ist feststellbar, ob es sich tatsächlich um eine „Herz-Kreislauf- Erkrankung“ handelt. Rettungsdiensteinsätze unter dem Stichwort „Herz-Kreislauf“ unterliegen der gesetzlichen geforderten Hilfsfrist wie alle übrigen Notfälle. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8674 - 5 - Frage 5: Welche gesetzlichen Grundlagen gibt es für die Bereitstellung von Defibrillatoren im öffentlichen Raum? zu Frage 5: Gesetzliche Bestimmungen hinsichtlich einer verpflichtenden Einführung und Anwendung von Automatisierten Externen Defibrillatoren (AED) durch Nichtärzte bestehen nicht. Frage 6: Wie hoch ist die Zahl der Defibrillatoren in landeseigenen Einrichtungen im Land Brandenburg, und wo befinden sich die Standorte? zu Frage 6: Der Landesregierung liegen keine Angaben im Sinne der Fragestellung vor. Frage 7: Wie bewertet die Landesregierung die Situation der Verfügbarkeit von Defibrillatoren in der Landeshauptstadt Potsdam? Frage 8: Wie viele Defibrillatoren gibt es nach Kenntnis der Landesregierung in der Stadt Potsdam? (Bitte mit Standort aufführen). Frage 9: Wie bewertet die Landesregierung die fehlende zentrale Erfassung von Defibrillatoren in Potsdam? zu den Fragen 7, 8 und 9: Da eine Meldepflicht für die Installation bzw. den Betrieb von Defibrillatoren nicht besteht, entzieht sich die Ausstattung in der Landeshauptstadt Potsdam einer Bewertung. Auf Nachfrage teilte die Landeshauptstadt Potsdam folgende bekannte Stationierungsorte von Defibrillatoren mit: - Hauptbahnhof Potsdam, - Hasso-Plattner-Institut, - Stern-Center, - Hans-Otto-Theater, - Liegenschaft des RBB, - Neues Palais, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, - Bäderbetriebe der LH Potsdam. Die Erweiterung von Standorten für Defibrillatoren auf Einrichtungen mit einer regelmäßig größeren Konzentration von Personen wird seitens der Landeshauptstadt als grundsätzlich begrüßenswert eingeschätzt. Frage 10: Gibt es Pläne zur landesweiten Standort-Erfassung von Defibrillatoren in Brandenburg ? zu Frage 10: Eine landesweite Standorterfassung ist nicht vorgesehen. Frage 11: Welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung hinsichtlich der Bereitstellung von Defibrillatoren im öffentlichen Raum? zu Frage 11: Die Landesregierung sieht derzeit keinen Handlungsbedarf.