Landtag Brandenburg Drucksache 6/9384 6. Wahlperiode Eingegangen: 13.08.2018 / Ausgegeben: 20.08.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3717 des Abgeordneten Gordon Hoffmann (CDU-Fraktion) Drucksache 6/9152 Sitzenbleiben an Brandenburger Schulen - politisch nicht erwünscht? Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung,Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Fragestellers: Mir liegen Berichte vor, wonach die Schulleitung der Torhorst-Gesamtschule in Oranienburg Anfang Juni 2018 mündlich von der Schulaufsicht - offenbar unter Berufung auf das Bildungsministerium - angewiesen wurde, dass in einer Jahrgangsstufe der Sekundarstufe I nur maximal zwei Schüler/innen das Schuljahr wiederholen dürften. Frage 1: Treffen diese Berichte zu? Und wie stellt sich der Sachverhalt aus Sicht der Landesregierung dar? Zu Frage 1: Diese Berichte treffen nicht zu. Das Staatliche Schulamt Neuruppin hat für die Jahrgangsstufe 7 an der Torhorst-Gesamtschule für das Schuljahr 2018/2019 entsprechend der zugewiesenen Aufnahmekapazität von 159 Schülerinnen und Schülern und einer damit verbundenen Bildung von sechs Klassen (3 Klassen im gemeinsamen Unterricht mit jeweils einer Schülerfrequenz von 25 sowie 3 Regel-Klassen mit jeweils einer Schülerfrequenz von 28) zwei Plätze für Schülerinnen und Schüler, die die Jahrgangsstufe möglicherweise wiederholen müssen, im Ü7-Verfahren unter Berücksichtigung des oberen Wertes der Bandbreite laut VV-Unterrichtorganisation von 28 Schülerinnen und Schülern eingeplant. Für weitere Schülerinnen und Schüler, die die Jahrgangsstufe 7 möglicherweise wiederholen müssen, wurde eine Kapazitätserhöhung auf 30 Schülerinnen und Schüler je Regelklasse (gemäß § 103 Absatz 4 BbgSchulG) geplant. Ausgehend von der Planung hätten somit insgesamt 8 Schülerinnen und Schüler die Jahrgangsstufe 7 an der Schule wiederholen können. Im Januar wurden durch die Schule dem Staatlichen Schulamt Neuruppin im Rahmen der Vorbelegung im Ü7-Verfahren 6 Schülerinnen und Schüler angegeben, die versetzungsgefährdet waren. Letztlich wurden alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 7 der Torhorst-Gesamtschule versetzt. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 59 Absatz 3 BbgSchulG und § 15 Absatz 3 der Sekundarstufe I-Verordnung Schülerinnen und Schüler, die nicht versetzt werden, die bisher besuchte Jahrgangsstufe wiederholen müssen. Auch für die Klassenbildung in der Jahrgangsstufe 7 gelten die in den Verwaltungsvorschriften über die Unterrichtsorganisation festgelegten Grundsätze, wonach in der Sekundarstufe I an Gesamtschulen als oberer Wert der Bandbreite 28 Schülerinnen und Schüler festgelegt wurde. Eine Überschreitung dieses oberen Wertes ist nur in Ausnahmefällen mit Genehmigung des staatlichen Schulamtes zulässig. Im Fall der Torhorst-Gesamtschule in Oranienburg wurde in Vorbereitung Landtag Brandenburg Drucksache 6/9384 - 2 - der Klassenbildung in der Jahrgangsstufe 7 für das Schuljahr 2018/2019 von dieser Ausnahmegenehmigung Gebrauch gemacht und eine Kapazitätserhöhung auf 30 Schülerinnen und Schüler pro Klasse für Schülerinnen und Schüler, die die Jahrgangsstufe wiederholen müssen, zugelassen. Frage 2: Wann hat die obere Schulaufsicht im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport Kenntnis über die oben geschilderten Vorwürfe erlangt? Und was hat sie seitdem in der Sache unternommen? Zu Frage 2: Über diese nicht zutreffenden Vorwürfe wurde das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport erst mit der