Landtag Brandenburg Drucksache 6/8973 6. Wahlperiode Eingegangen: 12.06.2018 / Ausgegeben: 18.06.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3548 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/8740 Peer-Counseling Verfahren im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Im Rahmen des BTHG werden seitens der Bundesregierung sogenannte Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatungsstellen (EUTB) gefördert. Diese sollen unabhängig von Leistungsträgern , Leistungserbringern usw. und vor allem im Peer-Counseling-Ansatz durch SelbstvertreterInnenorganisationen organisiert werden. Die Landesregierung unterstützte die Bundesregierung in deren Auswahl durch begleitende Stellungnahmen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Vereine bewarben sich um eine EUTB? 2. Wie viele davon erhielten eine positive Stellungnahme durch die Landesregierung? Zu Frage 1 und 2: Die Fragen 1 und 2 werden des Sachzusammenhanges gemeinsam und getrennt nach den jeweiligen Antragsrunden beantwortet. 1. Antragsrunde (Antragsfrist war der 31.08.2017): Für Brandenburg wurden mit Stichtag 24.01.2018 von 30 übermittelten Anträgen 20 Anträge (in Form von 19 Beratungsstellen, ein Kooperationsantrag von zwei Trägern), davon 15 aus dem Bereich der Selbsthilfe / Behindertenvereine positiv beschieden. 21 Anträge wurden landeseitig zur Förderung empfohlen. 2. Antragsrunde (Antragsfrist war der 30.11.2017.): Für die 2. Förderrunde lagen für Brandenburg 7 Anträge vor, davon 6 aus dem Bereich der Selbsthilfe / Behindertenvereine. Landesseitig wurden 5 Anträge zur Förderung empfohlen , die alle aus dem Bereich der Selbsthilfe/ Behindertenvereine kommen. Zum Stand der Beantwortung der Kleinen Anfrage liegt eine Entscheidung zur Förderung noch nicht vor. 3. Welche Vereine erhalten nun die Förderung und realisieren eine EUTB? Zu Frage 3: Folgende Vereine erhalten im Rahmen der 1. Antragsrunde mit Stand vom 23.02.2018 eine Förderung des Bundes: Landtag Brandenburg Drucksache 6/8973 - 2 - Landesverband für Körper- und mehrfachbehinderten Menschen Berlin-Brandenburg e. V. Sozialverband VdK Berlin-Brandenburg e. V. - zwei Beratungsstellen Allgemeiner Behindertenverband Land Brandenburg e. V. (2 Anträge) Freier Betreuungsverein Teltow-Fläming e. V. Zentrum f. Kultur und visuelle Kommunikation der Gehörlosen e. V. Blinden- und Sehbehindertenverband - zwei Beratungsstellen Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Landesverband Brandenburg e. V. LAG Selbsthilfe Brandenburg e. V. Lebenshilfe Prignitz e.V. (in Kooperation mit Betreuungsverein Lebenshilfe Brandenburg e. V. BQS GmbH Döbern Betreuungsverein Lebenshilfe Brandenburg e. V. (in Kooperation mit Lebenshilfe Prignitz e.V.) Lebenshilfe Frankfurt (Oder) e. V. Brandenburgische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e. V. Betreuungsverein Märkisch-Oderland e. V. Lebenshilfe Brandenburg-Potsdam e. V. EX-IN Deutschland e. V. Märkischer Sozialverein e. V. Deutscher Schwerhörigen - Landesverband Brandenburg e. V. Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern e. V. 4. Wie definierte die Landesregierung das Kriterium der Unabhängigkeit? Zu Frage 4: Ziel der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung ist es, eine von Leistungsträgern und Leistungserbringern unabhängige ergänzende Beratung von Betroffenen für Betroffene zu ermöglichen. Die einschlägige Förderrichtlinie des zuständigen Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Durchführung der „Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung für Menschen mit Behinderungen“ vom 17. Mai 2017 stellt insoweit Kriterien auf, die gewährleisten, dass allein die Antragstellenden gefördert werden, die im Rahmen des einzureichenden Beratungskonzepts begründet darlegen, wie die Beratung unabhängig - im Sinne von Parteilichkeit für die Betroffenen - erfolgt. Der Landesregierung steht es vor diesem Hintergrund nicht zu, eigene Definitionen er Förderkriterien o.