Landtag Brandenburg Drucksache 6/9366 6. Wahlperiode Eingegangen: 10.08.2018 / Ausgegeben: 15.08.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3719 der Abgeordneten Sylvia Lehmann (SPD-Fraktion) Drucksache 6/9154 „Agnes Zwei“. Umsetzung, Einschätzung und Nachfrage des Modells. Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: Gerade der ländliche Raum stellt Ärztinnen und Ärzte in Bezug auf die medizinische Versorgung von zum Beispiel älteren und chronisch kranken Patientinnen und Patienten vor besondere Herausforderungen, im Besonderen wenn diese einen hohen Behandlungsaufwand haben, der meist ambulant und wohnortnah oder in der Häuslichkeit koordiniert werden muss. Daher hat die märkische Ärzteschaft, ausgehend vom Konzept „Agnes“ (arztentlastende, gemeindenahe, E-Health-gestützte Systemintervention ), das Fallmanagement entwickelt, das den Ärztinnen und Ärzten organisatorische Arbeit abnehmen soll. Infolge der Weiterentwicklung des „Agnes“-Modells, können nichtärztliche Fachkräfte gemäß des „Agnes Zwei“-Modells in Brandenburg für Praxen, für Fachärzte, aber auch für mehrere Ärzte zugleich tätig sein. Die Federführung und Verantwortung für den Einsatz der „Agnes Zwei“-Fachkräfte liegen bei der IGiB (Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg, einer Arbeitsgemeinschaft in der Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB), AOK Nordost und BARMER GEK zusammenarbeiten). Aufgrund eines großen bundesweiten Interesses sollen zukünftig im ganzen Bundesgebiet , gemäß des Brandenburger „Agnes Zwei“-Vorbildes, Fachleute in Abstimmung mit Ärzten die Versorgung chronisch kranker und älterer Patienten sicherstellen. Daher hat die Bundesärztekammer (BÄK) auf Initiative und unter Beteiligung der KKBB eine für das gesamte Bundesgebiet gültige Fortbildung ausgearbeitet, wo Interessenten den Aufbaukurs „Versorgungsmanagement“ und den Grundkurs „Fallbegleitung“, der fast vollständig der bisherigen Ausbildung „Agnes Zwei“ der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg entspricht , durchlaufen können. Am 2. Mai 2018 hat nun die Landesärztekammer Brandenburg am Standort Potsdam einen neuen Fortbildungskurs „Fallbegleitung“ begonnen. Frage 1: Wie ist die allgemeine Einschätzung der Landesregierung zur bisherigen Umsetzung seit Beginn des Modellprojektes „Agnes“ bzw. „Agnes Zwei“ im Land Brandenburg? zu Frage 1: Die Landesregierung sieht in „Agnes Zwei“ weiterhin einen wichtigen und sinnvollen Baustein der medizinischen Versorgung insbesondere im ländlichen Raum. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung des Landes Brandenburg (KVBB) haben sich seit dem Rollout im Jahr 2012 mittlerweile 140 Fachkräfte zur „Agnes Zwei“ qualifiziert und sind im Land Brandenburg tätig. Seit letztem Jahr erfolgt die Schulung der „Agnes Zwei“-Fachkräfte über die Landesärztekammer Brandenburg, welche erstmalig das bundesweit gültige Fortbildungscurriculum „Case Management in der ambulanten medizini- Landtag Brandenburg Drucksache 6/9366 - 2 - schen Versorgung“ der Bundeärztekammer mit 13 Teilnehmerinnen erfolgreich umgesetzt hat. Frage 2: Wie viele „Agnes Zwei“-Fachkräfte sind aktuell in welchen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten, in welcher Form im Einsatz? zu Frage 2: Aktuell sind 103 „Agnes Zwei“-Fachkräfte aktiv (Stand 05/2018). Diese verteilen sich wie folgt: Kreis Hausarzt Facharzt MVZ KV Regio-Med Summe Barnim 6 1 7 Brandenburg an der Havel 2 2 Cottbus 1 1 2 Dahme- Spreewald 1 1 2 Elbe-Elster 6 3 9 Frankfurt (Oder ) 4 1 5 Havelland 3 1 4 Märkisch- Oderland 7 9 16 Oberhavel 6 6 Oberspreewald- Lausitz 2 5 7 Oder-Spree 8 1 9 Ostprignitz- Ruppin 4 1 5 Potsdam 1 4 2 7 Potsdam- Mittelmark 7 1 1 9 Spree-Neiße 2 1 2 5 Teltow-Fläming 1 1 2 Uckermark 5 1 6 Summe 65 19 18 1 103 (Quelle: KVBB) Frage 3: Wie gestalten sich die aktuellen Versorgungszahlen durch „Agnes Zwei“- Fachkräfte (erreichte und teilnehmende Versicherte, Vertragsärztinnen/-ärzte, kooperierende Ärztinnen und Ärzte)? zu Frage 3: Nach Angaben der KVBB wurden im Jahr 2017 ca. 3.500 Versicherte der AOK Nordost, BARMER und Techniker Krankenkasse (Selektivverträge) durch eine „Agnes Zwei“-Fachkraft betreut. Die Fachkräfte entlasteten ca. 130 teilnehmende und ca. 150 kooperierende Ärztinnen und Ärzte. