Landtag Brandenburg Drucksache 6/9513 6. Wahlperiode Eingegangen: 03.09.2018 / Ausgegeben: 10.09.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3736 der Abgeordneten Kristy Augustin (CDU-Fraktion) Drucksache 6/9189 Unterstützung von Fachberatungsstellen und Präventionsprojekten gegen sexuelle Gewalt im Land Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet die Ministerin für Bildung, Jugend und Sport die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Verbände, Organisationen oder Vereine, die sich im Themenfeld sexueller Missbrauch engagieren, sind der Landesregierung bekannt? (Mit der Bitte um Auflistung nach Region.) Zu Frage 1: Neben den spezialisierten Fachstellen (siehe Tabelle 1) verfügen freie Träger und Institutionen der Jugendhilfe im Land Brandenburg über Fachkompetenzen zur Bearbeitung von Missbrauchsfällen und in der Präventionsarbeit, vor allem sind hier die Erziehungs - und Familienberatungsstellen zu nennen. Zudem wird auf das „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch“1 (0800-22 55 530) verwiesen. Es ist die bundesweite, kostenfreie und anonyme Anlaufstelle für Betroffene von sexueller Gewalt, für Angehörige sowie Personen aus dem sozialen Umfeld von Kindern, für Fachkräfte und für alle Interessierten. Tabelle 1: Träger im Land Brandenburg mit fachlicher Spezialisierung zur sexualisierten Gewalt Träger Landkreis/kreisfreie Stadt STIBB e.V. Teltow-Fläming Dreist e.V. Barnim Kontakt und Beratungsstelle TARA Brandenburg an der Havel pro familia Potsdam Frage 2: Welche dieser werden seitens der Landesregierung finanziell unterstützt und in welchem Umfang für welche Leistungen? (Mit der Bitte um Unterscheidung nach Art und Verwendungszweck.) 1 http://www.nina-info.de/hilfetelefon.html Landtag Brandenburg Drucksache 6/9513 - 2 - Zu Frage 2: Die oben genannten Fachberatungsstellen werden seitens des Landes wie folgt gefördert: Tabelle 2: Förderung der Fachberatungsstellen Trägername Art Mittel 2017 Verwendungszweck STIBB e.V. Projektförderung 56.275 Euro Beratung und Qualifizierung von Fachkräften, Entwicklung und Durchführung von Präventionsprojekten , Mitwirkung in Fachgremien Dreist e.V. Projektförderung 2.150 Euro Präventionsprojekte in Schulen, Kindertagesstätten und Horten Dreist e.V. Projektförderung 17.500 Euro „Präventionsprogramm Grenzwerte plus“ pro familia Potsdam Projektförderung 39.273 Euro „Prävention sexueller Gewalt im Lebens-, Lern und Arbeitsumfeld von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit geistiger Behinderung “ pro familia Potsdam Projektförderung 30.753 Euro Weiterentwicklung des Präventionsprojektes gegen sexuelle Gewalt „Ziggy zeigt Zähne“ für die Zielgruppe Kinder mit geistiger Behinderung pro familia Potsdam Projektförderung 4.049 Euro Finanzierung von Sachmitteln, Weiterbildung und Coaching in Ergänzung des Projektes „Ziggy zeigt Zähne“ Frage 3: Welche entsprechenden Einrichtungen werden allein durch die Kommunen oder private Träger finanziert? Zu Frage 3: Die auf sexuellen Missbrauch spezialisierte Kontakt- und Begegnungsstätte Tara in Brandenburg an der Havel sowie die Erziehungs- und Familienberatungsstellen werden aus Mitteln der Kommunen finanziert. Frage 4: Wie haben sich die Fallzahlen in den Beratungseinrichtungen zu sexualisierter Gewalt in den letzten fünf Jahren entwickelt? Zu Frage 4: Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik erhebt keine eigene Statistik zu den Fallzahlen der einzelnen Beratungseinrichtungen. Das Amt für Statistik Berlin- Brandenburg erfasst die Beratungsleistungen der Erziehungsberatungsstellen gemäß § 28 SGB VIII. Eine weitere Differenzierung nach Beratungsgründen, wie z. B. sexualisierte Gewalt, erfolgt nicht. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9513 - 3 - Frage 5: Welche Fachbereiche werden direkt von der Fachstelle Kinderschutz abgedeckt? Zu Frage 5: Die Fachstelle Kinderschutz hat den Auftrag, die im Landesprogramm zur Qualifizierung der Kinderschutzarbeit festgelegten Schwerpunkte umzusetzen, erfragt dazu die Bedarfe der örtlichen Jugendämter und entwickelt entsprechende Angebote. Dies erfolgt durch die Qualifizierung der Jugendämter und ihrer Kooperationspartner. Die praktische Umsetzung erfolgt für die Jugendämter über die Beratung in Einzelfällen, zu Verfahrensabläufen im Kinderschutz sowie in Fortbildungen zu relevanten Kinderschutzthemen. Frage 6: An wen kann die Fachstelle Kinderschutz bei Fragen zur Beratung und Betreuung von sexuellen Übergriffen unter Kindern und sexuellem Missbrauch verweisen? Zu Frage 6: Die Fachstelle Kinderschutz vermittelt je nach regionaler Verortung und inhaltlicher Passgenauigkeit an die spezialisierten Fachberatungsstellen STIBB e.V, pro familia, Tara und DREIST e.V. Frage 7: Welche der Institutionen aus Frage 1 bieten auch präventive Angebote zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche an? Zu Frage 7: Nach Kenntnis der Landesregierung bieten alle auf sexualisierte Gewalt spezialisierten Träger (siehe Antwort zu Frage 1) präventive Angebote an. Die Entwicklung und Durchführung von regionalen Präventionsangeboten erfolgt in kommunaler Absprache und liegt in der Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte. Frage 8: Welche der Institutionen aus Frage 2 informieren und beraten Kinder, Jugendliche , Angehörige und Einrichtungen zum Thema Cybermobbing, Cyber-Grooming und Gefahren im Internet? Zu Frage 8: Die Träger STIBB e.V. und DREIST e.V. bieten zu diesen Themen Beratungen an. Darüber hinaus gibt es Fachtagungen verschiedener Träger. Die Schulen haben hier eine besondere Verpflichtung. So ist im neuen Rahmenlehrplan, der für die Jahrgangstufen 1 bis 10 zum Schuljahr 2017/2018 wirksam wurde, vorgesehen, dass die übergreifenden Themen Medienbildung und Gewaltprävention schulintern zu verankern sind. Die o. g. Sachverhalte werden damit fächerübergreifend thematisiert und berücksichtigt . Frage 9: Inwiefern werden Informationen über Angebote zu sexuellem Missbrauch im Land Brandenburg seitens der Landesregierung über Öffentlichkeitsarbeit verbreitet? Zu Frage 9: Die Präventions- und Beratungsangebote in Bezug auf sexualisierte Gewalt finden sich auf der Internetseite des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport. Hier wird auf die Fachberatungsstelle STIBB e.V. verwiesen2. 2 https://mbjs.brandenburg.de/kinder-und-jugend/unterstuetzen-staerken-schuetzen/schutz-vormisshandlung -missbrauch-vernachlaessigung/praeventiver-kinderschutz.html Landtag Brandenburg Drucksache 6/9513 - 4 - Frage 10: Inwieweit wird an Schulen über bestehende Anlaufstellen und deren Projekte informiert? Zu Frage 10: Das Land Brandenburg hat sich der Bundesinitiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) angeschlossen. Mit Hilfe eines Fachportals3 sollen alle Schulen sensibilisiert und angeregt werden, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und schuleigene Konzepte entwickeln. Durch die Initiative erwerben sie Wissen in der Sache, erhalten Handlungssicherheit , können Risiken an ihrer Schule erkennen und arbeiten präventiv durch gezielte Information von Eltern sowie der Schülerinnen und Schüler. Frage 11: Gibt es eine Unterstützung landesweiter Netzwerkarbeit, die sich konkret der sexualisierten Gewalt bei Mädchen und Frauen widmet? Wenn nein, ist eine Unterstützung zu diesem Themenfeld im Doppelhaushalt 2019/2020 eingeplant? Zu Frage 11: Im Jahr 2016 wurde das Projekt „Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung" gestartet. Frauen, die Opfer einer Vergewaltigung geworden sind, können sich in vier Kliniken des Landes Brandenburg (Potsdam, Neuruppin, Cottbus, Frankfurt /Oder) nach einer Vergewaltigung medizinisch behandeln lassen. Im Zuge der medizinischen Untersuchung können sie auch vertraulich Spurenmaterial sichern lassen, welches dann anonymisiert und sicher aufbewahrt wird. Insofern haben die Frauen die Möglichkeit , zu einem späteren Zeitpunkt über eine Anzeige zu entscheiden. Dieses Projekt wird im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel im Kapitel 07 080 Titel 684 65 jährlich mit 5.000 Euro vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie gefördert . Im Bereich der Opferhilfe ist eine differenzierte Aufstellung zur finanziellen Unterstützung bei sexualisierter Gewalt gegen Mädchen und Frauen nicht möglich. Es findet jedoch eine Unterstützung folgender Netzwerkarbeit im Bereich der allgemeinen Opferhilfe statt, die insbesondere auch Opfer - jeglichen Geschlechts und Alters - sexualisierter Gewalt unterstützt : Mit Haushalts- und Lottomitteln wird der Verein Opferhilfe e.V. gefördert. Der Verein Opferhilfe e.V. unterhält sechs Beratungsstellen im Land Brandenburg und bietet den Opfern von Straftaten, insbesondere auch Opfern sexueller Gewalt, flächendeckend sofortige therapeutische Hilfe, umfassende Beratung und Unterstützung sowie die Begleitung in Gerichtsverfahren an. Der Verein betreibt darüber hinaus die Trauma-Ambulanz in Potsdam . Im Jahr 2017 erhielt der Opferhilfe e.V. Haushaltsmittel in Höhe von 213.000 Euro. In diesem Jahr sind Haushaltsmittel in Höhe von 271.000 Euro bereitgestellt. Für den Haushalt 2019/2020 sind im Titel 684 20 (Zuwendung zum Projektfeld „Opferberatung“) im Kapitel 04 080 Mittel in Höhe von 301.000 Euro eingeplant. Aus Mitteln der Konzessionsabgabe Lotto wurden der Opferhilfe e.V. im Jahr 2017 126.790 Euro und im aktuellen Haushaltsjahr 79.417 Euro zur Verfügung gestellt. Die Vergabe von Lottomitteln erfolgt auf Antrag und unterliegt einer Einzelfallprüfung, sodass Angaben zu einer längerfristigen Planung nicht möglich sind. Auch die psychosoziale Prozessbegleitung wird mit jährlichen Haushaltsmitteln von ca. 80.000 Euro unterstützt. Seit dem 1. Januar 2017 besteht ein gesetzlich festgelegter Rechtsanspruch auf eine psychosoziale Prozessbegleitung gemäß § 406g StPO. Verletzte , insbesondere Kinder und Jugendliche, bei besonderer Schutzbedürftigkeit auch Erwachsene , können sich auf Antrag des Beistandes eines entsprechend ausgebildeten 3 https://brandenburg.schule-gegen-sexuelle-gewalt.de/home/ Landtag Brandenburg Drucksache 6/9513 - 5 - psychosozialen Prozessbegleiters im Rahmen des durchzuführenden Strafverfahrens bedienen , wenn die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen vorliegen. Die psychosoziale Prozessbegleitung dient insbesondere dem Wohl von Betroffenen von Sexual- und Gewaltdelikten . Frage 12: Wie werden die Informationen aus der Maßnahme „Schule gegen sexualisierte Gewalt“ an die Schulen herangetragen, sodass eine Umsetzung erfolgen kann? Zu Frage 12: In Vorbereitung der Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ haben die Schulen bereits die vom UBSKM bereit gestellten Informationsmappen erhalten. Die Schulaufsicht wurde in den Dienstberatungen des für Schule zuständigen Ministeriums über den Start und den Inhalt der Initiative informiert. Dabei wurde das Fachportal angekündigt und empfohlen. Die Beraterinnen und Berater des Unterstützungssystems wurden durch das Landesinstitut für Schule und Medien auf die Initiative vorbereitet und werden künftig die Schulen begleiten können. Zum Schuljahresauftakt werden die Schulen nochmals informiert