Landtag Brandenburg Drucksache 6/9119 6. Wahlperiode Eingegangen: 04.07.2018 / Ausgegeben: 09.07.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3606 der Abgeordneten Prof. Dr. Ulrike Liedtke (SPD-Fraktion) Drucksache 6/8878 Ausgründungen aus Hochschulen Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Innovationen sind ein wichtiger Motor für die wirtschaftliche Entwicklung und ein wesentlicher Treiber von Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand . Ausgründungen aus Hochschulen, sogenannte Spin-offs, werden eine besondere Bedeutung für die regionale Entwicklung zugeschrieben. Gerade Start-ups aus Hochschulen spielen eine herausragende Rolle, den Wissenstransfer aus der Forschung in wirtschaftliche Wertschöpfung umzusetzen. Dabei ist ein klarer Trend zu erkennen. Immer mehr Firmen werden deutschlandweit von Studierenden, Absolventen oder Wissenschaftlern aus Hochschulen heraus gestartet. Ausgründungen von öffentlichen Wissenschaftseinrichtungen sind daher ein brandaktuelles Thema für alle akademischen Einrichtungen im Rahmen des Technologietransfers. Eine erfolgreiche Gründungskultur setzt insbesondere die Verankerung der Gründungsthematik in Lehre und Ausbildung voraus. Auch Förderprogramme sind nach wie vor ein wichtiger Faktor für die Realisierung von Forschungsund Entwicklungsvorhaben. So hat Brandenburg im Jahr 2017 als erstes Bundesland eine Transferstrategie beschlossen, um den Wissens- und Technologietransfer im Land zu stärken. 1. Wie viele Unternehmen wurden seit 2012 aus Universitäten und Hochschulen des Landes Brandenburg heraus gegründet? Zu Frage 1: In der Bundesrepublik Deutschland existiert keine alle Tätigkeitsbereiche umfassende amtliche Gründungsstatistik. Die Anzahl der gewerblichen Gründungen wird auf Basis der Gewerbeanmeldungen im Rahmen der Gewerbeanzeigenstatistik registriert. Angaben zu Gründungen in den nichtgewerblichen Bereichen (wie z. B. Freie Berufe) beruhen auf Auswertungen der Finanzverwaltungen. Eine Kategorie „Gründungen aus Hochschulen “ wird dabei weder in der Gewerbeanzeigenstatistik, noch im Rahmen der Auswertungen der Finanzverwaltungen erhoben. Auch in der Hochschulstatistik werden keine gesonderten Daten zum Gründungsgeschehen an Hochschulen erfasst. Der Landesregierung liegen Daten zu Gründungen aus Hochschulen aus dem Monitoring zum Europäischen Sozialfonds (ESF) vor. Auf Grundlage der gemeinsamen Richtlinie des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie und des Ministeriums für Wirtschaft und Energie zur Förderung von Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen im Land Brandenburg in der EU-Förderperiode 2014 - 2020 (Existenzgründungsrichtlinie) werden mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und Hochschuleigenmitteln Grün- Landtag Brandenburg Drucksache 6/9119 - 2 - dungsservices an den staatlichen Hochschulen gefördert. Mit Unterstützung der Gründungsservices wurden seit 2012 aus den acht staatlichen Hochschulen heraus 511 Unternehmen gegründet. 2. In welchen Unternehmenszweigen erfolgten dabei die meisten Ausgründungen? Zu Frage 2: Daten hierzu werden im Rahmen des unter Frage 1 genannten ESF- Monitorings zu den Gründungsservices der Hochschulen seit 2015 erfasst. Die meisten Ausgründungen aus den Brandenburger Hochschulen erfolgten in folgenden Wirtschaftszweigen entsprechend der Gliederung der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008): Kunst, Unterhaltung und Erholung, Information und Kommunikation, Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen , Erbringung von sonstigen Dienstleistungen. 3. Wie schneiden Brandenburger Hochschulen bei Gründungsvorhaben und Ausgründungen im bundesweiten Vergleich ab? Zu Frage 3: Einen ausschließlich auf Gründungsvorhaben und Ausgründungen aus Hochschulen ausgerichteten bundesweiten Vergleich gibt es nicht. Der Gründungsradar des Stifterverbandes vergleicht Hochschulprofile in der Gründungsförderung. Untersucht wird dabei wie Hochschulen Unternehmensgründungen fördern, insbesondere durch die institutionelle Verankerung einer nachhaltigen Gründungskultur und durch Gründungssensibilisierung und -unterstützung. Es werden auch die Gründungsaktivitäten bewertet, also der Output, den die Gründungsförderung durch die Hochschulen erbringt. Die Hochschulen des Landes Brandenburg nehmen bundesweit in ihren jeweiligen Hochschulkategorien (groß, mittel, klein) teilweise Spitzenplätze ein. Im Gründungsradar 2016 (erschienen Februar 2017) liegt die Universität Potsdam bei den großen Hochschulen auf Platz 4 als erste nicht-technische Universität. Bei den mittleren Hochschulen belegt die BTU Cottbus Platz 21 von 37. Bei den kleinen Hochschulen belegt die Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf Platz 4 von 27, die TH Brandenburg Platz 9 und die Fachhochschule Potsdam, die Hochschule für Nachhaltige Entwicklung und die TH Wildau die Plätze 15-17. (https://www.stifterverband.org/medien/gruendungsradar-2016) Das EXIST-Gründerstipendium, eine Förderinitiative des Bundeswirtschaftsministeriums, unterstützt seit 2007 Studierende, Absolventen/Absolventinnen und Wissenschaftler/-innen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen bei der Umsetzung ihrer innovativen Gründungsideen. Sie erhalten ein monatliches Stipendium, Sachkostenzuschüsse sowie finanzielle Unterstützung für Maßnahmen wie Coaching. Im Rahmen dieses Bundesförderprogrammes liegt Brandenburg mit 18,5 bewilligten EXIST-Gründerstipendien je 10.000 eingeschriebenen Studierenden auf Platz 1 vor Berlin (15,6), Thüringen (12,0), Sachsen (11,8), Mecklenburg-Vorpommern (10,2) und Bayern (9,2). Auf den hinteren Plätzen rangieren Hessen und Nordrhein-Westfalen mit je 3,5, Rheinland-Pfalz (2,5) und Schleswig- Holstein (2,1). In absoluten Zahlen liegt allerdings Bayern (358) auf Platz 1, gefolgt von Berlin (292), Nordrhein-Westfalen (266) und Baden-Württemberg (201). Mit Sachsen (132) belegt das erste ostdeutsche Bundesland den fünften Platz. Brandenburg folgt mit Hessen gleichauf dahinter (je 91 Stipendien). Schlusslichter sind Bremen (29), das Saarland (19) und Schleswig-Holstein (13). (https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/1800- Landtag Brandenburg Drucksache 6/9119 - 3 - Startup-Gruender-haben-ein-Stipendium-erhalten.html) 4. Welche Gründungsinitiativen und Gründungsberatungen gibt es an Brandenburger Hochschulen? Zu Frage 4: Die aus ESF- und Eigenmitteln finanzierten Gründungsservices an den staatlichen Hochschulen bieten umfangreiche Beratungen in Vorbereitung auf erfolgreiche Gründungen an. Nach einer grundständigen Beratung, die durch die Gründungsservices selbst erbracht wird, werden vertiefende - auf die jeweiligen Gründungsvorhaben individuell ausgerichtete - intensive Beratungen, Qualifizierungs- und Coachingleistungen angeboten, die durch externe Dienstleister (Beraterinnen und Berater) umgesetzt werden. Auch eine Unterstützung für die Inanspruchnahme der EXIST-Förderprogramme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wird angeboten. Darüber hinaus tragen die Gründungsservices zu einer Verbesserung des Gründungsklimas bei, sensibilisieren für das Gründungsthema und halten Angebote zur Entwicklung von Gründungsideen vor. Der „Businessplan- Wettbewerb Berlin-Brandenburg“ (BPW) bietet mit „BPW Study“ speziell Studentinnen und Studenten die Möglichkeit, ein Geschäftskonzept einzureichen, sofern es im Rahmen einer Hochschulvorlesung erarbeitet wurde, eine Gründung kurzfristig allerdings noch nicht geplant ist. Am BPW Study 2017 haben insgesamt (Berlin und Brandenburg) 328 Studierende (davon 124 Frauen) teilgenommen und 98 Geschäftskonzepte eingereicht. Der Brandenburger Anteil betrug 139 Studierende mit 43 Businessplänen. Für den BPW selbst gibt es keine Teilnahmebeschränkung. 2017 wurden insgesamt 294 Geschäftskonzepte eingereicht , darunter 74 Brandenburger Konzepte von denen 57 dem Brandenburger Hochschulumfeld zugerechnet werden können. 5. Welche Gründerpreise werden an Brandenburger Hochschulen verliehen? Zu Frage 5: Brandenburger Hochschulen verleihen Gründerpreise gemeinsam mit Unternehmen . Aktuell lobt die Technische Hochschule Brandenburg jährlich gemeinsam mit Brandenburger Unternehmen den Innovationspreis in den drei Kategorien Ideen-Award, Innovations-Award und Startup-Award aus. Im Rahmen des Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg (BPW) wird an die gründungsaktivste Hochschule in Berlin und Brandenburg der BPW-Hochschulpreis „Ideenschmiede“ verliehen. Ausgehend von den eingereichten Geschäftskonzepten werden unter quantitativen und qualitativen Gesichtspunkten die erfolgreichste Berliner und die erfolgreichste Brandenburger Hochschule ermittelt und mit dem Preis der Ideenschmiede ausgezeichnet. Preisträger 2017 für Brandenburg war die Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Die Universitätsgesellschaft Potsdam und die Mittelbrandenburgische Sparkasse haben 2018 den 13. Senior Coaching Service- Wettbewerb ausgelobt. Dabei handelt es sich um einen Businessplan-Coaching- Wettbewerb für innovative oder technologieorientierte Gründungsprojekte aus allen Brandenburger Hochschulen. Es werden Coaching- und Geldpreise vergeben. 