Landtag Brandenburg Drucksache 6/9001 6. Wahlperiode Eingegangen: 15.06.2018 / Ausgegeben: 20.06.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3561 des Abgeordneten Christoph Schulze (fraktionslos) Drucksache 6/8754 Personalnot in Brandenburger Krankenhäusern Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Der Mangel an examinierten Pflegefachkräften (gemäß des Gesetzes über die Fachberufe im Gesundheitswesen) in der Krankenpflege ist eine Tatsache. Er ist in vielen Krankenhäusern zu spüren. Dass die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie und der Deutsche Pflegerat jetzt einen Masterplan für die Pflege und ein steuerfinanziertes Sofortprogramm für diesen wichtigen Bereich fordern, findet die Zustimmung der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg. „Das Problem hat sich über Jahre auch durch Entscheidungen der Landes- und Bundespolitik immer weiter aufgebaut. Sie hier mit in die Pflicht zu nehmen, ist auch aus Sicht der Krankenhausträger in Brandenburg richtig“, erklärte der Vorsitzende der LKB, Dr. T. „Wir fordern schon lange von Politik und auch Krankenkassen, dieses Thema ernst zu nehmen.“ Es sei allerdings eine Illusion, von einem solchen Sofortprogramm kurzfristig, also wirklich „sofort“, eine spürbare Verbesserung der Situation zu erwarten. Rund 50.000 zusätzliche Fachkräfte, wie Chirurgen und Pflegerat sie fordern, können nicht aus dem Hut gezaubert werden - auch wenn das nötige Geld tatsächlich zeitnah dafür bereitgestellt würde. Die Herausforderung ist sehr komplex. Der Arbeitsmarkt ist leergefegt. Die Ausbildung von Pflegefachkräften dauert drei Jahre, Spezialisierungen - etwa für den Intensivbereich - benötigen nochmals Zeit. Stetig erweiterte bürokratische Pflichten belasten alle Mitarbeiter und müssen im Zuge eines Förderprogramms ebenfalls reduziert werden. Die Digitalisierung, die auch examinierten Pflegefachkräfte entlasten würde, kommt nur schleppend voran. Hier fehlt für den gesamten Gesundheitsbereich ebenfalls ein Masterplan . Bisher hat keiner die Zahlen offengelegt, wie es wirklich um das Personal in der Krankenpflege steht und wie die Perspektiven sind. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele examinierte Pflegefachkräfte sind aktuell im kommunalen Bereich und bei freien Trägern beschäftigt? Zu Frage 1: Daten zum nichtärztlichen Personal in Krankenhäusern sind dem statistischen Bericht „Krankenhäuser im Land Brandenburg 2016“ des Amtes für Statistik Berlin- Brandenburg entnommen. Demnach wurden zum Stichtag 31.12.2016 insgesamt 11.357 Beschäftigte im Pflegedienst, darunter 9.307 Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen, Landtag Brandenburg Drucksache 6/9001 - 2 - 686 Krankenpflegehelfer/-innen, 614 Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-innen und 750 sonstige Pflegepersonen, in Brandenburger Krankenhäusern gezählt. Eine Unterscheidung nach der Trägerschaft nimmt die Statistik an dieser Stelle nicht vor. Bei der Betrachtung der Vollkräfte im Jahresdurchschnitt hingegen ist eine Aufschlüsselung des Personals nach Trägerschaften vorgenommen worden. Demnach wurden für das Jahr 2016 insgesamt 9.553 Beschäftigte im Pflegedienst (Vollkräfte im Jahresdurchschnitt) in Brandenburger Krankenhäusern gezählt. Diese verteilen sich auf 5.131 Beschäftigte im Pflegedienst (Vollkräfte im Jahresdurchschnitt) in Krankenhäusern unter öffentlicher