Landtag Brandenburg Drucksache 6/9100 6. Wahlperiode Eingegangen: 29.06.2018 / Ausgegeben: 04.07.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3593 der Abgeordneten Ursula Nonnemacher (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/8864 Welche Brandenburg-Bezüge hatte das polizeilich verhinderte „Blood & Honour“- Konzert vom 21.04.2018 in Polen und welche Terrorismus-Bezüge sind bekannt? Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Die polnische Polizei, unter anderem eine Anti-Terror- Einheit, hat laut Medienberichten am 21. April 2018 ein „Blood & Honour“-Konzert verhindert , bei dem ein Auftritt der Brandenburger Band „Confident of Victory“ angekündigt war. Das als „Taufparty“ getarnte Neonazi-Konzert sollte als Ersatzveranstaltung für die zunächst an diesem Tag geplante, aber offenbar am staatlichen Verfolgungsdruck gescheiterte „Night of Identity“ stattfinden. Die „Night of Identity“ galt als Nachfolge-Veranstaltung der in den drei vorangegangenen Jahren organisierten „Night of Terror“, bei der es „Combat 18“-Bezüge gab, was Veranstalter und angekündigte Bands betrifft. Frage1: Stehen brandenburgische Sicherheitsbehörden mit polnischen Sicherheitsbehörden in Kontakt, was die Beobachtung und Bekämpfung der rechtsextremistischen Szene betrifft - gibt es einen entsprechenden Informationsaustausch und wie ist dieser organisiert und ausgestaltet? zu Frage 1: Bezogen auf die Fragestellung erfolgt der Informationsaustausch im Bereich der Polizei des Landes Brandenburg mit den polnischen Sicherheitsbehörden anlassbezogen. So wurde beispielsweise das „Gemeinsame Zentrum der deutschpolnischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Swiecko“ zuletzt am 10. März 2017 über eine mögliche rechtsextremistisch orientierte Musikveranstaltung unter dem Motto „Night of Terror“ informiert. Der nachrichtendienstliche Informationsaustausch mit ausländischen Stellen obliegt dem Bundesamt für Verfassungsschutz. Frage 2: Hatten brandenburgische Sicherheitsbehörden im Vorfeld des 21. April 2018 Informationen bezüglich der „Night of Identity“ beziehungsweise der „Taufparty“ von „Blood & Honour“ in Polen und wurden diese Informationen gegebenenfalls vor der Veranstaltung an polnische Sicherheitsbehörden weitergegeben? zu Frage 2: Durch Internetaufklärung wurde der Polizei des Landes Brandenburg bereits im Vorfeld bekannt, dass am 21. April 2018 eine rechtsextremistische Veranstaltung an einem unbekannten Ort in Europa („Club 28 Division Poland“) stattfinden sollte. Darüber wurde die polnische Polizei durch das Land Sachsen informiert und um Landtag Brandenburg Drucksache 6/9100 - 2 - Erkenntnismitteilung zu möglichen Zusammenhängen - insbesondere zum Veranstaltungsort - gebeten. Gleichzeitig fand im Zeitraum vom 20. bis 22. April 2018 eine Versammlung unter dem Motto: „Reconquista Europa - Gegenkultur schaffen“ in Ostritz (SN) statt. Durch den Anmelder dieser Versammlung wurde das Konzert „Night of Identity“ ebenfalls mit E-Mail vom 15. Februar 2018 an die Versammlungsbehörde gemeldet und mitgeteilt, dass es keine Zusammenhänge zwischen dem dortigen Konzert und der Veranstaltung in Ostritz gibt. Sämtliche Informationen, die die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg zur Konzertveranstaltung in Polen hatte, wurden im Vorfeld dem Bundesamt für Verfassungsschutz übermittelt. Frage 3: Haben brandenburgische Sicherheitsbehörden nach dem polnischen Polizeieinsatz gegen das als Taufparty getarnte Neonazi-Konzert am 21. April 2018 Informationen von polnischen Sicherheitsbehörden erhalten? Falls ja: a. Sind diese Informationen auf Anfrage von brandenburgischen Behörden oder aus Eigeninitiative von polnischer Seite übermittelt worden? b. Warum hat die polnische Polizei das „Blood & Honour“-Konzert am 21. April 2018 mit Hilfe einer Anti-Terror-Einheit verhindert - gab es Hinweise auf mögliche Terrorismus- Bezüge der Veranstalter, der Veranstaltung, der Bands oder der Besucherinnen und Besucher? c. Wie viele Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten aus Brandenburg hat die polnische Polizei bei der „Taufparty“ am 21. April 2018 festgestellt? Und sind diese Personen den brandenburgischen Sicherheitsbehörden gegebenenfalls aus Gruppierungen oder von politischen Aktivitäten her bekannt und, falls ja, aus welchen Gruppierungen und von welchen Aktivitäten her - gibt es beispielsweise Bezüge zum „Combat 18“? d. Hat die polnische Polizei bei dem Einsatz am 21. April 2018 Mitglieder der Brandenburger Rechtsrock-Band „Confident of Victory“ und/oder von anderen Musikgruppen aus Brandenburg festgestellt? e. Hat die polnische Polizei bei dem Einsatz am 21. April 2018 weitere Brandenburg- Bezüge festgestellt - beispielsweise in Person von Händlern und/oder Händlerinnen aus Brandenburg, die rechtsextremistische Tonträger oder entsprechenden Szene-Textilien