Landtag Brandenburg Drucksache 6/9177 6. Wahlperiode Eingegangen: 09.07.2018 / Ausgegeben: 16.07.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3615 des Abgeordneten Steeven Bretz (CDU-Fraktion) Drucksache 6/8905 Ankündigungen des Ministerpräsidenten nach dem Fußball-Landespokalfinale im Mai 2018 Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen des Fragestellers: Massive Ausschreitungen durch Babelsberger Fans haben Ende Mai bei dem o. g. Fußballspiel zu einem Veranstaltungsabbruch im Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion geführt. Infolgedessen fiel die Siegerehrung nach dem Spiel aus. Der Ministerpräsident erklärte laut Presseberichterstattung im Nachgang, „dass wir gut beraten sind, über den juristischen Rahmen nochmal nachzudenken“, da es keine adäquaten Strafen für Fußball-Rowdies gebe (PNN, Brandschaden in der Babelsberger Seele, vom 23.5.18). 1. Wie stellt sich aus Sicht der Landesregierung der Sachstand dar? zu Frage 1: Am 21.05.2018 fand das Fußball-Landespokalfinale zwischen dem 1. FC Energie Cottbus und dem SV Babelsberg 03 in Potsdam statt. Die Anreise als auch die 1. Halbzeit verliefen weitestgehend störungsfrei. Zu Beginn der zweiten Halbzeit wurden im Block der Babelsberg-Fans diverse pyrotechnische Erzeugnisse, vor allem sogenannte Bengalos und Rauchkörper, gezündet, so dass das Spiel für zwei Minuten unterbrochen werden musste. Die Lage konnte durch die eingesetzten Sicherheitskräfte des Veranstalters unter Kontrolle gebracht werden. Mit Ende des Spiels kam es im Heimfanbereich erneut zum massiven Abbrennen von Pyrotechnik. Ein Großteil der brennenden Bengalos, Rauchkörper und Knallkörper wurde auf das Spielfeld geworfen, in Teilen gezielt in Richtung der eingesetzten Sicherheitskräfte und des Gästefanblocks. Aufgrund des anhaltenden Abbrennens von Pyrotechnik musste die Siegerehrung abgebrochen werden. Die Abgangsphase selbst verlief vor allem durch die konsequente Trennung der Fangruppen überwiegend friedlich. Bisher wurden insgesamt 7 Strafanzeigen und 4 Ordnungswidrigkeitenanzeigen gefertigt sowie im Einsatzverlauf ein Platzverweis ausgesprochen. Im Zuge der weiteren Ermittlungen , insbesondere der Auswertung der Videoaufzeichnungen, werden ggf. weitere Straftaten bekannt und entsprechende Strafverfahren eingeleitet. 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Ausschreitungen der Fans beim Landespokalfinale in Potsdam? Landtag Brandenburg Drucksache 6/9177 - 2 - zu Frage 2: Im Wesentlichen kam es aufgrund des illegalen Abrennens von Pyrotechnik zu Störungen des Spielbetriebs. Der illegale Abbrand von Pyrotechnik stellt durch die dabei entstehenden hohen Temperaturen und in Teilen giftigen Gase eine erhebliche Gesundheitsgefahr für alle Beteiligten dar. Die Verstöße dahingehend müssen konsequent geahndet und zudem die Täter ggf. mit bundesweiten Stadionverboten belegt werden. Hierzu müssen alle für die Sicherheit in Stadien Verantwortlichen in der Sache zusammenwirken und den in Teilen aufkeimenden Bestrebungen, das Abbrennen von Pyrotechnik in Stadien zu legalisieren, entschieden entgegentreten. 3. Welcher Schaden ist nach Erkenntnis der Landesregierung entstanden? zu Frage 3: Es wurden bisher insgesamt drei Strafanzeigen wegen Körperverletzung und der damit entstandenen Personenschäden aufgenommen. Sachschäden wurden nicht bekannt . 4. Welchen grundsätzlichen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung angesichts der „Fan-Randale mit Pyrotechnik“ (PNN, a.a.O.)