Landtag Brandenburg Drucksache 6/9315 6. Wahlperiode Eingegangen: 02.08.2018 / Ausgegeben: 07.08.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3703 der Abgeordneten Gordon Hoffmann (CDU-Fraktion) und Dr. Saskia Ludwig (CDU- Fraktion) Drucksache 6/9116 Panne bei der Auswahl für die Leistungs- und Begabungsklasse am Ernst-Haeckel- Gymnasium Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Bei der Eignungsfeststellung für die Leistungs- und Begabungsklasse am Ernst-Haeckel-Gymnasium in Werder (Havel) sind schwere Fehler passiert . Die Auswahlbescheide waren schon verschickt worden, mussten nun aber zurückgezogen werden - zum Leidwesen von fast 50 betroffenen Kindern, die nun das belastende Verfahren noch einmal durchlaufen müssen. Über die Eignung für eine Leistungs- und Begabungsklasse entscheidet nicht nur das Zeugnis und ein Eignungsgespräch, sondern auch ein sogenannter prognostischer Test. Nach Darstellung betroffener Eltern wurde dieser Test am 14. April 2018 am Ernst-Haeckel-Gymnasium durchgeführt. Am 13. Juni gingen den Eltern die Bescheide über die Aufnahme zu, die sich zum Teil auf den prognostischen Test stützten. Am 28. Juni wurde allerdings den Eltern mitgeteilt, dass diese Bescheide wieder aufgehoben worden seien, weil den Test-Teilnehmen offenbar die Aufgaben nicht - wie eigentlich vorgesehen - mündlich erläutert worden waren. Alle Kinder müssen den Test nun in den letzten Schultagen vor den Ferien wiederholen - und erneut um ihren Erfolg bangen. Vorbemerkung der Landesregierung: Die Schülerinnen und Schüler mussten den Test am 3. Juli 2018 wiederholen, dieser Test lief ordnungsgemäß ab. Alle Schülerinnen und Schüler , die schon nach dem ersten Auswahlverfahren eine Zusage für die Aufnahme in eine Leistungs- und Begabungsklasse hatten, waren auch beim zweiten Mal erfolgreich. Frage 1: Worin bestanden die Unregelmäßigkeiten des am 14. April durchgeführten prognostischen Tests? Zu Frage 1: Bei den eingesetzten Testverfahren handelt es sich um normierte und standardisierte Test-Verfahren. Diese enthalten Instruktionen, damit die Vergleichbarkeit der Testergebnisse unabhängig vom Testleiter gewährleistet ist. Die Objektivität und Zuverlässigkeit der Testergebnisse sind maßgeblich von der Instruktion durch die Testleitung abhängig . Ohne Instruktionen können die Tests zum Teil auch nicht erfolgreich gelöst werden , da sich die Aufgabenstellung nicht aus den Testheften erschließt. Diese Instruktionen wurden nicht gegeben, sodass die Aufgaben durch die Schülerinnen und Schüler nicht Landtag Brandenburg Drucksache 6/9315 - 2 - korrekt bearbeitet werden konnten. Frage 2: Wer trägt für diese Fehler die Verantwortung? Zu Frage 2: Entsprechend der Verordnung über die Genehmigung von Leistungs- und Begabungsklassen und über die Aufnahme in Leistungs- und Begabungsklassen (Leistungsund Begabungsklassen-Verordnung - LuBKV) vom 08. März 2007 obliegt laut § 8 Absatz 2 die Durchführung der Eignungsfeststellung und des Auswahlverfahrens den Schulleiterinnen und Schulleitern der gewünschten Schulen. Frage 3: Wann und auf welchem Wege erfuhr das zuständige Schulamt Brandenburg an der Havel von den Unregelmäßigkeiten? Zu Frage 3: Die für die Schule zuständige Schulrätin wurde durch den Schulleiter Ende April 2018 über den Fehler informiert, hat aber weder die Leitung des Staatlichen Schulamtes noch das MBJS über diesen Fehler informiert. Frage 4: Wann und auf welchem Wege erfuhr das Bildungsministerium von den Unregelmäßigkeiten ? Zu Frage 4: Das MBJS wurde am 22. Juni 2018 von der für das Ü5-Verfahren zuständigen Schulrätin über die fehlerhafte Durchführung des prognostischen Tests informiert. Frage 5: Zwischen dem ersten prognostischen Test und dem Versand der Aufnahmebescheide lagen circa 8 Wochen. Als die ursprünglichen Aufnahmebescheide versandt wurden , stand also mit sehr großer Wahrscheinlichkeit bereits fest, dass der prognostische Test wiederholt werden müsse. Warum konnte der Versand der hinfälligen Bescheide nicht rechtzeitig verhindert und für Eltern wie Kinder unnötige