Landtag Brandenburg Drucksache 6/8886 6. Wahlperiode Eingegangen: 29.05.2018 / Ausgegeben: 04.06.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3497 der Abgeordneten Iris Schülzke (fraktionslos) Drucksache 6/8600 Kindertagesstätten, die Wiege unserer Zukunft - Defizite bei der Personalkostenerstattung ? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Seit Jahren wächst die Unzufriedenheit mit den gesetzlichen Vorgaben der Personalausstattung in Brandenburg. Andererseits gibt es immer öfter Forderungen und Berichte aus Kindereinrichtungen bzw. von deren Trägern, aber auch von den Trägern der Jugendhilfe, dass die Ganztagesbetreuung nicht ausfinanziert ist und nur für 7,5 Stunden die tägliche Betreuung der Kinder aus Landesmitteln mitfinanziert wird. Viele Eltern, die ganztags arbeiten und zu den Steuereinnahmen im Land erheblich beitragen , sind bei Vollbeschäftigung natürlich auf Betreuungszeiten bis zu 10 Stunden angewiesen . Verschiedenen Zeitungsberichten ist zu entnehmen, dass es gar keine Kenntnis bzw. Erhebungen im Bildungsministerium über die echten Betreuungszeiten der Kinder in den Kinderbetreuungseinrichtungen gibt. Zu diesem Thema hatte ich im Herbst 2016 einen Antrag im Landtag gestellt, im April 2017 ist im Landtag debattiert worden und aus Sicht der Kinderbetreuungseinrichtungen eine unerhebliche Verbesserung des Erzieherschlüssels erreicht worden. Es folgten weitere KA zur Finanzierung des Erzieherpersonals, zum Thema Defizite bei den Kostenerstattungen . Es entsteht der Eindruck, dass die reale Betreuungs- und Finanzierungssituation trotzdem bisher unbekannt ist. Vorbemerkung der Landesregierung: Das Kindertagesstättengesetz regelt, wie viel notwendiges pädagogisches Personal in einer Kita vorzuhalten ist (§10 KitaG). Es regelt nicht, welche bestimmte Relation von Fachkräften zu Kindern in einer konkreten Betreuungssituation in der Kita zu gewährlisten ist und trifft auch keine Aussagen über Gruppengrößen oder Betreuungszeiten. Die Aussage, das Land finanziere lediglich einen Personalschlüssel von bis zu 7,5 Stunden Betreuungszeit, ist daher falsch: Die Einrichtungsträger haben gemäß § 16 Absatz 2 KitaG einen Anspruch auf die Finanzierung einer Mindestpersonalausstattung , die sich aus § 10 Absatz 1 KitaG ergibt. Die entsprechenden Personalkostenzuschüsse stellen die gesetzliche Untergrenze für die Zuschüsse der Landkreise und kreisfreien Städte dar. Um eine vom Landkreis oder der kreisfreien Stadt angestrebte Qualität in der Kindertagesbetreuung zu erreichen, kann der Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt - im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung - den Zuschuss an die Einrichtungsträger erhöhen und dazu Vereinbarungen treffen. Das Land unterstützt im Landtag Brandenburg Drucksache 6/8886 - 2 - Rahmen seiner Zuständigkeit mit pauschalen zweckgebundenen Zuschüssen die Landkreise und kreisfreien Städte. Im Jahr 2018 wird sich das Land mit mehr als 400 Mio. Euro an den Kosten der Kindertagesbetreuung beteiligen. Seit 2010 hat es kontinuierlich Verbesserungen der Personalbemessung gegeben. Dies kostet z.B. hinsichtlich der weiteren Verbesserung des Personalschlüssels ab August 2018 im Jahr 2018 zusätzlich rund 6,5 Mio. Euro und ab 2019 gut 15 Mio. Euro jährlich. Dafür kommt das Land vollständig finanziell auf. Hinzukommen werden jetzt noch einmal rund 43 Mio. Euro für den Einstieg in die Elternbeitragsfreiheit. Frage 1: Wann ist die Erhebung des Bedarfs der echten Betreuungszeiten in den Kindereinrichtungen von 0 bis 6 (bzw. bis Schulbeginn) Jahren geplant? zu Frage 1: Gemäß dem Beschluss