6. Welche Förderprogramme für Gründungen aus Universitäten und Hochschulen stehen in Brandenburg zur Verfügung und wie stark sind die Programme nachgefragt? Zu Frage 6: Über die in der Antwort zu Frage 1 genannte Existenzgründungsrichtlinie stehen den Gründungsservices der Brandenburger Hochschulen für den Projektzeitraum 2018 bis 2020 pro Jahr 1,34 Millionen Euro aus dem ESF zur Verfügung. Ergänzend zu Landtag Brandenburg Drucksache 6/9119 - 4 - den Gründungsservices werden durch das ebenfalls im Rahmen der Existenzgründungsrichtlinie geförderte ESF-kofinanzierte Projekt der Wirtschaftsförderung Brandenburg GmbH (WFBB) „Innovationen brauchen Mut“ (IbM) neben allgemein innovativen Gründungen insbesondere innovative Gründungen aus der Wissenschaft (sowohl aus Hochschulen – hier in enger Kooperation mit den Gründungsservices – als auch aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen) und innovative Gründungen durch Akademikerinnen und Akademiker aus EU- und Nicht-EU-Staaten unterstützt und intensiv beraten. Von Bedeutung für innovative Gründungen aus Hochschulen ist das in der Antwort zu Frage 3 genannte EXIST-Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie mit EXIST-Gründerstipendium und EXIST-Forschungstransfer. Weitere spezielle Förderprogramme des Landes Brandenburg ausschließlich für Gründungen aus Hochschulen wurden nicht aufgelegt. Bestehende Brandenburger Förderprogramme wie der Frühphasen - und Wachstumsfonds oder der Mikrokredit Brandenburg stehen allen Gründungen und somit auch Gründungen aus Hochschulen in Brandenburg offen. Es wird allerdings nicht erhoben, wie viele Anträge von Gründerinnen und Gründern aus Hochschulen stammen . Weiterhin kann z.B. auch das nachfolgend genannte Förderprogramm von bereits realisierten Gründungen und Unternehmensnachfolgen aus Hochschulen in Anspruch genommen werden. Mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) werden über die Richtlinie des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zur Förderung von Neugründungen und Übernahmen innovativer Unternehmen im Land Brandenburg (Gründung innovativ) innovativ ausgerichtete KMU in den ersten drei Jahren nach der Gründung bzw. der Übernahme eines Unternehmens durch Zuschüsse für Aufwendungen für Investitionen, Personal und technische Beratungs- und Entwicklungsleistungen unterstützt. Es wird allerdings nicht erhoben, ob es sich bei den antragstellenden Unternehmen um Gründungen aus den Hochschulen heraus handelt. Im Übrigen wird auf die „Gründungs- und Unternehmensnachfolgestrategie für das Land Brandenburg “ (Drucksache 6/6286) verwiesen. Die dort vorgestellten weiteren Förderinstrumente , besonders auch auf Bundes- und EU-Ebene können ebenfalls von Brandenburger Gründerinnen und Gründern aus Hochschulen in Anspruch genommen werden. 7. Welche Initiativen zum Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Gründern gibt es in Brandenburg? Zu Frage 7: Der Transfer von für Gründungen relevantem Wissen zwischen Hochschulen und Gründerinnen und Gründern wird, wie in der Antwort zu Frage 4 dargestellt, wesentlich von den Gründungsservices der Hochschulen getragen. An den einzelnen Hochschulen wurden dafür vielfältige Beratungs- und Veranstaltungs-Formate entwickelt, über die auf den Webseiten der Gründungsservices informiert wird. Auch die in Antwort zur Frage 5 genannten Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg (bpw) und Senior Coaching Service (SCS) zählen zu den darauf ausgerichteten Initiativen. Zudem stellen einige Hochschulen z.B. über Coworking Spaces Unterstützungsangebote für die Nachgründungsphase zur Verfügung. Die Hochschulen halten darüber hinaus nach erfolgter Gründung oder Unternehmensnachfolge Kontakt zu den Gründerinnen und Gründern aus der Hochschule z.B. über ihre Alumni-Netzwerke. Sie nutzen insbesondere deren Erfahrungen für die Beratung von Gründungsinteressierten an der Hochschule.