Landtag Brandenburg Drucksache 6/9561 6. Wahlperiode Eingegangen: 12.09.2018 / Ausgegeben: 17.09.2018 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 3807 der Abgeordneten Andrea Johlige (Fraktion DIE LINKE) Drucksache 6/9353 Information und Schutz von Personen, die auf rechtsextremen „Feindeslisten“ verzeichnet sind Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen der Fragestellerin: In den letzten Jahren wurden bei Durchsuchungen im Rahmen von Ermittlungen wegen Rechtsterrorismus gegen Angehörige der extrem rechten Szene mehrfach sogenannte Feindeslisten mit Namen und Räumlichkeiten politischer Gegnerinnen und Gegner gefunden. Diese sogenannte Anti-Antifa-Strategie kam bereits in den 1990er Jahren in der Neonaziszene auf. Betroffene kritisierten mehrfach die Sicherheitsbehörden , weil diese sie nur unzureichend informieren und schützen und außerdem die Bedrohungslage relativieren würden. In der Drucksache 19/3628 teilt die Bundesregierung mit, dass im Rahmen der Ermittlungen gegen den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), gegen F. A., M. T. und M. T. und gegen Mitglieder der extrem rechten Prepper- Gruppierung „Nordkreuz“ Datensätze zu mehreren 10.000 Personen aufgefunden wurden, die als potentielle Anschlagsziele in Frage kommen. Die Bundesregierung teilt weiter mit, dass Listen der betroffenen Personen den Ländern übergeben wurden. Wie die Länder mit diesen Informationen zu „Feindeslisten“ umgegangen sind und ob und wie eine Information der Betroffenen erfolgte bzw. welche Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen erfolgten , kann die Bundesregierung nicht beantworten. 1. Wann wurden der Polizei des Landes Brandenburg durch Bundesbehörden Listen von Personen, Organisationen bzw. Gruppierungen übermittelt, die im Rahmen von Ermittlungen gegen rechtsextreme Einzelpersonen und Gruppierungen aufgefunden wurden? Welche Ermittlungsverfahren betrafen diese und wie viele Personen, Institutionen bzw. Gruppierungen , die im Bundesland Brandenburg wohnen bzw. ihren Sitz haben, waren auf den jeweiligen Listen verzeichnet? zu Frage 1: In den Jahren 2011 und 2017 wurden durch Bundesbehörden jeweils eine Liste personenbezogener Daten der Polizei des Landes Brandenburg übermittelt. Diese betrafen die Ermittlungsverfahren zur Gruppierung „Nordkreuz“ und zum NSU. Konkretere Auskünfte zu Bezügen in das Land Brandenburg sind unter Verweis auf die Antworten zu den Fragen 9 und 10 nicht möglich, ohne polizeiliche Methoden zur Auswertung dieser Listen und damit zur Gefährdungsanalyse offenzulegen. Die Kenntnisnahme dieser Methoden und der diesbezüglichen Ergebnisse durch Unbefugte könnte für die Interessen des Landes nachteilig sein. Entsprechende Informationen wären daher als Verschlusssa- Landtag Brandenburg Drucksache 6/9561 - 2 - che „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ gem. § 7 Nr. 4 VSA-BB einzustufen. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 9 verwiesen. 2. Wie wurde jeweils mit den entsprechenden Informationen umgegangen? Welche Behörden erhielten von diesen Listen Kenntnis? zu Frage 2: Das Polizeipräsidium Land Brandenburg wertete die in den beiden Listen aufgeführten Datensätze aus. Zu Datensätzen mit Bezügen ins Land Brandenburg erfolgten dort die einzelfallbezogenen Gefährdungslagebeurteilungen und - soweit erforderlich - die Durchführung präventivpolizeilicher Maßnahmen, die sich mangels konkreter Gefährdungserkenntnisse auf Gefährdetenansprachen beschränkten. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, an welche weiteren Behörden das Bundeskriminalamt oder der Generalbundesanwalt die beiden Auflistungen aus den o. g. Ermittlungsverfahren gesendet haben. Diesbezüglich wird auf die Antwort der Bundesregierung (BT- Drucks.19/3628) zur Frage 6 verwiesen, wonach die festgestellten Namen und Örtlichkeiten an die für die Gefahrenabwehr zuständigen Polizeien der Länder übermittelt wurden. 3. Bei wie vielen und welchen Ermittlungsverfahren, die im Land Brandenburg gegen rechtsextreme Personen oder Gruppierungen geführt wurden, wurden solche Listen politischer Gegner oder potentieller Anschlagsziele aufgefunden? Wie viele Personen, Organisationen bzw. Gruppierungen waren auf den jeweiligen Listen verzeichnet? 