des Landtages vom 31. Januar 2018 (Drucksache 6/8062-B) wird die Landesregierung im 4. Quartal 2018 die unterschiedliche Inanspruchnahme des erweiterten Rechtsanspruchs im zeitlichen Verlauf und nach Landkreisen aufgeschlüsselt sowie die prozentuale und absolute Inanspruchnahme von erweiterten Betreuungszeiten von sechs bis zehn Stunden - in Stunden-Schritten - und über zehn Stunden hinaus in einem Bericht vorlegen. Frage 2: Durch Vereine, Verbände oder private Träger geführte Kindereinrichtungen gibt es inzwischen ernstzunehmende Hinweise, dass eine Weiterführung als Ganztageseinrichtung , somit über 7,5 Stunden Betreuungszeit, nicht mehr möglich ist, weil die Finanzierung nicht gesichert ist. Wie soll dieses Problem gelöst werden? zu Frage 2: Der Landesgesetzgeber hat entschieden, dass derjenige, der eine Kindertagesstäte betreibt, die Finanzierung durch Eigenleistungen, durch Elternbeiträge, durch Zuschüsse der Gemeinde sowie durch Zuschüsse des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zu sichern hat (vgl. § 16 Absatz 1 Satz 1 KitaG). Der Betreiber einer Kita hat also vier Finanzierungsquellen. Der Träger einer Kindertagesstätte hat unter anderem Anspruch auf den Mindestpersonalkostenzuschuss, der sich nach § 10 in Verbindung mit § 16 Absatz 2 KitaG ergibt. Frage 3: Es gibt Verlautbarungen aus dem Ministerium, dass weitere Unterlagen aus den Kitas, bzw. von deren Träger beigebracht werden sollen, um längere Betreuungen als 7,5 Stunden, bei entsprechenden Nachweisen, über zusätzliche Anträge nachfinanziert werden könnten. Da der Organisationsaufwand schon zurzeit nicht ausreichend finanziert ist, lehnen die Einrichtungen den zusätzlich angestrebten bürokratischen Aufwand vehement ab und befürchten, dass diese Schreibarbeiten erneut zu Lasten der Betreuungszeiten der Kinder gehen. Wie ist die Antrags- und Nachweisform für die Beantragung angedacht und welcher Zeitaufwand ist für die Nachbeantragung durch den Antragsteller organisatorisch berechnet? zu Frage 3: Die genannten Verlautbarungen sind der Landesregierung nicht bekannt. Frage 4: Im Ortsteil Möglenz, in der Stadt Bad Liebenwerda wird wie in vielen Orten des Landes Brandenburg eine Kindertagesstätte durch einen gemeinnützigen Verein betrieben . In dieser Einrichtung werden bis zu 31 Kinder betreut. Wöchentlich werden 10 Stunden Arbeitszeit allein aus Mitteln des Vereins und über die Eltern finanziert, da bis auf 4 Kinder, alle anderen eine Betreuungszeit über 7,5 Stunden täglich benötigen. Be- Landtag Brandenburg Drucksache 6/8886 - 3 - sonders hoch ist der Bedarf bei den unter Dreijährigen. Wie und wann kann sichergestellt werden, dass die Personalkostenerstattung für die geleisteten Mehrstunden in der Betreuung dem Verein zur Verfügung gestellt wird? zu Frage 4: Siehe Antwort zu Frage 2. Frage 5: Die MAZ meldet am 18.04.2018, dass man in Luckenwalde und anderen Städten vom Kitaplatzbedarf überrascht ist. Real ist, dass die Kommunen seit Jahren auf den ständig wachsenden Bedarf hinweisen, in der Enquetekommission wurden dazu viele Fakten zusammengetragen und den Vertretern des Ministeriums vorgelegt. Welche Unterstützungs - bzw. Hilfsprogramme wurden bisher entwickelt, um die Kommunen und die Träger der Kinderbetreuung zu unterstützen? zu Frage 5: Die Kita-Bedarfsplanung ist Aufgabe der Landkreise und kreisfreien Städte in ihrer Funktion als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Das Land leistet einen finanziellen Zuschuss zur Kindertagesbetreuung. Die Landeszuschüsse für Kindertagesbetreuung erhöhen sich, wenn die Anzahl der Kinder, die Inanspruchnahme von