Trägerschaft , 1.634 Beschäftigte im Pflegedienst (Vollkräfte im Jahresdurchschnitt) in freigemeinnützigen Krankenhäusern und 2.788 Beschäftigte im Pflegedienst (Vollkräfte im Jahresdurchschnitt ) in Krankenhäusern unter privater Trägerschaft. Eigene Daten liegen der Landesregierung nicht vor. 2. Wie viele offene Stellen für Pflegekräfte entsprechend dem Bedarf gibt es im Land Brandenburg? Liegen der Landesregierung hierzu Zahlen der kommunalen Spitzenverbände oder der Liga der Wohlfahrtsverbände, welche die Einrichtungen betreiben, vor? Bitte differenziert nach Krankenschwestern, Krankenpflegern, Assistenten und Servicepersonal. Zu Frage 2: Nach den Angaben der Bundesagentur für Arbeit standen im Mai 2018 in Brandenburg einem Bestand von 516 sozialversicherungspflichtigen gemeldeten Stellen 378 Arbeitslose gegenüber. Aus der Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit aus dem Jahr 2017 geht hervor, dass die Vakanzzeit von Stellenangeboten bei Gesundheits - und Krankenpflegerinnen und -pflegern 140 Tage (+39 % über dem Durchschnitt aller Berufe) beträgt. Auf 100 bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Stellen kommen rechnerisch 69 Arbeitslose. Im Vergleich zum Vorjahr ist eine zunehmende Verknappung zu erkennen. Eine Verpflichtung der Träger von Krankenhäusern, offene Stellen zu melden, gibt es nicht. Eine nach Berufs- und Funktionsgruppen differenzierte Darstellung liegt der Landesregierung nicht vor. 3. Wie stellt sich der Bedarf an Pflegekräften für die nächsten zehn Jahre dar? Wie viele Pflegekräfte müssten ausgebildet und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt werden , um den Bedarf zu decken? Bitte differenziert nach Krankenschwestern, Krankenpflegern , Assistenten und Servicepersonal. 4. Wie viele Pflegekräfte gehen in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich in den Ruhestand ? Bitte differenziert nach Krankenschwestern, Krankenpflegern, Assistenten und Servicepersonal. Zu Frage 3 und Frage 4: Die Fragen 3 und 4 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. In dem für das Land Brandenburg veröffentlichten Ergebnisbericht der Einrichtungsbefragung zur Situation in ausgewählten Gesundheitsfachberufen in Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2015 zeigt sich bei den Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pflegern eine insgesamt günstige Altersstruktur. Demnach waren im Jahr 2013 rund ein Drittel (6.650 Personen) der Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und - pfleger im Land Brandenburg unter 35 Jahre alt. 5.283 Gesundheits- und Krankenpfle- Landtag Brandenburg Drucksache 6/9001 - 3 - ger/innen waren 50 Jahre und älter. Eine konkrete Angabe zu der Höhe der Anzahl an Pflegekräften, die in den nächsten zehn Jahren in Rente gehen werden, ist dem Ergebnisbericht nicht zu entnehmen und liegt auch darüber hinaus der Landesregierung nicht vor. Gemäß dem Ergebnisbericht ergibt sich trotz der günstigen Altersstruktur mittelfristig ein Ersatzbedarf. Der Bedarf ergibt sich vornehmlich aus rentenbedingtem Ausscheiden sowie dem zu beobachtenden Fluktuationsverlust aus dem Beruf. Im Land Brandenburg ist für diesen Beruf zwar eine vergleichsweise hohe Berufstreue zu verzeichnen. Dennoch führt die Fluktuation allein aufgrund des großen Beschäftigungsumfangs zu einer deutlichen Erhöhung des Fachkräftebedarfs im Land Brandenburg. Zudem ist im Land