Landtag Brandenburg Drucksache 6/9339 6. Wahlperiode Eingegangen: 06.08.2018 / Ausgegeben: 13.08.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3700 der Abgeordneten Kerstin Kircheis (SPD-Fraktion) Drucksache 6/9113 Potenziale für die Innen- und Eigenentwicklung im neuen Landesentwicklungsplan LEP HR für Kommunen im Berliner Umland Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Infrastruktur und Landesplanung die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragestellerin: Im Zusammenhang mit der Vorlage des neuen Landesentwicklungsplans LEP HR wird immer wieder argumentiert, dass die Entwicklung von Kommunen begrenzt werde, die sich nicht im Gestaltungsraum Siedlung befänden. In einer Stellungnahme an die Gemeinsame Landesplanung haben beispielsweise die Gemeinden Schöneiche und Woltersdorf presseöffentlich in dieser Weise argumentiert und den Entwurf kritisiert. Woltersdorf verweist unter anderem auf acht in Arbeit befindliche Bebauungspläne im Umfang von 26 Hektar Wohnsiedlungsfläche, von denen laut Entwurf des LEP HR lediglich 8 Hektar realisiert werden könnten. 1. Welche zusätzlichen Möglichkeiten der Entwicklung von Wohnbauflächen für Kommunen enthält der Entwurf des LEP HR gegenüber dem LEP B-B? zu Frage 1: Der Entwurf des LEP HR legt wie der LEP B-B räumliche Schwerpunkte für die Entwicklung von Wohnbauflächen fest, in denen die Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen durch die Landesplanung ohne quantitative Beschränkungen gewollt ist. Der LEP- HR-Entwurf sieht gegenüber dem LEP B-B eine Erweiterung des Gestaltungsraumes Siedlung um zwei neue Achsen nach Wandlitz und Werneuchen, die Verlängerung der Achse bis Oberkrämer sowie einige standortbezogene Ergänzungen vor. Die Zentralen Orte sollen im LEP-HR-Entwurf um insgesamt vier neue Mittelzentren ergänzt werden. Da im Weiteren Metropolenraum die Zentralen Orte Schwerpunkte der Wohnsiedlungsflächenentwicklung sind, ergeben sich hier mit den beiden neuen Mittelzentren Luckau und Angermünde im Vergleich zum LEP B-B weitere unbegrenzte Entwicklungsmöglichkeiten. Zusammen sind dies ca. 25 % der Fläche des Weiteren Metropolenraumes. Außerhalb der Zentralen Orte und des Gestaltungsraumes Siedlung soll die Eigenentwicklungsoption von 0,5 ha (LEP B-B) auf 1 ha/1000 EW in 10 Jahren verdoppelt werden, eine Innenentwicklung ist weiterhin unbegrenzt möglich. Zusätzliche Entwicklungsmöglichkeiten in Höhe von 2 ha/1000 EW soll die Wachstumsreserve für Grundfunktionale Schwerpunkte, die durch die Regionalplanung auf Ortsteilebene festzulegen sind, bieten. Damit ergeben sich neben der Innenentwicklung Flächenpotenziale in Höhe von ca. 1300 ha bzw. ca. 2000 Fußballfeldern . Landtag Brandenburg Drucksache 6/9339 - 2 - 2. Welche Eigenentwicklungspotenziale ergeben sich am Beispiel der Gemeinden Woltersdorf und Schöneiche bei Berlin in Bezug auf die Einwohnerentwicklung? zu Frage 2: Für die Gemeinde Woltersdorf ergäbe sich ausgehend vom Einwohnerstand 31.12.2016 zusätzlich zur unbegrenzten Innenentwicklung eine Eigenentwicklungsoption von 8,2 ha, für die Gemeinde Schöneiche bei Berlin eine Option von 12,2 ha. Planungen der Gemeinden zur Entwicklung von Wohnbauflächen, die nach Definition des LEP-HR- Entwurfs der Innenentwicklung entsprechen, werden nicht auf die Eigenentwicklungsoption angerechnet. Die Eigenentwicklungspotenziale in Bezug auf die Einwohnerentwicklung hängen vor allem von den in der kommunalen Bauleitplanung festgesetzten Baudichten ab, sodass die Gemeinden ihre Wohnbaupotenziale selbst mitsteuern können. Aber auch die Haushaltsgrößen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Einwohnerentwicklung. 