Landtag Brandenburg Drucksache 6/9095 6. Wahlperiode Eingegangen: 28.06.2018 / Ausgegeben: 03.07.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3588 der Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion) und Gordon Hoffmann (CDU-Fraktion) Drucksache 6/8838 Förderschulen in der Landeshauptstadt Potsdam Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Potsdam bietet mit der Comenius-Schule, der Fröbelschule , der Oberlinschule, der Schule am Nuthetal sowie der Wilhelm-von-Türk-Schule ein breites Angebot an sonderpädagogischen Förderschwerpunkten. Gleichzeitig gilt seit Einführung des Ersten Schulreformgesetzes in Brandenburg der Vorrang des gemeinsamen Unterrichts in Regelschulen. Ziel der UN-Behindertenrechtskonvention ist, Menschen mit Behinderung eine umfassende Teilhabe am öffentlichen Leben zu ermöglichen. Dadurch sei laut Landesregierung eine Weiterentwicklung der schulischen Angebote notwendig (siehe DS 6/7885). Es sei jedoch in den letzten Jahren zu beobachten, dass sich der Umfang des festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarfs dynamisch entwickelt. Dies sei auch in Brandenburg erkennbar. Vorbemerkung der Landesregierung: Mit dem Konzept der Landesregierung ,,Gemeinsames Lernen in der Schule‘‘ (Drucksache 6/5781) wird die seit Jahren feststellbare Entwicklung eines zunehmenden Besuchs von Schülerinnen und Schülern mit besonderem Unterstützungsbedarf in allgemeinen Schulen gefördert und strukturell abgesichert . Das Konzept beinhaltet aufeinander bezogene Vorhaben schulischer Qualitätsentwicklung , die zugleich Schritte zur weiteren Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) sind. Es beschreibt damit eine grundlegende Ausweitung und qualitative Verbesserung inklusiver Unterrichtsangebote, d. h. der individuellen , insbesondere sonderpädagogischen Förderung und Unterstützung (Beratung, Diagnose, Förderung) in der Primarstufe, der Sekundarstufe I sowie in den beruflichen Bildungsgängen. Die Umsetzung des Landeskonzepts erfolgt unter anderem durch den schrittweisen Ausbau von „Schulen für gemeinsames Lernen“. Die „Schulen für gemeinsames Lernen“ unterrichten vor allem Schülerinnen und Schüler mit den Förderbedarfen in den Bereichen Lernen, in der emotionalen und sozialen Entwicklung oder der Sprache (LES) im gemeinsamen Unterricht. In den „Schulen für gemeinsames Lernen“ werden alle Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrem individuellen Bedarf gefördert. Dafür erhalten die Schulen eine pauschale Ausstattung mit Lehrkräften. Hierdurch sollen mehr Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf zu einem Schulabschluss geführt werden und damit bessere Chancen zur Berufsausbildung erhalten. Die Maßnahmen in den allgemeinen Schulen werden grundsätzlich für alle Schulen der jeweiligen Schulform umgesetzt . Landtag Brandenburg Drucksache 6/9095 - 2 - Die Einführung des gemeinsamen Lernens an den Schulen erfolgt freiwillig. Für die „Schulen für gemeinsames Lernen“ finden die für die jeweilige Schulform geltenden rechtsnormativen Regelungen Anwendung. Die Förderschulangebote werden weitergeführt, soweit dafür unterrichtsorganisatorisch Bedarf besteht. Perspektivisch können Klassen der bestehenden Förderschulen auf freiwilliger Basis mit regional ausgewählten Standorten allgemeiner Schulen für gemeinsames Lernen (Schwerpunktschulen) zusammengeführt werden. Der gemeinsame Unterricht und die Förderschulen bilden miteinander ein System paralleler Angebote. Seit dem Schuljahr 2017/2018 gibt es im Land Brandenburg 129 „Schulen für gemeinsames Lernen“, darunter 102 Grund-, 24 Ober- und 3 Gesamtschulen. Frage 1: Wie haben sich die Schülerzahlen an den Potsdamer Förderschulen in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? (bitte nach Schule aufschlüsseln) zu Frage 1: Die Entwicklung der Schülerzahlen an Potsdamer Förderschulen kann den nachfolgenden Tabellen entnommen werden. Datengrundlage sind die Schuldatenerhebungen des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport der jeweiligen Jahre. Die Gesamtschülerzahl in der Landeshauptstadt Potsdam steigt im Zeitraum der Schuljahre von 2008/2009 bis 2017/2018 kontinuierlich an. Zudem ist ein leichtes Absinken des Anteils an Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderbedarf LES vom Schuljahr 2008/2009 im Vergleich zum Schuljahr 2017/2018 festzustellen. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit den sonstigen Förderschwerpunkten ist leichten Schwankungen unterlegen, bleibt aber in etwa gleich. Tabelle 1: Zahl der Schülerinnen und Schüler an Förderschulen in Potsdam von 2008/2009 bis 2017/2018 nach Schule und Schuljahr Schuljahr Schule 08/09 09/10 10/11 11/12 12/13 13/14 14/15 15/16 16/17 17/18 Comenius-Schule (Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "geistige Entwicklung") 97 102 102 103 97 108 114 110 115 123 Fröbelschule (Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "emotional-soziale Entwicklung ") 59 52 38 36 34 35 38 37 49 43 Oberlinschule (Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "körperlich-motorische Entwicklung ") 243 258 261 277 282 286 290 299 294 300 Schule am Nuthetal (Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "Lernen") 185 161 138 125 120 113 100 98 108 123 Wilhelm-von-Türk-Schule (Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkten "Hören“ und „Sprache") 114 157 167 179 175 168 161 153 165 173 James-Krüss-Schule (Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "Sprache") 46 Insgesamt 744 730 706 720 708 710 703 697 731 762 Landtag Brandenburg Drucksache 6/9095 - 3 - Tabelle 2: Schülerinnen und Schüler in allgemeinbildenden Schulen in Potsdam von 2008/2009 bis 2017/2018 nach Schuljahr insgesamt (ohne ZBW) Schuljahr Schuljahr 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 Insgesamt 16.307 16.717 17.100 17.850 18.356 19.075 19.750 20.580 21.458 22.230 Tabelle 3: Anteil der Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischem Förderschwerpunkt an allgemeinbildenden Schulen in Potsdam von 2008/2009 bis 2017/2018 nach Förderschwerpunkt und Schuljahr (ohne ZBW) (Angaben in Prozent) Schuljahr Förderschwerpunkt 08/09 09/10 10/11 11/12 12/13 13/14 14/15 15/16 16/17 17/18 LES 3,75 3,38 3,40 3,06 3,37 2,99% 3,22% 3,26% 3,22% 3,29% sonst. Förderschwerpunkt 2,81 2,94 2,88 2,80 2,96 3,37% 3,25 3,01 3,08 3,03 ohne Förderschwerpunkt 93,43 93,68 93,71 94,14 93,67 93,64 93,5 93,73 93,70 93,68 Angaben in % LES: Lernen, emotionale und soziale Entwicklung, Sprache Sonstiger Förderschwerpunkt: Blind, Gehörlos, Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Schwerhörig , Sehbehindert Frage 2: Wie viele Schülerinnen und Schüler sind in den vergangenen fünf Jahren in welcher Klassenstufe an welcher der Förderschulen neu aufgenommen worden? (bitte nach Schuljahren aufschlüsseln) zu Frage 2: Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die in den letzten fünf Jahren von einer Regelschule an eine Förderschule in Potsdam gewechselt oder eingeschult worden sind, kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Datengrundlage sind die Schuldatenerhebungen des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport der jeweiligen Jahre. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufnahme in die Jahrgangsstufe 1 bzw. die Eingangsstufe der Förderschule mit dem Förderschwerpunkt „geistige Entwicklung“ in der Regel nicht als Wechsel aus einer allgemeinen Schule erfolgt, sondern im Rahmen der erstmaligen Aufnahme in eine Schule (Einschulung). Tabelle 4: Zahl der Schülerinnen und Schüler, die von einer Regelschule an eine Förderschule in Potsdam gewechselt sind oder eingeschult wurden von 2013/2014 bis 2017/2018 nach Schule, Jahrgangsstufe und Schuljahr Schuljahr Kurzname Jahrgangsstufe 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 Comenius-Schule (Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "geistige Entwicklung") Eingangsstufe 11 8 5 7 Unterstufe 2 2 2 1 Mittelstufe 1 1 Oberstufe 1 1 1 1 Werkstufe 2 Primarstufe 14 zusammen 17 11 9 9 14 Fröbelschule (Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "emotional- Jahrgangsstufe 1 1 3 9 3 Jahrgangsstufe 2 5 5 6 7 2 Landtag Brandenburg Drucksache 6/9095 - 4 - soziale Entwicklung") Jahrgangsstufe 3 3 5 3 2 3 Jahrgangsstufe 4 1 3 2 4 2 Jahrgangsstufe 5 2 3 2 Jahrgangsstufe 6 1 1 zusammen 13 19 12 24 10 Oberlinschule (Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "körperlichmotorische Entwicklung") Jahrgangsstufe 1 9 10 12 6 14 Jahrgangsstufe 2 1 2 2 Jahrgangsstufe 3 6 1 2 2 Jahrgangsstufe 4 2 Jahrgangsstufe 5 2 1 1 Jahrgangsstufe 6 1 1 1 1 2 Jahrgangsstufe 7 2 7 5 6 2 Jahrgangsstufe 8 1 1 2 2 Jahrgangsstufe 9 1 1 3 3 4 Jahrgangsstufe 10 1 Eingangsstufe 9 12 12 7 Unterstufe 1 1 1 Oberstufe 1 Werkstufe 1 1 Primarstufe 10 Sekundarstufe I 2 zusammen 26 41 40 31 41 Schule am Nuthetal (Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "Lernen") Jahrgangsstufe 1 5 1 4 11 8 Jahrgangsstufe 2 1 4 2 4 Jahrgangsstufe 3 1 3 2 3 2 Jahrgangsstufe 4 1 1 3 5 Jahrgangsstufe 5 2 1 2 2 Jahrgangsstufe 6 1 3 1 1 Jahrgangsstufe 7 2 4 4 1 Jahrgangsstufe 8 1 Jahrgangsstufe 9 1 1 1 Jahrgangsstufe 10 1 zusammen 12 13 14 27 24 Wilhelm-von-Türk-Schule (Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkten "Hören“ und „Sprache") Jahrgangsstufe 1 12 13 14 15 20 Jahrgangsstufe 2 5 3 1 2 3 Jahrgangsstufe 3 2 4 6 Jahrgangsstufe 4 1 1 2 2 2 Jahrgangsstufe 5 1 1 2 Jahrgangsstufe 6 1 4 3 Jahrgangsstufe 7 1 3 3 Landtag Brandenburg Drucksache 6/9095 - 5 - Jahrgangsstufe 8 1 1 2 Jahrgangsstufe 9 1 1 zusammen 23 22 22 35 31 Insgesamt 91 106 97 126 120 Frage 3: Wurden in den letzten zehn Jahren Förderschulen in Potsdam geschlossen oder neu eröffnet? zu Frage 3: In den letzten zehn Jahren wurde keine Förderschule eröffnet. Durch den Schulträger wurde in diesem Zeitraum die James-Krüss-Schule - Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt "Sprache" - zum Ende des Schuljahres 2008/2009 geschlossen. Frage 4: Wie viele Grundschulen in der Landeshauptstadt Potsdam nehmen bzw. nahmen an dem Pilotprojekt „Inklusive Grundschule“ teil? zu Frage 4: An dem Pilotprojekt „Inklusive Grundschule“ nahmen vom Schuljahr 2012/2013 bis 2014/2015 acht Grundschulen in öffentlicher Trägerschaft und eine Grundschule in freier Trägerschaft (als assoziiertes Mitglied) in Potsdam teil. Die acht Grundschulen in öffentlicher Trägerschaft waren auch Teilnehmer der Anschlussphase unter den Bedingungen des Pilotprojekts 2015/2016 bis 2016/2017. Alle Schulen des ehemaligen Pilotprojekts sind seit 2017/2018 Schulen für gemeinsames Lernen entsprechend dem Landeskonzept aus 2016. An dem Konzept „Schule für Gemeinsames Lernen“ nehmen insgesamt elf Potsdamer Schulen in öffentlicher Trägerschaft im Schuljahr 2017/2018 teil. Frage 5: Wie viele Schülerinnen und Schüler sind seit Einführung des Pilotprojekts „Inklusive Grundschule“ (und darüber hinaus) von (vormaligen) Pilotschulen auf eine der Förderschulen gewechselt? (bitte nach Schuljahren aufschlüsseln) zu Frage 5: Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die von einer Schule im Pilotprojekt „Inklusive Grundschule“ (und Anschlussphase) an eine Förderschule gewechselt sind, kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Datengrundlage sind die Schuldatenerhebungen des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport der jeweiligen Jahre. Tabelle 5: Schülerinnen und Schüler, die von einer Grundschule im Pilotprojekt "Inklusive Grundschule" (und Anschlussphase ) an eine Förderschule gewechselt sind, nach Schulstandort der Grundschule, Schulstandort der Förderschule und Schuljahr Schuljahr Schulstandort Grundschule – Schulstandort Förderschule 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 Potsdam – Potsdam 6 7 6 5 9 außerhalb von Potsdam – Potsdam 1 1 3 3 Potsdam – außerhalb von Potsdam 1 5 3 1 5 Insgesamt 8 12 10 9 17 Landtag Brandenburg Drucksache 6/9095 - 6 - Frage 6: Welche Zukunftsperspektive haben die Potsdamer Förderschulen nach Einschätzung der Landesregierung? zu Frage 6: Das Brandenburgische Schulgesetz (BbgSchulG) sieht vor, dass der Schulträger seine Schulangelegenheiten in eigener Verantwortung nach Maßgabe dieses Gesetzes verwaltet. Insbesondere beschließt er über die Errichtung, Änderung und Auflösung und verwaltet die Schule als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe. Teil der Aufgabe ist die Schulentwicklungsplanung gemäß § 102 BbgSchulG. Gemäß Schulentwicklungsplan für die Jahre 2014 bis 2020 der Landeshauptstadt Potsdam werden die Förderschulen fortgeführt .