Angeboten der Kindertagesbetreuung sowie die Anzahl der belegten Plätze in Kindertagesbetreuung steigen. Die seit 2010 vorgenommenen Personalschlüsselverbesserungen werden ausschließlich vom Land getragen. Beispielsweise werden die Verbesserung der Personalschlüssel durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes vom 15.07.2010 (GVBl. I Nr. 25) und die Verbesserung der Personalschlüssel durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes 2015 (GVBl. I Nr. 21) ausschließlich vom Land finanziert. Auch die Sprachstandsfeststellung für alle Kinder im letzten Jahr vor der Einschulung sowie die Durchführung der erforderlichen Sprachförderkurse , die durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Kindertagestättengesetzes vom 21.06.2007 (GVBl. I Nr. 9) verpflichtend wurden, werden vollständig durch das Land getragen . Die Verbesserungen des Personalschlüssels zum 1. August 2017 und erneut zum 1. August 2018 werden vollständig durch das Land finanziert. Dies gilt auch für die Einführung des Leitungssockels zum 01.10.2017. Seit 2008 werden aus derzeit vier Bundesinvestitionsprogrammen zum Kindertagesbetreuungsausbau insgesamt 89.152.348 EUR und seit 2018 zusätzlich aus dem „Landesinvestitionsprogramm in die Infrastruktur der Kindertagesbetreuung“ 20.000.000 EUR für den Ausbau von Angeboten der Kindertagesbetreuung und die Platzsicherung ausgereicht. Frage 6: Welche Maßnahmen wurden in den letzten Jahren konkret umgesetzt, um den bürokratischen Aufwand für die Kommunen und die verschiedensten Träger abzusenken? zu Frage 6: Das Land erstattet den Kommunen den Mehraufwand, der durch die Änderungen im Kita-Gesetz entstanden ist. Um den Verwaltungsaufwand möglichst niedrig zu halten , wurde einerseits jeweils auf einen sparsamen Meldeumfang geachtet und wurden andererseits durch das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport Formulare und Arbeitshilfen erstellt, die bei den Einrichtungsträgern sowie den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe Anwendung finden. Frage 7: Wie bewertet das Land die Schreiben und Mitteilungen der Fröbel-Einrichtungen, indem beabsichtigt wird, die Betreuungszeiten für die Kinder einzukürzen auf die vom Land mitfinanzierte Betreuungszeit, hier 7,5 Stunden? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8886 - 4 - zu Frage 7: Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind in der Gesamtverantwortung für die Gewährleistung der Rechtsansprüche auf Kindertagesbetreuung. Kindertagesbetreuung hat die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten und dient dem Wohl und der Entwicklung der Kinder. Gemäß § 12 Absatz 3 KitaG stellt der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Benehmen mit den Trägern der freien Jugendhilfe und den Gemeinden einen Bedarfsplan für die Kindertagesbetreuung auf und schreibt ihn rechtzeitig fort. Des Weiteren wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Frage 8: Wie viele und welche Vereine, Verbände bzw. Träger von Kindertagesstätten haben sich seit 2017 an das Ministerium gewendet um auf dieses Problem hinzuweisen? (Bitte auflisten) zu Frage 8: Die Landesregierung führt keine summarische Liste zu allgemeinen Anfragen, Hinweisen und Problemanzeigen zur Kindertagesbetreuung, daher kann hierzu keine Aussage getroffen werden. Frage 9: Welcher Zeitrahmen ist geplant, um die große Unruhe bzw. die Unsicherheiten für die Eltern in diesen Fragen zu lösen? (Bitte auflisten, welche Ziele zu welchen Zeitpunkten erreicht werden sollen) zu Frage 9: Die Entscheidung, ob und wie das Kita-Gesetz geändert wird, obliegt dem Gesetzgeber .