Datum des Eingangs: 16.03.2015 / Ausgegeben: 23.03.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/890 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 282 der Abgeordneten Iris Schülzke fraktionslos Drucksache 6/615 Brand- und Unfallschutz bei Windkraftanlagen im Wald Wortlaut der Kleinen Anfrage 282 vom 13.02.2015: Bei der Erteilung von Baugenehmigungen für Windenergieanlagen im Wald scheint es unterschiedliche Richtlinien bei der Sicherstellung des präventiven Brandschutzes zu geben. Auch sind die Verkehrserschließung und der Zugang zu Löschwasser bei Windparks im Wald unerlässlich. Dies betrifft besonders ein für Schwerlastverkehr befahrbares Wegenetz, welches Voraussetzung für ein standortspezifisches Brandschutzkonzept ist. Dieses muss planerische, abwehrende, anlagentechnische und organisatorische Brandschutzmaßnahmen umfassen. Üblicherweise können brennende WEA nicht gelöscht werden, da die Feuerwehren nicht über eine Ausrüstung für die Brandbekämpfung in großen Höhen verfügen. Die Feuerwehren bleiben stattdessen auf Abstand, lassen die WEA abbrennen und versuchen , außerhalb des Sicherheitsabstands eine Ausbreitung des Brandes auf die Umgebung zu verhindern. Hierzu benötigen sie Zufahrtswege, die die Umgebung in alle Richtungen abdecken. Im Gegensatz zum Windpark in Großräschen verfügt der Windpark Ölsig-Buchhain nicht über ein Ringwegenetz, das für Schwerlastverkehr geeignet ist. Bisher wurden nur jeweils Zufahrten zu den einzelnen Windkraftanlagen hergestellt. Die übrigen Waldwege sind – auch durch den Verkehr, der durch die Wartungsfahrzeuge entsteht – teilweise unbefahrbar für Feuerwehrfahrzeuge. Die Löschwasserversorgung soll über Tiefbrunnen erfolgen, wobei zusätzliche Aggregate erforderlich sind, um im Brandfall Löschwasser zur Verfügung zu haben. Freiwillige Feuerwehren verfügen in der Regel nicht über die erforderlichen Aggregate und auch nicht über die notwendigen Dieselvorräte um bei großen Waldbränden die Tiefbrunnen zu nutzen. Der Presse war zu entnehmen, dass Teile von brennenden Windkraftanlagen bis zu 400 m entfernt herabstürzen. Die Kiefernwälder im Gebiet Ölsig-Buchhain sind in die höchste Brandgefährdungsklasse eingestuft. Von der Gefahr durch herabstürzende Teile sind auch Nachbargrundstücke betroffen. Deren Waldbestand ist somit einer erheblichen zusätzlichen Brandgefahr, die durch Blitzschlag, technische Defekte an den WEA oder ähnliches verursacht werden kann, ausgesetzt. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie wird sichergestellt, dass eine qualifizierte Erschließung erfolgt und wer über- prüft dies? 2. Wer prüft die Erfüllung der brandschutztechnischen Forderungen und Auflagen und wer setzt entsprechende Sanktionen durch, wenn die Auflagen nicht erfüllt werden? 3. Die Unterhaltung der Zufahrtswege, der Winterdienst und die Betriebsfähigkeit der Feuerlöschbrunnen ist in der Regel durch die Betreiberfirma der WEA zu gewährleisten . Da die WEA häufig ihren Besitzer wechseln, ist es für die betroffenen Gemeinden oft unmöglich die Verantwortlichen zu erreichen. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass bei technischen Problemen, Bränden oder Unfällen Verantwortliche für diese WEA erreichbar sind? Warum werden an den Anlagen bisher keine ausreichenden Hinweise auf die Verantwortlichen angebracht, so wie es sonst bei technischen Anlagen üblich ist? 4. Welche Maßnahmen werden umgesetzt bzw. sind zukünftig angedacht um diese Situation zu verbessern? 5. Wenn es durch WEA auf Nachbargrundstücken zu Brandschäden kommt, wer haftet für diese Schäden? Nach Auskunft einiger Versicherungen regulieren die Versicherer keine Schäden, die an Nachbargrundstücken entstehen. 6. Sind die Betreiber von WEA gesetzlich zum Abschluss einer Betriebshaftpflicht- versicherung verpflichtet? Wenn Ja: welchen Versicherungsumfang und welche Deckungssummen muss diese Versicherung laut Gesetz mindestens aufweisen? 