Landtag Brandenburg Drucksache 6/9176 6. Wahlperiode Neudruck Eingegangen: 09.07.2018 / Ausgegeben: 16.07.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3621 des Abgeordneten Benjamin Raschke (Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drucksache 6/8913 Spargelanbau unter Folie in europäischen Schutzgebieten Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Der Spargelanbau in Brandenburg nimmt kontinuierlich zu. Im vergangenen Jahr verbuchten die Brandenburger Landwirte eine Rekordernte mit 22.200 Tonnen Spargel. Insgesamt wurde 2017 auf rund 4.900 Hektar Landwirtschaftsfläche Spargel angebaut, dies entspricht einem Flächenzuwachs von 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Teilweise findet der Spargelanbau innerhalb von europäischen Schutzgebieten statt. Als Beispiel sei das Europäische Vogelschutzgebiet „Mittlere Havelniederung “ genannt, in welchem seit Beginn des großflächigen Spargelanbaus vor über zehn Jahren das Verschwinden zahlreicher gefährdeter Vogelarten dokumentiert werden konnte (Gutachten des Landesamtes für Umwelt). Seit vielen Jahren machen insbesondere Umweltverbände auf die nachteiligen Auswirkungen des Spargelanbaus unter Folie auf die Artenvielfalt in Schutzgebieten aufmerksam . Bisher scheint es, als haben weder die unteren Naturschutzbehörden noch das Umweltministerium als Fachaufsicht wirksame Maßnahmen eingeleitet, um diesen negativen Trend aufzuhalten. Die Landesregierung antwortete auf die Mündliche Anfrage zu den Konsequenzen aus dem Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes „Spargelanbau unter Folie und Natura-2000-Gebiete“, dass das Gutachten keine substanziell neuen Erkenntnisse enthalte . Somit wurde durch den Umweltminister bestätigt, dass bei Erweiterung der Spargelanbauflächen die Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen bei Natura 2000-Gebieten zu überprüfen ist. Frage 1: Wie viel ha Spargelanbaufläche befindet sich in Brandenburg derzeit innerhalb von Natura 2000-Gebieten? zu Frage 1: Derzeit befinden sich in Brandenburg 1025,64 ha Spargelanbaufläche in Natura 2000-Gebieten (Quelle: GIS-Auswertung Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg-LGB). Frage 2: Welche Untersuchungen oder Gutachten zum Erhaltungszustand der Europäischen Schutzgebiete, in denen Spargel unter Folie angebaut wird, liegen der Landesregierung vor oder sind ihr bekannt? Was sind die wesentlichen Ergebnisse? Bitte auflisten mit Titel, Autor, Jahreszahl und Ort der Veröffentlichung Landtag Brandenburg Drucksache 6/9176 (ND) - 2 - zu Frage 2: Das Landesamt für Umwelt (LfU) beauftragt Dritte mit Untersuchungen zur Gewährleistung der in den europäischen Naturschutzrichtlinien geregelten Berichtspflichten . Hierzu liegt folgendes vor: Für das Vogelschutzgebiet Mittlere Havelniederung: Hellwig, T. (2005): Die Brutvorkommen von ausgewählten Vogelarten im EU-SPA Mittlere Havelniederung. Ersterfassung im Auftrag des NABU Deutschland, unveröffentlicht. Alex, U. (2011): Auswirkungen des Spargelanbaus im Bereich Mötzow-Grabow auf die Brutvögel. Unveröffentlichtes Manuskript. Alsleben, K. & T. Hellwig (2013): Erfassung der Brutvögel auf Anbauflächen mit Folienspargel im SPA Mittlere Havelniederung 2013. Unveröffentlichte Untersuchung im Auftrag des Landesumweltamtes Brandenburg. Alsleben K. & T. Hellwig (2015): Die Brutvorkommen von ausgewählten Vogelarten im EU- SPA Mittlere Havelniederung. SPA Zweiterfassung im Auftrag des früheren Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) Brandenburg, heute