Brandenburg in der Gesundheits- und Krankenpflege mit weiterem Beschäftigungswachstum zu rechnen . Dem Ergebnisbericht von 2015 zur Folge gelang es den Krankenhäusern zu diesem Zeitpunkt noch, den Personalbedarf zu decken. Künftig stehen jedoch insbesondere Krankenhäuser aufgrund der hohen Beschäftigtenzahlen in den nächsten Jahren vor der Herausforderung , einen relevanten Ersatzbedarf zu befriedigen. Dies zeigt sich auch in der Fachkräfteengpassanalyse der BA wie zu Frage 2 bereits ausgeführt. In dem für das Land Brandenburg 2015 veröffentlichten Bericht wird eine Projektion der Anzahl der Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger unter Status-quo- Bedingungen vorgenommen. Für den Zeitraum 2020-2030 wird im Ergebnis dieser Projektion im Land Brandenburg ein Ersatzbedarf an Fachkräften in Höhe von mindestens 6.700 Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pflegern erwartet. Aktuellere diesbezügliche Zahlen liegen der Landesregierung derzeit nicht vor. 5. Wo werden aktuell im Land Brandenburg examinierte Pflegefachkräfte ausgebildet? Derzeit gibt es im Land Brandenburg 17 staatlich anerkannte Ausbildungsstätten für Gesundheits - und Krankenpflege, die gleichzeitig eine staatliche Anerkennung für die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflegehilfe besitzen, eine staatlich anerkannte Gesundheits - und Krankenpflegehilfeschule und drei staatlich anerkannte Schulen für Gesundheits - und Kinderkrankenpflege (vgl. Abbildung 1, Stand Januar 2018). Landtag Brandenburg Drucksache 6/9001 - 4 - Abbildung 1: Pflegeschulen in Brandenburg nach Standorten und Schultypen Der nachstehenden Tabelle sind die vollständigen Namen und Standorte der Ausbildungsstätten zu entnehmen. Tab. 1: Ausbildungsstätten im Land Brandenburg Ort Name Gesundheits- und Krankenpflege Gesundheits- und Kinderkrankenpflege Bad Saarow Akademie der Gesundheit Berlin/Brandenburg e.V. Campus Bad Saarow X Beelitz- Heilstätten Akademie für Sozial- und Gesundheitsberufe gGmbH X Brandenburg a. d. H. Medizinische Schule am Städtischen Klinikum Brandenburg GmbH X X Cottbus Medizinische Schule an der Carl-Thiem-Klinikum Cottbus gGmbH X X Landtag Brandenburg Drucksache 6/9001 - 5 - Ort Name Gesundheits- und Krankenpflege Gesundheits- und Kinderkrankenpflege Eberswalde Akademie der Gesundheit Berlin/Brandenburg e.V. Campus Eberswalde X Eisenhüttenstadt Schule für Gesundheits- und Pflegeberufe e.V. Eisenhüttenstadt X Frankfurt (Oder) Klinikum Frankfurt (Oder) GmbH Schule für Gesundheits - und Krankenpflege X Guben Naemi-Wilke-Stift Guben Schule für Gesundheits - und Krankenpflegehilfe X (Gesundheits- und Krankenpflegehilfe) Kleinmachnow Evangelische Ausbildungsstätte für Pflegeberufe in Brandenburg gGmbH X Lübben Klinikum Dahme-Spreewald GmbH Heinz Sielmann Gesundheits- und Krankenpflegeschule X Luckenwalde Schule für Gesundheitsberufe am DRK- Krankenhaus Luckenwalde X Neuruppin MBN Medizinische Bildungsakademie Neuruppin GmbH Schule für Gesundheitsberufe X Perleberg Kreiskrankenhaus Prignitz Schule für Gesundheitsberufe Perleberg GmbH X Potsdam Gesundheitsakademie Ernst von Bergmann gGmbH X X Prenzlau Medizinische Schule Uckermark e.V. X Pritzwalk KMG Bildungsakademie gGmbH X Schipkau CampusSchule Lausitz Altenpflegeschule und Schule für Gesundheits- und Krankenpflege X Treuenbrietzen Johanniter-Krankenhaus im Fläming Treuenbrietzen gGmbH Schule für