Landtag Brandenburg Drucksache 6/8857 6. Wahlperiode Eingegangen: 25.05.2018 / Ausgegeben: 30.05.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3518 des Abgeordneten Dr. Rainer van Raemdonck (AfD-Fraktion) Drucksache 6/8663 Anerkennung von medizinischen Abschlüssen aus Drittstaaten in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: In verschiedenen Medienberichten wird zum einen von Repräsentanten der Ärzteschaft beklagt, dass es immer schwieriger werde, ohne zugewanderte Mediziner die Versorgung bei niedergelassenen Ärzten sowie in Krankenhäusern zu garantieren. Zum anderen ergibt sich die Frage nach der Qualität der in Drittstaaten erworbenen medizinischen Abschlüsse und der Anerkennungsverfahren. Jüngst berichtete die Ärztezeitung über „frisierte“ Papiere von ausländischen Ärzten und weiteren Schwierigkeiten im Anerkennungsverfahren (https://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/ausbildung/article/931287/auslaendischera bschluesse-crux-diplom.html). Ich frage die Landesregierung: 1. Inwiefern sind der Landesregierung Fälle von so genannten frisierten Papieren von ausländischen Medizinern im Anerkennungsverfahren ihrer Abschlüsse in Brandenburg bekannt? 2. Wenn der Landesregierung solche Fälle bekannt sind, aus welchen Ländern stammen die Personen und wie viele Fälle sind seit 2014 aufgetreten? Zu den Fragen 1 und 2: Die Zuständigkeit für das Anerkennungsverfahren von zugewanderten Ärztinnen und Ärzten liegt im Land Brandenburg beim Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheit und Verbraucherschutz (LAVG). Bislang hat es im Bereich der ärztlichen Anerkennungsverfahren keine nachgewiesenen Fälle von gefälschten Ausbildungsdokumenten gegeben. Es gibt aber immer wieder Hinweise darauf, dass insbesondere in Ländern, in denen keine oder nur eine unzureichende staatliche Ordnung besteht, Dokumente gefälscht werden. Daher wird in begründeten Zweifelsfällen seitens des LAVG stets eine Echtheits- bzw. Plausibilitätsprüfung des betreffenden Dokuments bzw. der vorliegenden Unterlagen, z.B. bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) der Kultusministerkonferenz (KMK), veranlasst. Sofern Antragstellende ihre Ausbildungsdokumente beim LAVG nicht mit der im internationalen Urkundenverkehr notwendigen Legalisation bzw. Apostille beibringen können und somit die Echtheit nicht verifiziert ist, haben diese generell eine Kenntnisprüfung abzulegen. Landtag Brandenburg Drucksache 6/8857 - 2 - 3. Die Verordnung zur Durchführung und zum Inhalt von Anpassungsmaßnahmen sowie zur Erteilung und Verlängerung von Berufserlaubnissen des Bundes soll die Anforderungen im Anerkennungsverfahren seit 2014 regeln. Inwiefern sind diese Anforderungen für Brandenburg umgesetzt worden? 4. Sieht die Landesregierung die derzeitigen Vorschriften zur Anerkennung von medizinischen Abschlüssen von Antragsstellern aus Drittstaaten im Sinne der Patientensicherheit als ausreichend an? 5. Sieht die Landesregierung Verbesserungsbedarf bei der Durchführung der Anerkennungsverfahren , insbesondere vor dem Hintergrund des Patientenschutzes? 