verkaufen? f. Wer hat die „Taufparty“ am 21. April 2018 in Polen organisiert und veranstaltet - handelte es sich um den- oder dieselben Veranstalter wie bei der „Night of Terror“ in den Jahren 2015, 2016 und 2017? g. Wo sollte die „Taufparty“ am 21. April 2018 konkret stattfinden? zu Frage 3: Bislang wurden seitens der polnischen Sicherheitsbehörden keine Informationen bzw. Erkenntnisse übermittelt. Frage 4: Wie bewertet es die Landesregierung, dass die Brandenburger Band „Confident of Victory“ bei einem Neonazi-Konzert angekündigt war, das die polnische Polizei mit einer Anti-Terror-Einheit verhindert hat und das vom Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“ organisiert wurde, dessen deutsche Division verboten ist? zu Frage 4: Die Musikgruppe „Confident of Victory“(C.o.V.) ehemals auch „Sturm und Drang“ (S.U.D.) besteht seit etwa 1997 und ist in die rechtsextremistische Szene eingebunden. Seit 1998 trat sie mehrfach, zumeist gemeinsam mit anderen Bands, bei Konzerten im gesamten Bundesgebiet und Ausland auf. Die von der Band verwendeten Landtag Brandenburg Drucksache 6/9100 - 3 - und hier bekannten Texte handeln vor allem von Themen wie Deutschland, Systemverdrossenheit und Soldatentum. Sie sind als rechtsgerichtet einzustufen, erfüllen aber, soweit hier bekannt, keine Straftatbestände. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die Band bei Liveauftritten aggressivere Textversionen verwendet, dies zeigt auch ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Mannheim aus dem Jahr 2005. Die Gruppe zählt zu den aktivsten rechtsgerichteten Musikgruppen aus dem Land Brandenburg. Bislang liegen der Polizei des Landes Brandenburg keine Erkenntnisse darüber vor, dass die Band eine aktive Rolle in der „Blood and Honour“-Szene spielt. So trat die Band beispielsweise auch auf dem Hammerskinfestival in Atlanta im Oktober 2005 auf. Auftritte bei Konzertveranstaltungen, die durch rechtsextremistische Organisationen durchgeführt wurden, können ein Hinweis auf die Zugehörigkeit zu der Organisation darstellen, scheiden aber als Alleinstellungsmerkmal aus. Frage 5: Sind den brandenburgischen Sicherheitsbehörden seit dem Jahr 2011 terroristische oder terrorverdächtige Aktivitäten von Rechtsextremisten und/oder Rechtsextremistinnen aus Brandenburg bekanntgeworden und gegebenenfalls welche? Frage 6: Gibt es in Brandenburg Rechtsextremisten und/oder Rechtsextremistinnen, die mit Terrorismus oder militanten Aktionen sympathisieren oder im Verdacht stehen, solche anzustreben? zu den Fragen 5 und 6: Terrorverdächtige Aktivitäten werden durch die Verfassungsschutzbehörden als Gefährdungssachverhalte bewertet. Seit dem angefragten Jahr 2011 bearbeitete die Verfassungsschutzbehörde Gefährdungssachverhalte im niedrigen einstelligen Bereich. Zu konkreten Gefährdungssachverhalten kann eine Beantwortung aus Sicht der Landesregierung unter Berücksichtigung des vorliegenden überwiegenden Geheimhaltungsinteresses der Arbeit des Verfassungsschutzes gegenüber dem parlamentarischen Informationsinteresse nicht erfolgen. Personen, die Terrorismus anstreben oder mit militanten Aktionen sympathisieren werden regelmäßig in einem bundesweit abgestimmten Kategoriensystem erfasst und die Bearbeitung im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorabwehrzentrum (GETZ) abgestimmt. Zu kategorisierten Personen aus Brandenburg kann eine Beantwortung aus Sicht der Landesregierung unter Berücksichtigung des vorliegenden überwiegenden Geheimhaltungsinteresses der Arbeit des Verfassungsschutzes gegenüber dem parlamentarischen Informationsinteresse nicht erfolgen. Die zwingende Geheimhaltungsbedürftigkeit der Arbeit des Verfassungsschutzes ergibt sich daraus, dass durch eine Offenlegung von Einzelheiten zu Arbeitsweisen, Strategien, Methoden und Erkenntnisstand des Nachrichtendienstes im Hinblick auf die Fragestellung dessen Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung erheblich gefährdet wird. Die Landesregierung äußert sich zu den geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten des Verfassungsschutzes grundsätzlich nur gegenüber der Parlamentarischen Kontrollkommission des Landestages. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9100 - 4 - Frage 7: Welche Kontakte unterhalten Rechtsextremisten und/oder Rechtsextremistinnen aus Brandenburg zum Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“? zu Frage 7: Im Land Brandenburg liegen derzeit keine Anhaltspunkte für „Blood & Honour“-Strukturen/Netzwerke vor. Auch ist nicht bekannt, dass Personen aus dem Land Brandenburg in derartige Strukturen/Netzwerke eingebunden sind. Es bestehen jedoch nach wie vor Kennverhältnisse von Rechtsextremisten, die vor dem Verbot im „Blood & Honour“-Netzwerk aktiv waren. Zudem gibt es einzelne Personen, die Kontakte zu „Blood & Honour“-Sektionen im Ausland unterhalten.