LfU, unveröffentlicht . Alsleben, K. & T. Hellwig (2017): Weiterführende ornithologische Untersuchungen in der Umgebung von Spargelfeldern im SPA Mittlere Havelniederung 2017. Untersuchung im Auftrag des LfU. Für das Vogelschutzgebiet Obere Havelniederung: Weiß, S. (2006): Die Brutvorkommen wertgebender Vogelarten im EU-SPA Obere Havelniederung Teilfläche nördlich von Gransee. Ersterfassung im Auftrag des NABU Deutschland , unveröffentlicht. Menz, H. (2016): Ergebnisbericht zur Erfassung ausgewählter Brutvogelarten im EU-SPA Gebiet Obere Havelniederung. SPA Zweiterfassung im Auftrag des LfU Brandenburg, unveröffentlicht . Für das Vogelschutzgebiet Rhin-Havel-Luch: Hellwig, T., H. Menz & S. Weiß (2006): Die Brutvorkommen von ausgewählten Vogelarten im EU-SPA Rhin-Havelluch. Ersterfassung im Auftrag des NABU Deutschland, unveröffentlicht . Alsleben, K. (2016): Die Brutvorkommen von ausgewählten Vogelarten im EU-SPA “Rhin- Havelluch“. SPA-Zweiterfassung im Auftrag des LfU Brandenburg. Es handelt sich um Untersuchungen zu verschiedenen Vogelschutzgebieten oder Teilen davon. Eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ist daher nicht möglich. Frage 3: Aus welchen Gründen ist das bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage Drucksache 5/9466 erwähnte Gutachten des Landesamtes für Umwelt zu den Auswirkungen des Spargelanbaus unter Folie auf die Brutvogelentwickung des im Vogelschutzgebiet „Mittlere Havelniederung“ gelegenen Gebiets Mötzow-Grabow immer noch nicht veröffentlicht ? Wird eine Veröffentlichung zeitnah nachgeholt? Landtag Brandenburg Drucksache 6/9176 (ND) - 3 - zu Frage 3: Eine Veröffentlichung der Untersuchung ist nicht vorgesehen. Frage 4: Welche weiteren Untersuchungen oder Gutachten sind derzeit geplant? zu Frage 4: Derzeit sind keine weiteren Gutachten oder Untersuchungen geplant. Frage 5: Wie viele Anträge auf Anbau von Spargel unter Folie in Natura 2000-Gebieten wurden in den Jahren 2017 und 2018 gestellt (bitte nach Landkreisen auflisten und mit Hektar-Angabe)? Falls keine Anträge gestellt wurden, in wie vielen Fällen wurde zur Einreichung von Unterlagen aufgefordert (bitte nach Landkreisen auflisten und mit Hektar- Angabe)? zu Frage 5: Für Anzeigen gemäß § 34 Abs. 6 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sind die Landkreise zuständig. Der Landesregierung liegen keine Informationen zu der Anzahl entsprechender Anzeigen vor. Frage 6: Wie ist der genaue Ablauf für die Antragsstellung und Genehmigung für den Anbau von Spargel unter Folie - bitte mit Angabe der benötigten Unterlagen, beteiligten Behörden , Ablauf der Verbändebeteiligung und Verfahrenswege? zu Frage 6: Die Anzeige von Projekten in Natura 2000-Gebieten richtet sich nach den Regelungen des § 34 Abs. 6 BNatSchG. Der Anbau von Spargel unter Folie in Brandenburg ist beim Landkreis als unterer Naturschutzbehörde anzuzeigen. Seitens des Antragstellers sind Unterlagen vorzulegen, die die Durchführung einer einzelfallbezogenen Prüfung auf Verträglichkeit hinsichtlich der Erhaltungsziele des jeweiligen Natura 2000-Gebiets ermöglichen . Sind erhebliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme vorliegen. Frage 7: Spargelanbau hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. a) Wie viele Erweiterungen von Spargelanbauflächen innerhalb von Natura 2000-Gebieten gab es insgesamt in den vergangenen zehn Jahren? b) In wie vielen Fällen wurden in den vergangenen zehn Jahren in