Landtag Brandenburg Drucksache 6/9030 6. Wahlperiode Eingegangen: 19.06.2018 / Ausgegeben: 25.06.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3569 des Abgeordneten Michael Jungclaus (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/8763 Tempo 30-Zonen in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Die Erste Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs -Ordnung (StVO), die im Dezember 2016 in Kraft getreten ist, soll es den Straßenverkehrsbehörden erleichtern, vor sozialen Einrichtungen Tempo 30-Zonen zu schaffen. Im Mai 2017 trat darüber hinaus eine Verwaltungsvorschrift zur StVO in Kraft, in der festgelegt ist, dass an Straßen innerhalb geschlossener Ortschaften im unmittelbaren Bereich vor Schulen, Kitas und Alten- und Pflegeheimen in der Regel die Geschwindigkeit auf 30km/h zu beschränken ist. In der Antwort der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage vom Mai 2017 hieß es, die „Abweichung von diesem Regelprinzip, das heißt ein Verzicht auf die Geschwindigkeitsbeschränkung, muss dann künftig von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde besonders begründet werden. Die zuständigen unteren Straßenverkehrsbehörden sind verpflichtet, das Regelprinzip möglichst zeitnah umzusetzen.“ 1. Welche Erfahrungen wurden bislang mit der geänderten Regelung der StVO gemacht und wie bewertet die Landesregierung den aktuellen Stand der Umsetzung? 2. Was unternimmt die Landesregierung, um die Umsetzung des Regelprinzips voranzutreiben ? zu den Fragen 1 und 2: Zuständig für die Umsetzung der Regelanordnung von Tempo 30 vor sozialen Einrichtungen sind die Unteren Straßenverkehrsbehörden der Landkreise. Um eine zeitnahe und rechtssichere Umsetzung der Regelanordnung von Tempo 30 zu erzielen, wurde vom MIL das Rundschreiben 04/2017 erarbeitet, welches den Unteren Straßenverkehrsbehörden als Handlungs- und Auslegungshilfe dient. In den Dienstberatungen des MIL mit den unteren Straßenverkehrsbehörden wird die Umsetzung der Regelanordnung regelmäßig auf die Tagesordnung gesetzt. Im Rahmen dieses Abstimmungsprozesses wird das Rundschreiben angepasst, um in der Praxis entstandene Rechts- und Umsetzungsunsicherheiten weitestgehend aufzufangen und eine Vereinheitlichung bei der Umsetzung zu schaffen. Grundsätzliche Probleme bei der Umsetzung der Regelanordnung sind nicht bekannt. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9030 - 2 - 3. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in welchen Geschwindigkeitsbeschränkungen vor sozialen Einrichtungen abgelehnt wurden? Wenn ja, was waren die Gründe für die Ablehnung ? zu Frage 3: In einzelnen Fällen hat die zuständige Straßenverkehrsbehörde die Anordnung abgelehnt, da aus ihrer Sicht die rechtliche Voraussetzung für die Regelanordnung nicht erfüllt war. Ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Regelanordnung in Einzelfällen erfüllt sind, wird von der jeweiligen Straßenverkehrsbehörde geprüft und entschieden . Zweifelsfälle können sich aufgrund besonderer Örtlichkeiten ergeben oder wenn die Zuordnung zu den gesetzlichen Begrifflichkeiten nicht eindeutig ist. 4. Wie bewertet die Landesregierung, dass die streckenbezogene Anordnung auf den unmittelbaren Bereich der Einrichtung und insgesamt auf höchstens 300 m Länge zu begrenzen ist, sich also beispielsweise nicht auf Unfallschwerpunkte entlang von Schulwegen bezieht? zu Frage 4: Nach dem Wortlaut der Straßenverkehrsordnung und deren Verwaltungsvorschrift ist die Anordnung von Tempo 30 auf den unmittelbaren Bereich der Einrichtungen zu beschränken. Die Länge von 300 m ist dabei das von der Verwaltungsvorschrift benannte absolute Höchstmaß. Würde bereits dieses Höchstmaß regelmäßig angeordnet werden, würden die Einsichtigkeit der Verkehrsteilnehmer hinsichtlich der Geschwindigkeitsbeschränkung und die Akzeptanz der Anordnungen sinken. Eine Regelanordnung vor sozialen Einrichtungen über eine Länge von 300 m hinaus ist nicht notwendig. Sofern sich z. B. der Schulweg als Unfallschwerpunkt darstellt, ist die Anordnung von Tempo 30 als Rechtsfolge aus § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO im Sinne einer Gefahrenabwehr möglich. 5. Wie positioniert sich die Landesregierung zur Forderung, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Ortschaften einzuführen? zu Frage 5: Um die Voraussetzungen für eine innerörtliche Regelgeschwindigkeit von Tempo 30 zu schaffen, müsste der Bundesgesetzgeber tätig werden. Dies ist bisher nicht absehbar. Derzeit haben die Straßenverkehrsbehörden genügend Spielraum, um Anordnungen vor Ort auszusprechen.