Datum des Eingangs: 13.03.2015 / Ausgegeben: 18.03.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/889 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 283 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/616 Gemeinsames Zentrum zur Datenüberwachung der Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Berlin und Brandenburg Wortlaut der Kleinen Anfrage 283 vom 13.02.2015: Die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Berlin und Brandenburg planen derzeit die Errichtung eines „Gemeinsamen Rechen- und Dienstleistungszentrums auf dem Gebiet der Telekommunikationsüberwachung“ als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts. Das Land Sachsen hat bei dem Projekt die Federführung übernommen. 4,2 Millionen Euro wurden von der sächsischen Landesregierung hierfür in den Haushaltsentwurf 2015/16 eingestellt. Das brandenburgische Innenministerium hat die Pläne für die Errichtung des gemeinsamen Zentrums zur Datenüberwachung bestätigt. Vielen Landtagsabgeordneten der betroffenen Länder war das Vorhaben bislang völlig unbekannt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie lautet die konkrete Vereinbarung zur Errichtung des gemeinsamen Rechen- und Dienstleistungszentrums, die Brandenburg mit den Ländern der Sicherheitskooperation geschlossen hat? (Bitte Dokument beifügen oder Inhalt wiedergeben.) 2. Wo, in welcher Rechtsform und zu welchem Zeitpunkt ist die Errichtung des Zentrums geplant? 3. Wie lautet der konkrete Inhalt des rechtlichen Gutachtens und der Konzeption zur Bildung/Einrichtung des Rechen- und Dienstleistungszentrums für die Telekommunikationsüberwachung, das im September 2012 vom sächsischen Innenministerium ausgeschrieben und zu welchem Zeitpunkt durch wen erstellt worden ist? 4. Welche personenbezogenen Daten sollen in dem geplanten Zentrum auf welcher Rechtsgrundlage mit welchen Mitteln, insbesondere zur Entschlüsselung, erhoben und verarbeitet werden? 5. Inwieweit sind die Datenschutzbeauftragten der beteiligten Länder in die Vorbereitungen mit welchem Ergebnis involviert und wie lautet das Datenschutzkonzept? 6. Mit welchen Gesamtkosten ist für die Errichtung des Rechen- und Dienstleistungszentrums zu rechnen? 7. Mit welchen jährlichen Verwaltungskosten ist nach der Errichtung des Rechen- und Dienstleistungszentrums zu rechnen? 8. Wie sollen die Kosten auf die einzelnen Bundesländer verteilt werden? 9. Inwieweit wird das Personal des Rechen- und Dienstleistungszentrums von den Ländern gestellt? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie lautet die konkrete Vereinbarung zur Errichtung des gemeinsamen Rechen- und Dienstleistungszentrums, die Brandenburg mit den Ländern der Sicherheitskooperation geschlossen hat? (Bitte Dokument beifügen oder Inhalt wiedergeben.) zu Frage 1: Es wurde keine Vereinbarung zur Errichtung eines gemeinsamen Rechen- und Dienstleistungszentrums abgeschlossen. Frage 2: Wo, in welcher Rechtsform und zu welchem Zeitpunkt ist die Errichtung des Zentrums geplant? zu Frage 2: Im Rahmen der Sicherheitskooperation bestehen Erwägungen der für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständigen Abteilungsleiter der Innenressorts der Länder Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen (nachfolgend Länder) zur Einrichtung eines Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums (GKDZ) als Anstalt des öffentlichen Rechts. Anstalten des öffentlichen Rechts können nur per Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes errichtet werden. Bezüglich einer Gesetzesinitiative steht der Willensbildungs- und Entscheidungsprozess innerhalb der Brandenburgischen Landesregierung noch aus. Nach Erstellung einer grundlegenden Entscheidungsvorlage (siehe Frage 3) soll zunächst der Willensbildungs- und Entscheidungsprozess innerhalb der Brandenburgischen Landesregierung begonnen werden sowie die formelle Einbindung der Brandenburgischen Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht (siehe Frage 5) erfolgen. Gleiches ist in den anderen Ländern vorgesehen. Über den Dienstsitz wird im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens in den Ländern abschließend zu befinden sein. Der Zeitpunkt der Errichtung ist ebenfalls vom ausstehenden Gesetzgebungsverfahren abhängig. Frage 3: Wie lautet der konkrete Inhalt des rechtlichen Gutachtens und der Konzeption zur Bildung/Einrichtung des Rechen- und Dienstleistungszentrums für die Telekommunikationsüberwachung, das im September 2012 vom sächsischen Innenministerium ausgeschrieben und zu welchem Zeitpunkt durch wen erstellt worden ist? Frage 6: Mit welchen Gesamtkosten ist für die Errichtung des Rechen- und Dienstleistungszentrums zu rechnen? Frage 7: Mit welchen jährlichen