6. Sollte nach Auffassung der Landesregierung zur Vermeidung von Betrugsversuchen und zur Sicherstellung einer dem deutschen Staatsexamen in Medizin gleichwertigen Qualifikation der Qualifikationsvergleich sowie die Gleichwertigkeitsprüfung für Antragsteller aus Drittstaaten abgeschafft werden und stattdessen eine alleinige und sofortige Kenntnisprüfung verbindlich eingeführt werden? Falls nein, wie begründet dies die Landesregierung? Zu den Fragen 3 bis 6: Die Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums zur Durchführung und zum Inhalt von Anpassungsmaßnahmen sowie zur Erteilung und Verlängerung von Berufserlaubnissen in den Heilberufen des Bundes vom 2. August 2013 (BGL. I S. 3005) ist im Land Brandenburg vollständig umgesetzt. Mit der Bundesverordnung wurde u.a. das für die Anerkennung von zugewanderten Heilberufsangehörigen maßgebliche Verfahren in Umsetzung von EU- und nationalem Recht (Berufsgesetze, Berufsqualifikations- und Feststellungsgesetz) neu strukturiert und geregelt. Dabei wurden die Anforderungen an die Kenntnis- und Eignungsprüfungen umfassender als zuvor und mit Gültigkeit für alle Bundesländer festgeschrieben. Mit den Neuregelungen sollte dem Patientenschutz und den Interessen der Antragstellenden auf ein transparentes und zügiges Anerkennungsverfahren gleichermaßen Rechnung getragen werden. Ob diese Ziele erreicht worden sind bzw. ob ggf. Optimierungsbedarf in der einen oder anderen Hinsicht besteht, werden die weiteren Erfahrungen bei der Umsetzung der Regelungen in allen Bundesländern und die Ergebnisse der derzeit laufenden Untersuchungen des Anerkennungsmonitorings des Bundesinstituts für Berufsbildung (BBIB) zu Auslandsanträgen zeigen . Die Einführung einer verpflichtenden Kenntnisprüfung für Antragstellende mit Drittstaatsausbildung könnte insoweit dann auch eine mögliche Handlungsoption sein. 7. Wie vielen Ärzten ist aus welchen EU-Staaten (bitte einzeln aufschlüsseln) seit 2014 in Brandenburg die Approbation zuerkannt worden und auf Basis welcher Prüfung der Qualifikationen? 8. Wie vielen Ärzten ist aus welchen Nicht-EU-Staaten (bitte einzeln aufschlüsseln) seit 2014 in Brandenburg die Approbation zuerkannt worden und auf Basis welcher Prüfung der Qualifikationen? Zu den Fragen 7 und 8: Vgl. Anlage Landtag Brandenburg Drucksache 6/8857 - 3 - 9. Unterstützt die Landesregierung die Auffassung der Landesregierung Baden- Württembergs, dass die Kenntnisprüfung nicht das Niveau eines deutschen Staatsexamens habe, aber ein solches Niveau für den Patientenschutz notwendig sei? Falls nein, wie begründet dies die Landesregierung? 10. Wie steht die Landesregierung zu der Möglichkeit, zumindest bei Antragsstellern für die Approbation zum Arztberuf aus Nicht-EU-Staaten, eine obligatorische Staatsprüfung einzuführen? 11. Wie steht die Landesregierung zu der Ausweitung der Defizitfächer über die derzeitigen verpflichtenden Prüfungsfächer (Innere Medizin, Chirurgie plus ein weiteres Defizitfach ) hinaus? Zu den Fragen 9 bis 11: Eine Prüfung der Kenntnisse (§ 3 Abs. 3 der Bundesärzteordnung (BÄO) i. V. m. § 37 Ärztliche Approbationsordnung (ÄApprO)) unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von einem Staatsexamen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 BÄO i. V. m. §§ 10 - 33 ÄApprO). Wesentlicher Unterschied ist, dass mit dem - aus insgesamt drei unterschiedlich strukturierten Abschnitten bestehenden - Staatsexamen der Abschluss eines sechsjährigen Medizinstudiums nachgewiesen wird. Bei der mündlich/praktischen Kenntnisprüfung werden Personen mit in Drittstaaten absolvierten ärztlichen Ausbildungen, deren Gleichwertigkeit mit dem deutschen