Datum des Eingangs: 23.03.2015 / Ausgegeben: 30.03.2015 Landtag Brandenburg 6. Wahlperiode Drucksache 6/945 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 302 des Abgeordneten Michael Jungclaus, Fraktion der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 6/657 „Zentrale Sperrdatei für Spielhallen in Brandenburg“ Wortlaut der Kleinen Anfrage 302 vom 20.02.2015: „Einem Artikel der „Welt“ vom 10.02.2015 zufolge hat Hessen als erstes Bundesland im Mai 2014 eine zentrale Sperrdatei für Spielhallen eingeführt. Spielsüchtige Men- schen können beantragen, dass sie auf den Index der Sperrdatei gesetzt werden (sog. Selbstsperre) oder sie werden von Dritten auf die Datei gesetzt (sog. Fremd- sperre) jeweils mit der Folge eines Hausverbotes in allen Spielhallenstandorten des Landes Hessen für mindestens ein Jahr. Ich frage die Landesregierung: 1. Plant die Landesregierung die Einrichtung einer Sperrdatei für Spielhallen? Wenn ja, gibt es bereits Pläne zur konkreten Ausgestaltung des Sperrsystems und wie sehen diese aus? Wenn nein, warum nicht? 2. Wie bewertet die Landesregierung die Einführung und die konkrete Ausgestaltung der Sperrdatei für Spielhallen im Land Hessen (insbesondere die Möglichkeit der Selbst- und Fremdsperre, die Entscheidungsgewalt des Spielhallenbetreibers über die Aufhebung der Spielsperre frühestens nach einem Jahr, die Regelungen zur Speicherung/Übermittlung der persönlichen Daten an Spielhallen und öffentliche Stellen)? 3. Hat oder hätte die Landesregierung datenschutzrechtliche oder verfassungsrechtliche Bedenken bei der Einrichtung einer zentralen Sperrdatei für Spielhallen? 4. Hält die Landesregierung die Einrichtung einer zentralen Sperrdatei für Spielhallen für ein wirksames Mittel, um Spielsucht zu bekämpfen? Teilt die Landesregierung die Bedenken der Spielhallenbetreiber einer Abwanderung in illegale Casinos und in das Internet bei Einführung einer Sperrdatei für Spielhallen? 5. Wie hoch sind oder schätzt die Landesregierung die jährlichen Ausgaben je Einwohner im Land Brandenburg für die Nutzung von Spielautomaten? Wie hoch ist oder schätzt die Landesregierung die Anzahl der potentiellen Kunden von Spielhallen im Land Brandenburg?“ Namens der Landesregierung beantwortet der Minister für Wirtschaft und Energie die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Plant die Landesregierung die Einrichtung einer Sperrdatei für Spielhallen? Wenn ja, gibt es bereits Pläne zur konkreten Ausgestaltung des Sperrsystems und wie sehen diese aus? Wenn nein, warum nicht? Frage 2: Wie bewertet die Landesregierung die Einführung und die konkrete Ausgestaltung der Sperrdatei für Spielhallen im Land Hessen (insbesondere die Möglichkeit der Selbst- und Fremdsperre, die Entscheidungsgewalt des Spielhallenbetreibers über die Aufhebung der Spielsperre frühestens nach einem Jahr, die Regelungen zur Speicherung/Übermittlung der persönlichen Daten an Spielhallen und öffentliche Stellen)? zu Fragen 1 und 2: Die Landesregierung plant gegenwärtig keine Einrichtung einer Sperrdatei für Spiel- hallen. Im Ergebnis der Vorgaben der Gewerbeordnung (GewO), der Spielverordnung, ins- besondere deren sechster Änderung und des auf dem Glücksspielstaatsvertrag ba- sierenden Brandenburgischen Spielhallengesetzes unterliegen die Spielhallen um- fassenden bußgeldbewehrten Regulierungen mit dem Ziel der Bekämpfung proble- matischen und pathologischen Spielverhaltens. Danach dürfen nur solche Geräte aufgestellt und betrieben werden, bei denen keine Gefahr besteht, dass der Spieler „unangemessen hohe Verluste in kurzer Zeit erlei- det“ (§ 33e Abs. 1 GewO). Die Baureihen der Geldspielgeräte werden durch die Phy- sikalisch-Technische Bundesanstalt