7. Die Abstandsflächen beim Bau von WEA berücksichtigen nur die Rotorfläche, nicht die Fläche die erfahrungsgemäß bei Bränden durch herabstürzende Teile betroffen ist. Wenn Nachbarn ihre Zustimmung zum Bauvorhaben verwehrt haben und das Einvernehmen durch die bearbeitende Behörde ersetzt wurde, wer ist dann bei eingetretenen Schäden in Verantwortung zu nehmen? 8. Windenergieanlagen sollen etwa 20 Jahre betriebsfähig sein. Wie wird sicherge- stellt, dass eine eben solange Zeit die erschließungstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind und wer ist für die langfristige Kontrolle verantwortlich? 9. Werden bei Nichterfüllung der Bauauflagen WEA außer Betrieb genommen, wer ist dafür verantwortlich und ist diese Situation im Land Brandenburg schon eingetreten ? Wenn ja, wo und wann und welche Mängel waren die Ursache? (Bitte einzeln kurz beschreiben!) Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Im Jahr 2014 wurde ein Leitfaden des Landes Brandenburg für Planung, Genehmigung und Betrieb von Windkraftanlagen im Wald unter besonderer Berücksichtigung des Brandschutzes (Leitfaden WKA im Wald) veröffentlicht: http://www.mlul.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/lf_wka_wald.pdf Der Leitfaden enthält Empfehlungen und Informationen für alle mit der Planung, Genehmigung , Errichtung und dem Betrieb von Windkraftanlagen (WKA) im Wald befassten Verantwortungsträger in Verwaltung und Wirtschaft. Außerdem bietet er Informationen für interessierte Bürger und politisch Verantwortliche. Der Leitfaden enthält keine neuen oder anderen Regelungen für WKA im Wald, sondern stellt dar, in welcher Weise bestehende rechtliche und technische Grundlagen angewendet werden sollten, um allen Sicherheitsanforderungen Rechnung zu tragen und bei der Planung und Genehmigung ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu sichern . Speziell mit dem Thema Brand- und Unfallschutz an Windkraftanlagen beschäftigt sich die im Jahr 2012 von der Landesschule und Technischen Einrichtung für Brandund Katastrophenschutz (LSTE) herausgegebene Broschüre „Gefahrenabwehr an Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien“. Frage 1: Wie wird sichergestellt, dass eine qualifizierte Erschließung erfolgt und wer überprüft dies? zu Frage 1: Die im Einzelfall zu spezifizierenden allgemeinen Anforderungen an die Erschließung von Windkraftanlagen sind im Leitfaden WKA im Wald dargestellt. Die Erfüllung der Anforderungen wird von den zuständigen Behörden im Rahmen der Anlagenüberprüfung vor der Inbetriebnahme der WKA sichergestellt. Frage 2: Wer prüft die Erfüllung der brandschutztechnischen Forderungen und Auflagen und wer setzt entsprechende Sanktionen durch, wenn die Auflagen nicht erfüllt werden? zu Frage 2: Die Erfüllung der brandschutztechnischen Forderungen und Auflagen wird von den zuständigen Behörden überprüft und durchgesetzt. Dazu erfolgt vor Inbetriebnahme der WKA eine Anlagenüberprüfung durch die Genehmigungsbehörde (Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz – LUGV) unter Mitwirkung weiterer am Genehmigungsverfahren beteiligter Behörden. Hierbei ist nachzuweisen, dass die Anlage entsprechend den genehmigten Unterlagen und den Bestimmungen des Genehmigungsbescheides errichtet wurde. Frage 3: Die Unterhaltung der Zufahrtswege, der Winterdienst und die Betriebsfähigkeit der Feuerlöschbrunnen ist in der Regel durch die Betreiberfirma der WEA zu gewährleisten . Da die WEA häufig ihren Besitzer wechseln, ist es für die betroffenen Gemeinden oft unmöglich die Verantwortlichen zu erreichen. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass bei technischen Problemen, Bränden oder Unfällen Verantwortliche für diese WEA erreichbar sind? Warum werden an den Anlagen bisher keine ausreichenden Hinweise auf die Verantwortlichen angebracht, so wie es sonst bei technischen Anlagen üblich ist? zu Frage 3: In der LSTE-Broschüre wird unter Punkt 2.3 auf die Einsatzvorbereitung für Einsätze an WKA und die Zuordnung zu den Betreibern mittels einer einmaligen Ziffern- und Buchstabenkombination über der Zugangstür eingegangen. Weiterhin ist für den Ereignisfall eine ständige Erreichbarkeit der WKAÜberwachungszentrale durch die zuständige Regionalleitstelle gegeben. In der WKAÜberwachungszentrale liegen die erforderlichen Informationen vor (Typ, Hersteller, Betreiber usw.). Parallel haben die Regionalleitstellen Zugriff auf eine WKADatenbank und können zur Koordinierung von Einsätzen bei Unfällen oder Bränden eine GIS-Anwendung der Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg (LGB), den Energie- und Klimaschutzatlas Brandenburg verwenden (http://isk.geobasis-bb.de/EKS-Atlas/index.html). Frage 4: Welche Maßnahmen werden umgesetzt bzw. sind zukünftig angedacht um diese Situation zu verbessern? zu Frage 4: Gemäß § 3 Absatz 1 Brandenburgisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz (BbgBKG) haben die Träger des örtlichen Brandschutzes und der örtlichen Hilfeleistung eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende leistungsfähige Feuerwehr zu unterhalten. Befinden sich WKA im Zuständigkeitsbereich des Trägers, so ist die örtlich zuständige Feuerwehr auch hinsichtlich des Umgangs mit WKA zu schulen. Schulungen können beispielweise unter Nutzung des Leitfadens WKA im Wald (Nummer 3.2 Brandschutz) sowie der LSTE-Broschüre erfolgen. Frage 5: Wenn es durch WEA auf Nachbargrundstücken zu Brandschäden kommt, wer haftet für diese Schäden? Nach Auskunft einiger Versicherungen regulieren die Versicherer keine Schäden, die an Nachbargrundstücken entstehen. Zu Frage 5: Nach dem Verursacherprinzip haftet der Eigentümer/Betreiber der WKA. Frage 6: Sind die Betreiber von WEA gesetzlich zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung verpflichtet? Wenn Ja: welchen Versicherungsumfang und welche Deckungssummen muss diese Versicherung laut Gesetz mindestens aufweisen? zu Frage 6: Nein. Frage 7: Die Abstandsflächen beim Bau von WKA berücksichtigen nur die Rotorfläche, nicht die Fläche die erfahrungsgemäß bei Bränden durch herabstürzende Teile betroffen ist. Wenn Nachbarn ihre Zu-stimmung zum Bauvorhaben verwehrt haben und das Einvernehmen durch die bearbeitende Behörde ersetzt wurde, wer ist dann bei eingetretenen Schäden in Verantwortung zu nehmen? zu Frage 7: Siehe Antwort zu Frage 5. Frage 8: Windenergieanlagen sollen etwa 20 Jahre betriebsfähig sein. Wie wird sichergestellt, dass eine eben solange Zeit die erschließungstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind und wer ist für die langfristige Kontrolle verantwortlich? zu Frage 8: Bauliche Anlagen sind so instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nicht gefährdet werden und sie die allgemeinen Anforderungen ihrem Zweck entsprechend dauerhaft erfüllen und ohne Missstände benutzbar sind, vgl. § 3 Absatz 1 Brandenburgische Bauordnung (BbgBO). Die Vorschrift richtet sich an den Zustandsverantwortlichen, namentlich den Eigentümer oder Betreiber der Windkraftanlage . Der Eigentümer oder Betreiber ist für den ordnungsgemäßen Zustand der baulichen Erschließung für die Dauer des Bestehens der Windkraftanlage verantwortlich . Frage 9: Werden bei Nichterfüllung der Bauauflagen WEA außer Betrieb genommen, wer ist dafür verantwortlich und ist diese Situation im Land Brandenburg schon eingetreten? Wenn ja, wo und wann und welche Mängel waren die Ursache? (Bitte einzeln kurz beschreiben!) zu Frage 9: Werden Bauauflagen nicht erfüllt, dürfen WKA gar nicht in Betrieb genommen werden . Eine WKA ist baulich erst fertiggestellt, wenn die erforderlichen Nachweise über die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften vorliegen. Zu baulichen Fragestellungen wird bei der vor Inbetriebnahme durchzuführenden Anlagenüberprüfung der WKA deshalb die untere Bauaufsichtsbehörde beteiligt. Bei Bedarf vollzieht die Genehmigungsbehörde (LUGV) die Bauauflagen des Genehmigungsbescheids. Der Landesregierung liegen keine Informationen über WKA vor, die auf Grund baulicher Mängel außer Betrieb genommen werden mussten.