Brandenburg bei Erweiterung der Spargelanbauflächen innerhalb von Natura 2000-Gebieten Verträglichkeitsprüfungen durchgeführt? Was waren jeweils die Ergebnisse? c) In wie vielen Fällen wurde in den vergangenen zehn Jahren bei Erweiterung von Spargelanbauflächen auf die Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung verzichtet? Was waren die jeweiligen Gründe? zu Frage 7a: Die Entwicklung des Spargelanbaus in den letzten zehn Jahren in den Brandenburger Natura 2000-Gebieten kann der folgenden Tabelle entnommen werden: Landtag Brandenburg Drucksache 6/9176 (ND) - 4 - Jahr Spargelanbaufläche in Natura 2000-Gebieten (in ha) 2007 643,5490 2008 623,6239 2009 654,3682 2010 738,8348 2011 770,0013 2012 748,6939 2013 783,2838 2014 1.191,7337 2015 1.120,6159 2016 1.047,2653 2017 1.025,6471 Quelle: GIS-Auswertung LGB zu den Fragen 7b und 7c: Für Anzeigen und Durchführung von Verträglichkeitsprüfungen sind die Landkreise zuständig. Der Landesregierung liegen keine Informationen zu den Fallzahlen vor. Frage 8: In wie vielen und welchen Fällen konnten durch die unteren Naturschutzbehörden Veränderungen oder Störungen durch den Spargelanbau unter Folie festgestellt werden, die zu erheblichen Beeinträchtigungen von Natura 2000-Gebieten geführt haben? Was waren die jeweiligen Konsequenzen? Wie wurde insbesondere mit den Ergebnissen des Gutachtens des LfU in Bezug auf das Vogelschutzgebiet „Mittlere Havelniederung“ umgegangen ? Der Landesregierung liegen keine Informationen zu entsprechenden Fallzahlen vor. Die Ergebnisse der Untersuchung für das Vogelschutzgebiet „Mittlere Havelniederung“ betreffen ausschließlich den Landkreis Potsdam-Mittelmark. Dieser handelt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags selbstständig. Frage 9: In welcher Form ist das Umweltministerium in den vergangenen Jahren insbesondere in Bezug auf die Fragen 7 und 8 seiner Rechts- und Fachaufsicht nachgekommen , um die unteren Naturschutzbehörden bei der Durchsetzung des Naturschutzrechts in Bezug auf den Spargelanbau unter Folie zu unterstützen? zu Frage 9: Das Umweltministerium berät die unteren Naturschutzbehörden zu fachlichen und rechtlichen Fragestellungen, auch des Spargelanbaus unter Folie im Rahmen regelmäßiger Dienstberatungen und auf Anfrage auch im Einzelfall. Frage 10: Die Landesregierung überarbeitete 2016 unter Beteiligung der Umweltverbände die Verwaltungsvorschrift zur Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung. Wann wurde diese fertiggestellt und veröffentlicht? Ggf. auf welchen anderen Wegen (Erlass, Rundschreiben, etc.) will die Landesregierung den korrekten Ablauf für die unteren Behörden regeln? Landtag Brandenburg Drucksache 6/9176 (ND) - 5 - zu Frage 10: Die Verwaltungsvorschrift wurde bisher noch nicht fertiggestellt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Frage 11: Die Staatssekretärin des MLUL kündigte am 28.2.2018 bei der Versammlung des Gartenbauverbandes Berlin-Brandenburg ein Spargel-Gespräch für den 06.03.2018 an. Was sind die Ergebnisse dieses Treffens und welche Verbände, Behörden und/oder Firmen nahmen hieran teil? zu Frage 11: Das Gespräch fand wie vorgesehen statt. Vertreten waren der Landkreis Potsdam-Mittelmark, die Grüne Liga, der NABU, das Ministerium für Ländliche Entwicklung , Umwelt und Landwirtschaft (MLUL), Spargelbaubetriebe, der Gartenbauverband und der Verband der ostdeutschen Spargel- und Beerenobstanbauer. Das Gespräch diente dem gegenseitigen Informations- und Meinungsaustausch.