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9366 - 3 - Frage 4: Was ergeben die Zahlen aktueller Akzeptanzbefragungen (gerichtet an „Agnes Zwei“-Fachkräfte sowie unterstützte Ärztinnen und Ärzte)? Zu Frage 4: Nach Angaben der KVBB erfolgte die letzte Akzeptanzbefragung der Ärztinnen und Ärzte und ihrer „Agnes Zwei“-Fachkräfte im Januar/Februar 2017. Die Fragebögen wurden an 97 Ärztinnen und Ärzte und 102 „Agnes Zwei“-Fachkräfte versandt. 26 Ärztinnen und Ärzte und 28 „Agnes Zwei“-Fachkräfte beantworteten die Fragebögen. Demnach hatten über 75 % der antwortenden Ärztinnen und Ärzte durch den Einsatz ihrer „Agnes Zwei“-Fachkraft mehr Zeit für die Behandlung der Patientinnen und Patienten und konnten die individuellen Behandlungsziele schneller erreichen. Zudem wirkte sich die Unterstützung durch die von der „Agnes Zwei“-Fachkraft ausgeübte Tätigkeit bei diesen Ärztinnen und Ärzten positiv auf die Patientencompliance aus und trug zur Verbesserung der Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten bei. Dies wurde ebenfalls durch 89 % der antwortenden „Agnes Zwei“-Fachkräfte bestätigt. Zudem empfinden sie ihre Tätigkeit als eine gute Möglichkeit der beruflichen Weiterentwicklung. Des Weiteren wird die Betreuungsform „Agnes Zwei“ von den Ärztinnen und Ärzten als positiv bewertet. Über 60 % sind sehr zufrieden. Von den „Agnes Zwei“-Fachkräften sind 100 % zufrieden bis sehr zufrieden mit dem Projekt. Der Kompetenzvorsprung im Bereich des individuellen Fallmanagement der „Agnes Zwei“-Fachkraft im Vergleich zur nicht-ärztlichen Praxisassistentin (näPa) spielt nach Einschätzung von 73 % der Ärztinnen und Ärzte eine große bis sehr große Rolle . 39 % der befragten „Agnes Zwei“ -Fachkräfte sind ebenfalls auch als näPa tätig. Davon nutzen alle das in der „Agnes Zwei“-Schulung erworbene Wissen zum Fallmanagement auch für ihre Tätigkeit als näPa. Frage 5: Gibt es Rückmeldungen im Punkt der Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten in Bezug der Versorgung des „Agnes Zwei“-Projektes? Zu Frage 5: Nach Angaben der KVBB erfolgte die Akzeptanzbefragung der Patientinnen und Patienten kurz nach Beginn des Rollouts 2012 durch die AOK Nordost unter ihren Versicherten. Die Rücklaufquote betrug 65 %. Somit konnten 120 „Agnes Zwei“- Patientinnen und Patienten befragt werden. Der hohe Altersdurchschnitt (81 Jahre) bestätigt hierbei das spezifische Patientenklientel der „Agnes Zwei“-Fachkräfte. Ca. ein Drittel von ihnen lebt allein. Für 64 % der befragten Patientinnen und Patienten konnte ein größtmöglicher Nutzen erreicht werden. Lediglich 4 % gaben an, dass die „Agnes Zwei“- Fachkraft für sie ohne Nutzen wäre. Frage 6: Wie gestalten sich die Nachfrage (Beteiligungszahlen), Umsetzung (Teilnahmevoraussetzungen , Fortbildungsinhalte und -dauer usw.) und Dauer des seit 2. Mai 2018 von der Landesärztekammer Brandenburg am Standort Potsdam angebotenen Kurses mit der Fortbildung zur Fallbegleitung? Zu Frage 6: Nach Angaben der Landesärztekammer Brandenburg wird der Kurs durch die Kammer in 2018 zum zweiten Mal durchgeführt und von elf Teilnehmenden besucht. Der erste Kurs (29. März - 15. September 2017) wurde von zwölf Teilnehmenden absolviert. Die Teilnahmevoraussetzungen, Fortbildungsinhalte und -dauer richten sich nach dem Fortbildungscurriculum der Bundesärztekammer. Die Voraussetzung zur Teilnahme am Kurs ist eine abgeschlossene Ausbildung als medizinische Fachangestellte/medizinischer Fachangestellter (MFA) oder in einem anderen medizinischen Fachberuf mit einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren. Die MFA (oder in einem anderen Landtag Brandenburg Drucksache 6/9366 - 4 - medizinischen Fachberuf Ausgebildeten) absolvieren einen 160-stündigen berufsbegleitenden Lehrgang. Dieser wird von Mai bis Dezember 2018 in insgesamt sieben Terminblöcken durchgeführt. Die Fortbildung endet mit einer schriftlichen Lernerfolgskontrolle (Multiple Choice) sowie einer Fallbeschreibung. (Quelle: KVBB)