ä. vorzunehmen. Die Aufgabe der Länder bei der Förderentscheidung ist in der Förderrichtlinie und in dem für die Administration übermittelten Leitfaden beschrieben. Die qualifizierten Stellungnahmen der Länder wurden unter Beachtung von landesplanerischen Aspekten, wie der Anzahl der eingehenden Förderanträge und der regionalen Verteilung der Beratungsstandorte, sowie von fachlichen Aspekten, die sich aus der Richtlinie ergeben, formuliert. Das BMAS- hat den Ländern ein entsprechendes Raster für die qualifizierte Stellungnahme vorgegeben, das im Wesentlichen die Förderkriterien der Richtlinie enthält. Die Antragsteller waren aufgefordert, in den Antragsunterlagen als Nachweis für ihre organisatorische, finanzielle und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu den folgenden Punkten Auskunft zu erteilen: Landtag Brandenburg Drucksache 6/8973 - 3 - 1. Darstellung, wie die Beratungsleistungen organisatorisch und wirtschaftlich unabhängig von Leistungsträgern und Leistungserbringern angeboten werden können. 2. Darlegung, ob und ggf. in welcher Weise eine Abhängigkeit von Leistungsträger-, Leistungserbringerinteressen oder anderen Dritten besteht. 3. Soweit eine organisatorische oder wirtschaftliche Abhängigkeit von Leistungsträgern oder Leistungserbringern besteht, ist darzulegen, welche Vorkehrungen getroffen werden, um eine von den ökonomischen Interessen und der Kostenverantwortung der Leistungsträger und Leistungserbringer weitgehend freie Beratung zu gewährleisten. 5. Konnten alle Bewerber dieses Kriterium erfüllen? 6. Bewertete die Landesregierung auch Bewerber positiv, die dieses Kriterium nicht erfüllten? Zu Frage 5 und 6: Die Fragen 5 und 6 werden des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Nicht alle Bewerbungen konnten das Kriterium der „Unabhängigkeit“ voll oder teilweise erfüllen. Keiner der antragsstellenden Institutionen, die das Kriterium nicht erfüllte, wurde positiv votiert. Antragsstellende Institutionen, die teilweise das Kriterium der Unabhängigkeit erfüllten, sind bei Einhaltung der sonstigen Kriterien landesseitig positiv votiert worden, wenn keine fachlich qualifizierten Anträge von Selbsthilfeorganisationen in der betreffenden Region vorlagen. Dabei war schlüssig darzulegen, wie im Einzelnen die organisatorische und wirtschaftliche Trennung der Tätigkeit der Beratungsstelle von sonstigen Aufgaben des Antragsstellers vollzogen werden soll. Neben der Unabhängigkeit der Teilhabeberatungsangebote ist ein wesentliches Ziel der Landesregierung, eine möglichst flächendeckende Beratungslandschaft auch in den peripheren Regionen zu unterstützen. 7. Was tat die Landesregierung im Vorfeld, um ihre SelbstvertreterInnenorganisationen, die zumeist ehrenamtlich und niedrigschwellig tätig sind, in die Lage zu versetzen, eine solch umfangreiche Aufgabe überhaupt bewältigen zu können? Zu Frage 7: Seit Januar 2017 wurden verschiedene Gespräche mit den Landesbehindertenverbänden sowie interessierten Projektantragsstellern geführt und über die Förderrichtlinie und das Antragsverfahren eingehend und regelmäßig informiert. Zudem führte das MASGF am 26.06.2017 eine landesweite Informationsveranstaltung zur EUTB unter Beteiligung des BMAS durch. Unterstützend wurde den Antragstellern durch den Bund ein Leitfaden, eine Zusammenstellung häufig gestellter Fragen und der dazugehörigen Antworten sowie ein Hotline-Service der vom BMAS für die Umsetzung der Förderrichtlinie zur Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung beliehenen gsub mbH angeboten. 8. In wieweit wurde der Landesbehindertenbeirat bei der Auswahl oder Definition des Kriteriums der Barrierefreiheit involviert? Landtag Brandenburg Drucksache 6/8973 - 4 - Zu Frage 8: Das BMAS hat dem Land ein Raster für die qualifizierte Stellungnahme vorgegeben , das im Wesentlichen die Förderkriterien der Richtlinie enthält. Das Muster der Stellungnahmen umfasste acht Kriterien. Die qualifizierte Stellungnahme des Landes setzte sich aus den Ergebnissen aller Kriterien zusammen. Der Landesbehindertenbeirat wurde entsprechend vorinformiert. Das Kriterium der Barrierefreiheit ist durch die Richtlinie des BMAS gesetzt. Das Land hat im Rahmen seiner qualifizierten Stellungnahmen die Angaben zur Barrierefreiheit in den Anträgen bei der Bewertung berücksichtig. Aktuell werden durch die Bundesfachstelle Teilhabeberatung in Zusammenarbeit mit einem interdisziplinär zusammengesetzten Kompetenz-Team Empfehlungen unter Mitwirkung der Bundesfachstelle Barrierefreiheit erarbeitet. Der Landebehindertenbeirat wurde aus oben genannten Gründen nicht für die Definition des Kriteriums einbezogen. Zudem war bekannt, dass mehrere Mitglieder des Beirates selbst Zuwendungen für die EUTB beantragen würden. Ein Interessenskonflikt sollte ausgeschlossen und das Auswahlverfahren nicht beeinflusst werden.