Landtag Brandenburg Drucksache 6/8771 6. Wahlperiode Eingegangen: 15.05.2018 / Ausgegeben: 22.05.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3496 der Abgeordneten Dieter Dombrowski (CDU-Fraktion) und Danny Eichelbaum (CDU- Fraktion) Drucksache 6/8599 Umfang der Gewässerunterhaltung Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: In der täglichen Praxis gibt es immer wieder Fragen zu den Zuständigkeiten der Unterhaltungspflichtigkeit sowie zum Umfang der Gewässerunterhaltung , insbesondere wenn entlang von Gewässern Gehölze der Vitalitätsstufe 4 (äußerst schlechter Zustand des Gehölzes, in deren Folge meist das Absterben eintritt) vorkommen. Einige Wasser- und Bodenverbände haben die Gewässerunterhaltung an betroffenen Gewässerabschnitten aus Sicherheitsgründen bereits eingestellt. Hieraus leiten sich wichtige Fragen hinsichtlich der Pflicht zur Pflege und Unterhaltung sowie zu der Kostenträgerschaft ab. Frage 1: Nach welchen rechtlichen Grundsätzen und wichtigen Urteilen bestimmt sich der Umfang der Gewässerunterhaltung an ausgebauten Gewässern? zu Frage 1: Der Umfang der Gewässerunterhaltung ist in § 39 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und § 78 Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG) geregelt. Gemäß § 39 Abs. 3 WHG gelten für die Unterhaltung ausgebauter Gewässer, soweit nicht in einem Planfeststellungsbeschluss oder einer Plangenehmigung nach § 68 WHG etwas anderes bestimmt ist, die Regelungen der Absätze 1 und 2 des § 39 WHG. Danach umfasst die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers seine Pflege und Entwicklung. Zur Gewässerunterhaltung gehören insbesondere die Erhaltung des Gewässerbettes, auch zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses, die Erhaltung der Ufer, insbesondere durch Erhaltung und Neuanpflanzung einer standortgerechten Ufervegetation, sowie die Freihaltung der Ufer für den Wasserabfluss, die Erhaltung der Schiffbarkeit von schiffbaren Gewässern mit Ausnahme der besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen , die Erhaltung und Förderung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers , insbesondere als Lebensraum von wild lebenden Tieren und Pflanzen und die Erhaltung des Gewässers in einem Zustand, der hinsichtlich der Abführung oder Rückhaltung von Wasser, Geschiebe, Schwebstoffen und Eis den wasserwirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht. Nach § 78 BbgWG ist die Gewässerunterhaltung nach Maßgabe der von der obersten Wasserbehörde eingeführten Richtlinie (Unterhaltungsrichtlinie) und unter Beachtung der Ergebnisse der Gewässerschauen durchzuführen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8771 - 2 - Anders als in einigen anderen Bundesländern, wird im Brandenburgischen Wassergesetz nicht geregelt, dass bei ausgebauten Gewässern der Ausbauzustand zu erhalten ist. Allein für Anlagen, die als Bestandteil des Gewässers dessen Ausbauzustand bestimmen und sichern, regelt § 82 Satz 2 BbgWG, dass diese vom Unterhaltungspflichtigen des Gewässers zu unterhalten sind. Dementsprechend beinhaltet auch die Unterhaltungsrichtlinie keine Ausführungen zur Erhaltung des Ausbauzustands. Aus diesem Grunde ist auch die Rechtsprechung zur Erhaltung des Ausbauzustands nicht relevant. Frage 2: Welche Anlagen, Bepflanzungen, etc., die im Zuge des Gewässerausbaus vom Ausbauer errichtet/gepflanzt (hergestellt) worden sind, bestimmen den Ausbauzustand? zu Frage 2: Ausbauzustand ist der Zustand, in den das Gewässer durch den Gewässerausbau versetzt wurde. Dieser Zustand kann u. a. durch Anlagen und Bepflanzungen geprägt sein. Frage 3: Auf welche Gegenstände, Landschaftselemente und/oder Anlagen erstreckt sich die Pflicht zur Gewässerunterhaltung an ausgebauten Gewässern? Frage 4: Gibt es eine räumliche oder dingliche Begrenzung der Gewässerunterhaltung