3. Welche Möglichkeiten haben Kommunen, die Eigenentwicklung so auszugestalten, dass dem hohen Siedlungsdruck insbesondere im Berliner Umland Rechnung getragen wird? zu Frage 3: Kommunen im Berliner Umland, die vollständig oder teilweise im Gestaltungsraum Siedlung liegen, haben innerhalb dieser Gebietskulisse die Möglichkeit, ohne quantitative Beschränkung Wohnsiedlungsflächen zu planen. Damit wird das Wachstum auf lagegünstige Standorte gelenkt und dem hohen Siedlungsdruck Rechnung getragen. Gemeinden bzw. Gemeindeteile außerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung können für ihre Planungen die Entwicklungsoption und ihre Innenentwicklungspotenziale nutzen. (s. Fragen 1 und 2) 4. Über welche Möglichkeiten zur konsequenten Ausschöpfung der Potenziale der Innenentwicklung verfügen die Kommunen im Land Brandenburg? zu Frage 4: Durch den LEP-HR-Entwurf wird die Innenentwicklung in allen Kommunen landesplanerisch nicht eingeschränkt (siehe zu Frage 1). Die Aktivierung und Ausschöpfung der Potenziale der Innenentwicklung ist Aufgabe der Gemeinden. Sie können die Potenziale in Flächenkatastern erfassen, die Flächen mittels der kommunalen Bauleitplanung und durch städtebauliche Satzungen sichern und aktivieren bzw. im Rahmen von § 34 BauGB-Vorhaben aktivieren. 5. Welche Informationen hat die Landesregierung darüber, wie die Kommunen im Berliner Umland die in den Fragen 3 und 4 angesprochenen Möglichkeiten für die Innen- und Eigenentwicklung ausschöpfen? zu Frage 5: Der LEP B-B wurde im Jahr 2015 evaluiert. Das Ergebnis der Evaluierung zeigte, dass die Gemeinden im Berliner Umland den Großteil der Flächen in neu ausgewiesenen bzw. umgeplanten Wohn- und Mischgebieten innerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung planten. Außerhalb des Gestaltungsraumes Siedung erfolgte ein wesentlicher Teil der Entwicklung von Wohnsiedlungsflächen durch Innenentwicklung. Planungen, für die die Gemeinden die zusätzliche Entwicklungsoption nach LEP B-B in Anspruch genommen haben, nahmen hier hingegen nur einen sehr geringen Anteil ein. Bisher hat die Hälfte der betroffenen Gemeinden im Berliner Umland die zusätzliche Entwicklungsoption überhaupt noch nicht in Anspruch genommen. Rund 40 Prozent haben die Option teilweise und rund 10 Prozent der Gemeinden haben sie bereits vollständig ausgeschöpft. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9339 - 3 - 6. Führen möglicherweise bestehende Entwicklungseinschränkungen für Kommunen außerhalb des Gestaltungsraums Siedlung dazu, dass im Berliner Umland der Bedarf an zusätzlicher Wohnfläche nicht befriedigt werden kann? zu Frage 6: Die Festlegungen des LEP-HR-Entwurfs zur Siedlungsentwicklung (siehe zu Frage 1) führen nicht dazu, dass der Bedarf an Wohnsiedlungsflächen im Berliner Umland nicht befriedigt werden kann. Der Gestaltungsraum Siedlung ermöglicht im Berliner Umland rein rechnerisch Entwicklungspotenziale in Höhe von ca. 290.000 Wohneinheiten (WE). Dies entspricht - bedingt durch die Erweiterung des Gestaltungsraumes Siedlung - einer Erhöhung des WE-Potenzials gegenüber dem LEP B-B um ca. 10 %. In den Gemeinden bzw. Gemeindeteilen, die außerhalb des Gestaltungsraumes Siedlung liegen, ergibt sich ein weiteres Potenzial von ca. 20.000 WE im Rahmen der Eigenentwicklung. Zusätzliche Entwicklungsmöglichkeiten (Wachstumsreserve) bieten Grundfunktionale Schwerpunkte nach Festlegung durch die Regionalplanung. Diese Entwicklungspotenziale entsprechen rechnerisch gut einem Drittel des in diesem Rahmen nach LEP HR Entwurf möglichen Gesamtpotenzials. Voraussetzung für die Nutzung der Potenziale ist die Flächenaktivierung durch die kommunale Bauleitplanung bzw. die Flächeneigentümer. 7. Welche Vorteile bietet die Steuerung der Siedlungsentwicklung im Rahmen des sog. Siedlungssterns im Vergleich zur Praxis anderer Metropolen? zu Frage 7: Auch andere Metropolregionen in Deutschland richten ihre Siedlungsentwicklung an Siedlungsschwerpunkten (Zentrale Orte) oder an Entwicklungsachsen aus. Der „Siedlungsstern“ des LEP-HR-Entwurfs bietet wesentliche Vorteile im Sinne einer nachhaltigen Raumentwicklung: Durch die Konzentration der Entwicklung entlang der SPNV- Achsen werden kompakte Siedlungsstrukturen erhalten bzw. weiterentwickelt. Die Nutzung des SPNV, insbesondere auch für Pendler nach Berlin oder aus Berlin ins Umland, ermöglicht eine umweltfreundliche, CO2-reduzierende Mobilität. Die räumliche Nähe zu sozialen und technischen Einrichtungen auch der übergemeindlich wirkenden Daseinsvorsorge bietet kurze Wege. Potenziale und Funktionen der „Achsenzwischenräume“ können neben ihrer historischen Funktion für Siedlung und Gewerbe insbesondere für Erholung, den Naturhaushalt und als klimatischer Ausgleichsraum genutzt werden.