Verwaltungskosten ist nach der Errichtung des Rechen- und Dienstleistungszentrums zu rechnen? Frage 8: Wie sollen die Kosten auf die einzelnen Bundesländer verteilt werden? Frage 9: Inwieweit wird das Personal des Rechen- und Dienstleistungszentrums von den Ländern gestellt? zu den Fragen 3 und 6 bis 9: Bisher wurden im Rahmen einer ministeriellen Arbeitsgruppe der beteiligten Länder Erörterungen auf der Grundlage von Zwischen- und Teilergebnissen geführt. Die daraus entstandenen Dokumente sind noch im Entwurfsstatus und repräsentieren damit nicht die Auffassung und den Willen der jeweiligen Landes- oder Staatsregierung. Insbesondere steht eine abschließende rechtliche Würdigung ablauforganisatorischer Einzelfragen noch aus. Wesentlich ist dabei jedoch die Zielorientierung des angedachten GKDZ auf technische Hilfs- und Unterstützungsfunktionen. Aufgrund Artikel 56 Absatz 4 der Verfassung des Landes Brandenburg kann eine weitergehende Antwort nicht erteilt werden, da dieser das überwiegende öffentliche Interesse an der Willensbildung der Landesregierung entgegensteht. Anderenfalls würde gegen die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Flick-Untersuchungsausschuss entwickelten Grundsätze zum Schutz eines Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung verstoßen werden. Gründe, derartige Informationen auch in den parlamentarischen Raum nicht weiterzugeben, können sich nach dieser Entscheidung vor allem aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz ergeben. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt notwendigerweise einen „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung" voraus, der einen auch von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt. Dazu gehört z. B. die Willensbildung der Regierung selbst, sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und -internen Abstimmungsprozessen vollzieht (BVerfGE 67, 100 [139]). Eine Pflicht der Regierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht danach in der Regel nicht, wenn die Information zu einem Mitregieren Dritter bei Entscheidungen führen kann, die in der alleinigen Kompetenz der Regierung liegen. Diese Möglichkeit besteht bei Informationen aus dem Bereich der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen regelmäßig, solange die Entscheidung noch nicht getroffen ist. Schon ein so wesentlicher Teil jeder politischen Entscheidung wie die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem sie fallen soll, könnte der Regierung weitgehend aus der Hand genommen werden, wenn das Parlament schon vor diesem Zeitpunkt auf den Stand der Entscheidungsvorbereitung innerhalb der Regierung zugreifen könnte. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erstreckt sich daher die Kontrollkompetenz des Parlaments grundsätzlich nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge. Sie enthält nicht die Befugnis, in laufende Verhandlungen und Entscheidungsvorbereitungen einzugreifen (BVerfG, Beschluss v. 30. März 2004, 2 BvK 1/01 110, Rdnr. 44, unter Verweis auf BVerfGE 67, 100 [139]; vgl. auch HessStGH, DÖV 1967, S. 51 [55 f.]; Bayer. VerfGH, DVBl 1986, S. 233 [234]; BremStGH, NVwZ 1989, S. 953 [956]; BbgVerfG, NVwZ 1998, S. 209 [211]; Böckenförde, AöR 103 [1978], S. 1 [17]). Die Landesverfassung begrenzt daher die Informationspflichten der Landesregierung gegenüber dem Parlament durch den Gesichtspunkt der Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung der Landesregierung. Die beiden Elemente des Begriffspaars „Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung" erfassen dabei gerade in ihrer Kombination als einheitliches Tatbestandsmerkmal beide genannten Schutzaspekte (vgl. a. BVerfG, Beschluss v. 30. März 2004, 2 BvK 1/01 110, Rdnrn. 46f.) und fallen unter das öffentliche Interesse an einer Geheimhaltung im Sinne des Artikel 56 Absatz 4 der Landesverfassung. Frage 4: Welche personenbezogenen Daten sollen in dem geplanten Zentrum auf welcher Rechtsgrundlage mit welchen Mitteln, insbesondere zur Entschlüsselung, erhoben und verarbeitet werden? zu Frage 4: Der Willensbildungsprozess in Bezug auf das konkrete Aufgabenspektrum eines GKDZ ist noch nicht abgeschlossen. Insofern wird auf die Antwort auf die Frage 3 verwiesen. Unabhängig hiervon kommen als Rechtsgrundlagen im Sinne der Frage ausschließlich bestehende Normen und hierbei insbesondere die Strafprozessordnung in Betracht. Frage 5: Inwieweit sind die Datenschutzbeauftragten der beteiligten Länder in die Vorbereitungen mit welchem Ergebnis involviert und wie lautet das Datenschutzkonzept? zu Frage 5: Die Einbeziehung der Datenschutzbeauftragten ist in allen Ländern umfassend vorgesehen, insoweit wird auch auf die Beantwortung der Frage 2 verwiesen.