Medizinstudium nicht festgestellt werden kann, dahingehend geprüft, ob sie über gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die zur Ausübung des ärztlichen Berufes in Deutschland erforderlich sind. In inhaltlicher, zeitlicher und personeller /organisatorischer Hinsicht gibt es ebenfalls erhebliche Unterschiede zwischen dem Staatsexamen und der Kenntnisprüfung. Im Hinblick auf die Forderung der Einführung einer obligatorischen Staatsprüfung stehen insbesondere Fragen der Verhältnismäßigkeit im Raum. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht ersichtlich, dass eine solche dem Staatsexamen analoge Prüfung aus Gründen des Patientenschutzes geeignet, erforderlich und angemessen ist. Zur Frage einer möglichen Ausweitung der derzeit verpflichtenden Prüfungsfächer im Rahmen von Kenntnisprüfungen wird auf das laufende Anerkennungsmonitoring verwiesen (vgl. auch Antwort zu den Fragen 3 bis 6). 12. Wie steht die Landesregierung zu einer obligatorischen Prüfung der allgemeinen und spezifischen medizinischen Deutschkenntnisse im Zulassungsverfahren zur Approbation ? Zu Frage 12: Der Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz vom 26./27. Juni 2014 zu Eckpunkten zur Überprüfung der für die Berufsausübung erforderlichen Deutschkenntnisse in den akademischen Heilberufen ist im Land Brandenburg vollständig umgesetzt. Zum GMK-Beschluss (TOP 7.3) vgl. https://www.gmkonline.de/Beschluesse.html?id=179&jahr=2014. 13. Wie beurteilt die Landesregierung die Situation in Brandenburg hinsichtlich der Gewinnung von Nachwuchsmedizinern aktuell und prognostisch bis 2028? 14. Hält die Landesregierung die Gewinnung von ausländischen Medizinern für Brandenburg für unabdingbar im Sinne der Patienten- und Versorgungssicherheit? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8857 - 4 - 15. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung ergriffen bzw. wird sie ergreifen, um die Rekrutierung von Nachwuchsärzten aus dem Land selbst bzw. aus Gesamtdeutschland für Brandenburg in ausreichendem Maße sicherzustellen? Zu den Fragen 13 bis 15: Der Landesregierung ist bewusst, dass die Nachwuchssicherung von Medizinerinnen und Medizinern eine zentrale Herausforderung für die Patientenversorgung darstellt. Mit einem erforderlichen breit aufgestellten Maßnahmenportfolio aller Beteiligten wird dieser Herausforderung begegnet. Dies schließt auch den Einsatz von medizinischen Nachwuchskräften aus dem Ausland mit ein. Gemeinsam mit allen primär verantwortlichen Partnerinnen und Partnern setzt sich die Landesregierung seit vielen Jahren aktiv für attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen für Ärztinnen und Ärzte im Land Brandenburg ein. Eine Vielzahl von Aktivitäten und Projekten (u.a. vorstrukturierte Weiterbildungsprogramme , Kooperationen mit der Charité Berlin und der privaten Medizinischen Hochschule Theodor-Fontane Brandenburg, diverse Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten für Niederlassungswillige und Studierende, Praxisbörsen und Existenzgründertage, Onlineplattform www.arzt-in-brandenburg.de, Modellprojekt „National Matching“, Gemeinsames Landesgremium nach § 90a SGB V, gemeinsame Gutachtenstelle für Gesundheitsberufe der ZAB bei der KMK, Netzwerk Integration durch Qualifizierung (IQ) u.a.) belegt dieses Engagement. Eine konkrete Prognose zur Entwicklung der Nachwuchskräftesituation bis 2028 liegt der Landesregierung nicht vor. Die weitere Entwicklung wird jedoch maßgeblich davon abhängen , welche Effekte laufende und künftige Maßnahmen erzielen. 