? zu Frage 4: Die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung innerhalb des Veranstaltungsraumes obliegt grundsätzlich dem Veranstalter. Um die missbräuchliche Verwendung von Pyrotechnik in den Stadien zu verhindern, hat der Veranstalter im Rahmen der Ausübung des Hausrechts durch einen beauftragten Sicherheitsdienst Zugangskontrollen durchzuführen und die Einhaltung der Stadionordnung zu überwachen. Sobald Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung auftreten, welche durch den Veranstalter allein nicht beseitigt werden können, hat die Polizei gemäß ihrem gesetzlichen Auftrag die erforderlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sowie zur Strafverfolgung sicherzustellen. Insofern ist in erster Linie der Verein gefordert, unter fachlicher Beteiligung der Polizei, die Lage zu analysieren und zu bewerten und daraus entsprechende Maßnahmen herzuleiten. Dies geschieht regelmäßig vor bedeutenden Spielansetzungen und bei Störungen im Rahmen der Nachbereitung. 5. Inwiefern gab es Auswertungsgespräche zwischen der Landesregierung und der Stadt Potsdam? zu Frage 5: Eine erste Auswertung der Vorkommnisse zwischen der Polizei und dem Verein hat inzwischen stattgefunden. In dem Gespräch verständigten sich Vertreter der Polizeidirektion West und des Vorstandes des SV Babelsberg 03 darauf, dass der Verein bei der Aufklärung der Geschehnisse unterstützt. Zudem soll das Sicherheitskonzept - auf Grundlage der Erkenntnisse aus den Zwischenfällen und unter Beteiligung der Stadt Potsdam - fortgeschrieben sowie eine Diskussion zu einem verbindlichen Wertekanon der Fanszene des SV Babelsberg 03 initiiert werden. 6. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung inzwischen ergriffen, um die Forderung des Ministerpräsidenten nach härteren Strafen für Fußball-Rowdies in die Tat umzusetzen ? 7. Welche konkreten gesetzlichen Initiativen plant die Landesregierung? Landtag Brandenburg Drucksache 6/9177 - 3 - zu den Fragen 6 und 7: Gewaltvorfälle in Stadien (wozu auch ein Einsatz von Pyrotechnik gegen Menschen zählen kann) richten sich oftmals auch gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Die Strafbarkeit von Angriffen gegen Polizeivollzugskräfte wurde mit dem 'Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs - Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften' verschärft. Brandenburg hat diese Strafverschärfungen in den Bundesratssitzungen am 10. März 2017 und am 12. Mai 2017 unterstützt. Durch diese Gesetzesänderung sind Angriffe auf Polizeivollzugskräfte nicht mehr nur dann besonders strafbewehrt, wenn diese im Zusammenhang mit einer Vollstreckungshandlung stattfinden, sondern auch bei der Vornahme jedweder Diensthandlung. Der besonders schwere Fall der (im Stadion-Kontext oftmals einschlägigen) gemeinschaftlichen Tatbegehung oder unter Bei-sich-Führens eines gefährlichen Werkzeugs wird gemäß §§ 114 Abs. 2, 113 Abs. 2 StGB mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet. Überdies zeigt ein vom Nationalen Ausschuss Sport und Sicherheit (NASS) entworfenes Positionspapier mögliche rechtliche Anpassungsbedarfe auf, um die Sicherheit bei Sportveranstaltungen insgesamt zu erhöhen. In diesem Positionspapier werden u. a. eine Reform des Tatbestandes des Landfriedensbruches sowie Strafmaßerhöhungen bei missbräuchlicher Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen und bei Vermummungstatbeständen vorgeschlagen. Mit diesem Positionspapier sind nunmehr die gemeinsamen Fachgremien von Bund und Ländern befasst, um eine Umsetzbarkeit zu prüfen. 8. Der Ministerpräsident kündigte zudem Gespräche mit mehreren Bundesministerien an. Inwiefern fanden diese Gespräche statt, mit welchen Ergebnissen? zu Frage 8: Zur Frage des Umgangs mit Gewalt in Stadien wird das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat unter Einbeziehung des Justizbereichs, des Deutschen Fußball-Bund e.V. und des DFL Deutsche Fußball Liga e.V. eine Arbeitsgruppe einrichten und fachlich beraten. Darüber verständigen sich der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Stephan Mayer, und der Ministerpräsident , Dr. Dietmar Woidke, in einem Gespräch auf seine Initiative hin. Im Rahmen der Besprechung der Regierungschefinnen und -chefs der Länder mit der Bundeskanzlerin am 14. Juni 2018 hat der Ministerpräsident sodann den Vorschlag angesprochen und um Unterstützung gebeten. In der Beratung bestand auch auf Seiten des Bundes Einvernehmen, mögliche Strafmaßerhöhungen zu prüfen.