auf Einhaltung der Vorgaben geprüft. U.a. ist der Verlust im Verlauf einer Stunde auf 60,00 € begrenzt. Es gibt keine separaten Jack- pot-Systeme und Alkohol, wie in Spielbanken, wird auch nicht ausgeschenkt. In Spielhallen sind maximal 12 Geldspielgeräte erlaubt, die z.T. mit Sichtblenden ge- trennt sind. All diese Regelungen sind bußgeldbewährt. Der vorbeugende Spieler- schutz in Spielhallen wird durch die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere durch die Begrenzung der Gewinn- und Verlustsummen sowie die Spieldauer erreicht. Zusätzlich sieht das Brandenburgische Spielhallengesetz weitere Beschränkungen vor. Danach müssen die Spielhallenbetreiber u.a. ein spielhallenbezogenes Sozial- konzept entwickeln, in dem dargelegt wird, mit welchen Maßnahmen den sozial- schädlichen Auswirkungen des Spiels vorgebeugt werden soll. Das Aufsichtsperso- nal der Spielhalle muss jährlich in der Früherkennung problematischen und patholo- gischen Spielverhaltens geschult werden. Spielhallen sind nur erlaubt, wenn ein Min- destabstand von 500 Metern Luftlinie zwischen ihnen eingehalten wird. Von der äu- ßeren Gestaltung der Spielhalle darf keine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele ausgehen. Eine besonders auffällige Gestaltung als zusätzlicher Anreiz für den Spielbetrieb ist verboten. Ordnungswidrigkeiten kön- nen mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Vor diesem Hintergrund erachtet die Landesregierung die zusätzliche Einrichtung einer zentralen Sperrdatei für Spielhallen gegenwärtig für nicht erforderlich. Zur Wirksamkeit einer Sperrdatei siehe auch Antwort zu Frage 4. Für eine praktische und juristische Bewertung der hessischen Regelung bleiben im Übrigen die Erfahrungen mit diesem System sowie der Ausgang der in Hessen be- reits anhängigen diesbezüglichen Gerichtsverfahren abzuwarten. Frage 3: Hat oder hätte die Landesregierung datenschutzrechtliche oder verfassungsrechtliche Bedenken bei der Einrichtung einer zentralen Sperrdatei für Spielhallen? zu Frage 3: Da die Landesregierung die Implementierung einer Sperrdatei entsprechend dem hessischen Model bislang nicht beabsichtigt, bestand keine Veranlassung, die Ver- einbarkeit einer landesweiten Sperrdatei mit dem Datenschutz oder dem Verfas- sungsrecht zu prüfen. Frage 4: Hält die Landesregierung die Einrichtung einer zentralen Sperrdatei für Spielhallen für ein wirksames Mittel, um Spielsucht zu bekämpfen? Teilt die Landesregierung die Bedenken der Spielhallenbetreiber einer Abwanderung in illegale Casinos und in das Internet bei Einführung einer Sperrdatei für Spielhallen? zu Frage 4: Da Berlin und die anderen Nachbarländer Brandenburgs derzeit nicht die Einführung des hessischen Modells beabsichtigen, würde ein landesweites Sperrsystem in Brandenburg lediglich eine Insellösung darstellen. Spielsüchtige Spieler könnten somit jederzeit auf Spielbanken und Spielhallen benachbarter Bundesländer, Gaststätten und vor allem auch auf illegale Internetseiten, die Poker oder Casinospiele anbieten , ausweichen. Besonders beim Ausweichen in die Illegalität entfällt im Regelfall jegliche soziale Kontrolle. Frage 5: Wie hoch sind oder schätzt die Landesregierung die jährlichen Ausgaben je Einwohner im Land Brandenburg für die Nutzung von Spielautomaten? Wie hoch ist oder schätzt die Landesregierung die Anzahl der potentiellen Kunden von Spielhallen im Land Brandenburg? zu Frage 5: Durch die Landesregierung werden hierzu keine Statistiken geführt. Es gibt jedoch eine Erhebung des Arbeitskreises gegen Spielsucht e.V. Unna. Da- nach betrug der Spieleinsatz pro Einwohner in brandenburgischen Spielhallen im Jahr 2014 45,91 € (im Vergleich dazu in Hessen 76,79 €).