Landtag Brandenburg Drucksache 6/9466 6. Wahlperiode Eingegangen: 27.08.2018 / Ausgegeben: 03.09.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3759 der Abgeordneten Birgit Bessin (AfD-Fraktion) und Andreas Kalbitz (AfD-Fraktion) Drucksache 6/9243 Beeinflussung der sorbischen Sprache durch die sogenannte „gendergerechte Sprache“ Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur die Kleine Anfrage wie folgt: Die Verwendung der sogenannten „gendergerechten Sprache“ wirkt massiv auf das Sprechen und Schreiben ein, indem sie zu einer tiefgreifenden grammatikalischen Umstrukturierung der Sprache und zu einer starken Beeinträchtigung der sprachlichen Ästhetik führt. Dies ist sowohl bei der Anwendung dieser Schreib- und Redeweise im Deutschen als auch bei anderen Weltsprachen festzustellen. So hat die Kulturnation Frankreich beschlossen, die französische Sprache von den zerstörenden Einflüssen der sogenannten „gendergerechten Sprache“ zu befreien und zur früheren Klarheit und Prägnanz des Französischen zurückzukehren. Sollten die Anforderungen der sogenannten „gendergerechten Sprache“ auf das Sorbische angewendet werden, sind ebenfalls tiefgreifende sprachliche Auswirkungen zu erwarten. Wir fragen die Landesregierung: Vorbemerkung: Die Fragestellerin und der Fragesteller führen nicht näher aus, was sie unter „der sogenannten ‚gendergerechten Sprache‘“ verstehen und welche speziellen sprachlichen Formen damit gemeint sind. Es wird hier davon ausgegangen, dass es sich um die Verwendung von Formulierungen handelt, die die Gleichberechtigung der Geschlechter zum Ausdruck bringen. 1. Inwieweit unterstützt und fordert die Landesregierung die Verwendung der sogenannten „gendergerechten Sprache“ im Sorbischen? 2. Werden amtliche Dokumente auf Sorbisch in der sogenannten „gendergerechten Sprache “ abgefasst? Zu den Fragen 1 und 2: Die Landesregierung unterstützt die Gleichstellung der Geschlechter unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder den verwendeten Sprachen . Im Rahmen ihres Geschäftsbereiches werden deshalb sowohl männliche als auch weibliche sprachliche Formen sowohl im Deutschen als auch im Sorbischen/Wendischen gleichberechtigt genutzt. Gegenüber Dritten werden von der Landesregierung keine Forderungen hinsichtlich der zu verwendenden sprachlichen Formen im Niedersorbischen Landtag Brandenburg Drucksache 6/9466 - 2 - erhoben. Die einzigen amtlichen Dokumente in sorbischer/wendischer Sprache sind ausgewählte Rechtsvorschriften, die sowohl in deutscher als auch niedersorbischer Sprache veröffentlicht werden. Da es sich bei den niedersorbischen Fassungen um Übersetzungen aus dem Deutschen handelt, werden die deutschen Fassungen zu Grunde gelegt. Dem entsprechend enthält beispielsweise die niedersorbische Fassung des Sorben/Wenden- Gesetzes genau wie die deutsche Fassung jeweils beide Bezeichnungen wie „Bürgerinnen und Bürger“ und „Beauftragte oder Beauftragter“. Ältere Texte oder Passagen enthalten nur die männliche Form. In zweisprachigen Materialien der Öffentlichkeitsarbeit werden jeweils männliche und weibliche, gelegentlich auch geschlechtsneutrale Formen verwendet . Weitere Formen wie Binnenmajuskel oder Gendersternchen sind ungebräuchlich. Ihre Verwendung ist wie auch die von Schrägstrich- oder Klammerschreibweisen im Sorbischen /Wendischen aufgrund der grammatikalischen Strukturunterschiede zwischen germanischen und slawischen Sprachen im Hinblick auf Geschlechter (z.B. Kongruenzen, Deklinations- und Konjugationssysteme, Bildung von Konstruktionen, die deutschen zusammengesetzten Substantiven entsprechen) auch kaum möglich. 3. Inwieweit lässt sich dies mit dem verfassungsrechtlichen Recht des sorbischen /wendischen Volkes auf Schutz, Erhaltung und Pflege seiner nationalen Identität (Art. 25 Abs. 1 der Landesverfassung), mit dem Recht auf Sicherung einer Landesgrenzen übergreifenden kulturellen Autonomie der Sorben/ Wenden (Art. 25 Abs. 2) sowie mit dem Recht der Sorben/Wenden auf Bewahrung und Förderung der sorbischen/wendischen Sprache und Kultur im öffentlichen Leben und mit dem Recht auf ihre Vermittlung in Schulen und Kindertagesstätten (Art. 25 Abs. 3) vereinbaren? Zu Frage 3: Die bisher gewählten sprachlichen Formulierungen lassen sich sehr gut mit den von der Fragestellerin und dem Fragesteller genannten Rechtsnormen vereinbaren. So bringen sie sowohl die sprachliche Vielfalt des Sorbischen/Wendischen als auch die Gleichberechtigung von Sorbinnen/Wendinnen und Sorben/Wenden zum Ausdruck. Entscheidungen über die geltenden sprachlichen Normen treffen die obersorbische und die niedersorbische Sprachkommission, die in sorbischer/wendischer Eigenverantwortung autonom, koordiniert von der bundesländerübergreifend tätigen „Maćica Serbska“, tätig sind. Im Bildungswesen werden sowohl männliche als auch weibliche sprachliche Formen vermittelt und somit die Rechte sowohl von Sorbinnen/Wendinnen als auch Sorben /Wenden gewahrt. Im Übrigen wird staatlicherseits nicht in den privaten Sprachgebrauch eingegriffen. Somit ist es den Sprecherinnen und Sprechern der sorbischen /wendischen Sprachen sowohl möglich, frei über die von ihnen gebrauchten Formen zu entscheiden, als auch wie bei allen anderen lebendigen Sprachen ihre Sprache weiterzuentwickeln .