16. Wie steht die Landesregierung zur Kritik ausländischer Politiker, insbesondere aus südosteuropäischen EU-Staaten wie Rumänien, dass sich ein „Brain drain“ an Nachwuchsmedizinern Richtung Deutschland vollziehe, der langfristig zu einer prekären Versorgungssituation von Medizinern aus den Herkunftsländern führen dürfte (https://www.mittelbayerische.de/politik-nachrichten/rumaeniens-praesident-kritisiertcsu -21771-art1012514.html)? Zu Frage 16: Die Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist integraler Bestandteil des europäischen Binnenmarktes (vgl. Artikel 45 und Artikel 46 Absatz 2 AEUV). 17. Gibt es bei der Anerkennung von Abschlüssen aus Drittstaaten in Heil- und Pflegeberufen unterhalb der Arztebene (z.B. Pfleger, Krankenschwestern, Physiotherapeuten) ähnliche Probleme wie bei der Anerkennung von medizinischen Abschlüssen aus Drittstaaten? Falls ja, wie beabsichtigt die Landesregierung für Abhilfe zu sorgen? Zu Frage 17: Die Anerkennungsverfahren in den Gesundheitsfachberufen sind grundsätzlich vergleichbar. Besonderheiten im Verfahren können sich aus der jeweiligen Spezifik der unterschiedlichen Berufe ergeben. Gegenwärtig liegt ein Fall vor, in dem der begründete Verdacht auf Fälschung von Unterlagen besteht, nachdem die Überprüfung bei der ZAB erhebliche Zweifel an der Echtheit von Ausbildungsdokumenten ergeben hat. Hier wird Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gestellt. Anlage/n: 1. Anlage ~ 9 1 4 4 5 10 1 15 39 3 14 4 3 15 5 2 134 15 4 29 2 3 8 2 3 1 1 1 2 1 1 4 1 3 4 2 1 2 7 10 2 1 8 1 1 1 2 2 3 20 25 1 2 1 6 16 1 3 203 337 Anlage Approbations erteilungen nach Ausbildungländern Anerkennungart nach Jahren Gleichwertige Ausbildung Bestandene Kenntnisprüfung 2014 2015 2016 2017 gesamt 2014 2015 2016 2017 gesamt EU Bulgarien 5 3 1 9 Griechenland 1 1 Italien 1 1 2 4 Kroatien 3 1 4 Lettland 2 1 2 5 Litauen 3 1 5 1 10 Niederlande 1 1 Österreich S 3 1 3 15 Polen 15 7 11 6 39 Portugal 2 1 3 Rumänien 4 3 5 2 14 Slowakei 1 2 1 4 Slowenien 2 1 3 Tschechische Republik 6 3 6 15 Ungarn 1 2 2 5 Vereinigtes Königreich 1 1 2 gesamt: 53 16 37 28 134 Drittländer gesamt: Ägypten 1 1 3 4 7 14 Albanien 4 4 Arabische Republik Syrien 2 2 6 21 27 Argentinien 1 1 2 Armenien 1 1 1 3 Aserbaidschan 2 6 8 Bolivarische Republik Venezuela 2 2 Bosnien und Herzegowina 2 1 3 Dominikanische Republik 1 1 Ecuador 1 1 ehern. Jugoslawien 1 1 Georgien 2 2 Honduras 1 1 Indien 1 1 Islamische Republik Iran 1 3 4 Japan 1 1 Jemen 1 1 1 1 2 Jordanien 1 1 1 1 1 3 Kasachstan 2 2 Kenia 1 1 Kirgisistan 1 1 1 1 Kolumbien 1 3 3 7 Kosovo 6 4 10 Libyen 1 1 1 1 Marokko 1 1 Mazedonien 2 2 4 8 Mexiko 1 1 Mongolei 1 1 Pakistan 1 1 Palästina 1 1 2 Peru 2 2 Republik Moldau 3 3 Russische Föderation 1 1 5 8 2 4 19 Serbien 1 1 2 10 12 24 Südafrika 1 1 Sudan 1 1 2 Tunesien 1 1 Türkei 1 1 4 6 Ukraine 2 4 10 16 Usbekistan 1 1 Weißrussland 3 3 3 7 1 2 13 11 38 42 99 190 Gesamtergebnis 56 23 38 30 147 11 38 42 99 190 * EU-Ausbildungen unterliegen EU-Recht und i. d. R. der gegenseitigen automatisierten Anerkennung, Ausbildungen in Drittländern wurden i. d. R. unter der zu berücksichtigenden langjährigen, z,T. in EU-Mitgliedsstaaten nachgewiesenen Berufserfahrung als gleichwertig anerkannt