Landtag Brandenburg Drucksache 6/9068 6. Wahlperiode Eingegangen: 22.06.2018 / Ausgegeben: 27.06.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3562 des Abgeordneten Rainer Genilke (CDU-Fraktion) Drucksache 6/8755 Haus- und Wohnboote in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Wohnen auf dem Wasser liegt seit vielen Jahren als eine naturnahe alternative Wohnform im Trend und erfreut sich auch in Brandenburg wachsender Beliebtheit. Aufgrund der unsicheren Rechtslage sowie unklarer Zuständigkeiten ist die Nutzung von Haus- und Wohnbooten jedoch zum Teil mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden . Vorbemerkung der Landesregierung: Ob ein Haus- und Wohnboot ein Wasserfahrzeug oder eine bauliche Anlage ist, hängt von der tatsächlichen Nutzung ab. Ein Haus- und Wohnboot könnte dann als bauliche Anlage baugenehmigungspflichtig sein, wenn es nach seinem Verwendungszweck dazu dienen sollte, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Im Land Brandenburg ist vom Verwaltungsgericht Potsdam am 1. März 2018 in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren ein dementsprechender Beschluss ergangen (Az. VG 5 L 92/18). Letztendlich kann die Frage, ob ein Haus- und Wohnboot überwiegend ortsfest benutzt wird und deswegen eine Baugenehmigungspflicht besteht, nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls geprüft und beantwortet werden. 1. Welchen landes- und bundesrechtlichen Vorschriften und Regelwerken unterliegt die Anmeldung, Genehmigung und Nutzung von Haus- und Wohnbooten in Brandenburg? zu Frage 1: Haus- und Wohnboote unterliegen, soweit sie nicht als bauliche Anlage einzuordnen sind, im Wesentlichen den Vorschriften der Binnenschiffsuntersuchungsordnung, der Landesschifffahrtsverordnung sowie den Regelungen des Brandenburgischen Wassergesetzes . Auf die bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Vorschriften wird in der Antwort zu Frage 2 eingegangen. 2. Welche bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Vorschriften und Regelwerke sind für Haus- und Wohnboote zu beachten? zu Frage 2: Im Bereich des Bauordnungsrechts sind insbesondere die Bestimmungen der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) zu beachten, wenn das Haus- und Wohnboot eine bauliche Anlage im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BbgBO ist. Bei einem Haus- und Wohnboot handelt es sich dann um eine bauliche Anlage nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BbgBO, Landtag Brandenburg Drucksache 6/9068 - 2 - wenn es nach seinem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Falls ein Haus- und Wohnboot eine bauliche Anlage nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BbgBO sein sollte, wird die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit regelmäßig nach § 35 Abs. 2 des Baugesetzbuchs (BauGB) zu beurteilen sein, also als sonstiges Vorhaben im Außenbereich. Eine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit läge daher nur dann vor, wenn keine öffentlichen Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt würden. Bei mehreren Booten wird regelmäßig ein Bebauungsplan erforderlich sein. Hierzu hat das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung (MIL) in seiner Arbeitshilfe „Bebauungsplanung“ (http://www.mil.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.350755.de) ausführliche Hinweise und Beispiele (Kapitel B 16.1 der Arbeitshilfe) zu Festsetzungen in Bebauungsplänen gegeben . 3. Welche Behörden oder sonstige Stellen sind für die entsprechenden Antragsbearbeitungen und Prüfungen zuständig? zu Frage 3: Sollte für ein Haus- und Wohnboot eine Baugenehmigung erforderlich sein, ist für die Bearbeitung und Prüfung des erforderlichen Bauantrags die untere Bauaufsichtsbehörde zuständig. Ansonsten sind die Wasser- und Schifffahrtsämter (Landkreis) für die amtlichen Kennzeichen , das Landesamt für Bauen und Verkehr (Schiffsuntersuchungskommission) für die Zulassung und die unteren Wasserbehörden (Landkreis) für die wasserrechtlichen Genehmigungen zuständig. Von dort werden ggf. weitere Behörden beteiligt. 4. Wie definiert die Landesregierung Haus- und Wohnboote, insbesondere in Abgrenzung zu anderen Booten (z.B. Sport- oder Charterbooten)? Gibt es jeweils einen juristisch definierten Verwendungszweck der jeweiligen Boote (falls ja, bitte erläutern)? zu Frage 4: Es gibt keine Definition der Landesregierung für Haus- und Wohnboote. In Bezug auf eine etwaige Baugenehmigungspflicht von Haus- und Wohnbooten wird auf die Ausführungen zum Verwendungszweck in der Antwort zu Frage 2 und in der Vorbemerkung verwiesen. Im Übrigen findet sich die Begriffsbestimmung für Sportboote in der geltenden Landesschifffahrtsverordnung (§ 3 Nr. 11). Danach ist ein Sportboot ein Fahrzeug, das für Sportund Erholungszwecke verwendet wird. Eine Definition des Charterbootes gibt es in der Landesschifffahrtsverordnung nicht. 5. Wie viele Haus- und Wohnboote gibt es im Land Brandenburg? Wie hat sich diese Zahl in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? zu Frage 5: Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor. 6. Sind Haus- und Wohnboote nach Ansicht der Landesregierung bauliche Anlagen? Landtag Brandenburg Drucksache 6/9068 - 3 - zu Frage 6: Ein Haus- und Wohnboot kann nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BbgBO eine bauliche Anlage sein, wenn die in der Antwort zu Frage 2 erläuterten Voraussetzungen vorliegen. Wie bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, kommt es auf die Umstände des konkreten Einzelfalls an. 7. Gibt es, für Haus- und Wohnboote sowie Sportboote, Maximal- oder Minimalfristen hinsichtlich ihrer Liegezeit? zu Frage 7: Nein. 8. Wie viele Liegeplätze für Haus- und Wohnboote gibt es im Land Brandenburg? Wie hat sich diese Zahl in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? zu Frage 8: Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor. Im Rahmen des Wassersportentwicklungsplans 4 der Landesregierung von 2016 wurde die Zahl der Sportbootliegeplätze im Land Brandenburg mit 17.134 ermittelt. Wie viele aufgrund der erforderlichen größeren Abmessungen für (touristisch genutzte) Bungalow-Hausboote geeignet sind, ist nicht bekannt. 9. Welche Anforderungen bestehen an die Infrastruktur für Hausboote (z.B.: Steganlage, Stellplätze, Strom- und Wasserversorgung, Rettungswege, Wasserentsorgung)? zu Frage 9: Sollte ein Hausboot nach den oben aufgeführten Kriterien eine bauliche Anlage sein, wären in Bezug auf die Infrastruktur aus bauordnungsrechtlicher Sicht die allgemeinen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an bauliche Anlagen, insbesondere hinsichtlich ihrer Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und der Zufahrtswege zu erfüllen. 10. Wie bewertet die Landesregierung die Nutzung Brandenburger Gewässer durch Hausund Wohnboote? zu Frage 10: Brandenburger Gewässer machen einen wesentlichen Teil der Attraktivität des Landes Brandenburg aus. Wohn- oder Hausboote sind Teil des touristischen Angebots , wenn sie entsprechend den oben beschriebenen rechtlichen Vorgaben ausgestattet und genutzt werden. Bungalowboote haben sich inzwischen zu einer festen Größe im Wassertourismusmarkt etabliert.