Gesundheits- und Krankenpflege X 6. Geht die Landesregierung davon aus, dass die aktuellen Ausbildungskapazitäten im Land Brandenburg ausreichen, um den Bedarf an examinierten Pflegefachkräften in den nächsten zehn Jahren zu decken? Zu Frage 6: Nach dem Ergebnisbericht der Einrichtungsbefragung zur Situation in ausgewählten Gesundheitsfachberufen in Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2015 ist für die Zeit bis 2030 von einem deutlichen Anstieg des Fachkräftebedarfs auszugehen, der - so im Bericht konstatiert - nicht alleine durch Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen geschlossen werden kann. Legt man die aktuellen Absolventenzahlen im Beruf Gesundheitsund Krankenpflege zu Grunde, so ist jährlich mit rund 600 neuen Fachkräften im Land Brandenburg zu rechnen. Demgegenüber steht für den Zeitraum 2020-2030 ein Ersatzbedarf an Fachkräften in Höhe von mindestens 6.700 Gesundheits- und Krankenpflegern und -pflegerinnen. 7. Welche Schritte und Initiativen überlegt die Landesregierung, um mögliche Defizite bei der Ausbildung von examinierten Pflegefachkräften zu schließen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/9001 - 6 - Zu Frage 7: Ein Ansatzpunkt zur Schließung möglicher Defizite bei der Ausbildung von examinierten Pflegefachkräften ist in der Verbesserung der Attraktivität des Berufes zu sehen. Auf der Ebene der Arbeitgeber sind insbesondere die Instrumente der angemessenen Vergütung und der Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen zu nennen. Auf der Ebene der Länder geht es in erster Linie um ausreichend und gut qualifizierten Nachwuchs. Chancen für die Steigerung der Attraktivität einer Ausbildung in der Pflege bietet die Einführung der generalistischen Pflegeausbildung auf der Grundlage des am 17. Juli 2017 vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossenen Pflegeberufereformgesetzes . Im MASGF wurde eine Projektgruppe eingesetzt, um die fristgerechte Umsetzung der neuen Ausbildung in Brandenburg unter Einbeziehung der relevanten Beteiligten erfolgreich sicherzustellen, zu steuern und zu begleiten. Die neue bundesrechtlich geregelte generalistische Pflegeausbildung soll ab dem Jahr 2020 beginnen. Die generalistische Ausbildung soll an die gestiegenen fachlichen Anforderungen an Pflegefachkräfte auch im Krankenhaus anknüpfen. Hierzu wird ergänzend zur veränderten beruflichen, die regelhafte akademische Ausbildung eingeführt. Das Land ist für die Umsetzung verantwortlich. Brandenburg stellt für den Begleitungsprozess finanzielle Mittel für Schulungszwecke von Lehrkräften sowie für die Erstellung von Schulcurricula bereit. Gleichzeitig steht die Ausbildungslandschaft vor einem Umbau, bei dem ausreichend hohe Kapazitäten erreicht werden müssen. Darüber hinaus sind bundesweit wichtige Themen wie die Substitution/Delegation ärztlicher Leistungen als Entwicklungs- und Verantwortungsmöglichkeiten für die Berufsgruppe ein weiterer Baustein. Auch das Aufzeigen und Anbieten von Entwicklungsmöglichkeiten im Beruf über Weiterbildungen und Studium trägt zur Attraktivitätssteigerung der Pflegeberufe bei, hier insbesondere die Passfähigkeit der landesrechtlich geregelten Weiterbildungsverordnungen und ggf. der Ausbau von Studienmöglichkeiten . Zudem bringt die Gewinnung ausländischer Fachkräfte die Notwendigkeit der Vermittlung entsprechender Integrations- und Sprachkompetenzen mit sich.