an ausgebauten Gewässern? Wenn ja, wie sind diese bestimmt? Frage 5: Welche Anlagen, Bepflanzungen, etc., die im Zuge des Gewässerausbaus vom Ausbauer errichtet/gepflanzt (hergestellt) worden sind, sind nicht von der Gewässerunterhaltung eines ausgebauten Gewässers umfasst? zu Frage 3, 4 und 5: Für die Unterhaltungen ausgebauter Gewässer gilt § 39 Abs. 1 und Abs. 2 WHG, soweit in einem Planfeststellungsbeschluss oder einer Plangenehmigung nicht etwas anderes bestimmt ist. Gegenstand der Gewässerunterhaltung ist danach ausschließlich die Pflege und Entwicklung des Gewässers sowie die Unterhaltung der Anlagen , die als Bestandteil des Gewässers dessen Ausbauzustand bestimmen und sichern. Soweit sich aus einem Planfeststellungsbeschluss oder einer Plangenehmigung für einen Gewässerausbau nicht etwas anderes ergibt, erstreckt sich die Unterhaltungspflicht räumlich auf das Gewässerbett und die Ufer bis zur Böschungsoberkante. Die darüber hinausgehende Unterhaltung von Anlagen, Bepflanzungen etc. ist nicht Gegenstand der Gewässerunterhaltung. Frage 6: Wenn Anlagen, Bepflanzungen, etc., die im Zuge des Gewässerausbaus vom Ausbauer auf fremdem Grund errichtet/gepflanzt (hergestellt) worden sind und nicht von der Gewässerunterhaltung eines ausgebauten Gewässers umfasst sind, wer ist dann für die Unterhaltung/Pflege zuständig und auf welcher Rechtsgrundlage begründet sich die Unterhaltung und Pflege? Frage 7: Umfasst die Gewässerunterhaltung an ausgebauten Gewässern auch die vom Ausbauer gepflanzten Gehölze auf fremdem Grund? Wenn nein, wer ist auf welcher Rechtsgrundlage verpflichtet, erforderliche Unterhaltungsmaßnahmen durchzuführen und wer hat die Kosten hierfür zu tragen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8771 - 3 - zu Frage 6 und 7: Anlagen in, an, über und unter oberirdischen Gewässern sind gemäß § 82 S. 1 BbgWG von ihren Eigentümern oder Besitzern zu unterhalten. Gleiches gilt grundsätzlich auch für Bepflanzungen etc. Wer im Einzelfall für die Unterhaltung von Anlagen, Bepflanzungen etc., die im Zuge eines Gewässerausbaus auf fremden Grund errichtet/getätigt wurden, zuständig ist, kann auch im Planfeststellungsbeschluss oder der Plangenehmigung bestimmt oder vertraglich geregelt sein. Frage 8: Umfasst die Gewässerunterhaltung an der ausgebauten Nuthe auch das vom Ausbauer hergestellte Landschaftsbild? (bitte auch Stellung nehmen zu den in Rn 64-74 zu §39 WHG in Reinhard/Czychowski 2010 angeführten Gerichtsurteilen) Frage 9: Umfasst die Gewässerunterhaltung an ausgebauten Gewässern auch den vom Ausbauer hergestellten Erholungswert? (bitte auch Stellung nehmen zu den in Rn 64-74 zu §39 WHG in Reinhard/Czychowski 2010 angeführten Gerichtsurteilen) zu Frage 8 und 9: Nach § 39 Absatz 2 Satz 2 WHG sind Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft bei der Gewässerunterhaltung zu berücksichtigen. Eine allgemeine Verpflichtung, Arbeiten durchzuführen, die ausschließlich dem Landschaftsbild und dem Erholungswert dienen sollen, besteht danach nicht. Die Formulierung „berücksichtigen“ führt lediglich zu einem Abwägungsgebot. Dadurch wird weder eine strikte Beachtenspflicht noch ein Vorrang dieser Belange normiert. Vielmehr steht dem Unterhaltungspflichtigen innerhalb der Abwägung ein erheblicher Einschätzungsspielraum zu, in welchem Umfang er Bild und Erholungswert berücksichtigt (BeckOK UmweltR/Spieth WHG § 39 Rn. 34-35, beck-online). Etwas anderes kann sich im Einzelfall aus dem Planfeststellungsbeschluss bzw. der Plangenehmigung ergeben. Die Auswertung von Rechtsprechung erfolgt bei Bedarf, insbesondere bei abstrakten oder konkreten Auslegungsfragen. Für den genannten Zweck sind Urteile von Gerichten aus anderen Bundesländern, soweit sie die jeweils spezifischen landesrechtlichen Regelungen zum Gegenstand haben, nur eingeschränkt verwendbar.