4. Wie wurde jeweils mit diesen Informationen umgegangen? Welche Behörden erhielten davon Kenntnis? Wurden Sicherheitsbehörden anderer Bundesländer oder des Bundes darüber in Kenntnis gesetzt? zu den Fragen 3 und 4: Eine offene Beantwortung der Fragestellungen zu gegenwärtig noch laufenden Verfahren der Sicherheitsbehörden würde weitere Ermittlungen erschweren . Die Kenntnisnahme durch Unbefugte könnte für die Interessen des Landes nachteilig sein. Entsprechende Informationen sind daher als Verschlusssache „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ gem. § 7 Nr. 4 VSA-BB eingestuft. Die Beantwortung beschränkt sich daher auf bereits abgeschlossene strafprozessuale und gefahrenabwehrrechtliche Verfahren. Diesbezüglich sind im Land Brandenburg im „Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ für den Zeitraum 01.01.2016 - 14.08.20181 keine Straftaten im Phänomenbereich PMK -rechts-, die im Zusammenhang mit dem Auffinden von Listen politischer Gegner oder potenzieller Anschlagsziele stehen, vermeldet worden. Auf die Antwort zur Frage 1 wird verwiesen. 5. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefährdung von Personen ein, die auf solchen Listen aufgeführt sind? zu Frage 5: Die Beantwortung liegt nicht in der Zuständigkeit der Landesregierung. 6. Welche Richtlinien zur Information und zum Schutz betroffener Personen, die auf solchen Listen aufgeführt sind, existieren in Brandenburg? 1 Nach den „NSU“ – Listen wurde erst 2016 die Existenz anderer Listen bekannt; insofern wurde dieses Zeitfenster gewählt. Landtag Brandenburg Drucksache 6/9561 - 3 - zu Frage 6: Vorgehen und Maßnahmen richten sich nach der bundesweit verbindlichen Polizeidienstvorschrift 129 (PDV) „Personen- und Objektschutz“. Diese PDV unterliegt der der Verschlusssachenanweisung. Insoweit ist eine Wiedergabe konkreter Handlungsabläufe und Maßnahmen an dieser Stelle nicht möglich, ohne die künftige Arbeit der Polizei nachteilig zu beeinflussen. 7. Nach welchen Kriterien erfolgt eine Information der Betroffenen? 8. Nach welchen Kriterien werden Schutzmaßnahmen für die Betroffenen ergriffen? zu den Fragen 7 und 8: Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Verallgemeinernd kann angeführt werden, dass für die Gefährdungslagebeurteilung auch Kenntnisse von Bedeutung sein können, über die in solchen Listen aufgeführte Personen sachbezogen möglicherweise verfügen. Maßnahmen richten sich nach dem Ergebnis der Gefährdungslagebeurteilung , sprich nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines schädigenden Ereignisses. 9. In wie vielen Fällen wurden die betroffenen Personen, Organisationen bzw. Gruppierungen informiert, dass sie auf einer solchen Liste aufgeführt sind? Wie erfolgte die Information ? zu Frage 9: Im Zusammenhang mit den NSU-Listen (ca. 200 Datensätze BB) erfolgten Gefährdetenansprachen in Briefform. Dem Ministerium des Innern und für Kommunales wurde eine diesbezügliche Übersicht übersandt. 10. In wie vielen Fällen erfolgte keine Information der Betroffenen? Warum nicht? zu Frage 10: Vor dem Hintergrund der mehrfachen Veröffentlichung seit 2016 und der Einschätzung des BKA folgend, dass keine über eine abstrakte Gefahrenlage hinausgehenden Erkenntnisse vorliegen, wurde im Zusammenhang mit der „Nordkreuz“-Liste von Gefährdetenansprachen abgesehen. Zu Grunde liegen mehrfache Veröffentlichungen von Listen mit ca. 25.000 Namen im Internet, die auf Daten beruhen, welche bei einem Hackerangriff auf den linksalternativen Internethandel „Impact Mailorder“ bereits im Januar 2015 erlangt worden sind. 11. In wie vielen Fällen wurden Schutzmaßnahmen für die Betroffenen ergriffen? Welche waren das und wie lange dauerten sie jeweils an? 12. Wurden die Betroffenen über diese Schutzmaßnahmen informiert? Wenn ja, wie erfolgte die Information? Wenn nein, warum nicht? zu den Fragen 11 und 12: Polizeiliche Schutzmaßnahmen i. S. d. PDV 129 waren nicht erforderlich.