o. g. Kleinen Anfrage in Kenntnis gesetzt. Frage 3: Wie viele Schüler/innen haben im auslaufenden Schuljahr 2017/2018 die Jahrgangsstufe 8 der Torhorst-Gesamtschule besucht? Zu Frage 3: In der Jahrgangsstufe 8 haben im laufenden Schuljahr 2017/2018 insgesamt 158 Schülerinnen und Schüler die Schule besucht. Frage 4: Wie viele davon wurden nicht versetzt? Zu Frage 4: In der Jahrgangsstufe 8 wurden 3 Schülerinnen und Schüler nicht versetzt und wiederholen die Jahrgangsstufe 8. Frage 5: Inwieweit dürfen grundsätzlich andere als pädagogische Gründe (insbesondere die in Jahresnoten ausgedrückte Leistung eines Schülers / einer Schülerin) in die Entscheidung über die Versetzung einfließen? Zu Frage 5: Die Versetzung erfolgt gemäß § 15 der Sekundarstufe I-Verordnung auf der Grundlage der Jahresnoten in den Pflicht- und Wahlpflichtfächern. Versetzt wird, wer in den im Schuljahr erteilten Fächern die für die besuchte Schulform geltenden Versetzungsbestimmungen erfüllt. Die Klassenkonferenz kann in begründeten Fällen in den Jahrgangsstufen 7 und 8 die Versetzung von Schülerinnen und Schülern, die die Versetzungsvoraussetzungen nicht erfüllen, beschließen, wenn eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht der nächsthöheren Jahrgangsstufe zu erwarten ist oder eine Versetzung für die gesamte Lernentwicklung als fördernd angesehen wird (Versetzung aus pädagogischen Gründen). Darüber hinaus gibt es keine weiteren Gründe, die in die Entscheidung über die Versetzung einfließen. Frage 6: Wer trifft auf der Basis welcher Rechtsgrundlagen die Entscheidung über die Versetzung eines Schülers oder einer Schülerin? Zu Frage 6: Die Entscheidung über die Versetzung einer Schülerin oder eines Schülers beschließt die Klassenkonferenz gemäß § 88 Absatz 2 Nummer 1 BbgSchulG und § 15 Absatz 8 der Sekundarstufe I-Verordnung. Frage 7: Inwieweit ist die Schulleitung Teil dieser Entscheidung? Zu Frage 7: Gemäß § 88 Absatz 3 BbgSchulG berät und beschließt die Klassenkonferenz unter dem Vorsitz eines Mitglieds der Schulleitung über die Versetzungen (§ 88 Absatz 2 Landtag Brandenburg Drucksache 6/9384 - 3 - Nummer 1 BbgSchulG). Das Mitglied der Schulleitung hat die Pflicht, auf sachgerechte Entscheidungen hinzuwirken und ggf. eine Neubefassung bei einem fehlerhaften Beschluss anzuordnen. Wenn ein Mitglied der Schulleitung in der Klasse unterrichtet, gehört die Lehrkraft zur Klassenkonferenz. Frage 8: Inwieweit hat die Schulaufsicht Weisungsrechte? Zu Frage 8: Erlangt die Schulaufsicht Kenntnis von fehlerhaften Beschlüssen, beauftragt sie zunächst die Schulleitung, für korrekte Beschlüsse zu sorgen. Sollte dies nicht beachtet werden, kann die Schulleitung auch angewiesen werden. Frage 9: Inwieweit kann die Entscheidung über die Versetzung eines Schülers oder einer Schülerin rechtlich angefochten bzw. fachlich überprüft werden? Zu Frage 9: Gemäß den Verwaltungsvorschriften über schulische Zeugnisse wird den Schülerinnen und Schülern mit dem Zeugnis am Ende des Schuljahres die Versetzung bzw. Nichtversetzung bescheinigt. Das Zeugnis stellt einen Verwaltungsakt dar. Hiergegen kann Widerspruch und - soweit dem Widerspruch nicht abgeholfen wird - Klage erhoben werden. Den Widerspruch hat zunächst die zuständige Schule zu prüfen, hilft sie dem Widerspruch nicht ab, prüft das zuständige staatliche Schulamt als Widerspruchsbehörde und erstellt einen Widerspruchsbescheid. Unabhängig davon haben die Personensorgeberechtigten die Möglichkeit, die Wiederholung der Jahrgangsstufe gemäß § 59 Abs. 5 BbgSchulG zu beantragen.