Anspannung vermieden werden? Zu Frage 5: Vor dem Versand der Aufnahme- und der Ablehnungsbescheide hatte weder die Leitung des Staatlichen Schulamtes Brandenburg an der Havel noch das MBJS Kenntnis über das fehlerhafte Verfahren, sodass der Versand von Seiten der oberen Schulaufsicht nicht verhindert werden konnte (vgl. Antwort zu den Fragen 3 und 4). Frage 6: Den betroffenen Eltern liegt offenbar die Information vor, dass das Ergebnis des prognostischen Tests zu 20 Prozent in die Eignungsfeststellung einfließt. Aus dem Wortlaut der zugrunde liegende Leistungs- und Begabungsklassen-Verordnung ergibt sich allerdings eine derartige Gewichtung zumindest nicht zwingend. Nach § 9 Absatz 3 der Verordnung „erfolgt“ die Eignungsfeststellung „auf der Grundlage 1) der Empfehlung der Grundschule und des Zeugnisses zum Schulhalbjahr der Jahrgangsstufe 4, 2) eines vom für Schule zuständigen Ministerium zugelassenen prognostischen Tests und 3) eines Eignungsgesprächs .“ Unter Umständen können weitere Kriterien zugrunde gelegt werden. Inwieweit gibt es eine einheitliche Verwaltungspraxis in den vier Schulamtsbereichen des Landes Brandenburg, was die Gewichtung der genannten Kriterien anlangt? Zu Frage 6: Voraussetzung für den Besuch einer Leistungs- und Begabungsklasse ist die maximale Notensumme 5 auf dem Halbjahreszeugnis der Jahrgangsstufe 4 in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache oder Deutsch, Mathematik und Sachunterricht . Die Eignung für den Besuch einer Leistungs- und Begabungsklasse wird Landtag Brandenburg Drucksache 6/9315 - 3 - durch die Schulleiterin oder den Schulleiter der aufnehmenden Schule auf der Grundlage der Empfehlung der Grundschule, eines prognostischen Tests und eines Eignungsgespräches festgestellt (vgl. § 9 LuBKV). Ein einheitliches Verfahren zur Gewichtung der einzelnen Kriterien für alle 35 LuBK-Standorte ist nicht vorgegeben. Die Gewichtung der Eignungskriterien für das Auswahlverfahren liegt laut § 9 Absatz 1 und 3 in der Selbstverantwortung der Schulleiterinnen und Schulleiter. Dieses Verfahren ermöglicht den Einzelschulen , die Eignungsfeststellung und damit das Auswahlverfahren unter stärkerer Berücksichtigung der individuellen Begabungsprofile der Schülerinnen und Schüler im Kontext des LuBK-Profils der Schule durchzuführen. Seit dem Bestehen der LuB-Klassen wurde dieses Verfahren im Rahmen der Eignungsfeststellung laut § 9 LuBKV erfolgreich und ohne Vorkommnisse in allen Schulamtsbereichen angewendet. Frage 7: Sofern tatsächlich und zu Recht der prognostische Test zu 20 Prozent in die Eignungsfeststellung einfließt, inwieweit gibt es dann im aktuellen Eignungsfeststellungs- und Auswahlverfahren Kinder, bei denen das Ergebnis des Auswahlverfahrens nicht vom Ergebnis des prognostischen Test abhängt und denen folglich die Belastung eines erneuten Tests hätte erspart werden können? Zu Frage 7: Durch die fehlerhafte Durchführung des prognostischen Tests sind die Ergebnisse dieser ersten Testung nicht verwertbar. Für die Eignungsfeststellung ist laut § 9 Absatz 3 LuBKV das Testergebnis zwingend erforderlich. Ohne Testergebnis kann keine Eignungsfeststellung erfolgen und damit die Schülerin/der Schüler nicht in das Auswahlverfahren einbezogen werden. Die angegebene Wichtung von 20 Prozent für den prognostischen Test war ein Bestandteil des fehlerhaften Verfahrens. Im Rahmen der Auswertung unter Aufsicht des MBJS wurde die Gewichtung des Tests so angepasst, wie es der Schulleiter gegenüber den Eltern (40 %) in den Elternversammlungen in den Grundschulen im ersten Halbjahr des Schuljahres 2017/2018 benannt hat. Frage 8: Was unternimmt die Landesregierung, um derartige Fehler in Zukunft so weit wie möglich auszuschließen? Zu Frage 8: Der oben benannte Sachverhalt wird zum Anlass genommen, alle 35 Schulleiterinnen und Schulleiter der LuBK-Schulen im kommenden Schuljahr auf einer zentralen Veranstaltung erneut über die Grundsätze der Durchführung des Ü5-Verfahrens zu informieren und die Qualitätsstandards des LuBK-Aufnahmeverfahrens zu prüfen und zu optimieren .