Landtag Brandenburg Drucksache 6/9532 6. Wahlperiode Eingegangen: 06.09.2018 / Ausgegeben: 11.09.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3808 der Abgeordneten Dieter Dombrowski (CDU-Fraktion) und Danny Eichelbaum (CDU- Fraktion) Drucksache 6/9354 Gesetzeswidrige Besetzung in Wiederaufnahmeverfahren von Rehabilitierungsverfahren der Kammern der Landgerichte in Brandenburg Namens der Landesregierung beantwortet der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Fragesteller: Bei Entscheidungen von Wiederaufnahmeanträgen von Rehabilitierungsverfahren waren bei Entscheidungen Richter beteiligt, welche schon an den Ausgangsentscheidungen mitgewirkt haben. Dies verstößt gegen § 15 StrRehaG i. V. m. §§ 140a GVG, 23 Abs. 2 Satz 1 StPO. Zur Verdeutlichung werden folgende Verfahren benannt: - BRH 209/10 Landgericht Potsdam - 26 BRH 11/17 Landgericht Cottbus Frage 1: Wie bewertet die Landesregierung diese Praxis? Zu Frage 1: Die Frage, wie die Kammern für Rehabilitierungsverfahren bei den Brandenburgischen Landgerichten in den konkreten Verfahren zu besetzen und ob bestimmte Richterinnen oder Richter von der Entscheidung ausgeschlossen sind, betrifft den Bereich der richterlichen Unabhängigkeit und ist damit der Bewertung durch die Landesregierung entzogen. a) Anders, als die Vorbemerkung suggeriert, ist die Rechtslage hinsichtlich der Besetzung des Gerichts in den hier genannten Verfahren nicht eindeutig. Die Anwendbarkeit der in der Anfrage erwähnten Regelung des § 140a GVG in Rehabilitierungsverfahren - die zur Folge hätte, dass im Wiederaufnahmeverfahren ein anderes Gericht mit gleicher sachlicher Zuständigkeit als das Gericht, gegen dessen Entscheidung sich der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens richtet, entscheiden müsste - ist in der Rechtsprechung nicht unumstritten. Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat zum Beispiel in einem Beschluss vom 16. November 2017 (Az. 41 BRH 40/17) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Dresden vom 23. August 2017 (Az. 1 (S) AR 30/17 - zitiert nach juris) und eine Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Beschluss vom 13. Januar 2004 (Az. 2 Ws (Reha) 14/03 - zitiert nach juris) entschieden, dass nach § 15 StrRehaG zwar die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung in Rehabilitierungsverfahren grundsätzlich entsprechend gelten, dies jedoch nicht für § 140a GVG gelte. Eine analoge Anwendung würde eine einschneidende Ände- Landtag Brandenburg Drucksache 6/9532 - 2 - rung des im Rehabilitierungsverfahren vorgesehenen Verfahrensablaufs darstellen, den der Gesetzgeber, wenn er gewollt wäre, deutlicher als durch die Bezugnahme auf § 15 StrRehaG geregelt hätte. b) In dem in der Vorbemerkung erwähnten Verfahren BRH 209/10 hat die Frage der Besetzung der mit dem Wiederaufnahmeantrag befassten Kammer für Rehabilitierungsverfahren keine Rolle gespielt. In dem Verfahren 36 BRH 11/17 (nicht wie in der Anfrage bezeichnet 26 BRH 11/17) hat das Brandenburgische Oberlandesgericht auf die Beschwerde gegen die Entscheidung der Kammer für Rehabilitierungssachen des Landgerichts Cottbus im Wiederaufnahmeverfahren den Kammerbeschluss aufgehoben und dabei festgestellt, dass an der den Wiederaufnahmeantrag ablehnenden Entscheidung ein Richter mitgewirkt habe, der bereits an der Ursprungsentscheidung beteiligt und deshalb gemäß § 15 StrRehaG, § 23 Abs. 2 Satz 1 StPO kraft Gesetzes von der Entscheidung ausgeschlossen gewesen sei. Dies zeigt, dass die gerichtliche Kontrolle der gesetzmäßigen Besetzung der Spruchkörper im Rechtsmittelverfahren wirksam ist. Frage 2: Bei wie vielen Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge im Rahmen von Rehabilitierungsverfahren haben Richter mitgewirkt, die kraft Gesetzes gemäß § 15 StrRehaG, § 140a GVG, § 23 Abs.2 Satz 1 StPO ausgeschlossen sind? Zu Frage 2: Die Beantwortung dieser Frage ist nicht mit verhältnismäßigem Aufwand möglich . Da hierüber keine separate Statistik geführt wird, wäre zum Zwecke der Feststellung, ob in einem Wiederaufnahmeverfahren ein von der Entscheidung ausgeschlossener Richter mitgewirkt hat, die Einsichtnahme in jede einzelne Akte des Ursprungs- und des Wiederaufnahmeverfahrens erforderlich. Frage 3: Welche konkreten Maßnahmen wird die Landesregierung einleiten, um eine gesetzeskonforme Besetzung der betreffenden Spruchkörper zu ermöglichen? Zu Frage 3: Wie in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, betrifft die Besetzung der Kammern für Rehabilitierungsverfahren den Bereich der richterlichen Unabhängigkeit. Aus diesem Grunde ist es der Landesregierung verwehrt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Besetzung zu beeinflussen. Frage 4: Welche Möglichkeiten stehen den Betroffenen, deren Wiederaufnahmeanträge von fehlerhaft besetzen Gerichten zurückgewiesen worden sind, zu? Zu Frage 4: Zu einer allgemeinen Rechtsauskunft sieht sich die Landesregierung angesichts der Vielzahl möglicher Sachverhaltskonstellationen nicht in der Lage. Dass das System der gerichtlichen Kontrolle auch in den Fällen eventueller Fehlbesetzungen der Spruchkörper greift, zeigt jedoch die in der Antwort zu Frage 1 dargestellte Sachbehandlung durch das Brandenburgische Oberlandesgericht in dem Verfahren 36 BRH 11/17 des Landgerichts Cottbus.